Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 17.04.2002, Az.: 4 K 581/94
Immobilien als Anlage- oder Umlaufvermögen bei gewerblichem Grundstückshandel
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 17.04.2002
- Aktenzeichen
- 4 K 581/94
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 14058
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2002:0417.4K581.94.0A
Tatbestand
Streitig ist, ob verschiedene Wohnungen des Klägers zum Umlaufvermögen eines gewerblichen Grundstückshandels gehören und deshalb trotz Vermietung dieser Wohnungen keine Absetzungen für Abnutzung (AfA) vorgenommen werden können.
Die Kläger werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist Geschäftsführer der...Bau-GmbH...und Eigentümer zahlreicher Immobilien.
In 1983 erwarb der Kläger in der ...straße in...zwei Eigentumswohnungen mit dem Sondernutzungsrecht am gesamten Dachboden, die er in 1989 wieder veräußert hat. In 1984 erwarb er das Mietwohngrundstück ...straße in.... Nach Aufteilung dieser Immobilie in 15 Eigentumswohnungen veräußerte er in 1984 sieben, in 1985 zwei und in 1989 drei Wohnungen. Sämtliche in 1989 veräußerten Wohnungen waren seit ihrem Erwerb durch den Kläger bis zur Veräußerung langfristig vermietet.
Die Außenprüfung in 1991 kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger hinsichtlich der im Jahr 1989 veräußerten Wohnungen einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben habe. Der Prüfer ordnete daher die Mieteinnahmen des Jahres 1988 den gewerblichen Einkünften zu und versagte die AfA für die Wohnungen, weil sie zum Umlaufvermögen des Grundstückshandels gehörten. Das beklagte Finanzamt (FA) folgte dem Ergebnis der Außenprüfung und setzte durch Bescheid vom 17.02.1992 die Einkommensteuer für 1988 entsprechend fest. Der Einspruch blieb erfolglos.
Mit der Klage begehrt der Kläger die Berücksichtigung der verwehrten AfA in Höhe von insgesamt 2.029,00 DM, wovon 783,00 DM auf die drei Wohnungen in der Mathildenstraße und 1.246,00 DM auf die zwei Wohnungen in der ...straße entfallen. Alle fünf Wohnungen seien bis zur Veräußerung langfristig vermietet gewesen. Ein gewerblicher Grundstückshandel habe nicht vorgelegen. Denn der Kläger habe sämtliche fünf Wohnungen aufgrund neu gefaßter Beschlüsse im Jahr 1989 außerhalb der Fünfjahresfrist veräußert. Die beiden Wohnungen in der ...straße seien veräußert worden, weil der Kläger den beabsichtigten Ausbau des Dachgeschosses wegen Streitigkeiten mit den Miteigentümern nicht habe realisieren können. Die Tatsache, dass der Kläger Geschäftsführer der...sei, rechtfertige nicht die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels. Der Geschäftsumfang der...sei sehr gering gewesen und die Tätigkeit des Klägers habe sich im Wesentlichen auf die Verwaltung im Sinne des Wohnungseigentumsgesetztes und auf Instandhaltungsarbeiten erstreckt.
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid 1988 vom 17.02.1992 und den Einspruchsbescheid vom 26.09.1994 zu ändern und die Einkommensteuer 1988 auf 6.432,00 DM herabzusetzen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es hält an den Gründen seiner Einspruchsentscheidung fest. Die Veräußerung der Wohnungen außerhalb der Fünfjahresfrist stehe der Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) liege ein gewerblicher Grundstückshandel auch dann vor, wenn die An- und Verkäufe von Immobilien in einem planmäßigem Zusammenhang stünden und nur ein Teil der erworbenen Immobilien innerhalb der Fünfjahresfrist veräußert würden (BFH BStBl II 1992, 143). Ein solcher planmäßiger Zusammenhang zwischen An- und Verkauf der Wohnungen habe im Streitfall bestanden. Für einen gewerblichen Grundstückshandel spreche auch die hauptberufliche Tätigkeit des Klägers im Baubereich. Durch seine Geschäftsführertätigkeit bei der...seien dem Kläger besondere Kenntnisse über die preisgünstige Renovierung sowie die Wert- und Preisentwicklung von Immobilien vermittelt worden, die er bei der Renovierung der eigenen Wohnungen und dem beabsichtigten Ausbau des Dachbodens in der ...straße habe nutzen können. Im übrigen spräche auch die Ausbauabsicht des Klägers für das Vorliegen eines gewerblichen Grundstückshandels, auch wenn der Dachausbau wegen Streitigkeiten mit den Miteigentümern gescheitert sei. Die Wohnungen seien dem Umlaufvermögen des gewerblichen Grundstückshandels zuzuordnen, weil die Wohnungen zum alsbaldigen Verkauf bestimmt gewesen seien. AfA könne daher trotz langfristiger Vermietung der Wohnungen nicht vorgenommen werden.
Gründe
Die Klage ist begründet.
Der Senat läßt dahingestellt, ob die in Rede stehenden Wohnungen zum Privatvermögen des Klägers gehören und ihm deshalb im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (VuV) die streitige AfA zusteht (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 i.V. mit §§ 9 und 7 EStG), oder ob die Wohnungen zum Betriebsvermögen eines gewerblichen Grundstückshandels gehörten. Denn im letzteren Fall gehörten die Wohnungen für die Dauer der Vermietung zum Anlagevermögen, auf das der Kläger die AfA ebenfalls vornehmen könnte.
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH/NV 1996, 206; ebenso Schmidt § 15 EStG Tz 77 m.w.N.) gehören im Rahmen eines gewerblichen Grundstückshandels zum alsbaldigen Verkauf erworbene Immobilien zum notwendigen Betriebsvermögen, und zwar grundsätzlich zum Umlaufvermögen mit der Folge, dass für sie eine AfA nicht zulässig ist. Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt, bilden jedoch zum notwendigen Betriebsvermögen gehörige langfristig vermietete Immobilien Anlagevermögen und werden erst im Zeitpunkt ihrer Veräußerung Umlaufvermögen (vgl. BFH BStBl II 1996, 369, 374; 1981, 522, 527; 1975, 352). Daraus folgt, dass für langfristig vermietete Immobilien für die Zeit der Vermietung AfA vorgenommen werden können (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG i. d. im Streitjahr 1988 geltenden Fassung). Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass neben einer bestehenden bedingten Veräußerungsabsicht die Immobilien während ihrer Vermietung auch dazu bestimmt sind, dem Betrieb auf Dauer zum Zwecke der Vermögensmehrung durch Substanzausnutzung zu dienen.
Geht man im Streitfall von einem gewerblichen Grundstückshandel aus, so folgt aus den vorgenannten Grundsätzen, dass die in Rede stehenden langfristig vermieteten Wohnungen bis zu ihrer Veräußerung im Jahr 1989 zum Anlagevermögen gehörten. Hieraus folgt zugleich, dass der Kläger hinsichtlich dieser im Streitjahr 1988 vermieteten Wohnungen die AfA als Betriebsaugaben hätte vornehmen können (§§ 15, 4 Abs. 4 i.V. mit § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 und § 7 EStG).
Der Senat hat im Streitfall nicht feststellen können, dass der Kläger die Wohnungen bereits bei ihrer Anschaffung oder Teilung zum Verkauf bestimmt hatte. Der Kläger hat unwiderlegt geltend gemacht, die Wohnungen seien zur Fruchtziehung durch Vermietung bestimmt gewesen. Dies entspricht der tatsächlichen Verwendung der Wohnungen. Die im Jahr 1983 angeschafften Wohnungen in der ...straße und das im Jahr 1984 angeschaffte Mietwohngrundstück in der ...straße - bzw. die durch dessen Aufteilung entstandenen Eigentumswohnungen - wurden erst im Jahr 1989 veräußert. Bis dahin waren sie vermietet. Aus dieser tatsächlichen Verwendung der Wohnungen läßt sich nicht auf eine von vornherein bestehende Veräußerungsabsicht schließen. Hierin unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem, der dem Urteil des BFH vom 26.11.1974 - VIII R 61-62/73 (BStBl II 1975, 352) zugrunde lag; dort hatte der Kläger anschließend an die durch Teilung nach § 8 Wohnungseigentumsgesetz entstandenen Wohnungen sie veräußert. Danach gehörten die in Rede stehenden Wohnungen im Streitjahr 1988 zum Anlagevermögen, vorausgesetzt, der Kläger unterhielt - was der Senat, wie bereits ausgeführt, dahingestellt lassen konnte - einen gewerblichen Grundstückshandel.
Nach allem ist die Klage begründet und die Einkommensteuer antragsgemäß herabzusetzen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und Sicherheitsleistung beruht auf § 151 FGO i.V. mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozeßordnung.