Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 25.04.2012, Az.: 5 A 899/11

Bauverbot; erhebliche Gefährdung; Grenzziehung; Landschaftsschutz; Nutzungskonflikt; geplanter Pferdebetrieb; Pferdebetrieb; Reithalle; mehrere Schutzzwecke

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
25.04.2012
Aktenzeichen
5 A 899/11
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2012, 44404
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Für eine einstweilige Sicherstellung nach § 22 Abs. 3 BNatSchG i.V.m. § 14 Abs. 8 NAGBNatSchG ist es ausreichend, dass zumindest nach überschlägiger fachlicher Einschätzung der sichergestellte Bereich für eine endgültige Unterschutzstellung in Betracht kommt.
2. Hinsichtlich des geplanten Schutzgebietes darf die Naturschutzbehörde auf mehrere Schutzwecke abstellen, deren Ausprägung nicht gleichmäßig in allen Teilen des beabsichtigten Schutzgebietes vorliegen müssen.
3. Zum Gestaltungsermessen bei der Abgrenzung eines geplanten Landschaftsschutzgebietes.
4. Zur Verhältnismäßigkeit und zum Ermessen bei einer Sicherstellungsanordnung.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Kläger wenden sich gegen die einstweilige Sicherstellung ihres Außenbereichsgrundstücks, die der Beklagte im Vorgriff der beabsichtigten Festsetzung des Landschaftsschutzgebietes "…………………" verfügt hatte.

Die Kläger, Mutter und Sohn, sind u.a. Eigentümer des im Außenbereich der Stadt Wildeshausen gelegenen Flurstücks …… der Flur …... der Gemarkung Wildeshausen. Das Grundstück liegt westlich des Stadtzentrums und grenzt nördlich unmittelbar an die Straße "Am Ziegelhof" an. Auf ihm befinden sich überwiegend Grünland, etwas Laubwald und sonstiges Gehölz sowie mehrere landwirtschaftliche Nebengebäude (vgl. Lichtbilder Bl. 61 ff. GA). Es ist Teil der sogenannten …………………, einer größeren, von drei Seiten der Stadtbebauung begrenzten, überwiegend unbebauten Fläche, die insgesamt durch Grünland, für den ……………….. charakteristische Flussauen, Feuchtbrachen und Teiche geprägt ist. Auf der Großfläche "………………..." befinden sich vereinzelte Bauten, meist landwirtschaftliche Nebengebäude. Im Landschaftsrahmenplan 1995 des Beklagten wurde der Bereich der "………………..." zum überwiegenden Teil als landschaftsschutzbedürftiger Bereich (LBB 29 ………………...) dargestellt. Im Süden grenzt das Gebiet an das bestehende Landschaftsschutzgebiet ……….. "mittlere ……..". Die Klägerin zu 1) ist Eigentümerin weiterer Grünland- und Waldflächen im Bereich der ………………... (vgl. Darstellung im Flurkartenausschnitt Bl. 90 GA).

Unter dem 6. August 2009/28. Januar 2010 beantragten die Kläger beim Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung für einen Offenstall sowie eine Bewegungs-/Reithalle auf dem Flurstück 92 für den beabsichtigten Aufbau einer Pferdezucht und den Betrieb einer Pferdepension. Das Grundstück liegt außerhalb des festgesetzten Überschwemmungsgebiets der Hunte. Der für die Bebauung vorgesehene Bereich befindet sich in erhöhter Lage auf den Flächen einer früher dort betriebenen Ziegelei. Der Flächennutzungsplan der Stadt Wildeshausen (vgl. Bl. 51 GA) weist den Bereich als Fläche für die Landwirtschaft, geplantes Landschaftsschutzgebiet sowie Fläche für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege sowie zur Entwicklung von Natur und Landschaft aus. Zur Darlegung der für ein Bauen im Außenbereich erforderlichen landwirtschaftlichen Privilegierung beriefen sich die Kläger auf die Stellungnahmen der Landwirtschaftskammer Niedersachsen vom 19. Oktober 2009 und 26. August 2010, wonach sie die Aufnahme eines gewerblichen Pferdebetriebs mit kleiner Zucht von Sportpferden und einer Pferdepension beabsichtigten. Nach Angaben der Kläger bildete sich im Rat der Stadt Wildeshausen politischer Unmut gegen das Bauvorhaben, so dass nach Wegen gesucht wurde, dieses zu verhindern. Nachdem sich die Versagung des gemeindlichen Einvernehmens zum Bauvorhaben als schwierig erwies (vgl. Beschlussvorlage Nr. 2010/0134 der Stadt Wildeshausen für den Bau- und Umweltausschuss vom 7. Oktober 2010; Bl. 21 GA), wurde der Erlass einer Veränderungssperre im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. …. "………………" erwogen (vgl. Beschlussvorlage Nr. 2010/0143 der Stadt Wildeshausen für die Ausschuss- und Ratssitzung am 28. Oktober 2010; Bl. 23 GA). Schließlich nahm die Stadt Wildeshausen von dem Vorhaben einer entsprechenden Bauleitplanung nebst Veränderungssperre Abstand und beantragte unter dem 29. Oktober 2010 beim Beklagten die Festsetzung des Landschaftsschutzgebietes "………………...".

Die Kläger hatten bereits am 28. und 29. Oktober 2010 Ausschachtungsarbeiten für Fundamente (25 x 11 m) auf dem Flurstück veranlasst. Der Beklagte ordnete mit baurechtlicher Verfügung vom 29. Oktober 2010 die Stilllegung der Bauarbeiten gegenüber der Klägerin zu 1) an. Die Klägerin erhob Widerspruch und beantragte Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit der Begründung, die Ausschachtungsarbeiten dienten nicht zur Verwirklichung des im schwebenden Genehmigungsverfahren befindlichen Vorhabens Pferdebetrieb, sondern der alternativ geplanten Errichtung zweier genehmigungsfreier landwirtschaftlicher Nebengebäude zur Lagerung von Heu und Holz. Die 4. Kammer des erkennenden Gerichts und nachfolgend das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht versagten ihr vorläufigen Rechtsschutz (Beschluss der 4. Kammer vom 5. Januar 2011 - 4 B 3302/10 - bestätigt durch Senatsbeschluss vom 25. Mai 2011 - 1 ME 18/11 -). Zur Begründung führte das Oberverwaltungsgericht aus, die Bauarbeiten seien für jedes der alternativ benannten Vorhaben unzulässig: Falls die Arbeiten den zur Genehmigung gestellten Vorhaben Pferdebetrieb dienten, seien sie wegen formeller Illegalität, fehlender Privilegierung bei einem bloß beabsichtigten landwirtschaftlichen Betrieb und im Hinblick auf die zwischenzeitlich erlassene naturschutzrechtliche Sicherstellungsverfügung des Beklagten rechtswidrig. Falls die Arbeiten der Errichtung zweier genehmigungsfreier landwirtschaftlicher Nebengebäude dienten, folge das Gleiche aus der (noch) nicht hinreichend belegten landwirtschaftlichen Privilegierung des Außenbereichvorhabens. Neuere bauliche oder sonstige Veränderungen auf dem Flurstück gibt es nicht. Im schwebenden Verfahren 4 A 3034/12 wendet sich die Klägerin zu 1) in der Hauptsache gegen die baurechtliche Stilllegungsverfügung.

Nach Anhörung stellte der Beklagte durch naturschutzrechtliche Verfügung vom 3. Dezember 2010 das Flurstück ….. der Kläger unter Anordnung der sofortigen Vollziehung einstweilig (zunächst für zwei Jahre) sicher und untersagte u.a. die Errichtung baulicher Anlagen wie beispielsweise Stallgebäude und Reithallen. Für die Errichtung nicht genehmigungsbedürftiger Nebenanlagen zur Grünlandbewirtschaftung könne auf Antrag im Einzelfall eine Ausnahme vom Verbot erteilt werden. Zur Begründung führte er aus, die Sicherstellung sei im Vorgriff der beabsichtigten Festsetzung von großen Teilen der ………………... zum Landschaftsschutzgebiet …….. erforderlich. Die geplante Schutzgebietsverordnung diene der konsequenten Umsetzung der Ziele des Landschaftsrahmenplans für den Bereich LBB 29 ……………….... Das charakteristische ……………… ……………….……. sei hier großflächig durch Grünland - zum Teil in extensiver Nutzung -, Flussauen, Feuchtbrachen und Teiche geprägt. Topographisch setze sich das auch heute noch erhaltene Gebiet vor allem im Norden und Osten deutlich durch eine Abbruchkante ab. Es gebe bestandsbedrohte Wiesenvogelarten (z.B. Wiesenpieper) und schützenswerte Pflanzen (gelbe Wiesenraute an den Grabenrändern, Weidelgrasweiden, größere zusammenhängende Sumpfdotterblumenwiesen) sowie besonders geschützte Feuchtbiotope vor dem Talrand im Nordosten. Zudem diene der Raum als natürliches Überschwemmungsgebiet und sei in großen Teilen als solches festgesetzt. Durch die stadtnahe Lage, die fußläufige Verbindung zur Burgwiese im Norden und die südlich angrenzenden Landschaftsschutzgebiete "……………….", "………………" und "………………………" sei die ………………... als nachhaltiges Naherholungsgebiet für die Stadt Wildeshausen unerlässlich sowie ein für das regionale Kulturlandschaftsbild prägender Bereich. Schutzziel der geplanten Verordnung sei, den unverbauten Charakter der vorhandenen wertvollen und großflächigen Grünlandstruktur zu erhalten. Der geplante Neubau des Pferdestalls nebst einer Bewegungs-/Reithalle gefährde den Schutzzweck. Die geplanten Gebäude gingen aufgrund ihrer Größe und Nutzung über die üblichen Nebenanlagen zur Grünlandbewirtschaftung hinaus und stellten eine erhebliche Beeinträchtigung des Landschaftsbildes und der unverbauten Landschaft dar. Im Rahmen der Abwägung überwiege der Schutz des Landschaftsbildes und der unverbauten Landschaft das Interesse der Kläger an der geplanten Bebauung. Eine Ausnahme vom Bauverbot käme nur für Vorhaben in Betracht, die den Schutzzweck nicht beeinträchtigten oder deren Nachteile durch Nebenbestimmungen vermieden oder ausgeglichen werden könnten.

Den Aussetzungsantrag der Kläger vom 10. Januar 2011 lehnte der Beklagte mit Schreiben vom 25. Januar 2011 ab. Ihren gleichzeitig eingelegten Widerspruch wies er durch am 17. März 2011 zustellten Widerspruchsbescheid vom 11. März 2011 unter Wiederholung und Vertiefung der Gründe des Ausgangsbescheides zurück. Ergänzend führte er aus, historisch gesehen sei die ………………... ein von den Ackerbürgern der Stadt Wildeshausen gemeinsam als Viehweide und für die Mahd benutzter Grünlandbereich, der als früherer Garant sicherer Heuernten auch eine kulturlandschaftsprägende Bedeutung habe. Für die Grenzziehung des geplanten Landschaftsschutzgebietes werde auf eine eindeutige topographische Größe, nämlich im Wesentlichen die Abbruchkante des Urstromtals der Hunte abgestellt, zumal die Höhenlinie für den Überschwemmungsbereich nicht eindeutig im Gelände erkennbar sei und die Schutzziele auch für Flächen außerhalb des Überschwemmungsgebietes - wie das Grundstück der Kläger - gelten würden. Der geplante Offenstall mit einer Nutzfläche von ca. 269 qm sowie die Bewegungs-/Reithalle mit einer Nutzungsfläche von 954 qm und einer Gebäudehöhe von deutlich über fünf Meter unterschieden sich wesentlich von den im geplanten Landschutzgebiet bereits vorhandenen Nebenanlagen (meist kleine Holzweideunterstände, die dem vorübergehenden Schutz von Tieren oder der Unterbringung von Ernteerzeugnissen dienten). Wegen Größe und Dimension der geplanten Gebäude könne der Eingriff in das Landschaftsbild auch nicht durch den vorhandenen Baumbestand und die von den Klägern vorgeschlagenen weiteren Anpflanzungen vermieden oder ausgeglichen werden. Auch nach erneuter Abwägung überwiege der angestrebte Schutz des Landschaftsbildes die Interessen der Kläger.

Die Kläger haben am 18. April 2011 Klage erhoben. Zur Begründung tragen sie vor: Es fehle schon an den Tatbestandsvoraussetzungen für die einstweilige Sicherstellung, jedenfalls sei diese unverhältnismäßig und ermessensfehlerhaft. Der angegebene Schutzzweck der Landschaftsgebietsverordnung sei zu unbestimmt. Gemessen am benannten Schutzzweck sei die Gebietsfestlegung widersprüchlich und willkürlich. Jedenfalls ihr Grundstück sei kein besonders wertvoller Landschaftsteil. Der Standort befindet sich nicht im Überschwemmungsgebiet der Hunte, sondern in erhöhter Lage auf den Flächen einer ehemaligen Ziegelei. Zudem seien die Grenzen des Schutzgebietes willkürlich gezogen, da andere Pferdebetriebe in weitaus schützenswerter Lage des Überschwemmungsgebiets (vgl. Pensionspferdehaltung Schröder, Nr. 13 auf Bl. 52 GA) ausgespart würden. Vom ……………. aus in Blickrichtung des klägerischen Grundstücks sei der ansonsten offene Bereich der ………………... bereits durch Wohngebäude am oberen Rand der Abbruchkante geprägt (etwa weißes Wohnhaus auf Lichtbild Nr. 8, Bl. 67 GA). In Funktion und Ausprägung sei ihr Vorhaben mit vorhandenen landwirtschaftlichen Nebengebäuden im Schutzgebiet vergleichbar. Der Beklagte verkenne, dass der angestrebte Schutzzweck des Landschaftsschutzgebietes auch durch das Vorhaben Pferdebetrieb nicht gefährdet werde. Mit vorhandener und weiterer Begrünung lasse sich ein negativer Eingriff in das Landschaftsbild vermeiden. Der Pferdebetrieb nütze im Gegenteil den Schutzzwecken, weil die weiteren landwirtschaftlichen Flächen der Klägerin dienende Funktion hätten und dauerhaft gebietsverträglich genutzt würden. Die Sicherstellung diene in rechtswidriger Weise der politisch von Seiten der Stadt Wildeshausen gewollten Verhinderung der Erteilung einer Baugenehmigung für das Vorhaben Pferdebetrieb, die anderweitig nicht zu verhindern wäre. Dies zeige sich deutlich am Verfahrensablauf. Sie hätten auf Erteilung der Baugenehmigung vertrauen dürfen, zumal diverse Vorgespräche im Genehmigungsverfahren mit dem Ziel geführt worden seien, Hindernisse auszuräumen, und Genehmigungsreife beständen habe. Gleichwohl habe der Beklagte die Verhinderungsbestrebungen der Stadt Wildeshausen unterstützt.

Die Kläger beantragen,

die Sicherstellungsanordnung des Beklagten vom 3. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. März 2011 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er erwidert ergänzend: Die vorläufige Grenzziehung des Landschaftsschutzgebiets (vgl. Bl. 44 GA) folge nicht nur im Osten der Abbruchkante des Urstromtals der Hunte in Höhe des ……………………., sondern im Nordosten dem Bebauungsplan Nr. …. der Stadt Wildeshausen. Dessen angrenzend festgesetzte nicht überbaubare Fläche entspreche den Schutzzwecken der geplanten Schutzgebietsverordnung. Die im Westen ausgesparten Flächen eines Pferdebetriebs (Nr. 13 auf Bl. 52 GA) seien wegen der vorhandenen Nutzung bislang nicht mit einbezogen worden. Eine Einbeziehung werde abschließend im Verordnungsverfahren geprüft. Wohngebäude am oberen Rand der östlichen Abbruchkante (etwa das weiße Wohnhaus auf Lichtbild Nr. 8, Bl. 67 GA) gehörten landschaftlich nicht mehr zum geschützten Bereich, sondern seien topografisch deutlich abgesetzt. Gegen mit dem angestrebten Landschaftsschutz kollidierende landwirtschaftliche Nutzung (etwa Maisanbau) oder Bebauung innerhalb des geplanten Schutzgebiets werde eingeschritten. Das sichergestellte Flurstück befinde sich zudem nicht im östlichen Grenzbereich, sondern in zentraler Lage der ……………….... Eine umragende Begrünung des geplanten Pferdebetriebs würde die großen Gebäude allenfalls in der Vegetationsperiode verdecken. Auch die mit ihm verbundenen zusätzlichen Verkehre beeinträchtigten die Schutzzwecke. Bei der behaupteten Genehmigungsreife des Bauantrags sei zu berücksichtigen, dass die Bescheinigung zum Nachweis der landwirtschaftlichen Privilegierung des Außenbereichvorhabens der Landwirtschaftskammer erst im August 2010 erstellt worden sei und sich bislang als nicht belastbar erwiesen habe und zudem das Ergebnis der Bodenuntersuchung, ein ausreichender Anpflanzungsplan und das (ersetzbare) Einvernehmen der Stadt Wildeshausen gefehlt hätten.

Im Hinblick auf das schwebende Klageverfahren hat der Beklagte das Verfahren zur Festsetzung des Landschaftsschutzgebietes "………………..." mit dem Ziel ausgesetzt, mögliche gerichtliche Beanstandungen und Anregungen im Rahmen der Rechtssetzung berücksichtigen zu können.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Gerichtsakten 4 B 3302/10 und 4 A 3034/12 sowie der vorgelegten Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die einstweilige Sicherstellung des Außenbereichsgrundstücks durch Anordnung des Beklagten vom 3. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. März 2011 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist die Kammer zunächst auf die zutreffenden Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden (Feststellung gemäß § 117 Abs. 5 VwGO). Darin ist der Beklagte von der einschlägigen Rechtsgrundlage in § 22 Abs. 3 des Bundesnaturschutzgesetzes - BNatSchG - vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2542) i.V.m. § 14 Abs. 8 Nr. 1 des Nds. Ausführungsgesetzes zum Bundesnaturschutzgesetz - NAGBNatSchG - vom 19. Februar 2010 (Nds. GVBl. S. 104) ausgegangen. Ferner hat er sich an der einschlägigen Rechtsprechung des Nds. Oberverwaltungsgerichts (Beschluss vom 30. Oktober 2009 - 4 MN 346/08 - juris) zu den im Wesentlichen identischen Vorläufervorschriften orientiert, wonach eine naturschutzrechtliche einstweilige Sicherstellung nur dann materiell rechtmäßig ist, wenn der Verordnungsgeber den Erlass einer Schutzgebiets-Verordnung beabsichtigt, das sichergestellte Schutzobjekt für die Unterschutzstellung in der beabsichtigten Schutzkategorie voraussichtlich in Betracht kommt, erhebliche Gefährdungen des Schutzzwecks zu befürchten sind und die in der Sicherstellungsverordnung angeordneten Verbote erforderlich sind, um diese erheblichen Gefährdungen abzuwenden. Hiervon ausgehend hat der Beklagte ohne Rechtsfehler die Tatbestandsvoraussetzungen für eine einstweilige Sicherstellung des Flurstücks …. der Flur …. der Gemarkung Wildeshausen angenommen und insbesondere das Bebauungsverbot in Nr. 2 für u.a. Ställe sowie Reithallen verhältnismäßig und ermessensfehlerfrei verfügt. Ergänzend ist Folgendes auszuführen:

Zum Zeitpunkt des Erlasses der einstweiligen Sicherstellung - und auch heute - beabsichtigte der Beklagte den Erlass einer Schutzgebiets-Verordnung nach §§ 22 Abs. 1, 26 Abs. 1 BNatSchG i.V.m. §§ 14 Abs. 8 Satz 1, 19 NAGBNatSchG, nämlich der Verordnung OL 65 über das Landschaftsschutzgebiet "………………...", und hat entsprechende Vorarbeiten (u.a. eine flächenmäßige Darstellung, vgl. Bl. 44 GA) geleistet. Er verfolgt sein Ziel auch weiter. Lediglich im Hinblick auf das schwebende Klageverfahren hat er das Festsetzungsverfahren mit dem Ziel ausgesetzt, mögliche gerichtliche Beanstandungen und Anregungen im Rahmen der Rechtssetzung berücksichtigen zu können.

Sein Ziel, ein einzelnes Grundstück vor drohenden zwischenzeitlichen Gefährdungen zu schützen, durfte der Beklagte hier durch einstweilige Sicherstellung in Form eines Verwaltungsakts (§ 14 Abs. 8 Satz 1, 2. Halbsatz NAGBNatSchG) verfolgen.

Zutreffend hat der Beklagte ferner angenommen, dass das sichergestellte Flurstück … als Schutzobjekt der beabsichtigten Landschaftsschutzgebietsverordnung voraussichtlich in Betracht kommt. Dass die Voraussetzungen für eine Unterschutzstellung nach § 26 BNatSchG i.V.m. § 19 NAGBNatSchG erfüllt sind, insbesondere die Schutzwürdigkeit des betreffenden Landschaftsteils und die Erforderlichkeit seiner Unterschutzstellung bereits abschließend feststehen, und es nach dem Ergebnis der gebotenen Abwägung zwischen den Interessen des Natur- und Landschaftsschutzes einerseits und den gegenläufigen, insbesondere Eigentümerinteressen andererseits wirklich zu der geplanten Unterschutzstellung kommen wird, ist nicht Rechtmäßigkeitsvoraussetzung der einstweiligen Sicherstellung (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 30. Oktober 2009 - 4 MN 346/08 - juris Rn. 50 m.w.N.). Vielmehr ist es ausreichend, dass zumindest nach überschlägiger fachlicher Einschätzung der sichergestellte Bereich für eine endgültige Unterschutzstellung in Betracht kommt (Appel, in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2011, § 22 Rn. 66 m.w.N.). Auch hiervon zutreffend ausgehend hat der Beklagte mehrere gesetzlich vorgezeichnete Schutzzwecke bezeichnet, die in ihrer Zusammenschau den Erhalt des unverbauten Charakters der in der ………………... vorhandenen wertvollen und großflächigen Grünlandstruktur sowie die Vermeidung einer Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch bauliche Anlagen erfordern. So beruft er sich unter Hinweis auf bestandsbedrohte Wiesenvogelarten (z.B. Wiesenpieper), schützenswerte Pflanzen (Gelbe Wiesenraute an den Grabenrändern, Weidelgrasweiden, größere zusammenhängende Sumpfdotterblumenwiesen), besonders geschützte Feuchtbiotope vor dem Talrand im Nordosten und die Funktion von Teilflächen als natürliches Überschwemmungsgebiet der Hunte auf die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts (§ 26 Abs. 1 Nr. 1, Alt. 1 BNatSchG) und den Schutz von Lebensstätten und -räumen wild lebender Tier- und Pflanzenarten (§ 26 Abs. 1 Nr. 1, Alt. 3 BNatSchG). Unter Hinweis auf den urtümlichen Niederungscharakter mit großflächigen überwiegend unbebauten Grünlandarealen bezieht er sich zudem auf den Schutzzweck Eigenart und Schönheit der Landschaft (§ 26 Abs. 1 Nr. 2, Alt. 1 BNatSchG). Ferner bezieht er sich unter Hinweis auf die seit Alters her lebenssichernde Funktion des stadtnahen Grünlandbereichs auf die kulturhistorische Bedeutung der Landschaft (§ 26 Abs. 1 Nr. 2, Alt. 2 BNatSchG). Schließlich zielt er mit Blick auf die stadtnahe Lage, die fußläufige Verbindung zur Burgwiese im Norden und die südlich angrenzenden Landschaftsschutzgebiete "………………", "……………." und "………………………." auf den Schutzzweck Erholung (§ 26 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG). Bei der beanstandeten Einbeziehung ihres Flurstücks 92 verkennen die Kläger, dass die zuständige Naturschutzbehörde auf mehrere Schutzzwecke abstellen darf und deren Ausprägung nicht gleichmäßig in allen Teilen des beabsichtigten Schutzgebietes vorliegen müssen (vgl. Appel, a.a.O. § 26 Rn. 11 m.w.N.). Zudem kommt dem Verordnungsgeber bei der Abgrenzung von Landschaftsschutzgebieten ein weites Gestaltungsermessen zu, das umfasst, ggf. auch Randzonen oder Pufferzonen, die im Wesentlichen noch die Merkmale aufweisen, die den geschützten Bereich im Übrigen schutzwürdig machen, einzubeziehen (vgl. Nds. OVG, a.a.O. Rn. 61; Appel, a.a.O. Rn. 10). Gemessen an diesem Maßstab ist die Einbeziehung des klägerischen Grundstücks in das Landschaftsschutzgebiet nicht zu beanstanden.

Vor dem Hintergrund der benannten Schutzzwecke kommt die Einbeziehung des klägerischen Grundstücks in das nun geplante Landschaftsschutzgebiet aller Voraussicht nach in Betracht; dies ist nach den älteren planerischen Festlegungen keineswegs überraschend für die Kläger. Insoweit verweist der Beklagte zutreffend darauf, dass es sich nicht um eine Fläche im östlichen Randbereich des geplanten Landschaftsschutzgebietes handelt, sondern sie zum Kernbereich der schützenswerten Marschlandschaft gehört. Dieser wird bereits im Landschaftsrahmenplan 1995 des Beklagten für den Bereich ……….. "………………..." als besonders schützenswert ausgewiesen. Auch der Flächennutzungsplan der Stadt Wildeshausen stellt ihn als Fläche für die Landwirtschaft, geplantes Landschaftsschutzgebiet sowie Fläche für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege sowie zur Entwicklung von Natur und Landschaft dar. Die Festlegung der östlichen Grenze des geplanten Landschaftsschutzgebietes orientiert sich im Wesentlichen an vorgefundenen topographischen Begebenheiten, nämlich der Abbruchkante des Ursprungtals der Hunte. Es erscheint keineswegs sachwidrig oder gar willkürlich, wenn der Beklagte eine andere
- weiter westliche - Grenzziehung unter Hinweis darauf ablehnt, dass sich die Höhenlinie für den Überschwemmungsbereich der Hunte nicht eindeutig im Gelände festlegen lasse und - über den Schutz des Überschwemmungsgebiets hinaus - weitere plausible Schutzzwecke für die Einbeziehung des Grundstücks der Kläger sowie anderer östlich gelegener Flächen sprechen. Im Nordosten orientiert sich die Grenzziehung an dem unmittelbar angrenzenden Bebauungsplan Nr. ….. der Stadt Wildeshausen, dessen Festsetzung nicht überbaubarer Flächen im dort unmittelbar angrenzenden Bereich offenbar ähnlichen Schutzzwecken dient, sodass eine Einbeziehung in das Landschaftsschutzgebiet nicht geboten war. Selbst aus etwa fehlerhaft im Westen vom geplanten Landschaftsschutzgebiet ausgesparten Flächen eines Pferdebetriebs (Nr. 13 auf Blatt 52 GA) könnten die Kläger hier keine rechtlichen Vorteile im Hinblick auf die Einbeziehung ihres Grundstücks ziehen, zumal die Schutzzwecke der Gebietsausweisung für ihr Grundstücks einschlägig sind. Im Übrigen weist der Beklagte diesbezüglich darauf hin, dass über eine Einbeziehung der dortigen Flächen abschließend erst im Verordnungsverfahren entschieden werde. Immerhin unterscheiden sich die Tatbestände auch durch den Bestandsschutz des dort bereits realisierten Pferdebetriebs. Dass in Einzelfällen Wohngebäude am oberen Rand der östlichen Abbruchkante (etwas das weiße Wohnhaus auf den Lichtbildern zu Nr. 8, Blatt 67 GA) optisch in das geplante Landschaftsschutzgebiet hinein wirken, relativiert die unzweifelhaft für das klägerische Grundstück einschlägigen Schutzzwecke nicht. Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, dass die Gebäude auf der Abbruchkante landschaftlich nicht mehr zum geschützten Bereich gehören und sich topographisch hinreichend deutlich absetzen.

Des Weiteren ist der Beklagte zutreffend von einer erheblichen Gefährdung der benannten Schutzzwecke ausgegangen. Eine Gefährdung des Schutzzwecks liegt vor, wenn eine hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass es zu Handlungen kommen wird, die das Schutzobjekt beeinträchtigen können (vgl. Nds. OVG, a.a.O., Rdnr. 65). Die Erheblichkeit der Gefährdung ist anhand der Bedeutung des Schutzobjektes und der Folgen absehbarer Schädigungshandlungen und des Grades der Wahrscheinlichkeit der Beeinträchtigung des Schutzobjektes zu ermitteln (vgl. Nds. OVG, a.a.O., Rdnr. 66). Die Kläger beantragen und erstreben eine Baugenehmigung für einen Offenstall sowie eine Bewegungs-/Reithalle für den beabsichtigten Aufbau einer Pferdezucht und den Betrieb einer Pferdepension auf dem streitigen Flurstück. Zudem haben sie Ende Oktober 2010 dort Ausschachtungsarbeiten für Fundamente veranlasst, die in den Dimensionen zu dem geplanten Offenstall passen. Diese Bauvorhaben und der nachfolgende Pferdebetrieb beeinträchtigen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Schutzzwecke, die eine (weitgehend) naturbelassene und unverbaute Landschaft erfordern. Die Schutzzwecke werden nicht nur durch die neuen sowie in ihren Dimensionen besonders störenden Bauten, sondern auch durch die mit dem späteren Pferdebetrieb verbundenen zusätzlichen Verkehre sowie die negative Vorbildwirkung erheblich beeinträchtigt.

Das in Nr. 2 der Sicherstellungsanordnung geregelte Bauverbot für u.a. Ställe und Reithallen ist nicht nur geeignet, diese Gefährdungen abzuwenden, sondern auch erforderlich und angemessen. Verbotsregelungen einer einstweiligen Sicherstellung müssen den allgemeinen Anforderungen an die Bestimmtheit genügen und dürfen nicht erkennbar mehr anordnen, als mit einer endgültigen Verbotsregelung erreicht werden kann, sowie nicht weiter gehen, als es der angestrebte Schutzzweck erfordert (Nds. OVG, a.a.O., Rdnr. 68). Dies ist hier der Fall. Über die in Nr. 3 der Sicherstellungsanordnung vorgesehene Ausnahmemöglichkeit ist sichergestellt, dass auch künftig die Errichtung notwendiger Nebenanlagen zur Grünlandbewirtschaftung realisierbar ist. Insofern wird auch die Gleichbehandlung im Hinblick auf bereits im Kerngebiet der Marschlandschaft vorhandene Bauten dieser Art gewahrt. Hingegen ist die von den Klägern vorgeschlagene Einrahmung der geplanten Neubauten durch vorhandene sowie ggf. neu zu schaffende Begrünung kein gleich geeignetes Mittel zur Erreichung des angestrebten Schutzzwecks. Eine umragende Begrünung des geplanten Pferdebetriebs verdeckt die im Vergleich zu den sonst überwiegend vorhandenen landwirtschaftlichen Nebengebäuden große Gebäude allenfalls in der Vegetationsperiode. Schutz gegen die mit dem Pferdebetrieb verbundenen zusätzlichen Verkehre bietet sie nicht. Ebenso wenig löst sie das Problem der negativen Vorbildwirkung. Schließlich ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsabwägung im engeren Sinne dem angestrebten Landschaftsschutz den Vorrang vor den Interessen der Kläger eingeräumt hat. Keineswegs hat er dabei deren auch grundrechtlich geschützten Belange (Eigentumsschutz und Gleichbehandlung) unberücksichtigt gelassen. Insoweit ist bedeutsam, dass das Grundstück der Kläger seit längerem situationsbedingt Nutzungseinschränkungen aus Gründen des Natur- und Landschaftsschutzes unterliegt, wie aus dem Landschaftsrahmenplan 1995 des Beklagten oder dem Flächennutzungsplan der Stadt Wildeshausen ersichtlich war. Zudem erstreben die Kläger erst die künftige Aufnahme eines Pferdebetriebs und nicht etwa den Ausbau und die Erweiterung einer solchen, seit längerem vorhandenen Nutzung. Aufgrund der Größe der Neubauten und ihrer Nutzung unterscheidet sich das Vorhaben wesentlich von den im übrigen Kernbereich des geplanten Landschaftsschutzgebietes befindlichen Nebenanlagen zur Grünlandbewirtschaftung. Hinreichend tragfähige Unterschiede gibt es auch im Vergleich zu sonstigen benannten Bauten im Randbereich des Landschaftsschutzgebietes bzw. zu dem bislang ausgesparten Flächen des westlichen gelegenen Pferdebetriebs. Im Übrigen hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung glaubhaft versichert, dass er gegen mit dem angestrebten Landschaftsschutz kollidierende Bebauung innerhalb des geplanten Schutzgebiets nach Möglichkeit einschreitet.

Schließlich finden sich auch keine nach § 114 Satz 1 VwGO bedeutsamen Ermessensfehler. Dies gilt auch hinsichtlich des Verfahrensablaufs und der Auffassung der Kläger, die Sicherstellung diene in rechtswidriger Weise allein der politisch von Seiten der Stadt Wildeshausen gewollten Verhinderung einer Baugenehmigung für den beantragten künftigen Pferdebetrieb. Die Kläger verkennen, dass die einstweilige Sicherstellung nach § 22 Abs. 3 BNatSchG gerade dazu dient, im Vorfeld eines längere Zeit in Anspruch nehmenden Verfahrens auf Festsetzung von Landschaftsschutzgebieten absehbare Schädigungshandlungen zu unterbinden, die sich bereits mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit abzeichnen. Solchen Anordnungen ist daher ein akuter Interessenkonflikt und ein konkurrierter Verfahrenslauf immanent. Dass derartige künftige Nutzungswünsche mit der bestehenden Schutzwürdigkeit von Natur- und Landschaft auf ihrem Grundstück kollidieren könnte, war auch für die Kläger durch entsprechende Festsetzungen im Landschaftsrahmenplan und Flächennutzungsplan erkennbar. Was die behauptete Genehmigungsreife ihres Bauantrags betrifft, ist zu berücksichtigen, dass die Bescheinigung zum erforderlichen Nachweis der landwirtschaftlichen Privilegierung des Außenbereichvorhabens der Landwirtschaftskammer Niedersachsen erst unter dem 26. August 2010 spezifiziert erstellt wurde und sich in dieser Form - nach Auffassung der Verwaltungsgerichte im vorläufigen Rechtsschutz (Beschluss der 4. Kammer vom 5. Januar 2011 - 4 B 3302/10 -, bestätigt durch Beschluss des Nds. OVG vom 25. Mai 2011 - 1 ME 18/11 -) - bislang als nicht belastbar erwiesen hat. Auch daran zeigt sich, dass die Erteilung einer Baugenehmigung für das Vorhaben Pferdebetrieb keineswegs als Selbstverständlichkeit angesehen werden durfte.