Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 30.03.2006, Az.: 16 K 302/04
Geldzuwendungen; Betriebseinnahme
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 30.03.2006
- Aktenzeichen
- 16 K 302/04
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 40289
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2006:0330.16K302.04.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 25.02.2009 - AZ: IX R 33/07
Rechtsgrundlagen
- EStG § 4 Abs. 1
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Betrieblich veranlasst sind nicht nur solche Einnahmen, die aus der Sicht des Unternehmers Entgelt für betriebliche Leistungen darstellen. Einnahmen sind auch dann den jeweiligen Einkünften zuzurechnen, wenn ein tatsächlicher und wirtschaftlicher Zusammenhange mit einer Einkunftsart besteht.
- 2.
Zahlungen an einen LuF-Wirt, die in keinem tatsächlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit der landwirtschaftlichen Tätigkeit stehen, beeinflussen den Gewinn aus Landwirtschaft nicht.
Tatbestand
Der Kläger ist Landwirt und ermittelt den aus seiner Landwirtschaft angefallenen Gewinn nach § 4 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG). Das Wirtschaftsjahr endet jeweils zum 30. Juni. Zum landwirtschaftlichen Vermögen des Klägers zählten im Streitjahr 1.188 Aktien der Zucker-Aktiengesellschaft X. An 1.009 dieser Aktien hatte Frau Käthe M. ein vorbehaltenes Nießbrauchsrecht.
Die Kläger gaben ihre Steuererklärung für das Streitjahr im Dezember 1999 ab. In der Gewinnermittlung für das Wirtschaftsjahr 1998/1999 waren u. a. sonstige Einlagen im Umfang von 118. 800 DM angegeben. Der Beklagte veranlagte zunächst erklärungsgemäß mit Bescheid vom 13. März 2000. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Im Jahr 2003 führte der Beklagte eine Außenprüfung durch, die auch das Streitjahr betraf. Die Prüferin stellte bezüglich des Einlagebetrages von 118. 800 DM fest, dass das Geld dem Kläger im Juli 1998 von einem Rechtsanwaltsbüro S. überwiesen worden war mit dem Text: "Auskehrung Treuhand-Konto ZAG NZAG". Dem lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Es habe seinerzeit die Absicht bestanden, die ZAG mit der ZVN zu fusionieren. Gegen diese Fusion hätten 4 Aktionäre der ZAG geklagt. Der Kläger sei auch ein Fusionsgegner gewesen, habe sich jedoch an dem Rechtsstreit selbst nicht beteiligt. Er habe sich aber um die Angelegenheit gekümmert, in dem er an Versammlungen teilgenommen habe, Gespräche und Telefonate geführt habe. Auch habe er den klagenden Aktionären mit einem Geldbetrag von 10. 000 DM bezüglich der Prozessführung geholfen. Nachdem die klagenden Landwirte ihr Klagevorhaben durch einen Vergleich beendet hatten, hätten sie dem Kläger entsprechend den Anteil seiner Aktien an der Vergleichssumme beteiligt. Daher sei die überwiesene Summe beim Kläger Betriebseinnahme im Rahmen seiner Landwirtschaft.
Der Beklagte erteilte aufgrund der Außenprüfung einen nach § 173 AO geänderten Einkommensteuerbescheid. Hiergegen richtet sich die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage. Klägerseits wird geltend gemacht, dass die Zahlung nicht der Einkommensteuer unterliege. Die Zahlung sei ohne eine dazu getroffene Vereinbarung zwischen den klagenden Aktionären und dem Kläger erfolgt. Die klagenden Aktionäre hätten den Kläger ohne jede rechtliche Verpflichtung honorieren wollen. Dabei seien sie offensichtlich davon ausgegangen, dass der für die klagenden Aktionäre wirtschaftlich sehr vorteilhafte Abschluss des Verfahrens nicht unerheblich auf eine unterstützende Tätigkeit des Klägers zurückzuführen gewesen sei, in dem der Kläger politischen Widerstand gegen die Verschmelzung organisiert habe und als einer der Sprecher der Regionalgruppe X. agiert habe. Ein Zusammenhang dieser politischen Betätigung des Klägers mit seinem landwirtschaftlichen Betrieb bestehe nicht. Gleiches gelte für die Geldzahlung. Diese sei auch nicht über § 22 Nr. 3 EStG steuerbar. Es fehle insoweit daran, dass der Kläger um eines Entgelts willen gegenüber Dritten tätig geworden wäre. Der Beklagte frage sich schließlich insoweit inkonsequent, als er bei Annahme einer steuerbaren Einnahme die vom Kläger geleisteten Prozesskostenzuschüsse an die klagenden Aktionäre von 10. 000 DM in Abzug bringen müsse.
Die Kläger beantragen,
die Einkommensteuer für das Streitjahr insoweit herabzusetzen, als der Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft um 59. 400 DM vermindert in Ansatz kommt.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält unter Bezugnahme auf seine Einspruchsentscheidung daran fest, dass die in Rede stehende Zahlung Betriebseinnahme sei. Es bestünde ein objektiver und wirtschaftlicher Zusammenhang mit der vom Kläger betriebenen Landwirtschaft. Die vom Kläger gehaltenen Aktien seien notwendiges Betriebsvermögen. Die klagenden Aktionäre hätten den Prozess mit der Begründung geführt, dass ein Wertverlust der Aktien zu befürchten sei. Zwar habe der Kläger nicht zu der Gruppe der klagenden Aktionäre gehört. Dennoch habe er Einflussnahme auf den Prozessverlauf genommen und ein betriebliches Interesse am Ausgang des Rechtsstreites gehabt. Dabei habe er seine fachliche und soziale Kompetenz als Landwirt eingesetzt. Es sei nicht davon auszugehen, dass er sich aktiv am Prozessgeschehen beteiligt hätte, wenn er kein rübenanbauender Landwirt gewesen wäre. Schließlich hätten die Anwälte S. auch gegenüber Dritten bekundet, dass sie auch die Interessen des Klägers vertreten würden.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und wegen des Ergebnisses der Anhörung des Klägers durch das Gericht wird auf die Gerichtsakte und das Protokoll über die öffentliche Sitzung vom heutigen Tage verwiesen.
Gründe
Die Klage ist begründet.
Die an den Kläger erfolgte Zahlung von 118. 800 DM beeinflusst nicht den Gewinn aus Landwirtschaft.
Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG ist der Gewinn als Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen definiert. Nach § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG sind Einlagen alle Wirtschaftsgüter, die der Steuerpflichtige im Betrieb im Laufe des Wirtschaftsjahres zugeführt hat. Die an den Kläger gerichtete Zahlung ist Einlage, weil sie nicht betrieblich veranlasst ist. Eine Einnahme ist dann betrieblich veranlasst, wenn aus der Sicht des Unternehmers ein tatsächlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem Betrieb besteht. Deshalb werden als betrieblich veranlasst alle laufenden und einmaligen außerordentlichen Einnahmen angesehen, die aus betrieblichen Tätigkeiten und betrieblichen Geschäften einschließlich der Hilfsgeschäfte resultieren.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes, auf die sich auch der Beklagte beruft, sind als betrieblich veranlasst nicht nur solche Einnahmen zu werten, die aus der Sicht des Unternehmers Entgelt für betriebliche Leistungen darstellen. Vielmehr sind Einnahmen auch dann den jeweiligen Einkünften zuzurechnen, wenn ein tatsächlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang mit einer Einkunftsart besteht (vgl. BFH-Urteil vom 6. September 1990, IV R 125/89, BStBl II 1990, 1028 m.w.N. aus der Rechtsprechung). Dem folgt der Senat.
Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung und der Anhörung des Klägers steht zur Überzeugung des Senats fest, dass im Streitfall die an den Kläger gerichtete Zahlung in keinem tatsächlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit seiner landwirtschaftlichen Tätigkeit steht. Dabei ist zunächst festzuhalten, dass der Kläger für die Zahlung keinerlei Leistung an diejenigen erbracht hat, von denen er die Zahlung erhalten hat. Auch eine aktive Beteiligung am Prozess der klagenden Aktionäre ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht ersichtlich. Sein politisches Engagement, das auf die Verhinderung der Fusion der heimischen Zuckerfabrik gerichtet war, steht in keinem steuerrelevanten Zusammenhang mit seiner wirtschaftlichen Tätigkeit. Denn dem Kläger kam es darauf an, dass die Eigenständigkeit des größten Arbeitgebers vor Ort erhalten bliebe. Wegen dieses Engagements ist der Kläger von den klagenden Aktionären am wirtschaftlichen Erfolg deren Rechtsstreits beteiligt worden. Dabei war die Inhaberschaft des Klägers an Aktien der Zuckerfabrik allein Berechnungsgrundlage, um einen nachvollziehbaren Betrag zu finden. Auswirkungen auf die Rechte, die dem Kläger in Zusammenhang mit seinen Aktien zustanden, ergaben sich hingegen nicht.
Einen anderen Geschehensablauf, der eine betriebliche Veranlassung der Geldzahlung rechtfertigen könnte, hat weder der Beklagte dargetan, noch ist er ersichtlich. Der Beklagte hätte aber eine derartige betriebliche Veranlassung dokumentieren müssen, da er verfahrensrechtlich nur dann zur Änderung des bestandskräftigen Erstbescheides über § 173 Abs. 1 Abgabenordnung berechtigt gewesen wäre.
Die Zahlung an den Kläger ist auch nicht über § 22 Nr. 3 EStG ertragsteuerlich zu erfassen. Auch insoweit ist nicht ersichtlich, dass der Kläger eine Leistung erbracht hätte, für die er von den klagenden Aktionären bezahlt worden wäre.
Da die Zahlung von 118. 800 DM im Wirtschaftsjahr 1998/1999 als Einlage zu behandeln war und damit den Gewinn nicht mindern durfte, war der Gewinn, der im Streitjahr zu erfassen ist, um die Hälfte dieses Betrages, also um 59. 400 DM zu vermindern. Das Gericht überträgt die Steuerfestsetzung auf den Beklagten gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung. Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.