Verwaltungsgericht Osnabrück
Urt. v. 10.02.2009, Az.: 1 A 274/07

Abschöpfung ; Entreicherung; Erstattung; Erstattungsanspruch; Folgekosten; Folgekostenvertrag; Kausalität; Kenntnis; Klausel; Koppelungsverbot; Leistung ; Nichtschuld; Planung; Planungsvorteil; Städtebau; Treu und Glauben; Umlegung; Umlegungsvorteil; Vertrag; Vorteil; Wertausgleich; öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch

Bibliographie

Gericht
VG Osnabrück
Datum
10.02.2009
Aktenzeichen
1 A 274/07
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2009, 50666
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Ein Folgekostenvertrag im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB liegt nicht vor, wenn die Vertragsschließenden mit der Vereinbarung die bloße Abschöpfung eines Planungsvorteils bezwecken, der durch die Änderung eines Bebauungsplanes beim betroffenen Grundstückseigentümer eintritt.

2. Die vom Grundstückseigentümer beantragte Änderung eines Bebauungsplanes kann nur dann von der Zahlung eines Geldbetrages abhängig gemacht werden, wenn hierfür ein bauplanungsrechtlicher Zusammenhang besteht. Ein solcher Zusammenhang fehlt, wenn die Geldzahlung des Grundstückseigentümers zur Finanzierung einer beliebigen kommunalen Aufgabe vereinbart wird.

3. Allein auf die Bauleitplanung zurückzuführende Änderungen des Verkehrswertes eines Grundstücks können nicht Gegenstand eines vertraglich vereinbarten Wertausgleichs sein. Die Abschöpfung von Planungsvorteilen ist im Baugesetzbuch nicht vorgesehen und kann auch nicht über den Abschluss eines städtebaulichen Vertrages herbeigeführt werden.

4. Der vorstehende Grundsatz gilt auch dann, wenn die bezweckte Abschöpfung des Planungsvorteils vertraglich als Abschöpfung des Umlegungsvorteils nach durchgeführter freiwilliger Baulandumlegung deklariert wird.

5. Der Rückforderung des vom Grundstückseigentümer der Gemeinde ohne Rechtsgrund geleisteten Wertausgleichs steht der Grundsatz von Treu und Glauben auch dann nicht entgegen, wenn der Grundstückseigentümer das überplante Grundstück zu marktüblichen Preisen weiterveräußert und hierbei den geleisteten Wertausgleich auf den Erwerber nicht abgewälzt hat.

Tatbestand:

1

Die Kläger begehren von der Beklagten die Rückzahlung eines aufgrund städtebaulichen Vertrages geleisteten Geldbetrages.

2

Die Klägerinnen zu 1. und 2. sind Eigentümerinnen der zwischen den Straßen "O. " und "P. " gelegenen, ca. 6.335 m² großen Flurstücke Q. der Flur R. und S. der Flur S. in der Gemarkung U.. Die Kläger zu 3. und 4. waren gemeinsam Eigentümer des 1.425 m² großen, im selben Gebiet etwas weiter nördlich gelegenen Flurstücks T. der Flur R. der Gemarkung U..

3

Die Flurstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 2 "U. " vom 24. Juni 1964, der diese als bebaubar ausweist. Bis zum Inkrafttreten der 9. Änderung des Bebauungsplans Nr. 2 am 18. Februar 2006 sah der Bebauungsplan für die Flurstücke der Klägerinnen zu 1. und 2. neben der Anlage von zwei Stichstraßen, sechs vollständige Bauplätze zur Errichtung von Einfamilienhäusern, für das Flurstück der Kläger zu 3. und 4. die Anlage einer die Straßen "O. " und "P. " verbindenden Anbaustraße vor.

4

Im Jahre 2001 traten die Eigentümer der Nachbarflurstücke V. und W. der Flur R. an die Beklagte heran und baten vor dem Hintergrund der durch den Bebauungsplan vorgegebenen ungünstigen Zuschnitte möglicher Baugrundstücke und der ungleichmäßigen Verteilung der Lasten um Abänderung des Bebauungsplans. Nachdem sich die Beklagte mit den Eigentümern der Flurstücke X. der Flur S., Y., Z., V. und W. der Flur R. sowie den Klägern ins Benehmen gesetzt hatte, initiierte sie ein freiwilliges Umlegungsverfahren durch Abschluss städtebaulicher Verträge mit den Grundstückseigentümern. Bau- und Planungsausschuss sowie Verwaltungsausschuss der Beklagten billigten im Jahre 2004 den Vorschlag der Gemeindeverwaltung, das freiwillige Umlegungsverfahren nur unter den durch Grundsatzbeschluss des Verwaltungsausschusses vom 5. Juli 1999 aufgestellten Bedingungen durchzuführen. Danach hätten die Grundstückseigentümer die durch die Änderung der Bauleitplanung verursachten Kosten im Verhältnis der tatsächlich eingebrachten Flächen zu übernehmen, Ausgleichsflächen und Flächen für öffentliche Einrichtungen entschädigungslos bereitzustellen, die Kosten der Vermessung nach Durchführung der Bauleitplanung zu tragen und einen Wertausgleich für den Wertzuwachs ihrer Grundstücke in Höhe von 15% des Bodenrichtwertes für die zusätzlich ausgewiesene Baufläche zu zahlen. Der gesamte Betrag (Planungskosten und Wertausgleich) sei vor Fassung des Satzungsbeschlusses zur Änderung des Bebauungsplans Nr. 2 als Vorausleistung von den Grundstückseigentümern zu entrichten. Wegen der Einzelheiten des Grundsatzbeschlusses des Verwaltungsausschusses der Beklagten vom 5. Juli 1999 wird auf Bl. 33 ff. der Gerichtsakte in dem Parallelverfahren 1 A 275/07 sowie das in diesem Verfahren ergangene Urteil der Kammer vom heutigen Tage verwiesen.

5

Mit Vertrag vom 4. Mai 2005 vereinbarten die Klägerinnen zu 1. und 2. mit der Beklagten die Durchführung eines freiwilligen Umlegungsverfahrens mit dem Ziel der Änderung der Festsetzungen des Bebauungsplanes, um eine wesentlich verbesserte bauliche Ausnutzung der Flächen zu erreichen. In dem Vertrag heißt es unter "I. Allgemeines" u.a.:

6

"Zwischen den Vertragsparteien ist bekannt, dass im Rahmen der notwendigen Bauleitplanung und der nachfolgenden tatsächlichen Zuteilung der einzelnen Baugrundstücke erhebliche Kosten entstehen. Diese Kosten sind der Gemeinde in der tatsächlichen Höhe zu erstatten. Daneben verlangt die Gemeinde als Folge des nicht unerheblichen Planungsvorteils einen Wertausgleich."

7

In dem Vertrag wird weiterhin geregelt:

8

"§ 5 Wertausgleich

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Für den Wertzuwachs ist ein Wertausgleich zu zahlen. Die Berechnung ergibt sich aus der beigehefteten Anlage I, der Bestandteil dieses Vertrages ist. Der Bodenrichtwert ist dabei auf 70,00 Euro/m² (Stand: 01.01.2004) festgesetzt. Der Wertausgleich beträgt 28.686,00 Euro. Der Wertausgleich beinhaltet nicht die Kosten der Bauleitplanung (§ 1) und der Vermessung (§ 4).

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§ 6 Zahlung

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Der gesamte Betrag (Planungskosten, Wertausgleich) ist vor Fassung des Satzungsbeschlusses durch den Rat der Gemeinde U. fällig.

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Die Gemeinde ist berechtigt, jederzeit angemessene Abschlagszahlungen anzufordern. Insbesondere für die anteiligen Kosten der Vermessung, die nach dem Satzungsbeschluss entstehen, sind Abschlagszahlungen erforderlich.

13

Werden die angeforderten Zahlungen nicht fristgerecht geleistet, wird der Bebauungsplan nicht rechtsverbindlich."

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Die Anlage I zum Vertrag enthält folgende Berechnung:

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"Berechnung des Wertausgleiches

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1. Tatsächliche Grundstücksfläche6.335 m²
2. Abzüglich anteilige Verkehrsfläche327 m²
Verbleibende Restfläche5.607 m²
3. Abzüglich bisher ausgewiesene Baufläche2.875 m²
Insgesamt abrechenbare Baufläche2.732 m²
Berechnung:
2.732 m² x 70,00 Euro =191.240,00 Euro
Davon 15%28.686,00 Euro."
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Der zwischen den Klägern zu 3. und 4. und der Beklagten am 27. April 2005 geschlossene Vertrag enthält eine identisch formulierte Präambel und Regelung zum Wertausgleich in § 5. Die Höhe des Wertausgleiches wird hier in Anlage I ausgehend von 1.261 m² zusätzlich ausgewiesener Baufläche auf 13.240,50 € beziffert. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die bei den Verwaltungsvorgängen der Beklagten (Beiakte A im Verfahren 1 A 274/07) befindlichen Vertragsurkunden verwiesen.

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Nach Vertragsschluss forderte die Beklagte mit Schreiben vom 24. November 2005 die Klägerinnen zu 1. und 2. zur Zahlung von 15.818,60 Euro (14.343 Euro Wertausgleich zuzüglich 1.475,60 Euro Planungskosten) und die Kläger zu 3. und 4. zur Zahlung von 13.904,10 Euro (13.240,50 Euro Wertausgleich zuzüglich 663,60 Euro Planungskosten) unter Hinweis auf § 6 der Verträge und die für die Ratssitzung vom 5. Dezember 2005 beabsichtigte Beschlussfassung gemäß § 10 BauGB auf; der Kläger bzw. die Klägerinnen entrichteten Anfang Dezember 2005 die Beträge fristgerecht.

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Mit Schreiben vom 17. Juli 2006 sowie weiteren Schreiben wandte sich die Klägerin zu 1. an die Beklagte und beanstandete den von dieser seinerzeit geforderten Wertausgleich. Der von der Beklagten im Rahmen der Berechnung desselben angenommene Bodenrichtwert von 70 Euro sei um ca. 20 Euro zu hoch angesetzt. Auch fehle es an einer Rechtsgrundlage für den vertraglich vereinbarten Wertausgleich. Zudem habe der von der Beklagten eingeschaltete Notar sie falsch beraten. Sie habe für das freiwillige Umlegungsverfahren ca. 5.000 Euro Notariatskosten und 4.146 Euro Grunderwerbssteuer bezahlen müssen. Diese Kosten wären bei einem öffentlich-rechtlichen Umlegungsverfahren nach den §§ 45 ff. BauGB vermieden worden. Ihr und den anderen Eigentümern sei durch die fehlende Aufklärung seitens der Gemeindeverwaltung und deren Amtshandlungen ein großer Schaden entstanden. Die Beklagte entgegnete mit Schreiben vom 14. August und 7. September 2006 und verwies hierin auf die vertraglich fixierten, vorher einvernehmlich getroffenen Absprachen zwischen allen Verfahrensbeteiligten, die rechtsverbindlich seien und an die sich auch die Klägerin zu 1. zu halten habe. Die Kläger zu 3. und 4. forderten mit denselben Argumenten den von ihnen gezahlten Wertausgleich mit Schreiben vom 4. Januar 2007 von der Beklagten zurück.

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Zwischenzeitlich verkaufte die Klägerin zu 2. die im Zuge der freiwilligen Umlegung entstandenen Baugrundstücke Nr. 2 zum Preis von 94,- €/m² an die Eheleute AA. durch notariellen Vertrag vom 21. Dezember 2006 und Nr. 13 zum Preis von 110 €/m² an die Eheleute AB. durch notariellen Vertrag vom 4. Januar 2007. In den Verträgen ist in § 4 geregelt, die Klägerin zu 2. versichere gegenüber den Erwerbern, alle bisher veranlagten Erschließungskosten bzw. Anliegerbeiträge bezahlt zu haben. Ab Vertragsschluss seien die Erwerber zur Zahlung von Erschließungskosten bzw. Anliegerbeiträgen verpflichtet. Dabei kämen frühere Überzahlungen den Erwerbern zugute.

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Nachdem die Kläger mit weiteren anwaltlichen Schreiben erfolglos die Rückzahlung des Wertausgleichs geltend gemacht hatten, haben die Klägerin zu 1. am 10. September 2007, die Klägerin zu 2. und die Kläger zu 3. und 4. jeweils am 22. Oktober 2008 die vorliegenden Zahlungsklagen erhoben. Zu deren Begründung tragen sie vor, ihnen stünde ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zu, da sie die Beträge von 14.343,- Euro bzw. 13.240,50 Euro ohne Rechtsgrund an die Beklagte geleistet hätten. Die städtebaulichen Verträge mit der Beklagten vom 4. Mai 2005 bzw. 27. April 2005 seien unwirksam. Sie verstießen gegen § 11 Abs. 2 BauGB sowie das Koppelungsverbot der §§ 59 Abs. 2 Nr. 4, 56 Abs. 1 VwVfG. Die Verträge könnten - was den vereinbarten Wertausgleich angehe - nicht als Folgekostenverträge im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB angesehen werden, da der Wertausgleich nach dem jeweiligen Vertragsinhalt (vgl. §§ 1 und 4) neben den Kosten der Bauleitplanung und Vermessung anfalle. Ein Folgekostenvertrag i.S.d. § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB könne allenfalls die Planungskosten erfassen, wobei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für dessen Wirksamkeit Voraussetzung sei, dass diese im Vertrag selbst hinreichend konkret wiedergegeben würden. Daran mangele es hier. Dem Wertausgleich stehe im Unterschied zu dem vertraglich vereinbarten Auslagenersatz für Planung und Vermessung keine Leistung der Gemeinde gegenüber. Die Gemeinde habe nach dem Gesetz keinen Anspruch auf Abschöpfung der Wertsteigerung, die ein Grundstück im Zuge der Bauleitplanung erfahre. Das VG Stuttgart habe mit Urteil vom 9. Oktober 2002 - 2 K 5118/01 - bereits entschieden, dass planungsbedingte Bodenwertsteigerungen nicht abschöpfbar seien. Auch könne die Beklagte anders als im förmlichen Umlegungsverfahren keinen Ausgleich des Umlegungsvorteils einfordern. Die Änderung des Bebauungsplanes Nr. 2 habe für sie - die Klägerinnen zu 1. und 2. - keinen wirtschaftlichen Vorteil gebracht. Ihre Grundstücke hätten schon vorher im Geltungsbereich des Bebauungsplans gelegen, der diese bis auf kleine Randflächen überwiegend als bebaubar ausgewiesen habe. Ohnehin hätten sie dadurch, dass sie einen Flächenbeitrag in Höhe von 11,5 % geleistet hätten, die Wertsteigerung bereits mehr als ausgeglichen, denn in einem gesetzlichen Umlegungsverfahren hätte die Beklagte gemäß § 58 BauGB allenfalls 10 % als Flächenbeitrag fordern können. Selbst wenn die Beklagte auch im freiwilligen Umlegungsverfahren den Ausgleich des Umlegungsvorteils fordern könne, ergebe sich aus dem Wortlaut des Vertrages, namentlich dessen Einleitung und der in § 6 vorgenommenen Differenzierung zwischen Planungskosten und Wertausgleich, sowie der in Anlage 1 des Vertrages wiedergegebenen Berechnung, dass die Beklagte den Wertausgleich vorliegend allein zur Abschöpfung von Planungsgewinnen und nicht zum Ausgleich des Umlegungsvorteils fordere. Hierfür streite auch die Bezugnahme auf den Grundsatzbeschluss des Verwaltungsausschusses der Beklagten vom 5. Juli 1999. Es liege schließlich kein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben vor. Eine Rückforderung rechtsgrundlos gezahlter Beträge sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch dann zulässig, wenn die Initiative zur Änderung eines Bebauungsplans von dem betroffenen Bürger ausgegangen sei.

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Die Klägerinnen zu 1. und 2. beantragen,

23

die Beklagte zu verurteilen, an sie jeweils 14.343,00 Euro zuzüglich Zinsen in gesetzlicher Höhe seit Klageerhebung zu zahlen,

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die Kläger zu 3. und 4. beantragen,

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die Beklagte zu verurteilen, an sie 13.240,50 Euro zuzüglich Zinsen in gesetzlicher Höhe seit Klageerhebung zu zahlen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klagen abzuweisen.

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Sie sieht die im Jahre 2005 geschlossenen städtebaulichen Verträge als wirksam an. Der in § 5 der Verträge vereinbarte Wertausgleich sei angemessen. Es handele sich dabei um Folgekostenvereinbarungen i.S.d. § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB, wie eine an den §§ 133, 157 ff. BGB orientierte Auslegung der vertraglichen Regelungen ergebe. Sie fordere diesen Ausgleich für Kosten, die ihr im Zuge des Umlegungsverfahrens entstanden seien bzw. in Zukunft entstünden. Dies seien namentlich Maßnahmen zur Verbesserung der kommunalen Infrastruktur. So habe sie im Jahre 2005 189.000 Euro und im Jahre 2006 rund 37.000 Euro netto in die kommunale Infrastruktur investiert. Für die Kalenderjahre 2007 und 2008 kämen Nettoinvestitionen in Höhe von rund 700.000 Euro für den Neubau eines Kindergartens sowie 630.000 Euro für die Sanierung des Waldbades und 245.000 Euro für die Anlegung eines neuen Trainingsplatzes hinzu. Diese Investitionen stünden im mittelbaren Zusammenhang mit der durch das freiwillige Umlegungsverfahren ermöglichten Bebauung der einbezogenen Flurstücke. Es stehe zu erwarten, dass die durch das Umlegungsverfahren geschaffenen neuen Grundstücke vorwiegend von jungen Familien bebaut und genutzt würden. Der von den Klägern gezahlte Wertausgleich in Höhe von 15 % des Bodenrichtwertes sei auch hinsichtlich seiner Höhe nicht unangemessen, da in dem betroffenen Baugebiet tatsächliche Verkaufserlöse bis zu 115 Euro pro m² erzielt worden seien. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass die Klägerinnen zu 1. und 2. durch die freiwillige Umlegung 47,52 % mehr Baufläche auf ihren Grundstücken ausgewiesen bekommen hätten. In einem gesetzlichen Umlegungsverfahren wären die Klägerinnen hingegen schlechter gestellt worden, da sie mit einem Flächenabzug von rund 35 % zu rechnen gehabt hätten. Im Rahmen der freiwilligen Umlegung sei nur ein Abzug von 11 % für Gemeinbedarfsflächen erfolgt. Die Berechnung der GLL Meppen vom 27. März 2007 ergebe bei einer Gegenüberstellung beider Verfahren für die Klägerinnen zu 1. und 2. jeweils einen Vorteil von 39.500 Euro. Schließlich verstoße die Geltendmachung des Rückzahlungsanspruches gegen den Grundsatz von Treu und Glauben unter dem Gesichtspunkt des Verbots widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium). Das Umlegungsverfahren sei im Vorfeld mit den Klägern in zahlreichen Vorgesprächen abgestimmt worden; diese hätten sich in Anerkennung ihrer - der Beklagten - Leistungen völlig freiwillig zu einer angemessenen Gegenleistung verpflichtet. Die Kläger hätten zudem aus dem Verfahren erhebliche finanzielle Vorteile gezogen. Die Baugrundstücke der Kläger hätten durch die freiwillige Umlegung einen erheblichen Wertzuwachs erfahren; die zwischenzeitlich teilweise veräußerten Grundstücke seien zu Preisen weit über dem Bodenrichtwert übereignet worden, wie die Geschäfte der Klägerin zu 2. zeigten. Sie - die Beklagte - habe umfangreiche Leistungen und finanzielle Aufwendungen für die Klägerseite erbracht, die bei einer anderen Verfahrensweise umlegungs- oder erschließungsbeitragsrechtlich abrechenbar gewesen wären. Es sei daher treuwidrig, wenn die Kläger sich nunmehr auf die Nichtigkeit der vertraglichen Regelungen beriefen. Sie - die Beklagte - erhebe schließlich die Einrede der Leistung in Kenntnis einer Nichtschuld gem. § 814 BGB und der Entreicherung gem. § 818 Abs. 3 BGB, die auch im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs gälten.

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Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die als allgemeine Leistungsklage zulässigen Klagen sind begründet, denn den Klägern steht gegen die Beklagte der von ihnen geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung des von ihnen als Wertausgleich jeweils geleisteten Betrages nebst Prozesszinsen ab Rechtshängigkeit zu.

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Anspruchsgrundlage für die Rückzahlung ist der ungeschriebene öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch. Leistungen ohne Rechtsgrund und sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen müssen rückgängig gemacht werden. Dieser Rechtsgedanke, der sich unmittelbar aus der Forderung nach wiederherstellender Gerechtigkeit ergibt, hat im bürgerlichen Recht seine Ausprägung in den Vorschriften der §§ 812 ff. BGB über die ungerechtfertigte Bereicherung gefunden; im öffentlichen Recht hat er sich auf den verschiedenen Rechtsgebieten in einer Vielzahl von Vorschriften niedergeschlagen, in denen für das jeweilige Rechtsgebiet die Rückgewähr des rechtsgrundlos Erlangten geregelt ist. Aber auch dort, wo es - wie im vorliegenden Fall - an einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung fehlt, müssen rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen rückgängig gemacht werden. Hierzu dient der allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch, der seit langem anerkannt ist, sodass in Rechtsprechung und Schrifttum bereits von einem Gewohnheitsrecht gesprochen wird. Es besteht Einigkeit, dass die Anspruchsvoraussetzungen denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs entsprechen (BVerwG, Urteil vom 12. März 1985 - 7 C 48/82 -, BVerwGE 71, 85 m.w.N.). Der Tatbestand des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruches setzt danach voraus, dass zugunsten des Schuldners des Erstattungsanspruches eine unmittelbare Vermögensverschiebung ohne Rechtsgrund stattgefunden hat oder deren Rechtsgrund später entfallen ist. Vorliegend haben die Kläger ohne Rechtsgrund jeweils einen fünfstelligen Betrag als Wertausgleich an die Beklagte geleistet, denn die Regelung des § 5 der Verträge vom 27. April und 4. Mai 2005 liefert der Beklagten keinen Grund für das Behaltendürfen der Leistungen. Diese Vereinbarung ist unwirksam, wie sich aus den nachstehenden Erwägungen ergibt.

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1.) Die Unwirksamkeit des § 5 der Verträge folgt nicht schon aus § 11 Abs. 2 Satz 2 BauGB. Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB müssen die vereinbarten Leistungen den gesamten Umständen nach angemessen sein. Die Vereinbarung einer vom Vertragspartner zu erbringenden Leistung ist nach Satz 2 dieser Vorschrift unzulässig, wenn er auch ohne sie einen Anspruch auf die Gegenleistung hätte. Aus der Systematik des § 11 BauGB ergibt sich, dass das in Abs. 2 normierte Gebot der Angemessenheit für die von § 11 Abs. 1 BauGB erfassten städtebaulichen Verträge gilt (vgl. Löhr in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 9. Aufl. 2005, § 11 Rn. 21). Mit den Klägern ist davon auszugehen, dass die Beteiligten - jedenfalls was die Regelung des § 5 der Verträge angeht - keinen sog. Folgekostenvertrag i.S.d. § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB, sondern insoweit einen unbenannten städtebaulichen Vertrag geschlossen haben, dessen Zulässigkeit gemäß § 11 Abs. 4 BauGB außer Zweifel steht, dessen Regelungsinhalt sich jedoch an den allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Regelungen der §§ 54 ff. VwVfG i.V.m. § 1 Nds. VwVfG messen lassen muss. Als Folgekostenvertrag wird im Allgemeinen ein Vertrag verstanden, der jenseits einer gesetzlich vorgesehenen beitragsfähigen Erschließung Aufwendungen der Kommune abwälzt, die ihr für Anlagen und Einrichtungen des Gemeinbedarfs zusätzlich entstehen (BVerwG, Beschluss vom 13. Dezember 1994 - 4 B 216/94 -, Buchholz 316 § 59 VwVfG Nr. 11). Mit anderen Worten muss es sich dabei um Kosten für Maßnahmen handeln, die der Allgemeinheit dienen und für die abgabenrechtlich keine bestimmte Kostenverteilung oder Kostentragung zwingend vorgeschrieben ist (BayVGH, Urteil vom 18. Dezember 2008 - 4 BV 07.3067 -, juris).

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a) Für eine Abwälzung derartiger Kosten geben weder der Wortlaut des § 5, noch die übrigen Regelungen der Verträge etwas her. Bereits die in der Präambel der Verträge und in § 5 sowie § 6 verwendete Bezeichnung "Wertausgleich", der als Bezugsgröße genannte Bodenrichtwert von 70,00 €/m² und die in Anlage I der Verträge vorgenommene Berechnung sprechen unter Berücksichtigung der Auslegungsgrundsätze der §§ 133, 157 BGB gegen die Annahme, die Beteiligten hätten mit dieser Regelung die Abwälzung von Folgekosten, die der Beklagten durch die Schaffung zusätzlicher Bauplätze zur Errichtung von Eigenheimen etwa für junge Familien entstünden, beabsichtigt. Deutlich wird dies insbesondere durch die von den Vertragsschließenden in die Präambel aufgenommene Rechtfertigung für die Zahlung eines Wertausgleichs. Dort heißt es, die Gemeinde verlange "als Folge des nicht unerheblichen Planungsvorteils " und nicht als Folge des für die Gemeinde im Zuge der Umlegung erforderlich werdenden Ausbaus der kommunalen Anlagen und Einrichtungen einen Wertausgleich (vgl. auch die Formulierung in § 5: "Für den Wertzuwachs ..."). Daneben sprechen auch die von der Beklagten vorgelegten Unterlagen über die Verhandlungen mit den Grundstückseigentümern sowie über die Beratungen in den zuständigen Gremien der Gemeinde gegen die Auffassung der Beklagten, es handele sich bei dem Begriff des Wertausgleichs bloß um eine Falschbezeichnung, mit der die Vertragsschließenden tatsächlich die Abwälzung von Folgekosten bezweckt hätten (sog. falsa demonstratio). Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte gegenüber den Klägern zu irgendeinem Zeitpunkt die Notwendigkeit von Investitionen in die kommunale Infrastruktur als Rechtfertigung für den von ihr geforderten Wertausgleich angesprochen hat. Aus den Verhandlungsniederschriften bzw. Vermerken und den Protokollen über die Sitzungen des Bau- und Planungsausschusses sowie des Verwaltungsausschusses ergibt sich vielmehr, dass die Beklagte nur bestrebt war, die unmittelbaren, mit der Umplanung des "Umlegungsgebietes" einhergehenden Aufwendungen für Bauleitplanung, die Beschaffung von Ausgleichsflächen und von Flächen für öffentliche Einrichtungen zur Erschließung sowie für die Vermessung nach Inkrafttreten der geänderten Bauleitplanung auf die Grundstückseigentümer umzulegen. Dies spiegelt sich in den Regelungen zu § 1 (Kosten der Bauleitplanung, Ausgleichsflächen), § 2 (entschädigungslose Flächenabgabe zur inneren Erschließung), § 3 (Umlage der Erschließungskosten nach Erschließungsbeitragsrecht) und § 4 (Kosten der Vermessung) wieder. Die Vertragsschließenden differenzieren diese Kostenmassen in der Präambel des Vertrages und in § 6 von dem in § 5 vereinbarten Wertausgleich. Von Folgekosten, die etwa durch notwendig werdende Investitionen in die kommunale Infrastruktur ausgelöst werden, ist an keiner Stelle die Rede. Schließlich spricht auch die in den Sitzungsniederschriften der Gremien enthaltene Bezugnahme auf die "bisher üblichen Regelungen" (vgl. Sitzungsprotokoll des Bau- und Planungsausschusses vom 29. Januar 2004) - gemeint ist damit der sog. Grundsatzbeschluss des Verwaltungsausschusses vom 5. Juli 1999 - gegen die Annahme, der Beklagten sei es um eine Abwälzung planungsbedingter Folgekosten gegangen. In dem von der Beklagten herbeigeführten Grundsatzbeschluss heißt es unter der Überschrift "Richtlinien bzw. Kriterien bei Erweiterung des überbaubaren Bereiches usw.", die Gemeinde U. setze für die Änderung bzw. Neuaufstellung von Bebauungsplänen Bedingungen fest. Betroffen hiervon seien Grundstückseigentümer, die durch eine Bauleitplanung der Gemeinde einen Wertvorteil des zu überplanenden Grundstücks erhielten. Nach Buchstabe d) dieser Bedingungen habe der Antragsteller eine Entschädigung von 15 % des Grundstückswertes zu entrichten. Maßgeblich für die Flächengröße sei hierbei der in der Bebauungsplanänderung bzw. im Bebauungsplan ausgewiesene Erweiterungsbereich. Die Berechnung der Entschädigung richte sich nicht ausschließlich nach der Festsetzung des überbaubaren Bereiches, in die Berechnung seien auch nicht überbaubare Flächen mit einzubeziehen. Grundlage der Berechnung (s. Buchstabe d) sei die Bodenrichtwertkarte des Gutachterausschusses des Katasteramtes Nordhorn in der jeweils verbindlichen Fassung. Diesen Richtlinien folgend hat die Beklagte jeweils die Berechnung des Wertvorteils in den Anlagen I zu den Verträgen vorgenommen. Auch hier findet sich keine Bezugnahme auf mögliche Folgeinvestitionen in die kommunale Infrastruktur und deren Volumen. Die Kammer hat daher keine Zweifel daran, dass die Beklagte mit der Regelung des § 5 der Verträge allein die Abschöpfung des durch die Änderung der Bauleitplanung, namentlich der eingetretenen erweiterten baulichen Ausnutzbarkeit der Grundstücke der Kläger, zugunsten derselben eingetretenen Planungsvorteils, nicht aber die Abwälzung von Folgekosten bezweckte, und nur diese Intention auch Vertragsinhalt wurde.

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b) Selbst wenn man mit der Beklagten von einer Folgekostenregelung im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB ausginge, änderte diese Annahme nichts an dem Ergebnis, dass die als Wertausgleich geleistete Zahlung der Kläger ohne Rechtsgrund erfolgte. Denn die von der Beklagten zur Rechtfertigung vorgetragenen Investitionen in die kommunale Infrastruktur (z.B. Neubau eines Kindergartens, Sanierung des Waldbades und Anlage eines neuen Trainingsplatzes) stehen in keinerlei Zusammenhang mit den durch das Verfahren der freiwilligen Umlegung geschaffenen zusätzlichen Baugrundstücken, die zur Errichtung von Einfamilienwohnhäusern vorgesehen sind. Die Zulässigkeit der Abwälzung von Baufolgekosten gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB beschränkt sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf solche Kosten, die durch das jeweilige Vorhaben bzw. durch den seiner Zulässigkeit zugrunde liegenden Bebauungsplan verursacht werden (BVerwG, Urteil vom 14. August 1992 - 8 C 19/90 -, BVerwGE 90, 310; vgl. auch Löhr, a.a.O., § 11 Rn. 16). Ursächlichkeit kann danach nur angenommen werden, wenn die Folgekosten von einem bestimmten Bauvorhaben ausgelöst werden; es reicht nicht aus, dass sich die Aufwendungen einem Vorhaben zuordnen lassen (BVerwG, Beschluss vom 21. Juni 2005 - 4 B 32/05 -, BauR 2005, 1600). Erforderlich ist vielmehr, dass aus Anlass eines bestimmten Vorhabens etwas geschieht und nicht nur auf einen aufgelaufenen Bedarf reagiert wird (BVerwG, Urteil vom 14. August 1992 - 8 C 19/90 -, BVerwGE 90, 310); ein Abstellen auf die kommunale Gesamtplanung ist nicht zulässig (BVerwG, Beschluss vom 21. Juni 2005, a.a.O.). In diesem Sinne hat sich auch das Nds. OVG in seinem Urteil vom 10. Juli 2007 geäußert: Die Zurechnung gründe sich nicht auf Ursächlichkeit im Sinne von tatsächlicher Kausalität. Stattdessen gehe es um die rechtlich - etwa über die Pflichten aus der materiellen Schulträgerschaft - vermittelte Kausalität. Innerhalb dieser Kausalität verlange das Bundesverwaltungsgericht eine konkret-reale, unmittelbare Zurechnung der Folgemaßnahme zum einzelnen Plan. Die mittelbare rechnerische Zurechnung über ein Gesamtkonzept reiche nicht aus. Allerdings dürften Folgekostenverträge nicht nur mit Vorhabenträgern für die Erschließung von größeren Neubauflächen abgeschlossen werden, sondern auch mit einer Vielzahl einzelner Grundstückseigentümer und mit Bezug auf kleinere Bauflächen (Nds. OVG, Urteil vom 10. Juli 2007 - 1 LC 200/05 -, BauR 2008, 57).

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Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die Kausalität zwischen den durch das freiwillige Umlegungsverfahren zusätzlich geschaffenen Baugrundstücken und den von der Beklagten für notwendig erachteten Investitionen in die kommunale Infrastruktur schon im Ansatz nicht erkennbar. Diese gemeindlichen Vorhaben werden vielmehr durch den Gemeinbedarf ausgelöst; sie müssen deshalb aus den Haushaltsmitteln der Beklagten bestritten werden. Es kann von den Klägern insoweit kein Sonderopfer mit dem Ziel der Entlastung der kommunalen Finanzen verlangt werden. In die gleiche Richtung zielt das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Mai 2000 (- 4 C 4/99 -, BVerwGE 111, 162), wonach eine Gemeinde das Koppelungsverbot verletzt, wenn sie die Änderung eines Bebauungsplanes in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag davon abhängig macht, dass der bauwillige Eigentümer an Stelle eines nicht mehr festsetzbaren Erschließungsbeitrages an sie einen Geldbetrag für einen gemeinnützigen Zweck (Unterhaltung städtischer Kinderspielplätze) leistet. Dieser Entscheidung ist der Grundsatz zu entnehmen, dass Änderungen von Bauleitplänen nur dann von der Zahlung eines Geldbetrages abhängig gemacht werden können, wenn hierfür ein bauplanungsrechtlicher Zusammenhang klar erkennbar wird. Ein sachlicher Zusammenhang fehlt indes, wenn die Gegenleistung des Bürgers in der Zahlung eines Betrages zur Finanzierung einer beliebigen öffentlichen Aufgabe der Gemeinde (wie hier zum Neubau eines Kindergartens oder zur Sanierung des Waldbades) liegt.

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c) Neben die nicht vorhandene Ursächlichkeit tritt ein weiterer Mangel, der zur Unwirksamkeit der vertraglichen Abwälzung von - insoweit zugunsten der Beklagten unterstellten - Folgekosten auf die Kläger führt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat eine Zuordnung der konkreten Folgemaßnahmen und der hierauf zu leistenden konkreten Beträge in dem städtebaulichen Vertrag stattzufinden (BVerwG, Urteil vom 6. Juli 1973 - IV C 22.72 -, BVerwGE 42, 331). Der Verpflichtete soll erkennen können, für welche Infrastrukturmaßnahmen die Gegenleistung erhoben wird. In den streitgegenständlichen Verträgen vom 27. April und 4. Mai 2005 findet sich indes, wie bereits oben ausgeführt, keinerlei Hinweis auf die von der Beklagten im vorliegenden Verfahren zur Rechtfertigung vorgebrachten Investitionen in ihre Infrastruktur.

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2.) Die Unwirksamkeit des § 5 der Verträge ergibt sich aus § 59 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG i.V.m. § 56 Abs. 1 VwVfG jeweils i.V.m. § 1 Abs. 1 NdsVwVfG. Danach ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne des § 54 Satz 2 VwVfG nichtig, wenn sich die Behörde eine nach § 56 VwVfG unzulässige Gegenleistung versprechen lässt. Nach § 56 Abs. 1 VwVfG muss die Gegenleistung für einen bestimmten Zweck vereinbart werden und der Behörde zur Erfüllung ihrer Aufgaben dienen. Die Gegenleistung muss den gesamten Umständen nach angemessen sein und im sachlichen Zusammenhang mit der vertraglichen Leistung stehen (sog. Koppelungsverbot).

38

a) Bei den zwischen den Beteiligten abgeschlossenen Verträgen handelt es sich um öffentlich-rechtliche Verträge im Sinne des § 54 Satz 2 VwVfG (sog. subordinationsrechtlicher Vertrag), denn die Kläger und die Beklagte stehen in einem Überunterordnungsverhältnis zueinander. Die Verträge sind weiter als Austauschverträge im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 1 VwVfG anzusehen, denn die Kläger haben sich darin zu einer Gegenleistung (Erstattung der der Beklagten entstehenden Planungskosten, kostenlose Abgabe von Grundstücksflächen für Erschließungsanlagen und Ausgleich, Übernahme der Vermessungskosten, Zahlung eines Wertausgleichs) für die „Leistung“ der Beklagten (Änderung der Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 2 "U. ") verpflichtet. Da sich die Beklagte nicht direkt zur Änderung des Bebauungsplanes durch Erlass einer Änderungssatzung nach § 10 Abs. 1 BauGB verpflichten durfte (vgl. § 1 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BauGB) und dies auch nicht getan hat - in § 1 Abs. 1 Satz 2 der Verträge stellen die Vertragsschließenden klar, dass die Grundstückseigentümer durch den Abschluss der Verträge keinen Anspruch auf Aufstellung bzw. Änderung des Bebauungsplanes oder auf ermessensfehlerfreie Entscheidung erwerben -, liegt ein so genannter „hinkender Austauschvertrag“ vor (zum Begriff vgl. Nds. OVG, Urteil vom 10. Juli 2007, a.a.O.).

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b) Da die Beteiligten die Frage der Formwirksamkeit der geschlossenen Verträge nicht aufgeworfen haben, weist die Kammer lediglich ergänzend darauf hin, dass sich die Nichtigkeit der die Leistungspflicht der Kläger begründenden Vertragsbestandteile nicht schon daraus ergibt, dass der gesamte Vertrag aufgrund eines Formmangels nach § 59 Abs. 1 VwVfG i.V.m. §§ 125, 311 b Abs. 1 BGB nichtig wäre. Zwar ist in § 2 Abs. 1 der Verträge eine Verpflichtung zur unentgeltlichen Abgabe von privaten Grundstücksflächen zum Ausbau der für die innere Erschließung des Umlegungsgebietes erforderlichen Erschließungsanlagen vereinbart, die für ihre Wirksamkeit gemäß § 311b Abs. 1 BGB n.F. (inhaltsgleich mit § 313 BGB a.F.) der notariellen Beurkundung bedarf, die vorliegend jedoch nicht erfolgt ist. Gleichwohl erstreckt sich die dadurch eintretende Nichtigkeit des § 2 Abs. 1 der Verträge nicht auf diese insgesamt, denn ein Verstoß gegen die Beurkundungspflicht führt nicht zwangsläufig zur Gesamtnichtigkeit eines Vertrages (BVerwG, Beschluss vom 13. Dezember 1994, a.a.O.). Gemäß § 59 Abs. 3 VwVfG hat die Nichtigkeit eines Teiles eines Vertrages nur dann die Gesamtnichtigkeit des Vertrages zur Folge, wenn nicht anzunehmen ist, dass der Vertrag auch ohne den nichtigen Teil geschlossen worden wäre. Diese Regelung wiederholt den in § 139 BGB normierten allgemeinen Rechtsgedanken. Die Vorschrift des § 139 BGB ist abdingbar, d.h. sie greift nicht ein, wenn die Parteien eine andere Vereinbarung getroffen haben. Ein Abstellen auf den mutmaßlichen Parteiwillen im Sinne von § 139 BGB ist dann nicht veranlasst. Nur wenn die getroffene, von § 139 BGB abweichende Regelung ihrerseits unwirksam ist, z.B. weil der Schutzzweck des gesetzlichen Verbots, aus dem sich die Unwirksamkeit der anderen Bestimmungen ergibt, einer Aufrechterhaltung des Vertrags im Übrigen entgegensteht, bleibt es bei der gesetzlichen Regelung (Nds. OVG, Urteil vom 10. Juli 2007, a.a.O., m.N. aus der Rspr. des BGH). Vorliegend haben die Beteiligten jeweils in § 8 vereinbart, dass die Unwirksamkeit eines (abtrennbaren) Teils der Verträge die Wirksamkeit der übrigen Regelungen der Verträge nicht berühren soll. Ferner ist die wegen fehlender notarieller Beurkundung nichtige Verpflichtung zur unentgeltlichen Bereitstellung von privaten Grundstücksflächen für Erschließungsanlagen vom übrigen Vertragsinhalt abtrennbar. Es gibt insbesondere keine zwingende Verbindung zwischen dieser Verpflichtung und dem in § 5 vereinbarten Wertausgleich.

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c) Die in § 5 der Verträge vorgesehene Verpflichtung der Kläger zur Zahlung eines Wertausgleichs für den Vorteil, den sie durch die Änderung der bisherigen, die bauliche Ausnutzbarkeit ihrer Grundstücke einschränkenden Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 2 "U. " erfahren haben (sog. Abschöpfung des Planungsvorteils), ist unwirksam, denn sie verstößt gegen das Koppelungsverbot des § 56 Abs. 1 Satz 2 VwVfG. Das Koppelungsverbot beinhaltet zum einen, dass durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag nichts miteinander verknüpft werden darf, was nicht ohnehin schon in einem inneren Zusammenhang steht, und zum anderen, dass eine hoheitliche Entscheidung ohne entsprechende gesetzliche Ermächtigung nicht von einer wirtschaftlichen Gegenleistung abhängig gemacht werden darf, es sei denn, die Gegenleistung würde ein der Entscheidung entgegenstehendes rechtliches Hindernis beseitigen ("kein Verkauf von Hoheitsrechten", vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 1993 - 4 C 27/92 -, NVwZ 1994, 485; Urteil vom 16. Mai 2000, a.a.O.). Unerheblich ist, ob die Beteiligten die Unzulässigkeit der vom Bürger zu erbringenden Leistung erkannt haben oder auch nur erkennen konnten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. Januar 1991 - 8 B 164/90 -, NVwZ 1991, 574).

41

Die Abschöpfung des Planungsvorteils, den die Beklagte mit der Regelung des § 5 der Verträge bezweckte (vgl. vorstehend zu 1. a)), stellt eine unzulässige Gegenleistung für die Änderung der seinerzeit geltenden Bauleitplanung dar. Die Entscheidung über die von den Eigentümern der Nachbarflurstücke V. und W. der Flur R. bereits im Jahre 2001 angeregte Änderung der Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 2 "U. " mit dem Ziel der Änderung ungünstiger Grundstückszuschnitte und der gleichmäßigeren Verteilung von Erschließungslasten durfte die Beklagte allein nach Maßgabe des in § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB verankerten Gebotes der Erforderlichkeit treffen. Sofern sie nach ihrer planerischen Konzeption aus Gründen einer geordneten städtebaulichen Entwicklung des Umlegungsgebietes zu der Auffassung gelangte, nach den bestehenden Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 2 "U. " aus dem Jahre 1964 bestünden dort kaum Baumöglichkeiten und die Festsetzungen stünden einer von ihr im Allgemeininteresse zu befürwortenden Zuführung dieser innerörtlichen Flächen zur Bebauung überwiegend entgegen - ein solches Allgemeininteresse hat jedenfalls der Bau- und Planungsausschuss der Beklagten in seiner Sitzung vom 29. Januar 2004 ausweislich der Niederschrift erkannt -, war sie losgelöst von der Zahlung eines Wertausgleichs durch die Grundstückseigentümer gehalten, ein Verfahren zur Änderung des Bebauungsplanes einzuleiten. Indem sie jedoch die Zahlung des Wertausgleichs zum Junktim für die auf der Sitzung vom 5. Dezember 2005 herbeigeführte Beschlussfassung ihres Rates über die 9. Änderung des genannten Bebauungsplanes erhob, hat sie sich bewusst zu einem von § 56 Abs. 1 Satz 2 VwVfG verbotenen Verkauf ihrer Planungshoheit entschieden. Dies veranschaulicht die Formulierung des § 6 der Verträge. Danach ist der gesamte Betrag (Planungskosten und Wertausgleich) vor Fassung des Satzungsbeschlusses durch den Rat fällig. Nach Absatz 3 dieser Regelung wird der (geänderte) Bebauungsplan nicht rechtsverbindlich, sofern die von der Beklagten - im Nachgang zum Vertragsschluss mit Schreiben vom 24. November 2005 unter Hinweis auf § 6 der Verträge - bei den Klägern angeforderten Beträge nicht fristgerecht - konkret vor der genannten Sitzung des Rates am 5. Dezember 2005 - entrichtet werden.

42

Die auf den Grundsatzbeschluss ihres Verwaltungsausschusses vom 5. Juli 1999 zurück gehende Forderung nach einer angemessenen Beteiligung an dem Wertzuwachs der Grundstücke, die durch ihre - der Beklagten - Planung baulich besser ausnutzbar werden, findet im Gesetz, insbesondere im Baugesetzbuch, keine Ermächtigungsgrundlage; sie stellt daher eine unzulässige wirtschaftliche Gegenleistung dar. Im Bodenrecht gilt der allgemein anerkannte Grundsatz, dass ein (ggf. partieller) Ausgleich der planungsbedingten Bodenwertgewinne, die den Eigentümern allein durch die Nutzungsfestsetzungen oder Änderung bestehender Festsetzungen im Bebauungsplan zuwachsen (z.B. durch die Aufstufung von Bauerwartungsland zu Rohbauland für ein- oder mehrgeschossige Bebauung), gegenüber der die Planung verantwortenden Kommune nicht stattfindet (BGH, Urteil vom 22. Juni 1978 - III ZR 92/75 -, BGHZ 72, 51; VG Stuttgart, Urteil vom 9. Oktober 2002 - 2 K 5118/01 -, juris, unter Hinweis auf VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11. März 2002 - 3 S 2381/01 -). Der BGH hat in seinem vorstehend zitierten Urteil zur Begründung darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber, wie in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck gekommen sei (vgl. den schriftlichen Bericht des Bundestagsausschusses für Wohnungswesen, Baurecht und Bodenrecht, zu BT-Drucks III/1974 S. 15), ausdrücklich davon abgesehen habe, etwa für die Umlegung eine Abschöpfung der reinen Planungsgewinne vorzuschreiben. Damit habe er für diesen Bereich den auch sonst im Bodenrecht allgemein geltenden Grundsatz übernommen, dass kein Ausgleich der planungsbedingten Bodenwertgewinne stattfinde. In seinem zur Berücksichtigung von planungsbedingten Bodenwertsteigerungen bei Enteignungsentschädigung ergangenen Urteil vom 13. Mai 1974 (- III ZR 7/72 -, BGHZ 62, 305) hat der BGH zuvor schon darauf hingewiesen, dass dem Erschließungsbeitrag nach den §§ 127 ff. BauGB vornehmlich die Aufgabe zukomme, die Vorteile auszugleichen, die den Grundstücken durch die Planungs- und Erschließungstätigkeit der Gemeinden zuflössen. Die verfassungsrechtliche Legitimation für die Überwälzung der Erschließungskosten sei darin zu sehen, dass die gemeindliche Planungs- und daran anschließende Erschließungstätigkeit den Grundeigentümern einen Wertzuwachs verschaffe, der ihnen unberechtigterweise zuflösse, wenn sie zu den Kosten nicht herangezogen würden. Dieser Grundsatz müsse im Interesse eines gerechten Ausgleichs von Vorteilen und Lasten zwischen der Allgemeinheit und den betroffenen Grundstückseigentümern auch bei einer "Abschöpfung" von Planungs- oder Erschließungsgewinnen, etwa im Wege der vom BGH entschiedenen Frage des Vorteilsausgleichung bei der Bemessung der Enteignungsentschädigung, beachtet werden. Nichts anderes kann nach Auffassung der Kammer für die vorliegend zu beurteilende Konstellation gelten. Allein auf die Bauleitplanung zurückzuführende Änderungen des Verkehrswertes eines Grundstückes können nicht Gegenstand eines vertraglich vereinbarten Wertausgleichs sein, denn es ist offensichtlich, dass eine Abschöpfung des Planungsvorteils, die im BauGB so nicht geregelt ist, auch nicht über städtebauliche Verträge - insbesondere nicht unter Nutzung des mit § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB geschaffenen Instrumentariums eines Folgekosten- bzw. -lastenvertrages - eingeführt werden kann (Krautzberger in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Kommentar zum BauGB, Stand: 89. Erg.lfg. Okt. 2008, § 11 Rn. 167a).

43

d) Die Beklagte vermag die Wirksamkeit des § 5 der Verträge speziell in den vorliegenden Verfahren auch nicht mit einer grundsätzlich zulässigen Abschöpfung des sog. Umlegungsvorteils zu rechtfertigen. Zwar ist ihr darin beizupflichten, dass bei der sog. freiwilligen Baulandumlegung, die von der öffentlich-rechtlichen Umlegung in einem förmlichen Verfahren gemäß den §§ 45 ff. BauGB oder einem vereinfachten Verfahren gemäß den §§ 80 ff. BauGB zu unterscheiden ist, im Grundsatz Raum für vom Umlegungsrecht der §§ 45 ff. BauGB abweichende Regelungen besteht. Es können deshalb von den Vertragsschließenden auch solche Vereinbarungen getroffen werden, die in einem Umlegungsplan von der zuständigen Behörde nicht einseitig festgesetzt werden könnten. Hinter der weitgehenden Offenheit des Umlegungsrechts für einvernehmliche Regelungen mit den betroffenen Eigentümern steht das gesetzgeberische Ziel, mit dem Abschluss einer freiwilligen Baulandumlegung möglichst eine abschließende Bereinigung der Grundstücksverhältnisse mit dem Ziel zu erreichen, die Voraussetzungen für die Realisierung eines Bebauungsplans ohne förmliches Umlegungsverfahren zu schaffen (BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 2001 - 4 B 24/01 -, NVwZ 2002, 473). Ein Vertrag über eine freiwillige Umlegung ist beispielsweise nicht deshalb nichtig, weil die Beteiligten neben einem Flächenabzug eine Geldleistung der Eigentümer zur Deckung von Umlegungskosten vereinbart haben (BVerwG, Beschluss vom 13. Dezember 1994, a.a.O.). Die Offenheit des Umlegungsrechts besteht auch gegenüber einer einvernehmlichen Neuordnung der Grundstücksverhältnisse, die sich aus mehreren privatrechtlichen Verträgen (Grundstückstausch, Abgabe von Verkehrsflächen an die Gemeinde) und einem verwaltungsrechtlichen Vertrag zusammensetzt, der neben der Übernahme von Erschließungskosten die umlegungsbegünstigten Grundstückseigentümer zur Leistung eines Vorteilsausgleichs in Form eines Geldbeitrages nach § 58 Abs. 1 Satz 3 BauGB verpflichtet. Gemeinde und Eigentümer sind im Rahmen einer "freiwilligen Umlegung" insbesondere bei der Bemessung eines von den Eigentümern zu zahlenden Geldbeitrags, der an die Stelle eines Flächenbeitrags treten soll, nicht strikt an die für das gesetzliche Umlegungsverfahren in § 58 Abs. 1 Satz 2 BauGB genannten Bemessungsgrenzen gebunden. Auch insoweit kann ein städtebaulicher Vertrag die gesetzliche Ordnung des Umlegungsrechts verdrängen (BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 2001, a.a.O.). Grenzen für Vereinbarungen in der "freiwilligen Umlegung" ergeben sich allerdings auch aus den in § 56 Abs. 1 Satz 2 VwVfG normierten Rechtsgrundsätzen. Danach darf sich die Gemeinde nicht Gegenleistungen einräumen lassen, die den gesamten Umständen nach unangemessen sind oder mit der vertraglichen Leistung der Gemeinde in keinem sachlichen Zusammenhang stehen. Der Vertrag zwischen Eigentümer und Gemeinde darf bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise namentlich nicht zu einer übermäßigen Belastung des Eigentümers führen. Die Gemeinde darf sich deshalb nicht einen den Umständen nach unangemessen hohen Vorteilsausgleich versprechen lassen (BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 2001, a.a.O.).

44

Der Ausgleich von Umlegungsvorteilen, wie er für das amtliche Umlegungsverfahren in den § 57 Satz 5 und § 58 Abs. 1 BauGB geregelt ist, bezweckt die Abschöpfung von Vorteilen der durchgeführten Umlegung, die etwa durch die Umwandlung von Rohbauland in straßenlandfreie Bauparzellen, die Einsparung von Vermessungs-, Notar-, und Gerichtskosten und die Verkürzung des Aufschließungszeitraumes entstehen (BGH, Urteil vom 2. April 1981 - III ZR 131/79 -, NJW 1981, 2124). Das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 6. Juli 1984 - 4 C 24/80 -, NJW 1985, 989) hat für das durch städtebauliche Verträge geregelte freiwillige Umlegungsverfahren eine Vereinbarung für zulässig erachtet, nach der alle Beteiligten auch ohne Bezug zum Umlegungsvorteil und zum Wert der Einwurfsfläche neben einem Flächenbeitrag einen Geldbeitrag zu den Kosten der Umlegung übernehmen. Auch bei der Vereinbarung eines anderen Verteilungsmaßstabs seien die Beteiligten nicht an den Umlegungsvorteil und den Wert der Einwurfsfläche gebunden. Werde eine solche Regelung außerhalb einer gesetzlichen Umlegung vereinbart, komme hinzu, dass in einer solchen "freiwilligen Umlegung" andere Kosten entstünden als in der gesetzlichen Umlegung. So entstünden Notariatskosten, die hier die Klägerin übernommen habe und die in der gesetzlichen Umlegung wegen des kraft Gesetzes eintretenden neuen Rechtszustands (§ 72 BauGB) nicht entstünden. Deshalb könne § 78 BauGB z.B. durch die Vereinbarung eines Kostenbeitrags der Eigentümer, mit dem der Gemeinde entstehende Notariatskosten "umgelegt" würden, nicht berührt würden.

45

Obwohl der Ausgleich des Umlegungsvorteils durch städtebaulichen Vertrag im Rahmen eines freiwilligen Umlegungsverfahrens nach der vorstehend zitierten Rechtsprechung grundsätzlich möglich ist, kann die Regelung des § 5 der hier geschlossenen Verträge gleichwohl keinen Bestand haben. Denn diese Vorschrift will nach ihrem Wortlaut, dem Regelungszusammenhang und dem Kontext ihrer Entstehung in den vorliegenden Fällen nicht einen Umlegungsvorteil, sondern parallel zu den weiteren, von der Kammer mit Urteilen vom heutigen Tage entschiedenen Verfahren 1 A 275/07 und 1 A 11/09 einen Planungsvorteil abschöpfen, der den Klägern nach Auffassung der Beklagten im Zuge der durch die Bauleitplanung erfolgten Ausweitung der überbaubaren Grundstücksfläche zugewachsen ist. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen verwiesen (zu 1. a)). Ergänzend ist zu bemerken, dass die in der Anlage I des Vertrages vorgenommene Berechnung den Umlegungsvorteil als Bezugsgröße nicht benennt. In der Berechnung bildet die Beklagte die Differenz zwischen bebaubarer (Rest-)Fläche und bisher (d.h. bis zur Planänderung) auf den Grundstücken ausgewiesener Baufläche. Diese Differenz ("abrechenbare Baufläche") multipliziert sie mit dem Bodenrichtwert von 70,00 €/m². Wäre es ihr jedoch um die Abschöpfung des Umlegungsvorteils gegangen, ist die Differenzbildung schon nicht nachvollziehbar, denn der Umlegungsvorteil wächst der gesamten (bebaubaren) Grundstücksfläche zu. Vielmehr hätte sich eine Differenzbildung zwischen den Verkehrswerten der Grundstücke im nicht umgelegten zum umgelegten Zustand aufgedrängt. Damit hätte auch der Einwurfswert Berücksichtigung gefunden. Blendete man diesen aus, könnte die Bemessung nach dem Wert nach freiwilliger Umlegung theoretisch im Extremfall zu einer wertmäßigen Enteignung führen: Wenn nämlich der Ausgangswert - etwa weil die Fläche schon vorher Kraft B-Plan bebaubar gewesen ist - nicht hinter dem Wert nach Umlegung zurückbleibe; die teilweise Abschöpfung wäre dann wertmäßig ein Substanzeingriff. Daneben spricht gegen die Annahme der Vereinbarung einer Abschöpfung des Umlegungsvorteils, dass ein solcher bei den Klägern nicht entstanden ist. Die Kläger hatten anders als im amtlichen Umlegungsverfahren sowohl Vermessungs- als auch Notar- und Gerichtskosten zu tragen. Selbst die Grunderwerbssteuer ist bei ihnen angefallen, was bei der Klägerin zu 1. zu einer erheblichen finanziellen Belastung geführt und worauf sie die Beklagte in der außergerichtlichen Korrespondenz hingewiesen hat.

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e) Ob die Nichtigkeit des § 5 der Verträge gemäß § 59 Abs. 3 VwVfG zur Nichtigkeit des gesamten Vertrages führt, bedarf keiner Entscheidung, da allein die Wirksamkeit des § 5 für die vorliegend geltend gemachten Erstattungsansprüche der Kläger streitentscheidend ist.

47

3.) Die Rückforderung der Kläger verstößt nicht gegen den im allgemeinen Verwaltungsrecht anerkannten Grundsatz von Treu und Glauben. Das Bundesverwaltungsgericht hat hierzu ausgeführt, dass der Grundsatz von Treu und Glauben der einseitigen Rückabwicklung eines nichtigen Austauschvertrages nicht allein deshalb entgegenstehe, weil die Leistung der Behörde (Gemeinde) unwiderbringlich und unwiderrufbar erbracht worden, mithin insoweit eine Rückabwicklung des unwirksamen Vertrages aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich sei. Denn würde der auf eine Geldleistung gerichtete Erstattungsanspruch des Bürgers bereits daran scheitern, würde die gesetzlich angeordnete Sanktion der Nichtigkeit des Vertrages in einer Vielzahl von Fällen rechtlich wirkungslos bleiben. Der Grundsatz von Treu und Glauben erhielte damit eine rechtliche Tragweite, die mit dem Regelungsanspruch des § 59 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG nicht vereinbar wäre. Danach ist der Vertrag kraft Gesetzes nichtig, weil der Gesetzgeber die Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung missbilligt. Mit dem Wegfall des Vertrages entbehrt die Leistung des Bürgers in den Händen der Behörde für die Zukunft der Rechtfertigung. Durch die Zurückbehaltung der Leistung würde die Behörde einen Vermögensvorteil erlangen, für den sie das Instrument des öffentlich-rechtlichen Vertrages nicht hätte einsetzen dürfen. Die eingetretene Rechtsgrundlosigkeit löst daher grundsätzlich den Erstattungsanspruch des Bürgers aus, es sei denn, es träten besondere, in der Person oder im Verhalten des Erstattung Begehrenden (oder eines Rechtsvorgängers) liegende Umstände hinzu, die das Rückforderungsbegehren als treuwidrig erscheinen lassen (BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2000, a.a.O.; Beschluss vom 17. Juli 2001, a.a.O.).

48

Solche besonderen Umstände hat weder die Beklagte vorgetragen noch sind diese sonst ersichtlich. Ein treuwidriges Verhalten der Kläger ist insbesondere nicht allein darin zu erblicken, dass sie die Beklagte erst auf Erstattung des geleisteten Wertausgleichs in Anspruch genommen haben, nachdem sie die von der Beklagten gewünschte Leistung (Vorantreiben des Planänderungsverfahrens bis zur Planreife, Beschlussfassung durch den Rat und Bekanntmachung der Planänderung im Amtsblatt) erhalten hatten und nicht mehr zurückgeben konnten (BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2000, a.a.O.).

49

Der Geltendmachung des Erstattungsanspruchs steht hier auch nicht entgegen, dass den Klägern durch die an die Beklagte geleistete Zahlung eines Wertausgleichs kein endgültiger Vermögensnachteil entstanden ist. Zwar hat das Nds. OVG in seinem Urteil vom 10. Juli 2007 (a.a.O.) unter Bezugnahme auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Juli 2001 ausgeführt, die Geltendmachung eines Erstattungsanspruches gegen die Behörde, mit dem die Rückerstattung der an die Behörde geleisteten Kosten gefordert wird, könne treuwidrig sein, sofern ein Bürger durch die Übernahme von Kosten gegenüber einer Behörde keinen endgültigen Nachteil erlitten habe, weil er diese Kosten vertraglich weitergegeben habe, wobei entscheidend darauf abzustellen sei, ob dem Bürger die Erstattung einen ihm nach der Rechtsordnung nicht zustehenden, mithin unverdienten Vorteil verschaffe. Ob ein derartiger Ausschlusstatbestand für den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch grundsätzlich anzuerkennen ist, kann vorliegend offen bleiben. Im Falle der Klägerin zu 1. und den Klägern zu 3. und 4. muss die Annahme eines unverdienten Vorteils schon deswegen scheitern, weil diese nach eigenem Bekunden ihre Grundstücke bislang nicht weiter veräußert haben.

50

Auch die Veräußerung der Grundstücke Nr. 2 und 13 durch die Klägerin zu 2. an die Eheleute AA. bzw. AB. durch notarielle Verträge vom 20. Dezember 2006 bzw. 4. Januar 2007 führt vorliegend nicht zu einem (teilweisen) Ausschluss des Erstattungsanspruchs. Denn aus den Verträgen geht anders als in dem vom Nds. OVG entschiedenen Fall nicht hervor, dass die Klägerin zu 2. den von ihr an die Beklagte als Wertausgleich gezahlten Betrag an die Grundstückserwerber weitergegeben hat. Sie hat als Gegenleistung für die Übereignung der Grundstücke vielmehr nur den Marktwert der aus dem Umlegungsverfahren hervorgegangenen Grundstücke erzielt, ohne sich hierüber hinaus mit Blick auf den gezahlten Wertausgleich bei den Erwerbern schadlos zu halten. Hierfür spricht weiter § 4 der notariellen Verträge, aus dem jeweils hervorgeht, dass die Klägerin zu 2. gegenüber den Erwerbern die Entrichtung aller bisher veranlagten Erschließungskosten bzw. Anliegerbeiträge versichert hat und erst ab Vertragsschluss die Erwerber zur Zahlung von Erschließungskosten bzw. Anliegerbeiträgen verpflichtet sind, wobei frühere Überzahlungen den Erwerbern zugute kommen sollen. Nach dem Willen der Vertragsschließenden sollen somit die finanziellen Belastungen, die aus dem hier streitgegenständlichen öffentlich-rechtlichen Vertrag der Beklagten mit der Klägerin zu 2. resultieren, bei letztgenannter verbleiben. Unabhängig davon ist die Kammer der Auffassung, dass die Erstattung des von der Beklagten in rechtswidriger Weise teilweise abgeschöpften Planungsvorteils der Klägerin zu 2. auch keinen Vorteil verschafft, der ihr von der Rechtsordnung nicht zugewiesen ist. Die Grundstückserwerber sind lediglich mit dem Marktpreis der umgelegten Grundstücke "belastet" worden, das zeigen letztlich auch die unterschiedlich hohen erzielten Entgelte; der Verbleib des Planungsvorteils bei der Beklagten würde im Ergebnis auf einen Fortbestand der durch die nichtige Regelung des § 5 geschaffenen rechtswidrigen Vermögenslage hinauslaufen. Sieht das BauGB - wie vorstehend ausgeführt (zu 2. c)) - einen Ausgleich von planungsbedingten Bodenwertsteigerungen nicht vor, kann kein Zweifel daran bestehen, dass dieser Vorteil im Ergebnis dem (bisherigen) Grundstückseigentümer zustehen muss.

51

4.) Dem von den Klägern geltend gemachten öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch steht schließlich weder der Einwand der Leistung in Kenntnis der Nichtschuld (§ 814 BGB) noch der Einwand der Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) entgegen. Es kann dahinstehen, ob eine entsprechende Anwendung des § 814 BGB auf den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch des Bürgers möglich ist, wenn es um die Rückabwicklung einer rechtsgrundlosen Leistung des Bürgers in einem Verhältnis der Über- und Unterordnung zu einem Träger öffentlicher Verwaltung geht, weil die Voraussetzungen des § 814 BGB hier nicht erfüllt sind. Nach dieser Vorschrift kann das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war. Für die erforderliche positive Kenntnis der Nichtschuld reicht nicht die Kenntnis der Tatsachen, aus denen sich das Fehlen einer rechtlichen Verpflichtung ergibt; der Leistende muss vielmehr auch wissen, dass er nach der Rechtslage nichts schuldet (vgl. Palandt - Thomas, BGB, 68. Aufl. 2009, § 814 Rn. 3). Der Kenntnis der Nichtschuld steht es nicht gleich, wenn der Leistende Zweifel am Bestehen der Verbindlichkeit hegt, und auch ein Rechtsirrtum über das Bestehen der Verbindlichkeit, selbst wenn er auf einer grob fahrlässigen Verkennung der Sach- oder Rechtslage beruht, genügt nicht (Nds. OVG, Urteil vom 27. November 2001 - 5 LB 1309/01 -, NdsVBl 2002, 160 m.w.N. zum Meinungsstand). Für eine positive Kenntnis der Kläger in vorstehend beschriebenem Sinne hat die Beklagte ebenfalls nichts vorgetragen; es streitet auch sonst nichts für diese Annahme.

52

Der Entreicherungseinwand, wie er für das Zivilrecht in § 818 Abs. 3 BGB niedergelegt ist, findet im öffentlich-rechtlichen Erstattungsverhältnis keine Anwendung. Denn anders als im Zivilrecht werden hier die Interessen beider Seiten von der Rechtsordnung gerade nicht gleich, sondern unterschiedlich bewertet. Die öffentliche Hand ist dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verpflichtet. Ihr Interesse muss darauf gerichtet sein, eine ohne Rechtsgrund eingetretene Vermögensverschiebung zu beseitigen und den rechtmäßigen Zustand wiederherzustellen. Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit gilt für sie auch dann, wenn sie selbst etwas ohne rechtlichen Grund erlangt hat. Deshalb - und nicht etwa nur, weil ein Wegfall der Bereicherung aus tatsächlichen Gründen selten nachweisbar sein wird - ist ihr grundsätzlich versagt, sich auf eine Entreicherung zu berufen (BVerwG, Urteil vom 12. März 1985 - 7 C 48/82 -, BVerwGE 71, 85 m.w.N.).

53

5.) Der Anspruch der Kläger auf Prozesszinsen seit Klageerhebung ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung der §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2, 247 BGB (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2000, a.a.O., zu § 291 a.F.).

54

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

55

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 709 Sätze 1 und 2 ZPO.

56

Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 i.V.m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.