Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 30.11.2017, Az.: 13 A 2117/17
Angaben; Aufrechnung; Besoldung; Familienzuschlag; grob fahrlässig; Nachprüfung; Rückforderung; Sorgfaltspflicht; Überzahlung
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 30.11.2017
- Aktenzeichen
- 13 A 2117/17
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2017, 53672
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 12 BBesG
- § 812 BGB
- § 814 BGB
- § 19 Abs 2 BesG ND
Tenor:
Soweit die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, wird das Verfahren eingestellt.
Das beklagte Amt wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 1.034,75 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagzustellung auf einen Betrag von 1.478,22 € und auf 1.034,75 € ab dem 01.10.2017 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin zu 1/3 und das beklagte Amt zu 2/3.
Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Verrechnung einer Überzahlung beim Familienzuschlag mit ihren laufenden Dienstbezügen und begehrt die Rückzahlung der einbehaltenen Besoldungsteile.
Die Klägerin steht als Lehrerin in einem Beamtenverhältnis zum Land Niedersachsen. Bei ihr lebt der am 18.09.1998 geborene Sohn, der von seinem Vater im hier entscheidungserheblichen Zeitraum Kindesunterhalt erhielt.
Aus Anlass ihrer Ernennung zur Beamtin auf Widerruf informierte das beklagte Amt im November 2003 die Klägerin über die seinerzeit geltenden Rechtsgrundlagen für den Familienzuschlag der Stufe 1 nach dem Bundesbesoldungsgesetz (Bl. 13 der Beiakte 001 Bd. 1/2). Mit Bescheid vom 27.11.2003 bewilligte das beklagte Amt der Klägerin ab 01.11.2003 Familienzuschlag der Stufe 1. Auch hierbei wurde auf § 40 Bundesbesoldungsgesetz hingewiesen. Die Klägerin schied dann Anfang März 2004 aus dem Landesdienst aus.
Mit Wirkung vom 01.11.2011 wurde die Klägerin zur Lehrerin ernannt. Mit Schreiben vom 17.11.2011 wurde die Klägerin erneut über die Rechtsgrundlage des § 40 Bundesbesoldungsgesetz informiert. In dem beigefügten Merkblatt wurde auch auf die Eigenmittelgrenze hingewiesen (Bl. 158 a.a.O.).
Die Unterhaltszahlungen des Vaters und das Kindergeld hatte die Klägerin immer ordnungsgemäß angegeben (vgl. Bl. 201 der Beiakte 001/Bd. 2/2).
Zum 01.09.2015 nahm der Sohn der Klägerin eine Berufsausbildung auf.
Die Klägerin trägt vor, insbesondere den Ausbildungsvertrag mit der Mitteilung der Höhe der Ausbildungsvergütung per Post übersandt zu haben. Diese Unterlagen befinden sich nicht in den Beiakten. Auf Blatt 211 der Beiakten ist jedoch der Ausdruck einer elektronischen Mail enthalten, in dem die Klägerin auf die „kürzlich postalisch zugeschickten“ Unterlagen verweist. Handschriftlich ist auf diesen Mailausdruck mit Hilfe eines Klebezettels vermerkt: „Wo sind diese Unterlagen?“ Ebenfalls handschriftlich wurde auf diesen Ausdruck unter dem 25.11.2015 weiterhin von einem Mitarbeiter des beklagten Amtes eine Berechnung vorgenommen, die zu dem Ergebnis führte: „FZ Stufe 1 steht weiterhin zu“ (Bl. 213 a.a.O.). Bei dieser Berechnung wurde der vom Vater gezahlte Kindesunterhalt nicht berücksichtigt. Diese Berechnung wurde der Klägerin jedoch nicht zur Kenntnis gegeben.
Unter dem 17.10.2016 gab die Klägerin eine Erklärung zum Familienzuschlag ab, in dem sowohl das Kindergeld, der vom Vater gezahlte Unterhalt als auch die Ausbildungsvergütung des Sohnes aufgeführt wurden. Nunmehr fiel dem beklagten Amt auf, dass der Klägerin ab 01.09.2015 - was insoweit unstreitig ist - kein Familienzuschlag der Stufe 1 mehr zusteht.
Mit Bescheid vom 22.11.2016 stellte das beklagte Amt fest, dass der Klägerin ab 01.09.2015 der Familienzuschlag der Stufe 1 nicht mehr zusteht und hob seinen „vorherigen Bescheid über die Gewährung des Familienzuschlags der Stufe 1 … mit Wirkung vom 01.09.2015 auf.“ Gleichzeitig wurde mitgeteilt, dass für die Zeit vom 01.09.2015 bis 31.12.2016 eine Überzahlung in Höhe von 1478,22 € eingetreten sei. Das beklagte Amt erklärte insoweit die Aufrechnung mit den fälligen Dienstbezügen der Klägerin und kündigte an, monatliche Raten in Höhe von 150 € bis zur Tilgung der Überzahlung einzubehalten. Eine vorherige Anhörung erfolgte nach dem Verwaltungsvorgang nicht.
Die Klägerin selbst legte gegen diesen Bescheid Widerspruch ein. Nachdem sich der jetzige Prozessbevollmächtigte für die Klägerin legitimierte, entschuldigte sich das beklagte Amt für das Versäumnis des Anhörungsverfahrens und gab der Klägerin Gelegenheit zur Äußerung. Der jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin begründete dann den Widerspruch der Klägerin näher.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.02.2017 (der im Betreff allerdings auch mit „Rückforderung überzahlter Bezüge“ betitelt war) wies das beklagte Amt den Widerspruch der Klägerin zurück. Auf Entreicherung könne sich die Klägerin nicht berufen, weil der Klägerin der Rechtsgrundmangel der Zahlung bei Empfang der Bezüge bekannt gewesen sei. Die Klägerin sei bereits mit Bescheid vom 27.11.2003 ausdrücklich auf die Zahlungsvoraussetzungen hinsichtlich des Familienzuschlags hingewiesen worden. Sie hätte mithin wissen müssen, dass auch die Unterhaltszahlungen des Vaters des Sohnes zu berücksichtigen seien und damit die Eigenmittelgrenze überschritten worden sei. Eine Billigkeitsentscheidung sei getroffen worden. Man habe die Aufrechnung mit sehr moderaten Monatsraten in Höhe von nur 150 € erklärt. Dies sei völlig ausreichen.
Der Widerspruchsbescheid wurde am 16.02.2017 zugestellt.
Die Klägerin hat am 10.03.2017 Klage erhoben.
Sie trägt vor: sie habe alle erforderlichen Angaben gemacht. Dem beklagten Amt sei bei der Berechnung im November 2015 ein grober Fehler unterlaufen. Sie, die Klägerin, könne sich deshalb auf den Wegfall der Bereicherung berufen. Eine Entreicherung sei zu unterstellen, da die Überzahlung unterhalb der Grenze von 139,39 Euro monatlich gelegen habe. Man könne ihr nicht vorhalten, dass der Mangel des rechtlichen Grundes so offensichtlich gewesen sei, dass sie ihn hätte erkennen müssen. Ein grob fahrlässiges Verhalten könne ihr nicht unterstellt werden. Die Klärung der Frage, ob die Eigenmittelgrenze überschritten worden sei, erfordere mehrere, nicht unkomplizierte Rechenschritte. Da sie in vorbildlicher Weise ihrer Pflicht zur Mitteilung aller Bezüge relevanten Daten nachgekommen sei, habe ihr nicht auch noch oblegen, zu prüfen, ob auf Seiten der Beklagten richtig gerechnet worden sei. Bei der getroffenen Billigkeitsentscheidung sei zudem nicht berücksichtigt worden, dass die Überzahlung auf einen groben Fehler des beklagten Amtes zurückgehe.
Im Übrigen sei der Familienzuschlag im hier streitigen Zeitraum nicht aufgrund eines Bescheides gewährt worden. Einen solchen Bescheid gebe es nicht. Mithin könne ein solcher Bescheid auch nicht aufgehoben werden. Schon deshalb sei der Bescheid vom 22.11.2016 rechtswidrig.
Nachdem das beklagte Amt nachträglich seine Billigkeitsentscheidung geändert und der Klägerin einen Betrag von 443,47 € (entsprechend 30 % der ursprünglichen Forderung) erlassen hatte, erklärte die Klägerin die Hauptsache insoweit teilweise für erledigt.
Die Klägerin beantragt nach Änderung der Billigkeitsentscheidung nunmehr,
den Bescheid der Beklagten vom 2. 20.11.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. 2. 2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie, die Klägerin, 1034,75 € € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Klagzustellung auf einen Betrag in Höhe von 1478,22 € und auf 1034, vom 70 € ab 01.10.2017 zu zahlen.
Das beklagte Amt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Klägerin sei der Rechtsgrundmangel der Zahlung bei Empfang der Bezüge bekannt gewesen. Schon der Schriftverkehr aus dem Jahre 2003 weise darauf hin, dass sich die Klägerin bereits zu diesem Zeitpunkt vertieft mit dem Thema Familienzuschlag auseinandergesetzt habe. In der dem Bescheid vom 20.11.2003 beigefügten Berechnung seien die für den Unterhalt der aufgenommenen Person zur Verfügung stehenden Mittel aufgeführt. Der Klägerin sei demnach bekannt gewesen, dass neben dem Kindergeld und dem Kinderanteil im Familienzuschlag auch zum Beispiel eine Ausbildungsvergütung und Unterhaltsleistungen des anderen Elternteils zu berücksichtigen seien. Sie sei demgemäß über die Berechnung der Eigenmittelgrenze gut informiert gewesen. Ihr hätten Zweifel an der Höhe der Einkünfte kommen müssen. Hätte sie sich nach der Prüfung der Gehaltsmitteilung hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Zahlung beim beklagten Amt erkundigt, wäre der Fehler aufgefallen und die Fehlzahlung vermieden worden.
Nunmehr räumt das beklagte Amt allerdings ein Mitverschulden ein und erklärt, es verzichte auf 30 % der Überzahlungssumme, mithin verringere sich der Überzahlungsbetrag auf 1034 75 €. Da bereits 1478,220 € im Wege der Aufrechnung einbehalten worden sein, würden 172,65 € an die Klägerin wieder ausgezahlt. Das beklagte Amt schloss sich der Teil-Erledigungserklärung der Klägerin an.
Alle Beteiligten haben sich mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung und mit einer Entscheidung des Berichterstatters anstelle der Kammer einverstanden erklärt.
Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Im Einverständnis der Beteiligten ergeht die Entscheidung gemäß § 87a Abs. 2 und 3 VwGO durch den Berichterstatter und nach § 101 Abs. 2 VwGO weiterhin ohne mündliche Verhandlung.
Soweit die Hauptsache teilweise übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, war das Verfahren einzustellen und über die Kosten zu entscheiden, § 161 Abs. 2 VwGO.
Hinsichtlich der Anfechtungsklage ist die Klage der Klägerin mangels Vorliegen eines Rechtsschutzinteresses unzulässig.
Das Schreiben der Beklagten vom 22.11.2016 stellt zwar einen Verwaltungsakt dar, jedoch nur insoweit, wie darin die Aufhebung eines früheren Bescheides ausgesprochen wurde. Ein Rückforderungsbescheid wurde nicht erlassen. Insoweit stellt das Schreiben vom 22.11.2016 eine schlichte Mitteilung über die Höhe der eingetretenen Überzahlung und die Erklärung der Aufrechnung dar.
Die Aufrechnungserklärung ist kein Verwaltungsakt.
Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 20.11.2008 - 3 C 13/08 - u.a. ausgeführt:
„Die Aufrechnung ist keine Vollziehung des Leistungsbescheides. Vollziehung ist die einseitige Durchsetzung der im Bescheid getroffenen Regelung mit hoheitlichen Mitteln, etwa im Wege der Verwaltungsvollstreckung. Damit hat die Aufrechnung nur gemein, dass auch sie eine einseitige Willenserklärung ist. Sie dient aber nicht der Durchsetzung der in dem Bescheid geregelten Forderung durch die Behörde, sondern der Erfüllung einer ganz anderen Verbindlichkeit der Behörde; dass diese Erfüllung zugleich die Befriedigung der eigenen Forderung bewirkt, ist lediglich ihre zwangsläufige Folge. Vor allem erfolgt die Aufrechnung nicht mit hoheitlichen Mitteln; sie ist vielmehr ein Gestaltungsrecht des allgemeinen Schuldrechts, das dem Staat nicht anders als jedem anderen Teilnehmer am Rechtsverkehr zusteht (stRspr; vgl. Urteile vom 13. Oktober 1971 - BVerwG 6 C 137.67 - Buchholz 232 § 87 BBG Nr. 48 S. 42 f. und vom 27. Oktober 1982 - BVerwG 3 C 6.82 - BVerwGE 66, 218 <220 f.> = Buchholz 451.55 Subventionsrecht Nr. 71 S. 12 f.).“
Das erkennende Gericht schließt sich dieser überzeugenden Rechtsprechung an. Auch der für Beamtenrecht zuständige 5. Senat des OVG Lüneburg folgt dieser Auffassung (vgl. Beschluss vom 04.07.2011 - 5 ME 195/11 -).
Die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage hemmt den Vollzug im Falle eines Leistungsbescheides (Rückforderungsbescheid). Sie geht aber nicht darüber hinaus; sie lässt die jenseits der besonderen hoheitlichen Befugnisse bestehende Rechtsstellung der Behörde unberührt. Namentlich führt § 80 Abs. 1 VwGO nicht dazu, die Behörde im allgemeinen Rechtsverkehr schlechter zu stellen als jeden Privaten. Die durch § 387 BGB begründete Befugnis (auch) der Behörde, ihre Verbindlichkeit durch Aufrechnung mit einer eigenen Gegenforderung zu erfüllen, wird nicht berührt.“
Grundsätzlich hätte das beklagte Amt zwar auch ein Rückforderungsbescheid erlassen können. Dies hat es jedoch nicht getan. Auch die Betreffzeile im Widerspruchsbescheid vom 13.02.2017 – der Bescheid vom 22.11.2016 ist Gegenstand des Klageverfahrens in der Gestalt, den er durch den Widerspruchsbescheid erhalten hat – macht den Bescheid vom 22.11.2016 noch nicht zu einem Rückforderungsbescheid. Zwar ist der Widerspruchsbescheid mit „Rückforderung überzahlter Bezüge“ überschrieben, als Regelung enthält der Widerspruchsbescheid jedoch nur die Zurückweisung des Widerspruches. Zwar wird in der Begründung zum Teil auch von einem Rückforderungsbescheid gesprochen, eine derartige Regelung wurde jedoch weder im Ausgangsbescheid vom 22.11.2016 noch im Widerspruchsbescheid getroffen.
Gegenstand der Anfechtungsklage kann nach alledem lediglich die im Bescheid vom 22.11.2016 ausgesprochener Aufhebung eines „früheren Bescheides über die Gewährung des Familienzuschlags der Stufe 1“ sein. Der aufgehobene Bescheid wird in der Verfügung vom 22.11.2016 nicht näher bezeichnet. Aus dem Widerspruchsbescheid ergibt sich jedoch, dass damit der Bescheid vom 27.11.2003 gemeint ist. Dies ist auch der einzige Bescheid in den Verwaltungsvorgängen, in dem ausdrücklich die Zahlung von Familienzuschlag bewilligt wurde.
Diesen Bescheid erhielt die Klägerin im Rahmen ihres Beamtenverhältnisses auf Widerruf als Lehreranwärterin. Mit dem Ausscheiden aus diesem Beamtenverhältnis Anfang März 2004 wurde dieser Bescheid obsolet. Der Bescheid hat sich nach § 43 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes (in Verbindung mit § 1 des niedersächsischen Verwaltungsverfahrensgesetzes) mit Beendigung des damaligen Beamtenverhältnisses der Klägerin auf andere Weise erledigt. Die Aufhebung dieses Bescheides geht nach alledem ins Leere und enthält keine Beschwer mehr für die Klägerin. Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung der Aufhebung ist bei dieser Sachlage nicht zu erkennen.
So wie der Bescheid vom 22.11.2016 formuliert wurde, sollte auch kein feststellender Verwaltungsakt mit der Regelung, dass eine Überzahlung in Höhe von 1. 478,22 € entstanden ist, erlassen werden. Selbst wenn jedoch ein entsprechender feststellender Verwaltungsakt angenommen werden könnte, so ist die Tatsache, dass eine Überzahlung in Höhe von 1478,22 € eingetreten ist, zwischen den Beteiligten nicht streitig. Auch insoweit fehlte mithin für eine Anfechtung das Rechtsschutzinteresse.
Die gleichzeitig erhobene allgemeine Leistungsklage auf Rückgewährung der zwischenzeitlich von der Besoldung der Klägerin einbehaltenen Beträge ist - soweit nicht Teilerledigung eingetreten ist - zulässig und letztendlich begründet.
Dass das beklagte Amt eine eingetretene Überzahlung der Bezüge nur durch Aufrechnung wieder ausgleicht, ist allerdings grundsätzlich nicht zu beanstanden. Es bedarf dazu - wie oben dargestellt - nicht des vorherigen Erlasses eines Rückforderungsbescheides. Das beklagte Amt kann auch nur – wie hier – durch eine schlichte Aufrechnungserklärung handeln.
Rechtsgrundlage für die Rückzahlungsbegehren ist § 19 Abs. 2 NBesG. Nach dieser Bestimmung regelt sich die Rückforderung zu viel gezahlter Bezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, wobei es der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes der Zahlung gleichsteht, wenn der Mangel so offensichtlich war, dass der Empfänger ihn hätte erkennen müssen.
Im vorliegenden Fall kann die Klägerin ausnahmsweise den Einwand der Entreicherung geltend machen, ohne dass ihr eine verschärfte Haftung vorgehalten werden kann. Denn der Mangel war nicht offensichtlich.
Zwar wusste die Klägerin, oder hätte nach den entsprechenden Belehrungen zum Familienzuschlag zumindest wissen müssen, dass ihr der kinderbezogene Familienzuschlag nur zusteht, wenn ihr Kind bestimmte Einkommensgrenzen nicht überschreitet.
Die Klägerin kann sich auch nicht auf die Vorschrift des § 814 BGB berufen. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 28.02.2002 - 2 C 2/01 - zu dieser Frage ausgeführt:
„Der Rückforderung steht § 814 BGB nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift kann das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war. Zwar regelt sich die Rückforderung gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 BBesG nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, zu denen auch § 814 BGB gehört. § 12 Abs. 2 BBesG verweist aber nur insoweit auf die Vorschriften des BGB, als es um die Rechtsfolgen des Rückzahlungsanspruches geht. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Rückforderung bezeichnet § 12 BBesG mit der Wendung "zu viel gezahlt" eigenständig und abschließend. § 814 BGB regelt nicht den "Umfang der Erstattung" (vgl. § 49 a Abs. 2 Satz 1 VwVfG), sondern schließt den Bereicherungsanspruch dem Grunde nach aus. Eine solche Ergänzung des Rechtsgrundes lässt § 12 Abs. 2 BBesG nicht zu.“
Dem schließt sich das erkennende Gericht an.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes ist die Voraussetzung des „Kennen-müssens“ eines „offensichtlichen Mangels“ des § 19 Abs. 2 NBesG aber nur dann erfüllt, „wenn der Empfänger die Überzahlung nur deshalb nicht bemerkt hat, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht gelassen hat (Urteile vom 28. Juni 1990 - BVerwG 6 C 41.88 - Buchholz 240 § 12 BBesG Nr. 17 S. 17 m.w.N. und vom 28. Februar 1985 - BVerwG 2 C 31.82 - Buchholz 235 § 12 BBesG Nr. 7 S. 13 m.w.N.; stRspr) oder - mit anderen Worten - er den Fehler etwa durch Nachdenken oder logische Schlussfolgerung hätte erkennen müssen (Urteil vom 9. Mai 2006 - BVerwG 2 C 12.05 - Buchholz 240 § 40 BBesG Nr. 37 Rn. 13). Letztlich ist das Fehlen des Rechtsgrundes für die Zahlung dann offensichtlich, wenn es für den Empfänger ohne weiteres bei Beachtung seiner Sorgfaltspflichten erkennbar ist. Zu den Sorgfaltspflichten eines Beamten gehört es aufgrund seiner beamtenrechtlichen Treuepflicht auch, die Besoldungsmitteilungen bei besoldungsrelevanten Änderungen im dienstlichen oder persönlichen Bereich auf ihre Richtigkeit zu überprüfen und auf Überzahlungen zu achten. Er darf sich insbesondere dann, wenn er ohne erkennbaren Grund höhere Leistungen erhält, nicht ohne weiteres auf die Rechtmäßigkeit der Zahlung verlassen (vgl. Urteile vom 28. Februar 1985 a.a.O. S. 13 und 15 und vom 25. November 1982 - BVerwG 2 C 14.81 - Buchholz 235 § 12 BBesG Nr. 3 m.w.N. <insoweit nicht in BVerwGE 66, 251 abgedruckt>). Offensichtlichkeit im Sinne von § 12 Abs. 2 Satz 2 BBesG liegt mithin dann vor, wenn dem Beamten aufgrund seiner Kenntnisse auffallen muss, dass die ausgewiesenen Beträge nicht stimmen können. Ihm muss sich aufdrängen, dass die Besoldungsmitteilungen fehlerhaft sind; nicht ausreichend ist, wenn Zweifel bestehen und es einer Nachfrage bedarf. Nicht erforderlich ist hingegen, dass außerdem die konkrete Höhe der Überzahlung offensichtlich ist“ (BVerwG, Urteil vom 26. April 2012 – 2 C 4/11 –, Rn. 11, juris).
Nach diesen Grundsätzen kann nicht festgestellt werden, dass die Klägerin die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht gelassen hat. Sie hat alle erforderlichen Angaben gegenüber dem beklagten Amt gemacht.
Wenn die Berechnung auf Blatt 213 der Verwaltungsvorgänge der Klägerin zugänglich gemacht worden wäre, hätte von der Klägerin auch erwartet bzw. verlangt werden können, dass sie bemerkt, dass nicht alle Einnahmen in die Berechnung eingestellt worden sind, die hätten eingestellt werden müssen. Denn wie ausgeführt, hätte die Klägerin zumindest wissen müssen, dass auch der vom Vater gezahlte Kindesunterhalt mit eingerechnet werden muss.
Diese Berechnung des beklagten Amtes ist der Klägerin jedoch nicht bekannt gegeben worden. Es würde die Anforderungen an einem Beamten, der nicht von Berufs wegen mit der Zahlung von Familienzuschlägen beschäftigt, sondern im Schuldienst tätig ist, aber bei weiten überspitzen, wenn von ihm verlangt werden würde, von sich aus ohne konkreten Anhaltspunkt für eine Falschberechnung der Behörde selbst Berechnungen hinsichtlich der Einkommensgrenzen anzustellen. Hier hatte die Klägerin keinerlei Anlass, die Berechnung der Beklagten zu überprüfen. Ohne weitere Anhaltspunkte war es jedenfalls nicht offensichtlich, dass das beklagte Amt einen Teil des Einkommens bei seiner Berechnung übersehen hatte. Der Vorwurf, dass die Klägerin die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht gelassen hat, kann ihr nach alledem nicht gemacht werden. Sie durfte vielmehr darauf vertrauen, dass, wenn trotz Vorlage aller Unterlagen und aller notwendigen Angaben, das beklagte Amt die Zahlungen ungekürzt weiterführte, dies so seine Richtigkeit hatte.
Angesichts der geringen monatlichen Überzahlungsbeträge kann zudem ohne weiteres von einer Entreicherung ausgegangen werden, ohne dass von der Klägerin gefordert werden muss, den Verbleib des Geldes nachzuweisen. Der Betrag überschreitet nicht die nach den einschlägigen Verwaltungsvorschriften vorgegebene Grenze, bis zu der eine Entreicherung unterstellt werden kann.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.