Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 16.10.2007, Az.: 12 A 2560/06
Angabe; Antrag; Betriebsprämie; Bewertungsmaßstab; Einzeichnung; Ermessen; Ermessensspielraum; Fehler; Feldblock; Feldblockverwechselung; Irrtum; Karte; Sachlage; Verwechselung; Widerspruch; Widersprüchlichkeit; Zahlungsanspruch; Zahlungsanspruchsfestsetzung
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 16.10.2007
- Aktenzeichen
- 12 A 2560/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 71832
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- Art 41 EGV 1782/2003
- Art 41 EGV 795/2004
- Art 19 EGV 796/2004
- § 5 Abs 3 Nr 2 BetrPrämDurchfG
- § 5 Abs 1 BetrPrämDurchfG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Begriff des offensichtlichen Irrtums.
2. Zur Heranziehung der Bewertungsmaßstäbe des Nds. Ministeriums und der Europäischen Kommission.
3. Verwechslung des Feldblocks und widersprüchliche Angaben im Antrag und in der Einzeichnung der Karte können einen offensichtlichen Fehler begründen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Festsetzung von Zahlungsansprüchen.
Die Klägerin ist Landwirtin. Am 13. Mai 2005 stellte sie bei der Beklagten einen „Antrag auf Festsetzung von Zahlungsansprüchen sowie Sammelantrag Agrarförderung und Agrar-Umweltmaßnahmen 2005“. Dem beigefügten Gesamtflächen- und Nutzungsnachweis zufolge bewirtschaftete sie im Antragszeitpunkt 3,45 ha Dauergrünland und 10,11 ha Ackerland (jeweils Status 2003). Bezogen auf die Ackerlandsflächen gab sie an, im 2,9 ha großen Feldblock mit der FLIK-Nr. DENILI 04 0706 0147 den Schlag Nr. 11 zur Größe von 0,76 ha, den Schlag Nr. 111 zur Größe von 0,15 ha und den Schlag Nr. 112 zur Größe von 0,80 ha zu bewirtschaften. Zugleich beantragte die Klägerin die Zuweisung sog. OGS-Genehmigungen zur Aktivierung von Zahlungsansprüchen auf mit Obst, Gemüse und anderen Kartoffeln als Stärkekartoffeln bestellten Flächen im Umfang der nachgewiesenen Anbauflächen.
Im August 2005 stellte die Beklagte im Rahmen eines Feldblockabgleichs fest, dass der Schlag Nr. 11 nicht 0,76 ha, sondern 0,85 ha umfasst und der Schlag Nr. 112 nicht im Feldblock mit der FLIK-Nr. DENILI 04 0706 0147, sondern im benachbarten Feldblock mit der FLIK-Nr. DENILI 04 0706 0148 liegt und nicht 0,80 ha, sondern 0,67 ha groß ist. Die Klägerin bat auf Hinweis der Beklagten um eine entsprechende Antragskorrektur.
Mit Bescheid vom 7. April 2006 wies die Beklagte der Klägerin 9,14 normale ZA ohne OGS-Genehmigung zum Wert von 330,78 Euro/ha, 0,17 normale ZA mit OGS-Genehmigung zum Wert von 330,78 Euro/ha und 3,45 normale ZA ohne OGS-Genehmigung zum Wert von 175,41 Euro/ha zu. Bei der Festsetzung wurde der Schlag Nr. 112 nicht berücksichtigt. Der Schlag Nr. 11 wurde trotz seiner tatsächlichen Größe von 0,85 ha nur im Umfang von 0,76 ha einbezogen.
Die Klägerin hat am 9. Mai 2006 Klage erhoben. Sie macht geltend, sie habe im Antrag versehentlich Falschangaben gemacht, diese aber vor Bescheiderlass korrigiert. Es handele sich um einen offensichtlichen Fehler, so dass die berichtigten Angaben zugrunde zu legen seien.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verpflichteten, ihr 9,91 normale Zahlungsansprüche ohne OGS-Genehmigung zum Wert von 326,53 Euro, 3,45 normale Zahlungsansprüche ohne OGS-Genehmigung zum Wert von 171,16 Euro und 0,16 normale Zahlungsansprüche mit OGS-Genehmigung zum Wert von 326,53 Euro zuzuweisen und den Bescheid der Beklagten vom 7. April 2006 aufzuheben, soweit er dem entgegensteht.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt sie aus: Die Klägerin habe falsche Antragsangaben gemacht. Eine nachträgliche Korrektur sei nicht möglich, da kein offensichtlicher Fehler vorliege. Die Klägerin habe bei sorgfältiger Prüfung der Karte erkennen können, dass sich der Schlag Nr. 112 im Feldblock mit der FLIK-Nr. DENILI 04 0706 0148 befinde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zuweisung von 9,91 normalen Zahlungsansprüchen ohne OGS-Genehmigung zum Wert von 326,53 Euro, 3,45 normalen Zahlungsansprüchen ohne OGS-Genehmigung zum Wert von 171,16 Euro und 0,16 normalen Zahlungsansprüchen mit OGS-Genehmigung zum Wert von 326,53 Euro (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Bescheid der Beklagten vom 7. April 2006 ist, soweit er dem entgegensteht, rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für die Zuweisung von Zahlungsansprüchen im Rahmen des zum 1. Januar 2005 eingeführten Systems einer einheitlichen Betriebsprämie ist die Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe (ABl. L 270/1), die in der Folgezeit wiederholt geändert worden ist. Maßgebend ist die im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung gültige Fassung, auf die, soweit die Grundfassung geändert wird, besonders hingewiesen wird.
Zu den Allgemeinen Bestimmungen über ihre Regelungsgehalte in Titel II dieser Verordnung hat die Kommission in der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 vom 21. April 2004 (ABl. L 141/18; berichtigt ABl. L 291/18) und zur Betriebsprämienregelung in Titel III in der Verordnung (EG) Nr. 795/2004 vom 21. April 2004 (ABl. L 141/1) Durchführungsbestimmungen erlassen.
Auf nationaler Ebene wurden die Richtlinien durch das Gesetz zur Durchführung der einheitlichen Betriebsprämie (Betriebsprämiendurchführungsgesetz - BetrPrämDurchfG) vom 21. Juli 2004 (BGBl. I S. 1763) in der nunmehr geltenden Fassung vom 30. Mai 2006 (BGBl. I S. 1298) umgesetzt, das durch die Verordnung zur Durchführung der einheitlichen Betriebsprämie (Betriebsprämiendurchführungsverordnung - BetrPrämDurchfV) vom 3. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3204), zuletzt geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 4. April 2007 (BGBl. I S. 489) konkretisiert wird. Weitere Konkretisierungen auf nationaler Ebene enthält die Verordnung über die Durchführung von Stützungsregelungen und gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen nach der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 im Rahmen des Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems - InVeKoSV - vom 3. Dezember 2004 (BGBl I S. 3194), zuletzt geändert durch Art. 2 der Verordnung vom 4. April 2007 (a.a.O.).
Nach Art. 33 Abs. 1 a VO (EG) Nr. 1782/2003 können Betriebsinhaber die Betriebsprämienregelung in Anspruch nehmen, wenn ihnen in einem bestimmten Bezugszeitraum - dieser umfasst nach Art. 38 VO (EG) Nr. 1782/2003 die Kalenderjahre 2000, 2001 und 2002 - im Rahmen von mindestens einer der Direktzahlungen gemäß Anhang VI der Verordnung eine Zahlung gewährt wurde. Die Beihilfen im Rahmen der Betriebsprämienregelung werden gemäß Art. 36 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 auf der Grundlage zugeteilter Zahlungsansprüche gezahlt. Die Bestimmung der Zahlungsansprüche richtet sich gem. Art. 43 Abs.1 VO (EG) Nr. 1782/2003 nach der Hektarzahl beihilfefähiger Flächen und dem nach Art. 37 dieser Verordnung berechneten Referenzbetrag.
Die Anzahl der Zahlungsansprüche entspricht gemäß Art. 59 Abs. 4 VO (EG) Nr. 1782/2003 der Hektarzahl der im ersten Jahr der Anwendung der Betriebsprämienregelung - dies ist das Jahr 2005 - angemeldeten beihilfefähigen Flächen. Eine beihilfefähige Fläche ist nach Art. 44 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1782/2003 jede landwirtschaftliche Fläche eines Betriebs, die als Ackerland oder Dauergrünland genutzt wird, ausgenommen die für Dauerkulturen, Wälder oder nicht landwirtschaftliche Tätigkeiten genutzten Flächen. Insoweit kommt es auf den Status der Fläche zum 15. Mai 2003 an (Art. 61 VO (EG) Nr. 1782/2003 i.V.m. § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrPrämDurchfG).
Der Wert eines Zahlungsanspruchs setzt sich nach dem in der Bundesrepublik Deutschland eingeführten sog. Kombinationsmodell gemäß § 5 Abs. 1 BetrPrämDurchfG unter Berücksichtigung der Anforderungen des Art. 41 VO (EG) Nr. 1782/2003 für jeden Betriebsinhaber in Anwendung des Art. 59 Abs. 1, Abs. 3 VO (EG) Nr. 1782/2003 aus einem flächenbezogenen Betrag (§ 5 Abs. 3 BetrPrämDurchfG) und einem anhand eines betriebsindividuellen Betrags (§ 5 Abs. 2 BetrPrämDurchfG) ermittelten sog. Top-Up zusammen.
Die flächenbezogenen Basiswerte für das Jahr 2005 betragen in der Region Niedersachsen und Bremen für Ackerland 255,12 Euro/ha und für Dauergrünland 99,75 Euro/ha. Diese unterschiedlich hohen Basiswerte sind Folge der von der Bundesrepublik Deutschland vollzogenen regionalen Anwendung der Betriebsprämienregelung (vgl. dazu Art. 41, Art. 58, Art. 59, Art. 61 VO (EG) Nr. 1782/2003 i.V.m. § 5 Abs. 3 BetrPrämDurchfG und Anl. 2 zu § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrPrämDurchfG).
Der betriebsindividuelle Betrag für das Jahr 2005 wird gemäß Art. 37 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 1 BetrPrämDurchfG berechnet, indem zunächst der Dreijahresdurchschnitt der Gesamtbeträge der Zahlungen ermittelt wird, die ein Betriebsinhaber im Rahmen der Stützungsregelungen nach Anhang VI der VO in jedem Kalenderjahr des Bezugszeitraums bezogen hat und der gemäß Anhang VII der VO berechnet und angepasst wurde. Einbezogen sind ferner gemäß Art. 62 VO (EG) Nr. 1782/2003 i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 2 BetrPrämDurchfG Beträge der Milchprämie nach Art. 95 VO (EG) Nr. 1782/2003 auf der Grundlage der einzelbetrieblichen Referenzmenge für Milch, die dem Betrieb am 31. März 2005 zur Verfügung stand, und der Milch-Ergänzungszahlung nach Art. 96 VO (EG) Nr. 1782/2003. Von der Summe dieser Beträge wird gemäß Art. 42 VO (EG) Nr. 1782/2003 i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 BetrPrämDurchfG 1 % für die nationale Reserve abgezogen.
Der sog. Top-Up wird gemäß Art. 43 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 ermittelt, indem der nach vorstehenden Maßstäben berechnete betriebsindividuelle Betrag durch den Dreijahresdurchschnitt der Hektarzahl aller Flächen geteilt wird, für die im Bezugszeitraum ein Anspruch auf Direktzahlungen nach Anhang VI der VO bestand. Dieser Top-Up ergibt zusammengerechnet mit dem flächenbezogenen Basiswert für Ackerland bzw. Dauergrünland den Wert eines Zahlungsanspruchs je Hektar Ackerland bzw. Dauergrünland.
Zahlungsansprüche können auf Antrag auch mit sog. OGS-Genehmigungen zugewiesen werden. Auf einer Fläche, auf der Obst, Gemüse oder Speisekartoffeln (OGS) angebaut werden, kann später nur ein Zahlungsanspruch mit OGS-Genehmigung aktiviert werden. Die Zuweisung von OGS-Genehmigungen richtet sich nach dem OGS-Anbau des Betriebsinhabers im Jahre 2003. OGS-Genehmigungen werden auf die zugewiesenen Zahlungsansprüche verteilt, wobei mit den Zahlungsansprüchen mit dem höchsten Wert begonnen wird (vgl. Art. 60 VO (EG) Nr. 1782/2003 und Art. 41 Abs. 1, Abs. 2 VO (EG) Nr. 795/2004).
Die erstmalige Zuweisung von Zahlungsansprüchen erfolgt gem. Art. 12 Abs. 4 VO (EG) Nr. 795/2004 auf der Basis (der Angaben) des Antrages auf Teilnahme an der Betriebsprämienregelung gem. Art. 34 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1782/2003.
Zwischen den Beteiligten ist nicht im Streit, dass die Klägerin die oben genannten (materiellen) Voraussetzungen für die Zuteilung von Zahlungsansprüchen für die von ihr zutreffend angegebenen Flächen erfüllt.
Darüber hinaus hat sie jedoch auch einen Anspruch auf die Berücksichtigung der von ihr zunächst fehlerhaft in Größe und Zugehörigkeit zu einem bestimmten Feldblock angegebenen Schläge Nr. 11 und Nr. 112 in deren tatsächlichem Umfang. Sie hatte ihre Angaben nämlich vor Bescheiderlass zulässigerweise dahingehend korrigiert, dass der Schlag Nr. 11 nicht 0,76 ha, sondern 0,85 ha und der Schlag Nr. 112 - tatsächlich im Feldblock mit der FLIK-Nr. DENILI 04 0706 0148 liegend - nicht 0,80 ha, sondern 0,67 ha umfasst.
Bei den ursprünglich fehlerhaften Angaben handelt es sich um einen offensichtlichen Irrtum der Klägerin, so dass die der tatsächlichen Sachlage entsprechenden korrigierten Angaben zugrunde zu legen sind. Ein Beihilfeantrag kann gemäß Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 nach seiner Einreichung jederzeit berichtigt werden, wenn die zuständige Behörde offensichtliche Irrtümer anerkennt.
Dies bedeutet nicht, dass der Behörde insoweit ein gerichtlich nur beschränkt überprüfbarer Ermessens- oder Entscheidungsspielraum eingeräumt wäre. Vielmehr hat der Antragsteller im Falle eines offensichtlichen Fehlers einen Anspruch darauf, dass nicht die falschen Angaben im Antrag, sondern die tatsächliche Sachlage zugrunde gelegt wird (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 16. Juni 2003 - 10 LB 1429/01 -, n.v.). Diese Anspruchsvoraussetzungen liegen vor.
Für die Auslegung des Begriffs „offensichtlicher Irrtum“ zieht die Kammer im Ansatz, ohne daran abschließend gebunden zu sein, die Bewertungsmaßstäbe des Nds. Ministeriums für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz im Erlass vom 18. August 2005 (307-60161/2.9) zum Begriff des offensichtlichen Irrtums in Sammelanträgen 2005 nach Einführung des Feldblocksystems heran. Die in Ziff. 3.4. dieses Erlasses aufgelisteten Beispiele für einen offensichtlichen Fehler decken sich im Wesentlichen mit den vor der Einführung des Feldblocksystems entwickelten Bewertungsmaßstäben der Europäischen Kommission im Arbeitsdokument AGR 49533/2002 zum Begriff des offensichtlichen Irrtums im Sinne von Art. 12 VO (EG) Nr. 2419/2001 der Kommission vom 11. Dezember 2001 mit Durchführungsbestimmungen zum mit der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 des Rates eingeführten integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen (ABl. L 327/11). Die Heranziehung der im Arbeitsdokument angeführten Beispielsfälle für die Auslegung des Begriffs „offensichtlicher Fehler“ hat das Nds. Oberverwaltungsgericht im Rahmen des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems als Grundlage einer Einzelfallprüfung für zulässig erachtet (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 17. Juli 2007 - 10 LA 120/05 -, n.v.; Beschluss vom 21. Februar 2006 - 10 LC 97/03 -, n.v.; Urteil vom 16. Juni 2003 - 10 LB 3464/01 -, n.v.; Urteil vom 11. Juni 2003 - 10 LB 27/03 -, RdL 2003, 332; Urteil vom 11. Juni 2003 - 10 LB 222/02 -, n.v.). Dem schließt sich die Kammer weiterhin an.
Nach Ziff. 3.4. des genannten Erlasses ist die Anerkennung eines offensichtlichen Irrtums u.a. dann möglich, wenn ein benachbarter Feldblock betroffen ist bzw. der Feldblock auf der Karte verwechselt worden ist; laut Ziff. 2.4. zudem, wenn die Angaben im Antrag und die Einzeichnung in der Karte offensichtlich widersprüchlich sind.
Beides ist hier der Fall. Bezüglich des Schlags Nr. 112 ist ein benachbarter Feldblock betroffen, nämlich anstelle des von der Klägerin irrtümlich angenommenen Feldblocks mit der FLIK-Nr. DENILI 04 0706 0147 der Feldblock mit der FLIK-Nr. DENILI 04 0706 0148. Die Klägerin hat die beiden Feldblöcke auf der Karte bei der Zuordnung des Schlags Nr. 112 verwechselt. Es liegt nicht fern, den Feldblock mit der FLIK-Nr. DENILI 04 0706 0148 und die rechts außen im Feldblock mit der FLIK-Nr. DENILI 04 0706 0147 liegende Fläche, die die Klägerin für den Schlag Nr. 112 gehalten hat, zu verwechseln. Die Flächen liegen nebeneinander im gleichen Gebiet. Sie haben annähernd die gleiche Größe und einen ähnlichen, nämlich rautenförmig in die gleiche Richtung weisenden Zuschnitt.
Hinsichtlich der Größenangaben der Schläge Nr. 112 und Nr. 11 sind die Angaben im Antrag und die Einzeichnung in der Karte offensichtlich widersprüchlich. Der Schlag Nr. 111 wurde im Antrag mit 0,15 ha, der Schlag Nr. 11 mit 0,76 ha und der Schlag Nr. 112 mit 0,80 ha angegeben. In der Karte wurden die genannten drei Schläge sowie die von der Klägerin nicht bewirtschaftete Fläche des Feldblocks mit der FLIK-Nr. DENILI 04 0706 0147 annähernd gleich groß eingezeichnet. Nach den Antragsangaben der Klägerin ist aber der Schlag Nr. 112 mit 0,80 ha mehr als fünfmal so groß wie der Schlag Nr. 111 mit 0,15 ha. Da der Feldblock mit der FLIK-Nr. DENILI 04 0706 0147 ausweislich der Karte insgesamt 2,9 ha groß ist, ist ferner nach den Antragsangaben der Klägerin (laut Antrag wurden insgesamt 1,71 ha des Feldblocks bewirtschaftet) die von der Klägerin nicht bewirtschaftete Fläche des Feldblocks mit der FLIK-Nr. DENILI 04 0706 0147 insgesamt 1,19 ha groß und wäre daher fast achtmal so groß einzuzeichnen gewesen wie der Schlag Nr. 111. Auch die zeichnerischen Relationen zwischen den Schlägen Nr. 111 und Nr. 11 stimmen nicht. Der Schlag Nr. 111 wäre unter Zugrundelegung der Antragsangaben der Klägerin ca. fünfmal so groß einzuzeichnen gewesen wie der Schlag Nr. 11. Diese Widersprüche zwischen Antragsangaben und Einzeichnungen in der Karte fallen dem unvoreingenommenen und mit den näheren Umständen vertrauten Durchschnittsbetrachter ohne Weiteres auf.
Die Kammer ist davon überzeugt, dass die Klägerin sowohl hinsichtlich der Verwechslung der Feldblöcke als auch hinsichtlich der fehlerhaften Größenangaben ohne Betrugsabsicht und in gutem Glauben gehandelt hat. Diese im Arbeitsdokument der Europäischen Kommission genannten Einschränkungen sind erforderlich, weil ein Fehler bei einem Abgleich der objektiven Merkmale in der Regel ohne weiteres erkennbar ist und demzufolge jede Unregelmäßigkeit in einem Förderungsantrag geheilt werden könnte und damit dem Betriebsinhaber die ihm bei der Antragstellung obliegenden Überprüfungs- und Sorgfaltspflichten abgenommen werden könnten. Bei der Antragstellung hat die Klägerin die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Antragsangaben versichert. Eine solche Versicherung schließt Überprüfungs- und Sorgfaltspflichten für die vom Betriebsinhaber vor und bei der Antragstellung gemachten Angaben mit ein, deren Verletzung nicht über einen sogenannten offensichtlichen Fehler geheilt werden kann (Nds. OVG, Beschluss vom 11. Juni 2003, a.a.O.). Für die fehlende Betrugsabsicht und den guten Glauben der Klägerin spricht insbesondere, dass die Flächenbelegenheit als solche (von links nach rechts: Schlag Nr. 111, Schlag Nr. 11, nicht bewirtschaftete Fläche, Schlag Nr. 112) in der Karte in der richtigen Reihenfolge eingezeichnet worden ist. Zudem hat die Klägerin bei einer Gesamtbetrachtung lediglich 0,04 ha zuviel beantragt. Zwar hat sie hinsichtlich des Schlags Nr. 112 eine um 0,13 ha zu große Fläche angegeben (0,80 ha statt 0,67 ha). Dafür hat sie andererseits hinsichtlich des Schlags Nr. 11 eine um 0,09 ha zu kleine Fläche beantragt (0,76 ha statt 0,85 ha). Diese geringfügige Gesamtabweichung und die dabei teilweise sogar zu geringe Beantragung einer Teilfläche (Schlag Nr. 11) weist darauf hin, dass die Klägerin gutgläubig und ohne Betrugsabsicht gehandelt hat.
Die Kammer bewertet das Verhalten der (gehörlosen) Klägerin insbesondere angesichts der erst kurz zuvor erfolgten Einführung des Feldblocksystems und der in der mündlichen Verhandlung glaubhaft dargelegten, der Klägerin allgemein fehlenden Antragserfahrung auch als unterhalb der Schwelle leichter Fahrlässigkeit liegend. Diese weitere Einschränkung für die Anerkennung eines offensichtlichen Fehlers im Sinne von Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 hält die Kammer wegen des abgestuften Sanktionssystems in Art. 51 ff der VO (EG) Nr. 796/2004 in Anlehnung an die Rechtsprechung des Nds. Oberverwaltungsgerichts (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 15. August 2007 - 10 LA 37/06 -, n.v.; Beschluss vom 17. Juli 2007 - 10 LA 120/05 -, n.v.; Urteil vom 11. Juni 2003 - 10 LB 27/03 -, RdL 2003, 332; Urteil vom 11. Juni 2003 - 10 LB 222/02 -, n.v.) für geboten.
Die Anerkennung eines offensichtlichen Fehlers hinsichtlich der Flächenangaben bezüglich der Schläge Nr. 11 und Nr. 112 und der Belegenheit des Schlags Nr. 112 führt dazu, dass der Klägerin insgesamt 10,07 Zahlungsansprüche für Ackerland und 3,45 Zahlungsansprüche für Dauergrünland zuzuweisen sind. Denn die tatsächlich zu berücksichtigende Ackerfläche beträgt unter Berücksichtigung des Schlags Nr. 112 zu 0,67 ha und des Schlags Nr. 11 zu 0,85 ha 10,07 ha. Die Dauergrünlandfläche umfasst nach wie vor 3,45 ha. Durch die höhere Hektarzahl der Ackerfläche sinkt gemäß Art. 43 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 der Top-Up auf 71,41 Euro/ha ((975,22 Euro - 9,75 Euro) : 13,52 ha). Dies führt dazu, dass sich der Wert eines Zahlungsanspruchs je Hektar Dauergrünland auf 171,16 Euro verringert (99,75 Euro Basiswert + 71,41 Euro Top-Up), der Wert eines Zahlungsanspruchs je Hektar Ackerland auf 326,53 Euro (255,12 Euro Basiswert + 71,41 Euro Top-Up).
Die Anzahl der zugeteilten 0,16 statt der ursprünglich 0,17 OGS-Genehmigungen entspricht der vorgelegten Neuberechnung der Beklagten und dem daran ausgerichteten Antrag der Klägerin.
Die OGS-Genehmigungen entfallen gemäß Art. 60 VO (EG) Nr. 1782/2003 i.V.m. Art. 41 Abs. 1, Abs. 2 VO (EG) Nr. 795/2004 zunächst auf die werthöchsten Zahlungsansprüche, d.h. auf die Zahlungsansprüche für Ackerland. Es verbleiben 9,91 Zahlungsansprüche für Ackerland ohne OGS-Genehmigung.
Die 3,45 Zahlungsansprüche für Dauergrünland ohne OGS-Genehmigung bleiben unberührt.