Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 22.11.2017, Az.: 13 B 10945/17

Asylbewerbervortrag; Aufklärung; Norwegen; Unzulässig; Zweitantrag

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
22.11.2017
Aktenzeichen
13 B 10945/17
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2017, 54014
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Keine weiteren Aufklärungspflichten des Bundesamtes im Eilverfahren, wenn Asylbewerber selbst vorträgt, es gebe ein negativ abgeschlossenes Asylverfahren in einem sicheren Drittstaat.

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen seine Abschiebungsandrohung in den Libanon.

Bei dem Antragsteller handelt es sich um einen staatenlosen Palästinenser aus dem Libanon.

Er reiste Mitte Juli 2016 aus Norwegen in Deutschland ein und stellte hier einen Asylantrag. Der Antragsteller erklärte am 16.08.2016 gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, er sei über Russland gereist und habe eigentlich nach Deutschland gewollt. In Norwegen sei er aber festgenommen worden. Er wollte sich dem Gesetz nicht widersetzen und sei deswegen dortgeblieben. Er habe in Norwegen einen Asylantrag gestellt. Dieser Antrag sei abgelehnt worden. Daraufhin sei er nach Deutschland gereist, weil er Angst gehabt habe, abgeschoben zu werden. Außerdem gab der Antragsteller nach einem Vermerk vom 16.08.2016 (Blatt 37 der Verwaltungsvorgänge) an, dass sich an seinen Antragsgründen seit der Durchführung des Asylverfahrens in Norwegen nichts geändert habe.

Mit Bescheid vom 07.11.2017 des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge lehnte die Beklagte die Anträge des Antragstellers als unzulässig ab, forderte den Antragsteller zur Ausreise auf und drohte seine Abschiebung in den Libanon an.

Der Antragsteller hat am 15.11.2017 Klage erhoben und gleichzeitig um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.

Er trägt vor, ein Zweitantrag sei nur gegeben, wenn ein Ausländer nach erfolglosen Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat im Bundesgebiet erneut einen Asylantrag stelle. Die Antragsgegnerin habe versäumt, aufzuklären, ob die norwegischen Behörden über den Antrag des Antragstellers überhaupt schon entschieden hätten. Über den Ausgang des Verfahrens sei nichts Sicheres bekannt. Die Antragsgegnerin habe dazu keinerlei Ermittlung angestellt.

Der Antragsteller beantragt,

die aufschiebende Wirkung der am 15.11.2017 erhobenen Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 07.11.2017 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie tritt dem Antrag entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.

II.

Über den Antrag entscheidet der Einzelrichter, § 76 Abs. 4 AsylG.

Der zulässige Antrag ist unbegründet.

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Verwaltungsgericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs (§ 80 Abs. 1 VwGO) ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. in Fällen des § 80 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO die aufschiebende Wirkung anordnen. Dabei prüft das Gericht zum einen, ob im Fall des § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO die Anordnung der sofortigen Vollziehung ordnungsgemäß nach § 80 Abs. 3 VwGO begründet wurde. Zum anderen trifft das Gericht eine eigene Interessenabwägung zwischen dem privaten Interesse des bzw. der Antragsteller, vorläufig von den Wirkungen des angefochtenen Verwaltungsaktes verschont zu bleiben (Aufschubinteresse) und dem besonderen öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung dieses Verwaltungsaktes (Sofortvollzugsinteresse). Bei dieser Interessenabwägung sind wiederum zunächst die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs des bzw. der Antragsteller in der Hauptsache zu berücksichtigen, soweit diese bei summarischer Prüfung absehbar sind. Bestehen bereits bei summarischer Prüfung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes (vgl. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO) und wird der Rechtsbehelf deshalb in der Hauptsache mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Erfolg haben, ist dem Antrag regelmäßig stattzugeben, denn ein überwiegendes öffentliches (oder anderes privates) Interesse am sofortigen Vollzug eines offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsaktes kommt nicht in Betracht. Bestehen solche Zweifel nicht, erweist sich also der angegriffene Verwaltungsakt bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtmäßig und wird der Rechtsbehelf in der Hauptsache deshalb mit überwiegender Wahrscheinlichkeit keinen Erfolg haben, so ist der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in der Regel abzulehnen. So liegt es hier.

Die Antragsgegnerin hat zu Recht den weiteren Asylantrag des Antragstellers als unzulässig abgelehnt und seine Abschiebung in den Libanon angedroht.

Gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn im Falle eines Folgeantrages oder eines Zweitantrages ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist. Bei dem Asylantrag, den der Antragsteller beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gestellt hat, handelt es sich um einen Zweitantrag im Sinne des § 71a AsylG. Danach ist ein weiteres Asylverfahren nach erfolglosen Abschluss eines Asylverfahrens in einen sicheren Drittstaat in Deutschland nur durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) vorliegen.

Bei Norwegen handelt es sich um einen sicheren Drittstaat im Sinne des § 26a AsylG, Art. 16a GG iVm. der Anlage 1 zu § 26a AsylG.

Der Antragsteller hat in Norwegen erfolglos ein Asylverfahren durchgeführt. Der Antragsteller hat selbst vor dem Bundesamt angegeben, in Norwegen einen Asylantrag gestellt und einen ablehnenden Bescheid erhalten zu haben. An diesem Vortrag muss sich der Antragsteller festhalten lassen. Er kann im Eilverfahren nicht auf einmal seine eigenen Angaben mit Nichtwissen zu bestreiten. Ob und mit welchen Ergebnis ein Asylverfahren in Norwegen durchgeführt wurde liegt in seiner Sphäre und der Antragsteller ist erst einmal selbst gefordert, hier die erforderlichen Angaben zu machen. Jedenfalls im Eilverfahren kann das Gericht von den eigenen Angaben des Antragstellers ausgehen.

An den ursprünglichen Angaben des Antragstellers vor dem Bundesamt hinsichtlich des abgeschlossenen Asylverfahrens in Norwegen liegt das Gericht auch keine Zweifel.

Die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG liegen nicht vor. Der Antragsteller hat selbst vor dem Bundesamt geäußert, dass er keine neuen veränderten Umstände im neuen Zweitverfahren geltend macht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 80 AsylG).