Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 20.09.2018, Az.: 11 K 267/17
Steuerrechtliches Verwertungsverbot hinsichtlich eines im Rahmen einer strafprozessualen Durchsuchungsmaßnahme sichergestellten Notizbuchs; Rechtswidrige Durchsicht von Unterlagen
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 20.09.2018
- Aktenzeichen
- 11 K 267/17
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2018, 73678
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlage
- Art. 13 GG
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten zunächst, ob ein im Rahmen einer strafprozessualen Durchsuchungsmaßnahme sichergestelltes Notizbuch der Klägerin einem steuerrechtlichen Verwertungsverbot unterliegt. Weiterhin streiten die Beteiligten um die Höhe der im Streitjahr 2008 erzielten Einnahmen der Klägerin aus nichtelbständiger Arbeit.
Die Klägerin wurde 1983 in D in Serbien geboren. Als Schülerin lebte sie mit ihren Eltern und Geschwistern in L im Kreis U. In diesem Ort befand sich auch das Gasthaus S, xxxstr. 4, das zur damaligen Zeit von den Eheleuten J und B S betrieben wurde. Schon als Schülerin war sie für die Eheleute S im Garten und bei der Kinderbetreuung tätig. Es entwickelte sich eine enge Freundschaft. Später verbrachte sie dann nahezu täglich ihre Freizeit in der Gaststätte oder bei der Familie. Auf eigenen Wunsch wurde sie als feste Arbeitskraft in der Küche oder als Kellnerin nahezu täglich eingeplant. Die Gaststätte hat grundsätzlich montags und dienstags geschlossen, auf Nachfrage aber auch an diesen Tagen geöffnet.
Die Klägerin war mit Hauptwohnsitz in der Zeit vom 1. Januar 2014 bis 19. Juli 2006 in S, xxx Straße xxx, vom 20. Juli 2006 bis 29. März 2009 in U, xxxstr. xxx, vom 30. März 2009 bis 27. August 2012 in U, xxxstr. xxx und ab 28. August 2012 in U, xxxstr. xxx gemeldet. Die Klägerin hatte mit notariell beurkundetem Vertrag vom xxx 2013 ein Wohnhaus mit einem Kaufpreis von 170.000 € erworben. Bis Juli 2006 hatte sie eine Ausbildung zur Autoverkäuferin im xxx in U absolviert. Seit Juli 2006 arbeitete sie beim Autohaus K in U. Ihr Bruttoarbeitslohn steigerte sich in den Jahren 2005 bis 2008 von etwa 7.000 € auf zuletzt 33.000 €. Bis einschließlich 2004 wurde die Klägerin beim Finanzamt S unter der StNr. xxx geführt, danach bei keinem Finanzamt mehr.
Im Jahr 2010 leitete das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen L (FAFuSt) gegen den Bruder der Klägerin A ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Steuerverkürzung im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Pizza-Lieferservices ein (Az: xxx). Der Bruder war zu dieser Zeit in U, xxxstr. xxx unter einer gemeinsamen Wohnanschrift gemeldet. Auf Antrag des FAFuSt erließ das Amtsgericht L gegen den Bruder als Beschuldigten einen Durchsuchungsbeschluss nach §§ 102, 105 StPO, der auch die Wohnung xxxstr. xxx betraf.
Im Rahmen der Durchsuchung am xxx 2010 um 15.15 Uhr klärte der Bruder die durchsuchenden Beamten darüber auf, dass es sich bei den Räumlichkeiten um die Wohnung der Klägerin handele und er selbst nur ein Zimmer bewohne. Ungeachtet dieser Angaben durchsuchten die Beamten neben dem von dem Bruder bewohnten Zimmer auch die übrigen Räumlichkeiten. In einem Kleiderschrank in einem Schlafzimmer fanden die Beamten ein Notizbuch mit handschriftlichen Aufzeichnungen von Einnahmen unter Ausweis von Arbeitsstunden und des erhaltenen Trinkgelds, durchgängig und sorgfältig gegliedert nach Tagen, Monaten und Jahren. In einem als Abstellraum genutzten weiteren Raum entdecken sie Leitzordner mit Kontounterlagen der Klägerin. Der Bruder erklärte vor Ort hierzu, es handele sich insgesamt um Unterlagen der Klägerin. Die vorgefundenen Beweismittel wurden während der Durchsuchung dem Verfahren gegen den Bruder zugeordnet.
Am xxx 2010 führte die Fahndungsprüferin des FAFuSt mit der Klägerin ein Telefonat. Dabei erklärte sie, es handele sich bei den handschriftlichen Aufzeichnungen um die Einnahmen aus ihrer Arbeitsstätte und ihrem Nebenjob. Sie arbeite neben der Arbeit bei dem Autohaus auf Stundenbasis im Gasthaus Schröder in Linden. Nach dem Telefonat nahm die Fahndungsprüferin erstmals einen Einblick in die sichergestellten Unterlagen. Es ergaben sich folgende jährlichen Werte:
2004 | 2005 | 2006 | 2007 | 2008 | |
---|---|---|---|---|---|
Nebenjob | 15.136 € | 18.934 € | 15.891 € | 13.025 € | 17.275 € |
Gehalt | 9.368 € | 13.316 € | 16.773 € | ||
Zinsen | 1.038 € | 2.469 € |
Aus den Zusammenstellungen des Notizbuchs traf die Fahndungsprüferin folgende Feststellungen:
- Die Eintragungen seien täglich mit Stunden und Beträgen geführt und dann monatlich summiert worden.
- Jeweils zum Jahresende seien Gesamtsummen trennt nach "Gehalt", "Nebenjob" und "Zinsen" gezogen worden.
- Montags und dienstags seien nur äußerst selten Eintragungen vorhanden.
- Samstags und sonntags seien regelmäßig Arbeitsstunden von über zehn Stunden vermerkt worden.
- Unter der Woche seien überwiegend Eintragungen mit vier bis sechs Stunden erfolgt.
Unter Berücksichtigung einer Elster-Abfrage ergab sich, dass für den Nebenjob der Klägerin keine Lohnsteuerabzugsbeträge angemeldet und abgeführt worden waren. Die Einnahmen laut Notizbuch lagen monatlich weit über 400 €. Nach Probeberechnungen unter Berücksichtigung der Einnahmen aus der Beschäftigung beim Autohaus ergaben sich Einkommensteuerfestsetzungen. Am xxx 2010 leitete das FAFuSt gegen die Klägerin ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Hinterziehung von Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag für die Jahre 2004 bis 2008 ein (Az: xxx). Die bereits im Verfahren xxx sichergestellten Beweismittel wurden als Zufallsfunde im Verfahren gegen die Klägerin per richterlichem Beschluss nach § 108 Strafprozessordnung (StPO) beschlagnahmt. Mit Schreiben vom xxx 2010 wurde die Klägerin über die Einleitung des Ermittlungsverfahrens informiert. Sie machte von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch.
Im weiteren Verlauf führte das FAFuSt Ermittlungen bei den Bankinstituten durch, mit denen die Klägerin Geschäftsbeziehungen im Ermittlungszeitraum unterhalten hatte. Auf einem Girokonto bei der S-Bank mit der Girokontonummer xxx waren ab September 2006 folgende Bareinzahlungen geleistet worden:
Jahr | Summe der Bareinzahlungen | Kontostand zum 31.12. des Jahres |
---|---|---|
2006 | 21.100 € | Etwa 22.000 € |
2007 | 26.050 € | |
2008 | 29.985 € | |
2009 | 51.070 € | Etwa 124.000 € |
Mit Verfügung vom xxx 2012 erweiterte das FAFuSt das strafrechtliche Ermittlungsverfahren auch auf die Einkommensteuer und den Solidaritätszuschlag für 2009 und 2010. Diese Erweiterung wurde der Klägerin am xxx 2012 bekanntgegeben.
Der von der Klägerin mandatierte Rechtsanwalt W führte zu den ihm vorgelegten Abschriften des Notizbuchs und der Kontoauszüge mit Schreiben vom xxx 2012 aus, sie sei nur aushilfsweise und geringfügig beschäftigt gewesen bei Herrn S. Die sich aus den Kontoauszügen für die Jahre 2006 bis 2009 ergebenden Bareinzahlungen beruhten nur zu geringem Teil auf den geringen Einnahmen aus ihrem Nebenjob zuzüglich Trinkgeldern von jährlich etwa 1.000 € bis 1.200 €. Wesentliche Bareinzahlungen stammten von Familienangehörigen, die ihr regelmäßig aus den unterschiedlichsten Gründen Gelder treuhänderisch überlassen hätten, insbesondere für Fahrzeuggeschäfte, die sie wegen der ihr von ihrem Arbeitgeber eingeräumten Sonderkonditionen habe fördern können. Für das Streitjahr sei auf eine Auszahlung zugunsten der Rechtsanwältin A in eigener Sache am xxx. März und die Erstattung von Auslagen durch den Vater am xxx. November und xxx. Dezember 2008 hinzuweisen. Am xxx 2013 führte W ergänzend aus, dass in dem Notizbuch tatsächlich Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit aufgezeichnet worden seien, wobei bei den Nebeneinkünften auch solche erfasst worden seien, die die Brüder der Klägerin E und A als Helfer in der Gastronomie beträfen. Die Klägerin habe es übernommen, das Familieneinkommen aufzuzeichnen, was ihre beiden Brüder bezeugen könnten. Dieses Verfahren sei zwar ungewöhnlich. Die Klägerin habe aber wegen ihrer Arbeitsbelastung als Angestellte der Autofirma die ihr zugeschriebenen Arbeitszeiten gar nicht erbringen können. Zudem habe sie sich in den Jahren 2004, 2007 und 2008 im Urlaub befunden, was Angehörige bezeugen könnten.
Die Fahndungsprüferin führte am xxx 2013 Ermittlungen beim Arbeitgeber der Klägerin durch. Die Verkäufer dort hätten keine festen Arbeitszeiten, es werde keine Zeiterfassung durchgeführt. Die Verkäufer würden nach Erfolg bezahlt und hätten somit ein Interesse, pro Woche auch einmal 60 Stunden zu arbeiten. An drei von vier Samstagen sei jeder Verkäufer in der Regel anwesend. Über die Arbeitszeiten der Klägerin konnten keine Angaben gemacht werden. Sie gehöre aber zu den besten Verkäufern im Haus. Am xxx 2013 wurde B als Zeugin vom FAFuSt vernommen. Sie selbst sei in den Jahren als Vollzeitkraft in der Gaststätte beschäftigt gewesen. Die Klägerin sei täglich in der Gaststätte gewesen, auch die als Reinigungskraft beschäftigte M könne dies bezeugen. Grundlage ihrer Tätigkeit seien Arbeitsverträge auf 400 €-Basis gewesen. Ab 2007 oder 2008 sei der Umfang der Beschäftigung angestiegen, weil die Zeugin aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr habe in der Gaststätte arbeiten können. Von mittwochs bis freitags sei sie spätestens ab 19 Uhr im Betrieb gewesen, an Wochenenden am mittags. Abends sei ihre Tätigkeit in der Regel bis 22 oder 23 Uhr gelaufen, an den Wochenenden oder bei Veranstaltungen "open end". An Wochenenden seien tägliche Arbeitszeiten von 10 Stunden gar nichts gewesen. Der Stundenlohn habe anfangs 6 € betragen, ab etwa 2008 wegen ihrer Fähigkeiten 8,50 €. Trinkgelder habe sie an Samstagen in Höhe von etwa 20 € erhalten. Das Geld habe sie in bar erhalten. Im Hauptjob habe sie um 8.00 Uhr angefangen und bis 18.30 Uhr gearbeitet. Als Lehrling sei ihr Arbeit schon um 17 Uhr beendet gewesen. Gegen 18.45 Uhr habe sie dann in der Gaststätte angefangen. Samstags sei gewechselt worden, Arbeitsbeginn sei entweder um 12.15 Uhr oder 16.15 Uhr gewesen. Sie habe etwa alle drei Wochen samstags lange gearbeitet.
Unter Berücksichtigung dieser Zeugenaussagen, der vorgelegten Kontoauszüge und der finanziellen Situation der Klägerin betrachtete die Fahndungsprüferin die Behauptungen der Klägerin als widerlegt. Den Angaben zum Urlaub im Ausland stünden Bareinzahlungen auf dem Girokonto während dieser Zeiten entgegen. Die die Notizen übersteigenden Bareinzahlungen könnten durchaus von ihren Angehörigen stammen. Allerdings handele es sich dabei um durchlaufende Posten, die den Vermögenszuwachs um 78.350 € nicht erklären könnten. 57.000 € habe sie durch ihre Tätigkeit als Verkäuferin netto verdienst, 21.000 € rechnerisch noch darüber hinaus gespart, wobei dann allerdings kein Lebensunterhalt bestritten hätte werden können. Addiere man dagegen die Einnahmen 2007 bis 2009 aus dem Notizbuch mit 48.000 €, verblieben zur Bestreitung eines sparsamen Lebenswandelns für drei Jahre 27.000 € oder pro Monat 750 €. Das sei plausibel. Wegen der weiteren Einzelheiten der Bewertung durch das FAFuSt wird auf den Fahndungsbericht vom xxx 2014 zum Aktenzeichen xxx verwiesen.
Der Beklagte erließ am xxx 2014 für das Streitjahr einen Einkommensteuerbescheid auf der Grundlage geschätzter Besteuerungsgrundlagen. Dabei berücksichtigte er bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit neben dem Arbeitslohn aus der Beschäftigung als Verkäuferin von 32.900 € auch weitere Einnahmen 13.650 € nach dem Notizbuch. Zinsen wurden in Höhe von 2.470 € angesetzt.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am xxx 2014 Einspruch. Im Rahmen einer Besprechung an Amts Stelle erklärte die Klägerin am xxx 2014, sie habe im Notizbuch die Arbeitszeiten ihrer Brüder und von sich gemeinsam aufgelistet. Ihr Geld und das Geld ihrer Brüder seien addiert worden. Sie habe für ihre Brüder zu. B Autos gekauft und deshalb Geld erhalten. Weshalb sie das Geld dann in Stunden aufgezeichnet habe, konnte sie nicht erklären. Zu dem Problem der hohen Bargeldeinzahlungen nahm die Klägerin keine Stellung. Ab 2007 sei sie freitags immer bis 18.30 Uhr im Autohaus gewesen, nachweisen könne sie dies aber nicht.
Mit Schreiben vom xxx 2014 konkretisierte die Klägerin ihre Einwände gegen die Annahmen des Beklagten. Für 2008 könne sie die Richtigkeit ihrer Aufzeichnungen für 24 Tage anzweifeln. Der Arbeitgeber der Klägerin (Autohaus K) erklärte in einem Schreiben an den Beklagten vom xxx 2014, die Klägerin habe ab 2006 eine Betätigung als Verkäuferin aufgenommen, die werktägliche Arbeitszeit beginne um 8 Uhr und ende um 18.30 Uhr. Samstagsdienste dauerten von 9 Uhr bis 12 Uhr. Bei Sonderveranstaltungen am Samstag oder Sonntag beginne der Arbeitstag um 9 Uhr und ende um 17 Uhr.
Die Fahndungsprüferin führte hierzu am xxx 2015 aus, bei den Einwänden hinsichtlich bestimmter Einzeltage handele es sich um erstmaliges Vorbringen, das im Übrigen weder plausibilisiert noch nachgewiesen werde.
Das Amtsgericht Lüneburg stellte das Ermittlungsverfahren gegen die Klägerin am xxx 2016 nach § 153 a Abs. 2 StPO ein, nachdem eine Geldauflage von 6.000 € gezahlt worden war.
Mit Schreiben vom xxx 2016 meldete sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin im Einspruchsverfahren gegenüber dem Beklagten. Ergänzend zu dem bisherigen Vorbringen wie er auf den Beschluss des Landgerichts Lüneburg vom 30. Mai 2016 33 Qc 10/16 hin. Dort war in einem Parallelverfahren die Ansicht vertreten worden, die Durchsuchung am xxx 2010 sei rechtswidrig. Die Anordnung nach §§ 102, 105 StPO habe nicht die Befugnis enthalten, Räumlichkeiten der Klägerin zu durchsuchen. Der Bruder der Klägerin habe die Beamten auch darauf aufmerksam gemacht, dass es sich z. B. bei dem Schlafzimmer um das der Klägerin gehandelt habe. Die vorgefundenen Unterlagen (Kontoauszüge) seien auch offensichtlich der Klägerin zuzurechnen. Der Verstoß sei schwerwiegend und führe zu einem Verwertungsverbot. Die Beamten hätten ohne Weiteres durch Rücksprache bei der Staatsanwaltschaft einen ausreichenden Durchsuchungsbeschluss erlangen können. Rechtlich hätten die Voraussetzungen des § 103 StPO aber auch nicht vorgelegen. Da die zugrundeliegende Durchsuchung rechtswidrig sei, habe das Notizbuch auch nicht als Zufallsfund gemäß § 108 StPO beschlagnahmt werden können. Auch im Besteuerungsverfahren sei das Verwertungsverbot zu beachten.
Das FAFuSt erklärte in einer Stellungnahme hierzu, mit dem Durchsuchungsbeschluss sei die Durchsuchung der gesamten Wohnung unter der angegebenen Adresse und zudem aller dem Beschuldigten sonst zugänglichen Räume angeordnet worden. Eingangs der Durchsuchung habe der Bruder zwar behauptet, nur ein Zimmer zu bewohnen. Das Schlafzimmer der Klägerin sei aber nicht abgeschlossen gewesen; der Zutritt des Bruders deshalb auch möglich gewesen. Aufgrund der ausdrücklichen Anordnung im Beschluss hätten die Beamten auch dieses Zimmer durchsuchen müssen, um auszuschließen, dass der Bruder die grundsätzlich für ihn bestehende Möglichkeit genutzt habe, auch in diesem Raum Beweismittel zu verstecken. Die Auffassung des Landgerichts würde dagegen dazu führen, dass Räumlichkeiten schon dann nicht durchsucht werden dürften, wenn der Beschuldigte nur behaupte, diese nicht nutzen zu dürfen.
Der Prozessbevollmächtigte erwiderte hierzu, dass auch nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts in NJW 2016, 1645 [BVerfG 11.01.2016 - 2 BvR 1361/13] bei der Durchsuchung von Räumlichkeiten einer nicht verdächtigen Person konkrete Anhaltspunkte dafürsprechen müssten, dass der gesuchte Beweisgegenstand gefunden werden könne. Dass das Schlafzimmer der Klägerin nicht verschlossen gewesen sei, mache dieses nicht zu einem Zimmer des Bruders. Am xxx 2017 verwies der Prozessbevollmächtigte auch auf ein Urteil des Nds. FG vom 19. Januar 2016 15 K 155/12, DStRE 2017, 912, wonach sich ein qualifiziertes materielles Verwertungsverbot dann ergebe, wenn die Ermittlung der Tatsachen einen verfassungsrechtlich geschützten Bereich des Steuerpflichtigen verletzt habe.
Der Rechtsbehelf blieb erfolglos. Im Einspruchsbescheid vom xxx 2017 führte der Beklagte zur Begründung aus, der Durchsuchungsbeschluss sei seinerzeit nicht angefochten worden und deshalb auch wirksam. In ihm sei auch die Durchsuchung aller dem Beschuldigten sonst zugänglichen Räume angeordnet worden. Die Beamten seien deshalb auch verpflichtet gewesen, dass nicht verschlossene Schlafzimmer der Klägerin zu durchsuchen. Später seien die dort aufgefundenen Beweismittel als Zufallsfunde im Verfahren der Klägerin beschlagnahmt worden, diesen an sie gerichteten Beschluss habe die Klägerin nicht angefochten. Schon aus diesem Grunde sei von der Wirksamkeit dieser Beschlagnahme auszugehen und eine steuerliche Verwertung möglich (Hinweis auf Bundesfinanzhof - BFH -, Beschluss vom 17. Juli 2003 X B 19/03, BFH/NV 2003, 1594 ff.). Ein qualifiziertes materiell-rechtliches Verwertungsverbot könne nur angenommen werden, wenn die Ermittlung der Tatsachen einen verfassungsrechtlich geschützten Bereich des Steuerpflichtigen verletzt habe. Dies sei nicht der Fall.
Die Einlassungen der Klägerin gegen die Auswertung der Notizbücher und Kontoauszüge und die aus ihnen geschlossenen Folgerungen seien nicht plausibel und teilweise ausdrücklich widerlegt.
Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Ergänzend zu ihrem bisherigen Vorbringen weist sie darauf hin, dass die BFH-Entscheidung nur einen Beschluss betreffe. Die Klägerin habe den Durchsuchungsbeschluss nicht anfechten können. Der Umstand, dass die Beamten trotz des Hinweises des Bruders zu den Nutzungsverhältnissen weiter durchsucht hätten, stelle einen krassen Verstoß gegen die Vorschriften der StPO dar. Hilfsweise sei auch darauf hinzuweisen, dass die Klägerin im Einspruchsverfahren die gezogenen Folgerungen aus dem Notizbuch schlüssig in Zweifel gezogen habe. Auch die Angaben der Ex-Frau des Herrn Schröder stünden nicht im Gegensatz zu ihrer Einlassung, dort nur einer geringfügigen Beschäftigung nachgegangen zu sein. Dies könne Herr Schröder, der jetzige Ehemann der Klägerin, auch bezeugen. Ergänzend sei auf § 108 Abs. 1 Satz 3 StPO hinzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
den Einkommensteuerbescheid 2008 vom xxx 2014 in der Fassung des Einspruchsbescheids vom xxx 2017 mit der Maßgabe zu ändern, dass die Steuer ohne Berücksichtigung angeblicher Einnahmen aus der Tätigkeit der Klägerin in der Gaststätte des Herrn Jürgen Schröder sowie ohne Berücksichtigung der festgesetzten Zinsen in Höhe von 1.670 € neu festgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an seiner im Einspruchsbescheid geäußerten Rechtsansicht fest. Ergänzend stellt er nochmals fest, dass die Einwände der Klägerin hinsichtlich ihres Vermögenszuwachses und der Tätigkeit im Betrieb ihres jetzigen Ehemanns das Klagebegehren nicht begründen könnten, was das FAFuSt im Rahmen des Ermittlungsverfahrens und der Beklagte im Einspruchsverfahren ausführlich dargelegt hätten.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der Einkommensteuerbescheid 2008 vom xxx 2014 und der Einspruchsbescheid vom xxx 2017 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin insoweit in ihren Rechten, als die möglicherweise von ihr erzielten Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit in der Gaststätte des Herrn S sowie die aus Kapitalvermögen steuererhöhend berücksichtigt worden sind. Die vom Beklagten herangezogenen Tatsachen und Beweismittel für diese Besteuerungsgrundlagen (Notizbuch und Kontoauszüge der Klägerin) dürfen nicht bei der Steuerfestsetzung berücksichtigt werden, weil sie einem Beweisverwertungsverbot auch für das Besteuerungsverfahren unterliegen.
Ein allgemeines gesetzliches Verwertungsverbot für Tatsachen, die unter Verletzung von Verfahrensvorschriften ermittelt wurden, besteht im Besteuerungsverfahren nicht (vgl. Bundesfinanzhof - BFH -, Urteile vom 25. November 1997 VIII R 4/94, BStBl. II 1998, 461; vom 23. Januar 2002 XI R 10, 11/01, BStBl. II 2002, 328; vom 19. August 2009 I R 106/08, BFH/NV 2010, 5 = Juris Rdnr. 20, jeweils m. w. N.). Der Gesetzgeber wollte die Entwicklung steuerrechtlicher Verwertungsverbote der Rechtsprechung überlassen. Diese Frage kann daher nur anhand des jeweiligen Verfahrensverstoßes beantwortet werden, wobei dem Schutzzweck der verletzten Norm besondere Bedeutung zukommt. In diesem Zusammenhang erachtet die Rechtsprechung es insbesondere für bedeutsam, dass die Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen im Besteuerungsverfahren trotz eines anhängigen Strafverfahrens verfassungsgemäß ist (BFH, Beschluss vom 17. Juli 2003 X B 19/03, BFH/NV 2003, 1594 = Juris Rdnr. 11). Ein derartiges Verwertungsverbot, das auch nicht durch zulässige, erneute Ermittlungsmaßnahmen geheilt werden kann, kommt als Folge einer fehlerhaften Maßnahme nach ständiger Rechtsprechung nur dann in Betracht, wenn die zur Fehlerhaftigkeit der Ermittlungsmaßnahme führenden Verfahrensverstöße schwerwiegend waren oder bewusst oder willkürlich gegangen wurden (BFH, Urteile vom 19. August 2009 I R 106/08, BFH/NV 2010, 5; vom 15. April 2015 VIII R 1/13, wistra 2015, 479 = Juris Rdnr. 41 m. w. N.). Fehlt es an einem derart schwerwiegenden Verfahrensmangel, insbesondere an grundrechtsrelevanten Verstößen einer unmittelbaren Ermittlungsmaßnahme, so ist es bei der gebotenen Abwägung zwischen den Individualinteressen von Steuerpflichtigen, nicht aufgrund verfahrensfehlerhafter Ermittlungsmaßnahmen mit einer materiell-rechtlich an sich zutreffenden Steuer belastet zu werden, und der Pflicht des Staates, eine gesetzmäßige und gleichmäßige Steuerfestsetzung zu gewährleisten, gerechtfertigt, eine Fernwirkung eventueller Verwertungsverbote auf spätere rechtmäßig erlangte Ermittlungsergebnisse zu verneinen (BFH, Urteil vom 15. April 2015 VIII R 1/13, a. a. O., Rdnr. 42).
Im Streitfall ist die Durchsuchung der Räumlichkeiten und der Sachen der Klägerin rechtswidrig erfolgt (1.). Der hierdurch bewirkte Eingriff in das Grundrecht der Klägerin aus Art. 13 Abs. 1 Grundgesetz ist schwerwiegend; zudem wurde er von den Ermittlungsbeamten des FAFuSt zumindest billigend in Kauf genommen (2.). Ein Verwertungsverbot kann im Streitfall auch nicht deshalb verneint werden, weil die Klägerin es versäumt hat, die Rechtswidrigkeit der sie betreffenden Maßnahmen analog § 98 Abs. 2 Satz 2 Strafprozessordnung (StPO) beim zuständigen Amtsgericht feststellen zu lassen (3.).
1. Die der Durchsuchungsmaßnahme des FAFuSt vom xxx 2010 zugrundeliegende richterliche Anordnung beruhte auf §§ 102, 105 StPO, die die Durchsuchung bei Beschuldigten betreffen. Die Klägerin war allerdings zu diesem Zeitpunkt nicht Beschuldigte in dem die Durchsuchung zugrundeliegenden Verfahren. Eine entsprechende Maßnahme wäre bei ihr nur nach § 103 StPO zulässig gewesen, worauf der Beschluss jedoch nicht fußte. Ob die richterliche Anordnung schon deshalb rechtswidrig ist, weil auch der Richter im Vorfeld z. B durch eine Abfrage bei den Meldebehörden hätte ermitteln können, dass die zu durchsuchende Wohnung auch von der Klägerin bewohnt wurde, kann offenbleiben, weil im Besteuerungsverfahren ein nicht angefochtener Beschuss des Amtsgerichts Tatbestandwirkung entfaltet und es den Steuergerichten verwehrt ist, diesen zu überprüfen (BFH, Urteil vom 15. April 2015 VIII R 1/13, wistra 2015, 479 = Juris Rdnr. 46 f.; Beschluss vom 17. Juli 2003, BFH/NV 2003, 1594 = Juris Rdnr. 8).
Nach § 102 StPO kann bei demjenigen, der als Täter oder Teilnehmer einer Straftat verdächtig ist, eine Durchsuchung der Wohnung und anderer Räume sowie seiner Person und der ihm gehörenden Sachen vorgenommen werden, wenn zu vermuten ist, dass die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln führen werde. Diese Grundvoraussetzung für eine Durchsuchung bestand bei dem Bruder der Klägerin im Zeitpunkt der Durchsuchungsmaßnahme. § 102 StPO gestattet die Durchsuchung von Räumlichkeiten, die der Verdächtige tatsächliche innehat, gleichgültig, ob er sie befugt oder unbefugt nutzt, ob er Allein- oder Mitinhaber ist. Für die Durchsuchung einer Wohnung reicht es deshalb auch aus, wenn sie einen gemeinschaftlichen Herrschaftsbereich des Beschuldigten mit anderen Personen darstellt (Bundesgerichtshof - BGH, Ermittlungsrichter, Beschluss vom 21. Februar 2006 3 BGs 31/06, StV 2007, 60 = Juris Rdnr. 6; BGH, Beschluss vom 8. April 1998 StB 5/98, Juris Rdnr. 5; Urteil vom 15. Oktober 1985 5 StR 338/85, NStZ 1986, 84 = Juris Rdnr. 5; LG Oldenburg, Beschluss vom 21. Juli 2014 2 Qs 139/14, Seite 2; LG Saarbrücken, Beschluss vom 4. Januar 1988 5 Qs 149/87, NStZ 1988, 424 = Juris Rdnr. 9). Eine Ausdehnung der Durchsuchungsmaßnahme auf Räumlichkeiten, die ausschließlich von Dritten genutzt, kann dagegen nicht auf § 102 StPO gestützt werden, sondern nur auf § 103 Abs. 1 Satz 1StPO.
Im Streitfall haben die Beamten des FAFuSt ihre Durchsuchungsmaßnahmen nicht nur auf die durch den Bruder der Klägerin allein genutzten Räume und die gemeinsam genutzten Räumlichkeiten erstreckt, sondern auch auf das von der Klägerin allein genutzte Schlafzimmer. Dass dieser Raum ausschließlich von der Klägerin genutzt wurde, sodass ihr Bruder an ihm nicht einmal Mitgewahrsam hatte, ergibt sich aus den Angaben des Bruders gegenüber den Beamten des FAFuSt und auch der Möblierung und der Ausstattung dieses Zimmers. Diese Ausdehnung war deshalb durch die richterliche Anordnung nicht gedeckt.
Selbst wenn man davon ausgeht, dass den Beamten die alleinige Nutzung des Schlafzimmers nicht hätte auffallen müssen, wären die Durchsuchung bzw. Durchsicht des Notizbuches nicht zulässig. Dies gilt auch für die Kontoauszüge der Klägerin. Kann in einem Fall nach den äußeren Umständen nicht zweifelsfrei geklärt werden, ob der Beschuldigte nicht zumindest Mitgewahrsam an den Räumlichkeiten hat, gebietet der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit aber eine Respektierung der Sphäre des Mitgewahrsamsinhabers (BGH, Beschluss vom 8. April 1998 StB 5/98, Juris Rdnr. 5). So erlaubt ein Durchsuchungsbeschluss gegenüber einem Beschuldigten nicht, Papiere, die ohne Weiteres einem Dritten zuzuordnen sind, also nicht zum gemeinschaftlichen Herrschaftsbereich gehören, zu durchsuchen oder - wie die StPO die Durchsuchung von Papieren nennt - durchzusehen (LG Saarbrücken, Beschluss vom 4. Januar 1988 5 Qs 149/87, NStZ 1988, 424 = Juris Rdnr. 9). Im Streitfall waren die aufgefundenen Kontoauszüge schon deshalb eindeutig der alleinigen Sphäre der Klägerin zuzuordnen, weil sie die Klägerin als Kontoinhaberin auswiesen. Die Notizbücher betrafen ebenfalls ausschließlich Aufzeichnungen der Klägerin, was sich schon aus der verwendeten Handschrift ergab. Die Durchsicht dieser Unterlagen war deshalb rechtswidrig (so auch LG Lüneburg, Beschluss vom 30. Mai 2016 33 Qs 10/16, Seite 4).
Dass eine Durchsuchungsanordnung gegen die Klägerin nach § 103 Abs. 1 StPO nicht hätte ergehen dürfen, hat das Landgericht Lüneburg in seinem Beschluss vom 30. Mai 2016 33 Qs 10/16, den die Klägerin ihrer Klageschrift als Anlage 8 beigefügt hat, überzeugend dargelegt; zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die Gründe zu II. in dieser Entscheidung verwiesen.
Schließlich kann die Durchsicht der vorgefundenen Papiere auch nicht auf § 108 Abs. 1 Satz 1 StPO, der im Übrigen nur die einstweilige Beschlagnahme von Gegenständen erlaubt, die bei Gelegenheit einer Durchsuchung gefunden werden und zwar in keiner Beziehung zu der Untersuchung stehen, aber auf die Verübung einer anderen Straftat hindeuten, erlaubt, gestützt werden. Der Umstand, dass jemand bei einer Bank ein Girokonto unterhält und die Kontoauszüge geordnet sammelt, ist sozialadäquat und macht ihn nicht einer Straftat verdächtig. Dasselbe gilt für Aufzeichnungen eines Bürgers über geleistete Arbeitsstunden und bezogene Gehälter. Einen Zufallsfund, der auf eine Straftat hindeutet, stellen diese Unterlagen deshalb nicht dar.
2. Der hierdurch bewirkte Eingriff in das Grundrecht der Klägerin aus Art. 13 Abs. 1 Grundgesetz ist schwerwiegend; zudem wurde er von den Ermittlungsbeamten des FAFuSt zumindest billigend in Kauf genommen.
Zumindest die Unzulässigkeit der Beschlagnahme, die noch Teil der Wohnungsdurchsuchung gewesen ist, lässt es nicht zu, die Papiere wegen des darin erst Gefundenen zu beschlagnahmen, denn die Durchsuchung hat nicht nur das Eigentum der Klägerin an den Papieren, sondern auch das in Art. 13 GG garantierte Wohnungsgrundrecht verletzt. Dabei fällt ins Gewicht, dass in Art. 13 GG die Wohnung als "unverletzlich" erklärt ist und Eingriffe ohne besondere gesetzliche Grundlage nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen vorgenommen werden dürfen. Das vom Grundgesetz mit derartigem Gewicht ausgestattete Wohnungsgrundrecht wäre nicht hinreichend geschützt, wenn Verdachtsgründe, die erst durch eine nach § 103 StPO unzulässige Wohnungsdurchsuchung gewonnen worden sind, ohne weiteres nachträglich nach § 102 StPO diese Durchsuchung und damit auch die Beschlagnahme des dabei Gefundenen rechtfertigen könnten (vgl. LG Saarbrücken, Beschluss vom 4. Januar 1988 5 Qs 149/87, NStZ 1988, 424 = Juris Rdnr. 10; so auch LG Lüneburg, Beschluss vom 30. Mai 2016 33 Qs 10/16, Seite 4 f.).
Der rechtswidrige Eingriff in das Grundrecht der Klägerin auf Unverletzlichkeit ihrer Wohnung wurde von den Beamten auch zumindest billigend in Kauf genommen. Angesichts der äußeren Umstände bei der Durchsuchung - der kooperativen Mitwirkung des Bruders, seiner Aufklärung der Miet- und Wohnverhältnisse, der eindeutigen Ausstattung des Schlafzimmers der Klägerin und des Charakters ihrer Aufzeichnungen, erscheint die Zuordnung der vorgefundenen Beweismittel während der Durchsuchung als solche im Ermittlungsverfahren des Bruders als so fernliegend, dass sie mit Wissen der Beamten als Fachleute auf dem Gebiet des Strafprozessrechts zur Überzeugung des Senats lediglich pro forma erfolgte. Auch das Landgericht Lüneburg hat bei der Bewertung ihres Verhaltens eine bewusste rechtswidrige Ausdehnung auf die privaten Räumlichkeiten der Klägerin für möglich erachtet, zumindest aber eine "bemerkenswerte Gedankenlosigkeit" angenommen. Auch diese Art einer groben Fahrlässigkeit genügt zur Überzeugung des Senats für die Annahme eines Beweisverwertungsverbots.
Da die Ermittlungsergebnisse des FAFuSt und anschließend auch diejenigen des Beklagten auf dem Verstoß gegen das Beweisverbot beruhen - ohne die Auswertung der rechtswidrig erlangen Unterlagen der Klägerin wären die Besteuerungsgrundlagen durch legale Ermittlungen nicht erzielbar gewesen, weil die Klägerin von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hat und ihre späteren Einlassungen z.B. in der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht nicht widerlegbar sind - , unterliegen sie auch im Besteuerungsverfahren einem Verwertungsverbot.
3. Ein Verwertungsverbot kann im Streitfall auch nicht deshalb verneint werden, weil die Klägerin es versäumt habe, die Rechtswidrigkeit der sie betreffenden Maßnahmen analog § 98 Abs. 2 Satz 2 Strafprozessordnung (StPO) beim zuständigen Amtsgericht feststellen zu lassen. Zwar kann nach der Rechtsprechung des BGH der von einer Durchsuchung Betroffene die richterliche Entscheidung entsprechend § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO jedenfalls dann beantragen, wenn die beanstandete Art und Weise des Vollzugs- wie im Streitfall - nicht ausdrücklicher und evidenter Bestandteil der richterlichen Anordnung war. Dies ist aber keine Voraussetzung für die Geltendmachung der Rechtswidrigkeit im Rahmen der Durchsuchung vorgenommener weiterer Maßnahmen. Diese kann vielmehr inzident im finanzgerichtlichen Verfahren wegen der Rechtswidrigkeit der Steuerfestsetzung geprüft werden. Solange eine Maßnahme nicht positiv vom zuständigen Strafgericht angeordnet oder hinsichtlich der Rechtmäßigkeit bestätigt worden ist, steht der Annahme ihrer Rechtswidrigkeit und eines eventuell darauffolgenden Verwertungsverbots nicht entgegen, dass sie nicht ausdrücklich vom Ermittlungsrichter für rechtswidrig erklärt worden ist (FG Köln, Urteil vom 22. September 2016 13 K 66/13, EFG 2017, 101 = Juris Rdnr. 76, 81; FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. Februar 2008 6 V 382/07, EFG 2008, 1092 = Juris Rdnr. 46; vgl. ferner BGH, Beschluss vom 16. Juni 2009 3 StR 6/09, NStZ 2009, 648 = Juris Rdnr. 5). Da über die Art und Weise des Vollzugs einer Durchsuchungsanordnung - anders als über die Durchsuchung als solche - nicht vorab entschieden wird, gibt es keine richterliche Entscheidung, die Tatbestandwirkung im steuerrechtlichen Verfahrensrecht entfalten könnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Nebenentscheidungen folgen aus § 151 Abs. 1 und 3 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.
Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, um ggf. eine höchstrichterliche Klärung der Rechtsfragen über die Reichweite einer Durchsuchungsmaßnahme und die weiteren Anforderungen an ein steuerrechtliches Verwertungsverbot herbeizuführen.