Verwaltungsgericht Osnabrück
Urt. v. 24.02.2009, Az.: 1 A 28/07
Amtssitz; Amtssitzzuweisung; Klage; Klagebefugnis; Konkurrent; subjektiv-öffentliches Recht; Vermessungsingenieur; öffentlich bestellter Vermessungsingenieur
Bibliographie
- Gericht
- VG Osnabrück
- Datum
- 24.02.2009
- Aktenzeichen
- 1 A 28/07
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2009, 50649
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 5 ÖbVIngG ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Der bereits öffentlich bestellte Vermessungsingenieur wird nicht in eigenen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt durch die Amtssitzzuweisung eines weiteren ÖbVIng in seiner Nähe.
Eine hiergegen erhobene Klage ist mangels Klagebefugnis bereits unzulässig.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen die Zuweisung des Amtssitzes I., Landkreis J., an den Beigeladenen, einem öffentlich bestellten Vermessungsingenieur.
Der Kläger selbst ist ebenfalls öffentlich bestellter Vermessungsingenieur (ÖbVI) im Landkreis J. mit Amtssitz in K.. Aufgrund des in den vergangenen Jahren zu verzeichnenden Auftragsrückganges verlegte er seinen Amtssitz im Jahr 2005 von L. nach K..
Unter dem 01.09.2006 beantragte der Beigeladene bei dem Beklagten seine Bestellung als ÖbVI in Niedersachsen unter gleichzeitiger Zuweisung eines Amtssitzes in I. zum 01.11.2006 und reichte die hierfür erforderlichen Unterlagen ein. Der Beklagte gab daraufhin dem Bund der öffentlich bestellten Vermessungsingenieure e.V. (BDVI) Gelegenheit zur Stellungnahme zum Antrag des Beigeladenen. In der Sitzung des Zulassungsausschusses des BDVI am 17.10.2006 wurden sowohl der Beigeladene als auch der Kläger sowie der ÖbVI L. mit Amtssitz in M. angehört; der ÖbVI N. mit Amtssitz in O. hatte zuvor schriftlich Stellung genommen. Mit Schreiben vom 20.10.2006 gab der BDVI gegenüber dem Beklagten seine Stellungnahme mit folgendem zusammengefassten Inhalt ab:
Die Versorgung des Landkreises J. mit amtlichen Vermessungsleistungen werde durch die zwei Katasterämter in K. und O. sowie durch fünf öffentlich bestellte Vermessungsingenieure mit ihren Amtssitzen in K., L., M. und O. gewährleistet. Die örtlich ansässigen ÖbVI gingen davon aus, dass eine ausreichende Versorgung mit amtlichen Vermessungsleistungen sichergestellt sei. Zudem habe der Auftragsrückgang in den vergangenen Jahren bereits existenzbedrohende Züge angenommen, weshalb sich der Kläger gezwungen gesehen habe, seinen Amtssitz von L. nach K. zu verlegen. Aus diesem Grund sei auch der Antrag des Beigeladenen auf Zuweisung eines Amtssitzes in I. bei den örtlichen Vermessungsingenieuren auf Widerstand gestoßen. Es sei davon auszugehen, dass die Bestellung eines weiteren ÖbVI im Landkreis J. zu einer massiven Verschärfung der Wettbewerbssituation zwischen den Katasterämtern und den öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren und diesen untereinander führen werde. Insbesondere die Vermessungsingenieure mit den sehr kleinen Büros in K. und M. sähen bei einem weiteren Rückgang ihres Anteils an den amtlichen Vermessungsleistungen im Landkreis J. ihre Existenz gefährdet. Ein weiterer Amtssitz in I. zöge einen Verdrängungswettbewerb nach sich, der einem geordneten amtlichen Vermessungswesen widerspräche. Da der Beigeladene seinen Antrag auf Zuweisung eines Amtssitzes in I. in erster Linie damit begründet habe, dass er dort seinen Freundes- und Bekanntenkreis habe, habe ihm der BDVI, Landesgruppe Niedersachsen, nach näherer Erläuterung der Situation im Landkreis J. vorgeschlagen, sich um einen anderen Amtssitz zu bemühen, was dieser jedoch abgelehnt habe. Im Ergebnis bitte der BDVI den Beklagten, dem Antrag des Beigeladenen nicht zu entsprechen.
Bereits mit anwaltlichem Schreiben vom 16.10.2006 hatte sich der Kläger an den Beklagten gewandt und darin u.a. ausgeführt, dass dem Antrag des Beigeladenen auf Zuweisung eines Amtssitzes in I. Gründe des geordneten amtlichen Vermessungswesens entgegenstünden. Konkret führt er aus, die Zuweisung hätte für ihn, den Kläger, eine Verletzung seiner Rechte aus Artikel 12 Abs. 1 GG zur Folge, da dadurch der Bestand seiner Vermessungsstelle nachhaltig gefährdet wäre. Er weist darauf hin, dass der Beklagte im Rahmen seines Organisationsermessens auch die subjektiven Rechte der bereits bestellten ÖbVI zu wahren habe und bittet um Berücksichtigung der geltend gemachten ernsthaften Bedenken. Ferner bittet er darum, zur Wahrung seiner Rechte unverzüglich informiert zu werden, sobald eine Entscheidung getroffen sei.
In einem internen Vermerk vom 26.10.2006 kommt der Beklagte nach Prüfung der Sach- und Rechtslage zu dem Ergebnis, dass nicht zu erkennen sei, dass die Qualität der amtlichen Leistungen wegen der beantragten Zulassung und dem dadurch entstehenden erhöhten Konkurrenzkampf Schaden nehmen könne. Somit gebe es keine Gründe dafür, dass der Zuweisung des Amtssitzes I. Gründe eines geordneten Vermessungswesens entgegenstünden. Mit Antwortschreiben vom selben Tag teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass die Bestellung eine Beteiligung Dritter im Rahmen des Verwaltungsverfahrens nicht vorsehe, weshalb eine Unterrichtung über Entscheidungen in laufenden Bestellungsverfahren nicht erfolgen werde.
Unter dem 28.10.2006 wurde die Bestellungsurkunde für den Beigeladenen mit Wirkung vom 01.11.2006 ausgefertigt und noch am selben Tag ausgehändigt. Darin wird dem Beigeladenen der Amtssitz I. zugewiesen. Auch die Vereidigung des Beigeladenen zum öffentlich bestellten Vermessungsingenieur fand am 01.11.2006 statt. Der Kläger wurde hierüber nicht informiert.
Nachdem der Kläger bereits mit Eilantrag vom 02.11.2006, der bei dem VG Hannover anhängig war (Az. 5 B 7951/06), erfolglos versucht hatte, die Bestellung zu verhindern, hat er am 15.12.2006, eingegangen beim VG Hannover am 18.12.2006, Klage erhoben (Az. 5 A 8822/06), die das VG Hannover mit Beschluss vom 09.01.2007 an das erkennende Gericht als örtlich zuständiges verwies.
Zur Zulässigkeit der Klage führt der Kläger aus, es handele sich um eine Anfechtungsklage gegen die Zuweisung des Amtssitzes an einen Konkurrenten. Nachträglicher Rechtsschutz hiergegen müsse ihm gewährt werden. Ein vorbeugender Rechtsschutz in Form des Unterlassungsbegehrens sei nicht mehr möglich; dies habe der Beklagte vereitelt, indem er ihm die Entscheidung über die Bestellung nicht rechtzeitig vor Aushändigung der Urkunde mitgeteilt habe. Der Beklagte sei jedoch verpflichtet gewesen, ihm durch rechtzeitige Information die Möglichkeit des vorbeugenden Rechtsschutzes zu eröffnen. Dies sei eine Amtspflicht des Beklagten, über die dieser sich vorsätzlich hinweggesetzt habe. Aus diesen Gründen habe er entgegen der Ansicht des Beklagten durchaus noch ein Rechtsschutzbedürfnis, da sich der Rechtsstreit mit der Amtssitzzuweisung nicht erledigt habe.
Zur Klagebefugnis, die sich aus der Verletzung seines Grundrechts der Berufsfreiheit ergebe, führt er aus, er werde in seiner wirtschaftlichen Unabhängigkeit betroffen. Insbesondere sei die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) zur Einrichtung von Notarstellen auf den vorliegenden Fall übertragbar. Der BGH habe Unterlassungsanträge gegen die Errichtung oder Besetzung einer weiteren Notarstelle im Amtsbereich des Antragstellers für zulässig angesehen, wenn dieser geltend gemacht hätte, durch die angegriffene Notarbestellung in seinen Rechten aus Art. 12 Abs. 1 GG beeinträchtigt zu sein. Dies sei dann der Fall, wenn eine zu einem angemessenen Ertrag führende Tätigkeit in seinem Beruf nicht mehr möglich wäre. Zwar stehe bei der Bestellung eines ÖbVI eine Bedürfnisprüfung nicht im Vordergrund. Diese finde jedoch mittelbar dadurch statt, dass die Aufsichtsbehörde den Amtssitz bestimme und einem Antrag auf Zuweisung eines bestimmten Ortes als Amtssitz nur zu entsprechen habe, soweit nicht Gründe eines geordneten amtlichen Vermessungswesen entgegenstünden (§ 5 Abs. 2 NÖbVIngG). Dies erfordere eine sog. modifizierte Bedürfnisprüfung.
Jedenfalls sei die Klage hilfsweise als Feststellungsklage zulässig. Das Feststellungsinteresse sei gegeben, da mit der Entscheidung über den Feststellungsantrag eine Klärung über die streitige Frage erfolge, inwiefern die berechtigten Interessen des Klägers als eines bereits im Beruf befindlichen und bestellten ÖbVI im Rahmen der Zuweisung eines Amtssitzes an einen anderen ÖbVI durch den Beklagten zu berücksichtigen sei. Jedenfalls liege hier eine Wiederholungsgefahr vor, da der Beklagte meine, er könne in der Art und Weise, wie geschehen, allgemein und generell verfahren.
Seine Klage sei auch begründet. Der Zuweisung des Amtssitzes I. an den Beigeladenen stünden Gründe eines geordneten amtlichen Vermessungswesens entgegen. Durch die Zuweisung des Amtssitzes I. an den Beigeladenen werde nicht nur seine wirtschaftliche Unabhängigkeit nachhaltig gefährdet, sondern auch die Qualität der amtlichen Vermessungstätigkeit werde durch Konkurrenzkampf wegen zu vieler Zulassungen an einem Ort Schaden nehmen. Obgleich der Amtsbezirk das gesamte Land Niedersachsen sei, nähmen die ÖbVI in der Praxis schwerpunktmäßig im Umkreis ihres Amtssitzes Aufträge wahr, weshalb Bezugspunkt der Landkreis J. und nicht der gesamte Amtsbezirk sei. Der Beklagte habe die subjektiven Rechte von Amtsinhabern insoweit zu wahren, als jedem ÖbVI zur Erfüllung seiner öffentlichen Aufgabe ein Mindestmaß an wirtschaftlicher Unabhängigkeit zustehen müsse. Diese Prüfung habe der Beklagte versäumt. Auch hier sei die Rechtsprechung des BGH zur Einrichtung von Notarstellen anwendbar. Dies gehe aus den Materialien hervor. Danach habe sich der Gesetzgeber mit der Formulierung des § 4 Abs. 2 der damaligen Berufsordnung an die berufsrechtlichen Bestimmungen der Notare anlehnen wollen. Nach der genannten Rechtsprechung dürften nicht so viele Notarstellen geschaffen werden, wie gerade noch oder nicht mehr lebensfähig seien. Deshalb sei die Bestellungsbehörde berechtigt, die Zuweisung eines Ortes als Amtssitzes abzulehnen, wenn nach ihrer Ansicht an diesem Ort bereits so viele ÖbVI tätig seien, dass für einen weiteren keine Aussicht auf eine erfolgreiche Arbeit bestehe, der Amtssitz also überbesetzt sei. Somit sei eine Bedürfnisprüfung dergestalt vorzunehmen, dass der Zusammenhang zwischen der Anzahl der ÖbVI einerseits und einem geordneten amtlichen Vermessungswesen an dem Amtssitz des betreffenden ÖbVI andererseits berücksichtigt werde.
Da der Beklagte diese Grundsätze nicht beachtet habe, habe er die ihm durch § 5 Abs. 2 NÖbVIngG eingeräumten Grenzen seines Organisationsermessens überschritten. Bereits das Bundesverfassungsgericht habe ausgeführt, dass die Aufgabe des Vermessungswesens von großer Bedeutung für den Rechtsverkehr zwischen den Bürgern und damit für den Rechtsfrieden in der Gemeinschaft sei.
Im Einzelnen erläutert der Kläger die Gefahr für seine wirtschaftliche Unabhängigkeit und die Qualität der amtlichen Vermessungstätigkeit wie folgt:
Bereits im Jahr 2005/2006 sei die Auftrags- und Umsatzsituation in L. so stark rückläufig gewesen, dass er seinen Amtssitz nach K. habe verlegen müssen. Auch derzeit sei die Anzahl der hoheitlichen Vermessungsaufträge und des hieraus erzielten Umsatzes schon so gering, dass er zwangsläufig auch nicht hoheitliche Vermessungsleistungen erbringen müsse. Dabei handele es sich um Bauvermessungen, zu denen er nach § 2 Abs. 2 NÖbVIngG dann befugt sei, soweit seine amtliche Tätigkeit hierdurch nicht beeinträchtigt werde. Diese Beauftragung mit ingenieurvermessungstechnischen Leistungen und die Vergütung daraus habe aber nur ergänzende Funktion und führe nicht zu einem Ausgleich der schwierigen Auftragssituation bei den hoheitlichen Vermessungsleistungen.
Der Amtssitz des Beigeladenen in I. liege nur ca. 13 km südlich seines eigenen Amtssitzes, so dass zwangsläufig ein wesentlicher Teil der hoheitlichen Vermessungstätigkeit, die er bislang ausgeführt habe, durch den Beigeladenen erfolgen werde. Ein wesentlicher Teil seiner hoheitlichen Vermessungstätigkeit bestehe darin, Gebäudevermessungen durchzuführen. Grundstücks- und Gebäudeeigentümer seien nach Fertigstellung eines Bauvorhabens zur Aktualisierung des Liegenschaftskatasters verpflichtet, was eine Vermessung und die Eintragung des Ergebnisses in das Kataster erforderlich mache. Zwar seien in der Vergangenheit Liegenschaftsvermessungen weitestgehend von den Katasterämtern auf ÖbVI verlagert worden. Entgegen der Auffassung des Beklagten führe diese Verlagerung jedoch nicht zu einer langfristigen Sicherung des Aufgabenbestandes der ÖbVI. In 75 % der Fälle handele es sich um Gebäude mit einem Herstellungswert von unter 10.000,00 €; bei diesen sei eine kostendeckende Gebäudevermessung nicht möglich. Diesbezüglich verweist der Kläger auf einen Bericht des Vorsitzenden der BDVI-Landesgruppe Niedersachsen aus Mai 2007. Zudem liege jedem Anschreiben der Katasterbehörde an Grundstücks- und Gebäudeeigentümer nunmehr ein Merkblatt mit einer Liste mit Anschriften amtlicher Vermessungsstellen bei, die abhängig von der Entfernung des zu vermessenden Gebäudes sortiert aufgelistet würden. Für I. und die Umgebung würden diese Listen nunmehr den Beigeladenen an oberster Stelle nennen und nicht mehr ihn selbst. Aller Erfahrung nach wählten Grundstücks- und Gebäudeeigentümer grundsätzlich den ortsnächsten ÖbVI für die Durchführung der Gebäudevermessung aus, so lange nicht bereits persönliche Kontakte zu einem anderen ÖbVI bestünden.
Weiterhin bestehe die Gefahr, dass es zu einem sog. Gebühren-Dumping komme, wenn die einzelnen ÖbVI zur Erhaltung ihrer wirtschaftlichen Existenzen nur zur Erlangung von Vermessungsaufträgen unzulässiger Weise die Gebührensätze unterschritten. Es komme zur rein „kostensparenden“, jedoch keiner sachgerechten Ausführung der amtlichen Tätigkeiten.
Aus Berichten des BDVI über die allgemeine wirtschaftliche Lage der ÖbVI in Niedersachsen ergebe sich, das sie innerhalb der letzten sechs Jahre ca. 50 % der Mitarbeiter verloren hätten und auch die Katasterverwaltung ca. 15 % der Mitarbeiter abgebaut habe, weil die Aufgaben im hoheitlichen Bereich abgenommen hätten. Damit werde und bleibe es für jeden ÖbVI unerlässlich, sich auch in weiteren Aufgabenfeldern zu betätigen. Es sei dennoch zu gewährleisten, dass jeder ÖbVI tatsächlich im Liegenschaftsbereich tätig sei, da er nur so seine öffentliche Funktion erfüllen könne. Jeder ÖbVI müsse aus seinem hoheitlichen Geschäft leben können, um unabhängig und unangreifbar zu sein. Dies erfordere schließlich neben einer auskömmlichen Kostenordnung auch ein angemessenes Verhältnis der Anzahl der Vermessungsstellen bezogen auf das Volumen der Aufgaben. Der drastische Rückgang der Amtstätigkeiten der ÖbVI könne durch zahlreiche Statistiken des Beklagten belegt werden. Der Kläger verweist auch auf Übersichten über seine Amtstätigkeit im Einzelnen während der letzten Jahre seit dem Jahr 2000.
Entgegen der Ansicht des Beklagten sei von einem allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwung nicht auszugehen. Aufgrund der Abschaffung der Eigenheimzulage werde die Zahl der Neubauten in absehbarer Zeit nicht steigen. Schließlich sei auch nicht nachvollziehbar, warum der Beklagte meine, er könne negative Auswirkungen bei der Qualität der Vermessungsleistungen entschieden, kurzfristig und wirksam bekämpfen.
Der Kläger beantragt,
die Entscheidung des Beklagten über die Zuweisung des Amtssitzes I. im Landkreis J. an den Beigeladenen aufzuheben,
sowie hilfsweise,
festzustellen, dass die Zuweisung des Amtssitzes an den Beigeladenen im Landkreis J. rechtswidrig gewesen ist.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beigeladene stellt keinen Sachantrag.
Der Beklagte ist der Auffassung, die Klage sei bereits unzulässig. Zum einen handele es sich bei der Amtssitzzuweisung der ÖbVI in Niedersachsen nicht um einen Verwaltungsakt, sondern um ein Verwaltungsinternum. Die Bestellung setze zwar eine Zuweisung voraus, die jedoch keinen nach außen wirkenden Regelungsgehalt habe. Damit sei eine Anfechtungsklage gegen die Amtssitzzuweisung bereits nicht statthaft. Daran ändere auch die Heranziehung der Rechtsprechung zur Errichtung von Notarstellen nichts. Zum anderen sei der Kläger nicht klagebefugt. Er könne sich nicht auf eine drittschützende Norm berufen, die gerade dazu bestimmt sei, seine Interessen zu schützen. Zunächst vermittele § 5 Abs. 2 Satz 2 NÖbVIngG keinen Drittschutz, da diese Vorschrift gerade keinen Konkurrenzschutz bezwecke. Dies werde durch einen Vergleich mit den Vorschriften der Bundesnotarordnung (BNotO) verdeutlicht. Die Vorschrift des § 5 NÖbVIngG sei weder dem Wortlaut nach noch dem Sinn und Zweck der Regelung zufolge mit der für bestellte Notare geltenden Regelung des § 4 BNotO vergleichbar. Bei der Bestellung von Notaren gebe es kein Antragsrecht, vielmehr erfolge eine Stellenausschreibung nach vorangegangener Bedürfnisprüfung mit der Feststellung, dass eine Notarstelle im Wege der Zulassung zu besetzen sei. Des Weiteren könne der Kläger auch keinen Drittschutz aus Artikel 12 Abs. 1 GG ableiten. Hieraus seien keine geschützten Interessen ableitbar, auf die sich ein „Altunternehmer“ zur Begründung eines Konkurrentenabwehranspruches berufen könne. Die Zulassung eines neuen Konkurrenten ändere nur die allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse, berühre dagegen nicht den Schutzbereich der Berufsfreiheit des Klägers. Denn der Schutz vor Konkurrenz sei vom sachlichen Schutzbereich ebenso wenig erfasst, wie der Schutz von Marktchancen, -anteilen und -positionen. Durch die Zulassung neuer Konkurrenten würden den betroffenen „Altunternehmen“ keinerlei rechtliche Beschränkungen auferlegt, sondern allenfalls die tatsächlichen Rahmenbedingungen, innerhalb derer sie sich in ihrer Berufsfreiheit betätigen könnten, verändert. Ferner sei auch kein Drittschutz aus Artikel 14 Abs. 1 GG oder Artikel 33 Abs. 2 GG sowie Artikel 2 Abs. 1 GG abzuleiten. Soweit von Artikel 2 Abs. 1 GG auch die Wettbewerbsfreiheit erfasst werde, sei die Freiheit zur gleichberechtigten Teilnahme am Wettbewerb nicht dadurch berührt, dass zusätzliche Mitbewerber aufträten. Durch die Zulassung eines weiteren ÖbVI eröffne er - der Beklagte - nur die Möglichkeit zum weiteren Wettbewerb. Ein Eingriff in ein bestehendes Wettbewerbsverhältnis erfolge nicht; vielmehr verhalte er sich wettbewerbsneutral.
Des Weiteren sei zweifelhaft, ob der Kläger überhaupt noch ein Rechtsschutzbedürfnis habe. Der vorliegende Fall sei vergleichbar mit der beamtenrechtlichen Konkurrentenklage. Aus dem sachlichen Zusammenhang zwischen der Bestellung und der Amtssitzzuweisung könne gefolgert werden, dass der anhängige Rechtsstreit mit der Amtssitzzuweisung bereits erledigt sei. Denn eine Rücknahme der Amtssitzzuweisung scheide aus Gründen der Rechtssicherheit, des Vertrauens der Öffentlichkeit und des schutzwürdigen Vertrauens des Beigeladenen hier aus.
Was den Hilfsantrag des Klägers angehe, dürfte es sich hier allein um eine Fortsetzungsfeststellungsklage handeln, für die bereits das Fortsetzungsfeststellungsinteresse fehle.
Jedenfalls sei die Klage unbegründet. Er - der Beklagte - wende sich entschieden gegen den Vorwurf des unfairen Verfahrens. Die vom Kläger begehrte Beteiligung im Bestellungsverfahren sei gesetzlich nicht vorgesehen, was er dem Kläger ausdrücklich schriftlich mitgeteilt habe.
Materiell-rechtlich sei Rechtsgrundlage für die erfolgte Amtssitzzuweisung an den Beigeladenen § 5 Abs. 2 Satz 2 NÖbVIngG. Dabei handele es sich um eine gebundene Entscheidung, die kein Ermessen einräume. Hinsichtlich der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffes „geordnetes amtliches Vermessungswesen“ stehe ihm ein weiter Beurteilungsspielraum zu. Insofern müsse seine Entscheidung lediglich frei von sachfremden Erwägungen sein. Insbesondere zu beachten sei hier das vom Gesetzgeber formulierte Regel-Ausnahme-Verhältnis, was dazu führe, dass einem Antrag eines ÖbVI grundsätzlich zu entsprechen sei und nur ausnahmsweise ("…soweit nicht….") eine Ablehnung in Betracht komme. Aus dem Wortlaut, dass Gründe eines geordneten amtlichen Vermessungswesens nicht „entgegenstehen“ dürften, folge, dass eine bloße Tangierung dieser Gründe nicht ausreiche. Schließlich trüge er die Beweislast dafür, dass derartige Gründe vorhanden seien, weshalb es keine Entscheidung „im Zweifel zu Lasten des Antragstellers“ gebe.
Die vom Kläger zitierte Rechtsprechung zum Notarrecht beziehe sich hauptsächlich auf sog. Nur-Notare, mit denen ÖbVI keinesfalls vergleichbar seien, da sie neben ihrer amtlichen Tätigkeit auch andere Aufgaben wahrnehmen dürften. Ein weiterer Unterschied liege darin, dass ÖbVI ihre Amtstätigkeit unabhängig von ihrem Amtssitz generell niedersachsenweit ausüben könnten; Notare hingegen dürften regelmäßig nur in dem Amtsgerichtsbezirk tätig sein, in dem sie niedergelassen seien. Selbst wenn man hier eine Bedürfnisprüfung durchführte, gewährte diese dem Kläger keinen Drittschutz. Denn auch im Notarrecht erfolge die Bedürfnisprüfung grundsätzlich nur im Interesse der Allgemeinheit. Zweck der Bedürfnisprüfung sei, die möglichst schnelle und ortsnahe notarielle Betreuung der Bevölkerung zu sichern. Hinzu komme, dass der Gesetzgeber dann, wenn er eine Bedürfnisprüfung hätte einführen wollen, diese auch ausdrücklich hätte regeln müssen, da sie einen Eingriff in die Rechte aus Artikel 12 Abs. 1 GG der Bewerber darstelle.
Im Rahmen der Auslegung des Rechtsbegriffes des geordneten amtlichen Vermessungswesens sei auf alle Aufgabenträger, die Aufgaben nach dem Nieders. Vermessungsgesetz wahrnähmen - Vermessungs- und Katasterbehörden, ÖbVI und die anderen behördlichen Vermessungsstellen - in ganz Niedersachsen abzustellen. Eine Ablehnung sei nur dann möglich, wenn eine Überfüllung insgesamt zu befürchten sei und diese negative Auswirkungen auf die Qualität der Vermessungsleistungen hätte, denen nicht oder nicht ausreichend mit den Mitteln der Aufsicht begegnet werden könne. Eine Prüfung, ob der einzelne ÖbVI an seinem jeweiligen Amtssitz wirtschaftlich existieren könne, erfolge nicht und sei auch nicht geboten. Entscheidend sei vielmehr, ob insgesamt ausreichend ÖbVI und Vermessungsbehörden vorhanden seinen, um die hoheitlichen Vermessungsaufgaben wahrzunehmen. Man orientiere sich somit allein an der erforderlichen Untergrenze. Selbst wenn die wirtschaftliche Situation eines ÖbVI ernsthaft oder gar existenzbedrohend sei, führe dies nicht automatisch zur Verschlechterung der Qualität der Vermessungsleistungen im Land. Hierfür fehle jeder Vortrag des Klägers. Insbesondere sei das vom Kläger thematisierte „Gebühren-Dumping“ nach der schlechten Auftrags- und Umsatzsituation im Jahr 2005 nicht zu verzeichnen gewesen. Der Kläger selbst habe die wirtschaftliche Konsequenz gezogen, seinen Amtssitz - wohl auch ohne Berücksichtigung der finanziellen Interessen der dort und in der Umgebung bereits ansässigen ÖbVI - nach K. zu verlegen. Qualitätseinbußen seien hierdurch nicht festgestellt worden. Durch die Reform der Vermessungs- und Katasterverwaltung, die eine Verlagerung von Aufgaben von der Vermessungs- und Katasterverwaltung auf die ÖbVI zum Gegenstand habe, werde langfristig der Aufgabenbestand der ÖbVI gesichert. Die Situation im Bausektor habe sich entgegen den Ausführungen des Klägers verbessert, was sich aus zahlreichen Fachzeitschriften ergebe. Auch die Übersicht über die Amtstätigkeit des Klägers selbst für die Jahre 2005 und 2006 zeige im Vergleich zur Übersicht für das Jahr 2004 eine erhebliche Verbesserung der Auftrags- und Ertragslage des Klägers. Schwerpunkt seiner Tätigkeit sei nicht der Umkreis von I., sondern vielmehr der Bereich K. und P.. Denn dort stehe der Beigeladene gerade nicht ranglistenmäßig vor dem Kläger, sondern nach diesem. Im Übrigen werde die angesprochene Anschriftenliste der amtlichen Vermessungsstellen jeweils im Einzelfall von der zuständigen Vermessungs- und Katasterbehörde erstellt.
Sofern der Kläger befürchte, die Qualität der Vermessungsleistungen werde leiden, sei er - der Beklagte - jederzeit in der Lage, etwaigen negativen Auswirkungen mit den Mitteln der Aufsicht entschieden, kurzfristig und wirksam zu begegnen, da er die Dienst- und Fachaufsicht über die amtliche Vermessungs- und Katasterverwaltung sowie die ÖbVI innehabe. Für die Prüfung der Amtsführung der ÖbVI existiere ein Konzept zur Qualitätssicherung aus dem Jahre 2006, welches mit den Niedersächsischen Behörden für Geoinformationen, Land, Entwicklung und Liegenschaften (GLL), dem BDVI, Landesgruppe Niedersachsen, sowie den ÖbVI abgestimmt und auf verschiedenen Dienstbesprechungen vorgestellt worden sei.
Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist mangels Klagebefugnis bereits unzulässig.
Statthafte Klageart ist die Anfechtungsklage. Der Kläger begehrt mit seinem Hauptantrag die Aufhebung der Zuweisung des Amtssitzes I. an den Beigeladenen. Bei der Zuweisung des Amtssitzes handelt es sich entgegen der Auffassung des Beklagten um einen selbständig anfechtbaren Verwaltungsakt i.S.v. § 35 VwVfG i.V.m. § 1 Nds. VwVfG.
Die Bestellung eines ÖbVI selbst stellt einen (mitwirkungsbedürftigen) Verwaltungsakt dar, da es sich dabei um eine hoheitliche Maßnahme in Form einer öffentlich-rechtlichen Willenserklärung zur Regelung eines Einzelfalles mit unmittelbarer Außenwirkung handelt (vgl. Reuße, NÖbVIngG, online-Kommentar, § 1 Nr. 3). Obgleich die Zuweisung des Amtssitzes notwendigerweise mit der erstmaligen Bestellung einhergeht, da der Amtsträger vor Amtssitzzuweisung nicht tätig werden darf, weil die Bestellung die Zuweisung rechtlich voraussetzt (vgl. Reuße, a.a.O., § 5 Nr. 2) und die Zuweisung auch in derselben Urkunde wie die Bestellung erfolgt, stellt sie einen eigenständigen Verwaltungsakt dar. Insbesondere kommt ihr regelnder Charakter mit Außenwirkung zu. Zunächst hat die Zuweisung des Amtssitzes Bedeutung für den Antrag auf Zulassung sowie die Zuständigkeit der Aufsichtsbehörde (§ 14 NÖbVIngG) und der Disziplinarbehörde bzw. -gerichte (§ 15 NÖbVingG). Auch darf der Amtsinhaber gemäß § 5 Abs. 3 NÖbVIngG nur vom Amtssitz aus tätig werden und hat dort die Geschäftsstelle einzurichten, § 5 Abs. 4 NÖbVIngG. Zudem ergibt sich aus § 5 Abs. 2 NÖbVIngG, dass der Amtsinhaber, obwohl die Aufsichtsbehörde den Amtssitz bestimmt (Satz 1), grundsätzlich auch einen Anspruch auf Verlegung des Amtssitzes hat (Satz 2). Da aber die (bloße) Verlegung des Amtssitzes die Bestellung selbst nicht etwa derart beeinflusst, dass der Bestellungsakt aufgehoben und mit erneuter Amtssitzzuweisung erneut erfolgen müsste, hat die Zuweisung gegenüber der Bestellung einen eigenen Regelungsgehalt.
Daran ändert auch die vom Beklagten herangezogene Rechtsprechung zur Einrichtung einer Notarstelle, die nicht als Verwaltungsakt, sondern lediglich als ein verwaltungsinterner Vorgang ohne Regelungscharakter qualifiziert wird (vgl. BGH, B. v. 23.07.2007 - NotZ 50/06 - juris, m.w.N.), nichts. Denn die (allgemeine) Einrichtung einer Notarstelle an sich ist nicht mit der hier streitigen konkreten Zuweisung eines Amtssitzes an einen bestimmten Bewerber vergleichbar. Anders als der Notar, der grundsätzlich nur im Amtsbereich seines Amtssitzes tätig werden darf (vgl. §§ 10, 10 a BNotO), ist der ÖbVI nur insofern an seinen Amtssitz gebunden, als er von dort aus zwar tätig werden muss, die Tätigkeit selbst darf sich jedoch auf den gesamten Amtsbezirk - Niedersachsen - erstrecken (vgl. § 5 Abs. 1 und 3 NÖbVIngG).
Anders als bei einer beamtenrechtlichen Ernennung erledigt sich der Konkurrentenstreit nicht mit der Aushändigung der Ernennungsurkunde. Aus § 5 Abs. 2 Satz 2 NÖbVIngG folgt, wie oben erläutert, dass die Zuweisung des Amtsitzes - allein diese ist Streitgegenstand - selbst gerade nicht unumkehrbar ist, da der Amtsinhaber jederzeit einen Verlegungsantrag stellen kann. Da die Bestellung hiervon nicht berührt wird, bedarf es vorliegend keiner Entscheidung darüber, ob der Bestellungsakt selbst mit dem Statusakt der beamtenrechtlichen Ernennung vergleichbar ist.
Für die Zulässigkeit der Klage gegen die Amtssitzzuweisung fehlt dem Kläger jedoch die Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO. Zwar genügt hierfür grundsätzlich die Möglichkeit einer Verletzung eigener subjektiv-öffentlicher Rechte. Da der Kläger sich vorliegend als Dritter gegen die Amtssitzzuweisung an einen Konkurrenten im weiteren Sinne richtet, ohne selbst eine Begünstigung zu erstreben, muss er geltend machen, in drittschützenden Rechten verletzt zu sein. Die verletzte Norm darf also nicht nur Interessen der Allgemeinheit zu dienen bestimmt sein, sondern muss zumindest auch den Schutz von Individualinteressen bezwecken. Somit muss vorliegend bereits im Rahmen der Zulässigkeit abschließend geprüft werden, ob eine auf die Begünstigung des Dritten anwendbare Norm überhaupt subjektive Rechte für den schon bestellten Amtsinhaber, den Kläger, zu konstituieren vermag (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. § 42 Rdnr. 66 zur Konkurrentenklage, m.w.N.). Sofern das einfache Recht bereits eine drittschützende Norm enthält, bedarf es keines Rückgriffs auf Grundrechte.
Soweit man dem klägerischen Vorbringen entnehmen kann, schon aus der Verletzung von Verfahrensvorschriften - hier infolge seiner fehlenden Beteiligung und Information im Vorfeld der Bestellung und Amtssitzzuweisung - ergebe sich vorliegend ein Klagerecht, folgt die Kammer dem nicht. Abgesehen davon, dass das einfache Recht hier eine Beteiligung der bereits bestellten Amtsinhaber vor der Amtssitzzuweisung an einen neu zu bestellenden ÖbVI nicht vorsieht, ist es zwar grundsätzlich möglich, eine Klagebefugnis auch aus der Verletzung von Verfahrensvorschriften abzuleiten (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 42, Rdnr. 78). Voraussetzung hierfür ist jedoch in jedem Fall, dass die verletzte Norm letztlich auch eine materiell-rechtlich geschützte Position des Klägers berührt. Denn verfahrensrechtliche Vorschriften über die Beteiligung Dritter im Verfahren gewähren Drittschutz nicht um dieser Beteiligung selbst willen, sondern nur im Hinblick auf die bestmögliche Verwirklichung materiell-rechtlicher Rechtspositionen (vgl. st. Rspr. zur Beteiligung Dritter im Genehmigungsverfahren BVerwG, B. v. 15.10.1991 - 7 B 99/91, 7 ER 301/91 - NJW 1992, 256-257; U. v. 22.12.1980 - 7 C 84/78 - BVerwGE 61, 256). Der Kläger muss also geltend machen, durch die fehlerhafte Verfahrenshandlung in eigenen Rechten verletzt zu sein; es muss die konkrete Möglichkeit bestehen, dass ohne den (behaupteten) Verstoß gegen die Verfahrensvorschriften die Entscheidung in der Sache anders (nämlich für den Betroffenen günstiger) ausgefallen wäre (vgl. statt vieler BVerwG, U. v. 08.06.1995 - 4 C 4.94 - NVwZ 1996, 381 m.w.N). Dies hat der Kläger nicht darlegen können.
Des Weiteren kommt als möglicherweise verletzte einfach-gesetzliche Norm allein § 5 Abs. 2 Satz 2 NÖbVIngG in Betracht. Danach ist einem Antrag auf Zuweisung eines bestimmten Ortes als Amtssitz oder der Verlegung eines Amtssitzes an einen anderen Ort zu entsprechen, soweit nicht Gründe eines geordneten amtlichen Vermessungswesens entgegenstehen.
Schon dem Wortlaut der Norm ist keine drittschützende Funktion zu entnehmen. Aus dem unbestimmten Rechtsbegriff des geordneten amtlichen Vermessungswesens folgen keine subjektiv-öffentlichen Rechte. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist der Begriff voll gerichtlich überprüfbar; ein Beurteilungsspielraum steht der Beklagten insoweit nicht zu. Anders als der Kläger meint, verlangt die Norm hingegen auch keine im Interesse der bestehenden Amtsinhaber durchzuführende (modifizierte) Bedürfnisprüfung.
Der Begriff des geordneten amtlichen Vermessungswesens ist rein objektiv-rechtlich angelegt; subjektive Rechte vermittelt er nicht. Dafür sprechen neben dem Wortlaut auch Sinn und Zweck der Norm, zu dem sich bereits das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) geäußert hat (vgl. B. v. 01.07.1986 - 1 BvL 26/83 - juris).
Die Aufsichtsbehörde muss die Funktionsfähigkeit, also die "Ordnung" des amtlichen Vermessungswesens vor allem unter folgenden zwei Aspekten sicherstellen: Es muss ausreichend Kataster- und Vermessungsstellen sowie ÖbVI geben, um die hoheitliche Aufgabe effektiv und effizient wahrnehmen zu können. Soweit der Staat, wie hier, dafür nicht (ausschließlich) durch eigene Behörden sorgt und stattdessen eine Übertragung auf ÖbVI vornimmt, bleibt er für die ordnungsgemäße Erfüllung der genannten Aufgabe verantwortlich (vgl. BVerfG, a.a.O.) Dies bedingt auch die Beachtung einer Obergrenze dergestalt, dass allein im öffentlichen Interesse verhindert werden muss, dass es zu einer solchen Dichte, mithin zu einem funktionsbeeinträchtigenden Überangebot hoheitlicher Vermessungsleistungen kommt, die - zum Beispiel wegen eines dadurch zu befürchtenden "Dumping"-Wettbewerbs - dazu führt, dass die Erfüllung der staatlichen Aufgabe Vermessung als solches gefährdet würde. Eine derartige Gefährdung wäre schon vor dem Hintergrund der vom BVerfG hervorgehobenen Bedeutung des öffentlichen Vermessungswesens für den Rechtsverkehr zwischen den Bürgern und damit für den Rechtsfrieden in der Gemeinschaft nicht hinnehmbar. Denn nicht nur für privatwirtschaftliche Entscheidungen, sondern auch für die vielfältigen Formen staatlicher Planung bedarf es eines verlässlichen Zahlen- und Kartenmaterials (vgl. BVerfG, a.a.O.). Die so verstandene Institutsgarantie begrenzt objektiv die Entscheidungsmöglichkeit des Beklagten.
Bei diesem objektiven Verständnis der Norm kann der Bezugspunkt für Unter- und Obergrenze zwangsläufig nicht, wie der Kläger meint, der Umkreis des Amtssitzes eines einzelnen Amtsinhabers sein. Zwar steht der Begriff des geordneten amtlichen Vermessungswesens in § 5 Abs. 2 Satz 2 NÖbVIngG unmittelbar im Zusammenhang mit der Amtssitzzuweisung. Das bedeutet jedoch nicht, dass nur die nähere Umgebung des Amtssitzes zu betrachten wäre. Vielmehr ist aufgrund der oben dargelegten Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffes auf die "Ordnung" des Vermessungswesen in Niedersachsen, mithin im gesamten Amtsbezirk (§ 5 Abs. 1 NÖbVIngG) abzustellen. Erst dann, wenn es durch eine weitere Amtssitzzuweisung zur "Ungeordnetheit" des amtlichen Vermessungswesens im gesamten im Amtsbezirk käme, stünden Gründe eines geordneten amtlichen Vermessungswesens der Amtssitzzuweisung und damit letztlich auch der Bestellung selbst entgegen.
Dieses Verständnis des geordneten amtlichen Vermessungswesens führt jedoch nicht dazu, dass der Beklagte jeweils eine, vom Kläger geforderte Bedürfnisprüfung im Einzelfall vorzunehmen hätte. Vielmehr stellt die Beachtung einer Unter- und Obergrenze nur einen Anhaltspunkt für die absolute Grenze dar, ab der von der "Unordnung" des amtlichen Vermessungswesens auszugehen ist. Im Regelfall ist dem Antrag auf Zuweisung eines Amtssitzes an einen bestimmten Ort zu entsprechen. Dies folgt aus der bereits angesprochenen Grundrechtsrelevanz für den Bewerber und der damit einhergehenden verfassungskonformen Auslegung. Hintergrund ist der Umstand, dass auf Seiten der Bewerber jeweils Art. 12 Abs. 1 GG zu beachten ist. Das BVerfG hat im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG mehrfach ausgeführt, dass eine Bedürfnisprüfung sich als objektive Zulassungsbeschränkung für Neubewerber darstellt, die nicht zum Zwecke der Ausschaltung des Wettbewerbs erfolgen darf (vgl. B. v. 25.03.1992 - 1 BvR 298/86 - BVerwGE 86, 28 [BVerwG 24.05.1988 - BVerwG 1 DB 9.88]; Leibholz/Rinck, GG, Kommentar, Bd. II, Art. 12, Rdnr. 524, m.w.N.; Scholz in Maunz-Dürig, GG, Kommentar, Bd. II, Art. 12, Rdnr. 367). Eine Bedürfnisprüfung, wie sie der Kläger fordert, wäre vor diesem Hintergrund vom Gesetzgeber ausdrücklich zu normieren.
Die Klagebefugnis des Klägers folgt auch nicht aus der Rechtsprechung des BGH zu Konkurrentenstreitigkeiten bei Notarzulassungen. Zunächst ist zu berücksichtigen, dass diese Rechtsprechung, die die Zulässigkeit des Rechtsschutzbegehrens im einstweiligen Rechtsschutz eines Amtsinhabers gegen die Besetzung einer neu errichteten Notarstelle unter bestimmten Voraussetzungen bejaht, sich jeweils auf die einfach-gesetzliche Vorschrift des § 4 BNotO bezieht und daraus in Ausnahmefällen die Verpflichtung der Landesjustizverwaltung zur Wahrung subjektiver Rechte von bisherigen Amtsinhabern ableitet. § 4 BNotO, der seinem ausdrücklichen Wortlaut nach ("Es werden so viele Notare bestellt, wie…") jeweils eine Bedarfsermittlung bei der Besetzung von Notarstellen vorsieht, hat grundsätzlich die Organisation staatlicher Aufgaben im Blick und steht damit im Interesse der Allgemeinheit und nicht des Einzelnen. Die Norm dient deshalb nicht dazu, Berufsaussichten Interessierter zu wahren, so dass mit der Pflicht der Verwaltung, die Zahl der Notarstellen gemäß § 4 BNotO festzulegen, kein Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG korrespondiert (vgl. BGH, B. v. 23.07.2007 - NotZ 41/07 - juris, m.w.N.).
Der BGH hat der Norm ausnahmsweise dann eine drittschützende Funktion entnommen, wenn die Justizverwaltung die Grenzen ihres Organisationsermessens dergestalt überschreitet, dass das Mindestmaß an wirtschaftlicher Unabhängigkeit selbständiger Amtsinhaber gefährdet ist (vgl. BGH, a.a.O., m.w.N.). Danach dürfen nicht so viele Notarstellen geschaffen werden, wie gerade noch lebensfähig sind (vgl. BGH, B. v. 16.07.2001 - NotZ 7/01 - NJW 2001, 3548).
Die genannte Rechtsprechung ist auf die Bestellung von ÖbVI jedoch nicht übertragbar. Denn schon ihre Anknüpfungsnorm, § 4 BNotO, findet keine vergleichbare Regelung im Recht der ÖbVI. Der allein in Betracht kommende § 5 Abs. 2 Satz 2 NÖbVIngG unterscheidet sich schon dem Wortlaut nach von der Regelung in § 4 BNotO. Während § 4 BNStO mit den Worten „so viele“ einen quantitativen Umstand in die Zulassungsentscheidung einführt, fehlt ein solcher Anknüpfungspunkt in § 5 NÖbVIG.
Gegenteiliges ergibt sich nicht aus der Entstehungsgeschichte des Berufsrechts der ÖbVI: Zwar sah die Entwurfsfassung der Berufsordnung der öffentlich bestellten Vermessungsingenieure (VermIngBO) in § 3 Abs. 1 eine an § 4 BNotO angelehnte Bedürfnisprüfung vor (vgl. Nieders. Landtag-Drs. Nr. 184/1964, S. 3). Diese Fassung ist jedoch nach Beratung in den Ausschüssen geändert worden. Eine Bedürfnisprüfung ist nicht geregelt worden (vgl. Hölper, VermIngBO, Kommentar, Anm. zu § 4). Selbst wenn im Rahmen der parlamentarischen Beratungen später die Fassung von § 4 Abs. 2 Satz 2 VermIngBO, der Vorgängernorm von § 5 Abs. 2 Satz 2 NÖbVIngG so interpretiert worden sein sollte, dass die Bestellungsbehörde berechtigt sein soll, die Zuweisung eines Ortes als Amtssitz abzulehnen, wenn nach ihrer Ansicht an diesem Ort bereits so viele ÖbVI tätig sind, dass für einen weiteren wegen Überbesetzung keine Aussicht auf eine erfolgreiche Arbeit besteht, so spricht dies dennoch nicht dafür, der Norm Drittschutz zuzuweisen. Die Verhinderung der Überbesetzung diente dann der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Vermessungswesens und nicht der Sicherung der wirtschaftlichen Verhältnisse des einzelnen ÖbVI.
Schließlich spricht gegen die Übertragbarkeit der Rechtsprechung des BGH auf die Bestellung von ÖbVI auch die unterschiedliche Bedeutung der Amtsträger innerhalb des ihnen übertragenen hoheitlichen Aufgabenbereiches. Während das öffentliche Notariat ausschließlich von den staatlich zugelassenen Notaren wahrgenommen wird, erfolgt die Wahrnehmung der hoheitlichen Vermessungsaufgaben, wie der Beklagte zutreffend ausführt, nicht allein durch die ÖbVI, sondern daneben auch durch die Vermessungs- und Katasterbehörden. Selbst wenn es unter den ÖbVI in einem Gebiet zu Problemen bei der Aufgabenwahrnehmung käme, wäre aller Voraussicht nach das öffentliche Vermessungswesen in Gänze nicht gefährdet, da aller Voraussicht nach dann auf die Vermessungs- und Katasterbehörden zurückgegriffen werden könnte.
Nach alledem lässt sich dem § 5 Abs. 2 Satz 2 NÖbVIngG ein Konkurrenzschutz im Sinne einer drittschützenden Funktion durch Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs des geordneten amtlichen Vermessungswesens nicht entnehmen. Damit geht auch der Einwand des Klägers, der Beklagte sei verpflichtet, seine wirtschaftliche Unabhängigkeit zu sichern, ins Leere.
Losgelöst von § 5 Abs. 2 Satz 2 NÖbVIngG kommt eine Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG nicht in Betracht. Die Berufsfreiheit eines schon tätigen ÖbVI wird nicht dadurch verletzt, dass ein weiterer ÖbVI zugelassen wird. Denn auch Art. 12 Abs. 1 GG vermittelt grundsätzlich keinen Schutz vor Konkurrenz. Zwar sichert Art. 12 Abs. 1 GG auch die Teilhabe am Wettbewerb; die Wettbewerber haben aber keinen grundrechtlichen Anspruch darauf, dass die Wettbewerbsbedingungen für sie gleich bleiben. Insbesondere gewährleistet das Grundrecht keinen Anspruch auf Erfolg im Wettbewerb oder auf Sicherung künftiger Erwerbsmöglichkeiten; es verleiht kein Recht darauf, den Marktzutritt eines weiteren Konkurrenten abzuwehren (vgl. zuletzt, BVerfG, U. v. 25.09.2008 - 3 C 35/07 - juris mit Verweis auf: B. v. 26.06.2002 - 1 BvR 558/91 u.a. - BVerfGE 105, 252; U. v. 17.12.2002 - 1 BvL 28/95 u.a. - BVerfGE 106, 275; B. v. 13.06.2006 - 1 BvR 1160/03 - BVerfGE 116, 135).
Allerdings kann das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG dann beeinträchtigt sein, wenn der Staat das Verhalten der Unternehmer im Wettbewerb regelt. Dafür genügt, dass durch staatliche Maßnahmen der Wettbewerb beeinflusst und die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit dadurch behindert wird (BVerfG, B. v. 25.03.1992 - 1 BvR 298/96 - BVerfGE 86, 28 [BVerfG 25.03.1992 - 1 BvR 298/86], <37> m.w.N.). Obgleich das Bundesverfassungsgericht für Art. 12 Abs. 1 GG entschieden hat, dass die Berufsfreiheit auch durch Vorschriften beeinträchtigt werden kann, die infolge ihrer tatsächlichen Auswirkungen geeignet sind, die Berufsfreiheit mittelbar zu beeinträchtigen, handelt es sich dann nicht um "grundrechtsspezifische" Maßnahmen, wenn es lediglich zu einer Veränderung der (Wettbewerbs-)Bedingungen als bloßer Reflex staatlicher Maßnahmen kommt (vgl. BVerwG, U. v. 18.04.1985 - 3 C 34/84 - juris). So lange also der Staat nicht zielgerichtet gewisse Rahmenbedingungen verändert, um zu Lasten bestimmter Unternehmen eine im öffentlichen Interesse gewünschten Erfolg herbeizuführen, es also nicht zu einem Auszehrungs- und Verdrängungswettbewerb kommt, ist Art. 12 Abs. 1 GG nicht betroffen.
Vorliegend stellt sich eine etwaige Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage des Klägers allenfalls als ein derartiger Reflex der Amtssitzzuweisung an den Beigeladenen dar. Von einer Zielgerichtetheit ist auch nicht deshalb auszugehen, weil der Staat das "Bestellungsmonopol" für die ÖbVI hat. Schließlich sind vorliegend keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Amtssitzzuweisung eine Verdrängungswirkung in dem Sinne zukommt, dass das durch die einfach-gesetzliche Norm des § 6 Abs. 2 des Nieders. Gesetz über das amtliche Vermessungswesen (NVermG) geschaffene "Institut" der ÖbVI im gesamten Land gefährdet wäre.
Eine Klagebefugnis folgt auch nicht aus der Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG. In Betracht kommt eine Verletzung des Grundrechts allenfalls unter dem Aspekt des in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG fallenden eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes. Der Eigentumsschutz bezieht sich auch hier jedoch nur auf den Gewerbebetrieb als Sach- und Rechtsgesamtheit, so dass grundsätzlich nur ein Eingriff in die Substanz dieser Sach- und Rechtsgesamtheit zu einer Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG führen könnte. Außerhalb des von der Eigentumsgarantie umfassten Gewerbebetriebs in seiner konkreten Gestaltung verbleiben aber die Gegebenheiten und Chancen, innerhalb derer der Unternehmer seine Tätigkeit entfaltet. Diese Chancen und Gegebenheiten sind für das Unternehmen zwar von erheblicher, eigentumsrechtlich aber nur mittelbarer Bedeutung; sie entscheiden mit über das Risiko eines Unternehmers, seine Leistungen und Erzeugnisse rentabel abzusetzen, werden von der Rechtsordnung aber nicht dem geschützten Bestandswert des einzelnen Unternehmens zugeordnet (BVerfG, B. v. 08.06.1977 - 2 BvR 499/74, 2 BvR 1042/75 - juris, m.w.N.). So liegt der Fall hier, ein Substanzeingriff, der zudem ziel- und zweckgerichtet sein müsste, liegt nicht vor.
Schließlich vermag der Kläger auch aus Art. 2 Abs. 1 GG keine Klagebefugnis herzuleiten. Soweit man die Wettbewerbsfreiheit als von Art. 2 Abs. 1 GG erfasst sehen möchte, fehlt es auch hier am Eingriff. Die etwaige Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation des Klägers stellte sich wiederum als bloßer Reflex der Amtssitzzuweisung des Beigeladenen dar.
Auch der Hilfsantrag führt nicht zum Erfolg.
Sofern darin ein reines Feststellungsbegehren zu erblicken ist, steht dessen Zulässigkeit schon die Subsidiarität der Feststellungsklage entgegen (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Erblickt man hierin einen Fortsetzungsfeststellungsantrag nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) fehlt für die Zulässigkeit der Klage neben der Erledigung der Zuweisung auch die Klagebefugnis.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen beruht die Entscheidung auf § 162 Abs. 3 VwGO. Weil er selbst keinen Sachantrag gestellt hat und deshalb auch nicht das Risiko eingegangen ist, mit den Kosten eines anderen Beteiligten belastet zu werden, entspricht es der Billigkeit, auch die ihm entstandenen Kosten nicht auf andere abwälzen zu lassen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 i.V.m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.