Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 17.04.2002, Az.: 9 K 55/98
Verfassungsmäßigkeit der Beschränkung der Verlustverrechnungsmöglichkeit; Berücksichtigung des Anteilserwerbs
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 17.04.2002
- Aktenzeichen
- 9 K 55/98
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 14059
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2002:0417.9K55.98.0A
Fundstellen
- DStRE 2002, 1421-1423 (Volltext mit amtl. LS)
- EFG 2002, 1520-1522
Tatbestand
Streitig ist, ob ein Verlust, der bei der Veräußerung einer GmbH-Beteiligung entstanden ist, mit anderen positiven Einkünften verrechnet werden kann.
Die Kläger sind miteinander verheiratet und werden zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Die Klägerin erzielt als Arbeitsnehmerin Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, der Kläger erzielt gewerbliche Einkünfte.
Daneben war der Kläger an der T- GmbH beteiligt. Im Jahre 1987 erwarb er zunächst 24 % der Anteile für 72.000,00 DM. In den Folgejahren erwarb er regelmäßig weitere Anteile hinzu. Im März 1989 hat er weitere 1,5 % für 4.500,00 DM, im Januar 1990 weitere 1,5 % für 4.500,00 DM, im November 1990 weitere 3 % für 9.000,00 DM sowie im August 1992 weitere 15 % für 45.000,00 DM hinzuerworben. Im Juni 1993 veräußerte er insgesamt 20 % seiner GmbH-Beteiligung für einen Kaufpreis von 120.000,00 DM, sodass er nur noch mit 25 % an der GmbH beteiligt gewesen ist. Der Anteilsverkauf wurde nach § 17 Einkommensteuergesetz (EStG) der Besteuerung unterworfen.
Anschließend stockte er im Juni 1994 seine Beteiligung durch Hinzuerwerb weiterer 15 % für einen Kaufpreis von 1,00 DM auf 40 % auf. Die gesamte Beteiligung veräußerte er im Streitjahr 1996 für 30.000,00 DM. Dabei ermittelte er einen Veräußerungsverlust von 45.001,00 DM (Veräußerungspreis 30.000,00 DM abzgl. Anschaffungskosten 75.001,00 DM = Verlust 45.001,00 DM). Diesen Verlust machte er in seiner Einkommensteuererklärung für 1996 steuermindernd geltend. Der Beklagte (das Finanzamt - FA - ) verrechnete diesen Verlust nicht mit den übrigen positiven Einkünften der Kläger, weil der Kläger nicht innerhalb der letzten 5 Jahre ununterbrochen zu mehr als 25 % an der GmbH beteiligt gewesen sei.
Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb erfolglos.
Mit der Klage vertreten die Kläger weiterhin die Auffassung, dass der Verlust aus der Veräußerung der wesentlichen Beteiligung steuermindernd zu berücksichtigen sei. Zwar sehe § 17 Abs. 2 Satz 4 EStG eine Verlustverrechnungsbeschränkung für den Fall vor, dass ein Steuerpflichtiger nicht mehr als 5 Jahre ununterbrochen wesentlich am Kapital einer Gesellschaft beteiligt gewesen sei. Diese gesetzliche Einschränkung sei im vorliegenden Streitfall aber nicht anwendbar. Er - der Kläger - sei zunächst von März 1989 bis Juni 1993, also 4 Jahre und 4 Monate, wesentlich an der GmbH beteiligt gewesen. Erst durch die Teilanteilsveräußerung aus dem Jahre 1993 sei seine Beteiligung bis zum Juni 1994 unter die Wesentlichkeitsgrenze des § 17 EStG gesunken. Diesen Anteilsverkauf habe er auch ordnungsgemäß versteuert. Seit Juni 1994 bis August 1996 sei er wiederum wesentlich Beteiligter gewesen. Die Behaltenfrist des § 17 Abs. 2 S. 4 EStG sei daher nur kurzfristig unterschritten worden. Die Anwendung des § 17 Abs. 2 Satz 4 EStG führe zu dem Ergebnis, dass die Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an der T-GmbH zu versteuern seien, die Verluste, die durch den Verkauf am 22.08.1996 entstanden seien, jedoch nicht berücksichtigungsfähig wären. Dieses Ergebnis sei im Hinblick auf die kurze Zeit, die bis zur Anerkennung der Verluste fehle und unter Berücksichtigung des gesamten Engagements an der T-GmbH wirtschaftlich und steuersystematisch unsinnig. Immerhin sei er - der Kläger - insgesamt über 8 Jahre und 9 Monate an der GmbH beteiligt gewesen, davon 6 Jahre und 7 Monate wesentlich. Das bedeute, dass über die Laufzeit der Beteiligung gesehen, ein wesentlicher Einfluss auf die Gesellschaft über ¾ der Zeit bestanden habe. Hätte der Gesetzgeber einen solchen Sachverhalt bei der Einführung des § 17 Abs. 2 Satz 4 EStG bedacht, hätte er ein solches Ergebnis nicht gewollt. Alleiniger Zweck der Verlustverrechnungsbeschränkung sei es gewesen, missbräuchliche Gestaltungen, die sich dadurch kennzeichnen, dass eine nicht wesentliche Beteiligung durch einen kurzfristigen Zukauf weniger Anteile auf eine wesentliche Beteiligung aufgestockt werde, um im Privatvermögen entstandene Wertminderung in den steuerlichen Verlustausgleich einzubeziehen, zu verhindern. Hier seien im wesentlichen Gestaltungen gemeint, die unter dem Namen "Anteilsrotation" bekannt geworden seien. Ein solcher Fall liege hier aber nicht vor. Er - der Kläger - habe nicht kurzfristig nur wenige Anteile hinzuerworben. Vielmehr habe eine langjährige wesentliche Beteiligung bestanden. Es widerspreche dem Zweck der Regelung, eine Verlustverrechnungsbeschränkung auch im vorliegenden Fall eingreifen zu lassen. Des Weiteren liege durch die steuerliche Ungleichbehandlung von Gewinnen und Verlusten aus ein und demselben ökonomischen Vorgang und der damit verbundenen übermäßigen Steuerbelastung ein Verstoß gegen den im Grundgesetz verankerten Grundsatz der Eigentumsfreiheit (Art. 14 Grundgesetz - GG -) vor, so dass die Regelung des § 17 Abs. 2 Satz 4 EStG in diesem besonderen Fall zu einem nicht verfassungskonformen Ergebnis führe. Zumindest müßte aber ein Verlust aus dem Erwerb von Anteilen aus dem August 1992 berücksichtigt werden. Zum Zeitpunkt des Hinzuerwerb im August 1992 habe noch eine wesentliche Beteiligung bestanden, so dass die Rückausnahme des § 17 Abs. 2 Satz 4 Buchst. b Satz 2 EStG eingreife. Insoweit sei eine Verlustverrechnung möglich.
Die Kläger beantragen,
unter Aufhebung des Einspruchsbescheides vom 29. Dezember 1997 und Änderung des Einkommensteuerbescheides 1996 vom 24. September 1997 die Steuer auf 0,00 DM herabzusetzen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach § 17 Abs.4 Satz 2 EStG seien Verluste aus der Veräußerung wesentlicher Beteiligungen an Kapitalgesellschaften ab dem 01.01.1996 nur noch zu berücksichtigen, wenn der Veräußerer diese Anteile mehr als 5 Jahre vor der Veräußerung entgeltlich erworben hat und während dieses Zeitraumes ununterbrochen wesentlich am Kapital der Gesellschaft beteiligt gewesen sei. Das Einfügen der Verlustabzugsbeschränkung zum 01.01.1996 sei erfolgt, um Fälle des Verlustabzuges auszuschließen, in denen nicht wesentlich Beteiligte im drohenden Verlustfall die Beteiligungen kurzfristig auf eine wesentliche aufstockten, um dergestalt in den Genuss der für das steuerliche Privatvermögen außerhalb von § 17 EStG nicht gegebenen Berücksichtigung von Substanzverlusten zu gelangen. Dabei sei eine wesentliche Beteiligung gem. § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG gegeben, wenn jemand zu mehr als ¼ an einer Gesellschaft beteiligt sei. Betrage die Beteiligung genau ¼, liege keine wesentliche Beteiligung vor. Aus der Formulierung des Gesetzes, dass die wesentliche Beteiligung "während dieses Zeitraumes" bestanden haben müsse, sei abzuleiten, dass die wesentliche Beteiligung über den Zeitraum von 5 Jahren ununterbrochen bestanden haben müsse. Daher müsse der Veräußerer 5 Jahre ununterbrochen wesentlich beteiligt gewesen sein und dürfe seine Beteiligung auch nicht auf eine unwesentliche gemindert haben. Da der Kläger von Juni 1993 bis Juni 1994 zu genau 25 % beteiligt gewesen sei und damit zeitweise unwesentlich, komme ein Verlustabzug nicht in Betracht. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass eine wesentliche Beteiligung insgesamt über 6 Jahre bestanden habe, da er diese nicht ununterbrochen innerhalb der letzten 5 Jahre gehalten habe.
Gründe
Die Klage ist unbegründet.
Der angefochtene Steuerbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Das FA hat zu Recht den Verlust aus der Veräußerung der Anteile des Klägers an der T-GmbH nach § 17 Abs. 2 Satz 4 EStG nicht steuermindernd berücksichtigt.
Nach § 17 Abs. 1 EStG sind sowohl Gewinne als auch Verluste aus der Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung steuerlich zu berücksichtigen. Eine wesentliche Beteiligung liegt nach der im Streitjahr geltenden Fassung des § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG vor, wenn der Veräußerer an einer Kapitalgesellschaft zu mehr als ¼ unmittelbar oder mittelbar beteiligt war. Die Berücksichtigung eines Veräußerungsverlustes kommt nach § 17 Abs. 2 Satz 4 Buchst. b EStG allerdings nicht in Betracht, soweit er auf Anteile entfällt, die entgeltlich erworben worden sind und nicht innerhalb der gesamten letzten 5 Jahre zu einer wesentlichen Beteiligung des Steuerpflichtigen gehört haben. Die Verlustberücksichtigung ist in einem solchen Fall gem. § 17 Abs. 2 Satz 4 b Satz 2 EStG wiederum für Anteile möglich, die innerhalb der letzten 5 Jahre erworben wurden und deren Erwerb zur Begründung einer wesentlichen Beteiligung des Steuerpflichtigen geführt hat oder die nach Begründung der wesentlichen Beteiligung erworben worden sind. Danach entfällt die Verlustberücksichtigung zunächst, wenn der Veräußerer nicht innerhalb der letzten 5 Jahre ununterbrochen wesentlich an der Gesellschaft beteiligt gewesen ist (Schmidt/Weber-Grellet, 21. Auflage, § 17 Rz 199, Kirchhof/Gosch 2. Auflage, § 17 Rz 265; Dötsch/Punk, Betriebsberater 1999, 1352; Littmann/Hörger § 17 Rz 79 s; Herrmann/Heuer/Raupach § 17 Anmerkung R14; Herzig/Förster, Der Betrieb 1999, 711). Der Gesetzgeber wollte mit dieser Verlustbeschränkungsregelung Mißbrauchsfälle bekämpfen (Bundestagsdrucksache 14/23 Seite 179). Insbesondere die Aufstockung einer bisher unwesentlichen Beteiligung durch Hinzuerwerb auf eine wesentliche Beteiligung kurz vor Realisierung der Veräußerungsverluste sollte ausgeschlossen werden (Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 18. Januar 1999 VIII B 80/98, BStBl. II 1999, 486).
Zwar hielt der Kläger zum Zeitpunkt der Veräußerung 40 % der Anteile an der T-GmbH, so dass er wesentlich i. S. des § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG beteiligt war. Dennoch kann der durch die Veräußerung entstandene Verlust nach § 17 Abs. 2 Satz 4 Buchst. b EStG steuerlich nicht berücksichtigt werden, weil der Kläger innerhalb der letzten 5 Jahre nicht ununterbrochen wesentlich an der Gesellschaft beteiligt war. Denn in der Zeit von Juni 1993 bis Juni 1994 betrug seine Beteiligung lediglich 25 %, so dass die Wesentlichkeitsgrenze des § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG nicht überschritten war.
Die Regelung des § 17 Abs. 2 Satz 4 EStG ist entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht wegen Verstoßes gegen Art. 3 Grundgesetz (GG) verfassungswidrig (Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg, Außensenate Stuttgart vom 21. Oktober 1998 5 K 193/98, EFG 1999, 44; aA. Niehus/Wilke StuW 1997, 35). Die Beschränkung der Verlustverrechnungsmöglichkeit stellt zwar eine Einschränkung des aus dem Gleichheitsgebot des Art. 3 GG abgeleiteten Grundsatzes der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit dar (Beschluß des Bundesverfassungsgerichts -BVerfG- vom 11. November 1998 2 BvL 10/95, BStBl. II 1999, 502). Die Beschränkung ist aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt, weil der Gesetzgeber berechtigt war, zur Bekämpfung von Mißbrauchsfällen eine Verlustverrechnungsbeschränkung in das Gesetz aufzunehmen. Der Zweck der gesetzlichen Regelung, die Möglichkeit nur unwesentlich beteiligter Anteilseigner einzuschränken, im Privatvermögen entstandene Wertminderung durch Hinzuerwerb weniger Anteile in den steuerlichen Verlustausgleich einzubeziehen, ist eine zulässige verfassungsrechtliche Rechtfertigung für den Eingriff in das grundrechtlich geschützte Nettoprinzip der Einkommensteuer (Beschluß des BVerfG vom 23. Januar 1990 1 BvL 4,5,6,7/87, BVerfGE 81, 228). Bei der Ausgestaltung einer Regelung zur Mißbrauchsbekämpfung steht dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Dabei hat sich der Gesetzgeber bei Ausgestaltung des § 17 Abs. 2 Satz 4 einer verfassungsrechtlich zulässigen Typisierung bedient (Beschluß des BVerfG vom 29. Mai 1990 1 BvL 20, 26/84 und 4/86 BVerfGE 82, 60). Die Voraussetzung, zumindest 5 Jahre ununterbrochen an der Gesellschaft wesentlich beteiligt gewesen zu sein, kann auch nicht als willkürlich angesehen werden. Um Mißbrauchsfälle wirksam bekämpfen zu können, ist es notwendig, dass ein Behaltenszeitraum gewählt wird, der i. d. R. für den Steuerpflichtigen nicht ausreichend zu überblicken ist, so dass die Mißbrauchsbekämpfungsregel nicht durch Gestaltungsmaßnahmen umgangen werden kann. Ein fünfjähriger Behaltenszeitraum ist nach Auffassung des Senats daher rechtmäßig gewählt worden. Wesentliche Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung sind im Übrigen durch die rückwirkende Neufassung der Verlustverrechnungsbeschränkung des § 17 Abs. 2 Satz 4 aus dem Jahre 1999 auch auf den hier streitigen Veranlagungszeitraum 1996 beseitigt worden (Blümich/Ebling § 17 Rz. 17). Da die Regelung zulässigerweise der Mißbrauchsbekämpfung dient, ist auch eine unterschiedliche Behandlung von Gewinnen und Verlusten zulässig.
Der Veräußerungsverlust ist auch nicht nach § 17 Abs. 2 Satz 4 b Satz 2 1. Alternative EStG anteilig steuerlich zu berücksichtigen. Der Kläger hat zwar im Juni 1994 weitere 15 % an der T-GmbH zu einem Kaufpreis von 1,00 DM hinzuerworben. Damit ist der Rückausnahmetatbestand des § 17 Abs. 2 Satz 4 b Satz 2 1. Alternative EStG erfüllt, weil durch den Hinzuerwerb eine wesentliche Beteiligung geschaffen wurde. Damit kann ein Verlust, der auf diesen Anteil entfällt, abgezogen werden. Im Streitfall ist aber durch die Veräußerung dieses Anteiles kein Veräußerungsverlust entstanden, weil die Anschaffungskosten dieses Anteiles lediglich 1,00 DM betrugen. Eine anteilige Berücksichtigung der Anschaffungskosten der bereits seit Juni 1994 bestehenden 25%-igen Beteiligung kommt nicht in Betracht, da die Verlustverrechnungsbeschränkung auf den jeweiligen konkreten hinzuerworbenen Anteil anzuwenden ist (Schmidt/Weber-Grellet 21. Aufl. § 17 Rz. 197; Kirchhof/Gosch § 17 Rz. 265). Damit sind nur die Anschaffungskosten von 1,00 DM, die auf die hinzuerworbenen 15 % entfallen, in die Berechnung einzubeziehen.
Eine Berücksichtigung des Anteilserwerbs aus dem August 1992 bei der Ermittlung eines Veräußerungsverlustes kommt ebenfalls nicht in Betracht. Zum Zeitpunkt des Anteilserwerb im August 1992 war der Kläger noch wesentlich an der T-GmbH beteiligt. Damit würde grundsätzlich die Rückausnahme des § 17 Abs. 2 Satz 4 Buchst. b Satz 2 2. Alternative EStG eingreifen, so dass eine Verlustberücksichtigung in Bezug auf diesen Anteil möglich wäre. Dies ist jedoch nicht zulässig, weil die Beteiligung nach dem Erwerb im August 1992 durch den Verkauf von Anteilen im Juni 1993 auf eine unwesentliche Beteiligung abgesenkt wurde. Die Absenkung auf eine unwesentliche Beteiligung stellt eine Zäsur dar, die eine Einbeziehung zuvor erworbener Anteile in die Verlustverrechnung ausschließt. Bei der Auslegung der Rückausnahmeregelung des § 17 Abs. 2 Satz 4 Buchst. b Satz 2 2. Alternative EStG ist der Zweck der Verlustverrechnungsbeschränkung zu berücksichtigen. Der Zweck der Regelung, Mißbrauch zu bekämpfen, kann nur wirksam erreicht werden, wenn eine Rückausnahme vom generellen Verlustverrechnungsverbot nur für den Fall eingreift, dass die Beteiligung zwischenzeitlich nicht auf eine unwesentliche abgesunken ist (Blümich/Ebling § 17 Rz. 241 e; aA. Herzig/Förster DB 1999, 711). Denn bei einer anderen Auslegung der Vorschrift könnte der Stpfl. wiederum durch einen kurzfristigen Hinzuerwerb weniger Anteile einen im Privatvermögen entstandenen Verlust zumindest anteilig in die steuerliche Verlustverrechnung einbeziehen. Eine solche Gestaltung soll § 17 Abs. 2 Satz 4 EStG aber gerade unterbinden. Dies zeigt sich besonders im vorliegenden Streitverfahren. Der Anteilsverkauf aus dem Juni 1993 erfolgte durch den Kläger noch mit Gewinn. Die Entwertung der Anteile erfolgte dann offensichtlich erst in der Zeit, in der der Kläger nur noch unwesentlich an der Gesellschaft beteiligt gewesen war. Denn der Kläger konnte weitere Anteile im Juni 1994 für 1,00 DM erwerben. Diese Anteile waren also zu diesem Zeitpunkt wertlos. Würde man nun § 17 Abs. 2 Satz 4 Buchst. b Satz 2 2. Alternative EStG so auslegen, dass der Anteilserwerb aus dem August 1992 in eine Verlustverrechnung einzubeziehen wäre, wäre der Regelungszweck unterlaufen. Der Kläger hätte dann nämlich durch einen (preiswerten) Zukauf von Anteilen erreicht, dass im Privatvermögen entstandene Verluste steuerlich verrechnet werden könnten. Um den Regelungszweck zu erreichen, ist § 17 Abs. 2 Satz 4 Buchst. b Satz 2 2. Alternative EStG daher so zu verstehen, dass eine zwischenzeitliche Absenkung der Beteiligung unter die 25% - Grenze die Verlustverrechnung für einen zuvor erworbenen Anteil ausschließt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).