Verwaltungsgericht Osnabrück
Beschl. v. 02.04.2003, Az.: 1 B 5/03
Beitragsfähigkeit; Erschließungsanlage; Herstellungskosten; Verrohrung; Überfahrten
Bibliographie
- Gericht
- VG Osnabrück
- Datum
- 02.04.2003
- Aktenzeichen
- 1 B 5/03
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 47981
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 128 Abs 1 Nr 2 BBauG
Gründe
I. Der Antragsteller ist Eigentümer der Flurstücke P. /Q. und P. /R. an der Straße „S. T.“ im Ortsteil U. der Antragsgegnerin. Grundstücke und Straße liegen im Bereich des Bebauungsplanes Nr. 99 „Südlich des Mittellandkanals“, der den Bereich als Industriegebiet ausweist. Die Straße grenzt auf voller Länge an ein Gewässer II. Ordnung. Die Beklagte stellte die Straße in den Jahren 1993 bis 2000 her. Dabei verrohrte sie den Graben an vier Stellen und legte Überfahrten an, um auch die Erschließung der vier südlich gelegenen Grundstücke sicherzustellen. Den Erschließungsaufwand in Höhe von 425.457,53 EUR legte sie sodann nach Abzug des gemeindlichen Anteils von 10 v.H. auf die Anlieger um und zog den Antragsteller durch Bescheid vom 24.10.2002 unter Anrechnung einer Vorausleistung von 7.362,60 EUR zu einem Erschließungsbeitrag in Höhe von 10.019,04 EUR heran.
Der Antragsteller widersprach und rügte, dass in den beitragsfähigen Erschließungsaufwand auch die Kosten für die Verrohrung des Grabens und die Anlegung der vier Überfahrten einbezogen worden seien.
Er hat ferner, nachdem die Antragsgegnerin einen entsprechenden Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheides in Höhe von des noch zu zahlenden Betrages von 2.656,44 EUR mit Schreiben vom 05.02.2003 abgelehnt hatte, am 25.02.2003 um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht.
Er beantragt,
die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 20.11.2002 gegen den Erschließungsbeitragsbescheid der Antragsgegnerin vom 24.10.2002 anzuordnen, soweit er danach noch zur Zahlung eines Erschließungsbeitrages von 2.656,44 EUR verpflichtet ist.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
II. Der Antrag hat teilweise Erfolg.
Gemäß § 80 Abs. 4 und 5 VwGO soll das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs gegen einen Abgabenbescheid anordnen, wenn ernsthafte Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen oder dessen sofortige Vollziehung mit einer unbilligen, durch das öffentliche Interesse nicht gebotenen Härte für den Betroffenen verbunden wäre. Letzteres hat der Antragsteller nicht geltend gemacht, solches ist auch nicht ersichtlich. Bei summarischer Prüfung erweist sich der angefochtene Erschließungsbeitragsbescheid der Antragsgegnerin jedoch teilweise als rechtswidrig.
Gemäß §§ 127 f. BauGB und ihrer Erschließungsbeitragssatzung vom 11.06.2002 (EBS) erhebt die Antragsgegnerin für die Herstellung ihrer Erschließungsanlagen Erschließungsbeiträge von den Eigentümern der Grundstücke, die baulich oder gewerblich genutzt werden können und die durch die Erschließungsanlagen gem. §§ 131 Abs. 1, 133 Abs. 1 BauGB erschlossen werden. Da die hier in Rede stehende und mit einer Fahrbahn, einem Gehweg sowie einer Beleuchtungs- und Entwässerungseinrichtung ausgestattete Erschließungsanlage den Herstellungsmerkmalen gem. § 11 EBS entspricht und die Flurstücke des Antragstellers auch an diese Erschließungsanlage grenzen, kann es nicht zweifelhaft sein, dass das Grundstück des Antragstellers der Erschließungsbeitragspflicht unterliegt. Das wird vom Antragsteller auch nicht bezweifelt. Sein allein gegen die Ermittlung des Erschließungsaufwandes und damit gegen die Höhe des festgesetzten Erschließungsbeitrages gerichteter Einwand erweist sich als begründet.
Zu dem beitragfähigen Erschließungsaufwand gehören alle Kosten, die für die Herstellung einer Erschließungsanlage erforderlich sind. Bei summarischer Prüfung kann aufgrund der Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 99 nicht davon ausgegangen werden, dass das Flurstück P. /V., in dem der teilweise verrohrte Graben verläuft und auf dem die vier Überfahrten angelegt sind, Bestandteil der Erschließungsanlage ist. Das kann auch nicht dem von der Antragsgegnerin vorgelegten Bestandsverzeichnis entnommen werden. Das bedeutet indes nicht, dass die Aufwendungen für die teilweise Verrohrung des Grabens und die Anlegung der Überfahrten von vornherein nicht zum beitragsfähigen Erschließungsaufwand gezählt werden können. Denn auch Baumaßnahmen außerhalb einer Erschließungsanlage auf einem Anliegergrundstück können einen erschließungsbeitragsfähigen Aufwand auslösen. Das setzt jedoch voraus, dass diese Baumaßnahmen für die Herstellung der Erschließungsanlage erforderlich sind (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 6. Aufl., § 13 Rdnr. 56). Die teilweise Verrohrung des Grabens und die Anlegung der vier Überfahrten ist hier jedoch nicht für die Herstellung der Erschließungsanlage erforderlich gewesen, sondern um die südlich des Grabens belegenen Grundstücke zu erschließen. Das gilt selbst dann, wenn aufgrund der bauplanerischen Festsetzungen davon auszugehen ist, das die Erschließungsanlage zum beidseitigen Anbau bestimmt ist. Solche, lediglich für die Erschließung, nicht aber für die Herstellung einer Erschließungsanlage erforderlichen Kosten gehören nicht zum beitragsfähigen Aufwand. Ebenso wenig wie der Eigentümer eines Anliegergrundstückes, dessen Erschließung ein auf seinem Grundstück befindliches, aber mit zumutbaren Mitteln ausräumbares Hindernis entgegensteht, nicht verlangen kann, dass die Kosten für die Beseitigung des Hindernisses in den zu verteilenden Erschließungsaufwand einbezogen werden, sondern die Kosten selbst zu tragen hat (Driehaus, aaO., § 17 Rdnr. 19), sind Aufwendungen beitragsfähig, die zur Erschließung von Flächen auf Grundstücken Dritter anfallen. Dass ohne die teilweise Verrohrung des Grabens und die Anlegung der Überfahrten und damit ohne die Erschließung der südlich des Grabens belegenen Grundstücke der auf die Flurstücke des Antragstellers entfallende Erschließungsbeitrag höher ausgefallen wäre, ist entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin für die Frage, ob die dadurch verursachten Kosten zum beitragsfähigen Erschließungsaufwand zählen, ohne Belang.
Nach den von der Antragsgegnerin vorgelegten Abrechnungsunterlagen belaufen sich die Kosten einschließlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer für die Verrohrung des Grabens auf 47.038,03 DM (Rechnung der Firma W. vom 31.12.1992) und für die Anlegung der Überfahrten auf 55.290,26 DM (Rechnung der Firma W. vom 11.07.2000), insgesamt somit auf 102.328,29 DM (= 52.319,62 EUR). Ohne Berücksichtigung dieser Aufwendungen verringern sich die Herstellungskosten von 425.447,43 EUR auf 373.127,91 EUR und die umlegungsfähigen Kosten nach Abzug des gemeindlichen Anteils von 10 v.H. auf 335.815,12 EUR. Bei einer Bemessungsfläche von insgesamt 151.456 m² ergibt dies einen Quadratmetersatz von 2,217245 EUR und bei einer Bemessungsfläche für das Grundstück des Antragstellers von 3.963 m² ergeben sich ein auf dieses entfallender Erschließungsbeitrag von 8.786,94 EUR und nach Abzug der gezahlten Vorausleistung noch ein Zahlbetrag von 1.424,34 EUR.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.