Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 09.06.1993, Az.: 4 L 1823/92
Rechtmäßigkeit der Versagung von Eingliederungshilfe aufgrund fehlender Eignung des Betroffenen für das betreute Wohnen; Anforderungen an einen in der Wohnform des betreuten Wohnens lebenden Behinderten; Ermittlung der geistigen und lebenspraktischen Voraussetzungen eines Behinderten
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 09.06.1993
- Aktenzeichen
- 4 L 1823/92
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1993, 23562
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1993:0609.4L1823.92.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Oldenburg - 30.01.1992 - AZ: 4 A 153/89 OS
- nachfolgend
- BVerwG - 18.02.1994 - AZ: BVerwG 5 B 136.93
Rechtsgrundlagen
- § 39 Abs. 1 S. 1 BSHG
- § 68 BSHG
- § 69 BSHG
Der 4. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat
auf die mündliche Verhandlung vom 9. Juni 1993
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Klay,
die Richter am Oberverwaltungsgericht Willikonsky und Claus sowie
die ehrenamtliche Richterin xxx und
den ehrenamtlichen Richter xxx
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 4. Kammer Osnabrück - vom 30. Januar 1992 wird zurückgewiesen.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts teilweise geändert. Die auf die Gewährung von Eingliederungshilfe gerichtete Klage (4 A 219/89 OS) wird abgewiesen.
Gerichtskasten werden nicht erhoben.
Die außergerichtlichen Kosten beider Instanzen werden der Klägerin auferlegt. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 150,-- DM abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung des Beklagten, der Klägerin Hilfe zur Pflege, Eingliederungshilfe und Hilfe zur Haushaltsführung zu gewähren.
Die im Jahre 1959 geborene Klägerin ist geistig behindert. Bis einschließlich November 1988 war sie in einem Wohnheim der "xxx e. V." in xxx untergebracht. Seit Dezember 1988 wird sie vom Verein "xxx xxx e. V." in xxx ambulant betreut. Sie bewohnt seit Februar 1989 zusammen mit der ebenfalls geistig behinderten Frau xxx eine eigene Wohnung. Bis Januar 1989 war sie in der Werkstatt für Behinderte in xxx tätig. Sie bezieht von der im Auftrag des Beklagten handelnden Stadt Nordhorn Hilfe zum Lebensunterhalt.
Mit Schreiben vom 1. Dezember 1988 beantragte die Pflegerin der Klägerin bei der Stadt Nordhorn "laufende Hilfe zum Lebensunterhalt, Haushaltshilfe und Eingliederungshilfe". Am 2. Dezember 1988 wurde bei dem Sozialamt der Stadt Nordhorn dazu ein Formularantrag aufgenommen, mit dem ebenfalls "laufende Sozialhilfe, Haushaltshilfe und Eingliederungshilfe" beantragt wurden.
Die Stadt Nordhorn bewilligte der Klägerin ab dem 1. Dezember 1988 laufende Hilfe zum Lebensunterhalt.
Zu dem Antrag auf Bewilligung von ambulanter Eingliederungshilfe holte der Beklagte eine Stellungnahme seines Gesundheitsamtes vom 23. Mai 1989 ein, in der im wesentlichen ausgeführt ist: Durch die (frühere) Betreuung im Wohnheim habe die Klägerin recht gute lebenspraktische Fertigkeiten erwerben können. Die nunmehr geltend gemachten Hilfen entsprächen in ihrem Umfang den Leistungen, die in einer Einrichtung der "xxx" zur stationären Betreuung geleistet würden. Verglichen mit einem Entwicklungsbericht der "xxx" aus dem Jahre 1985 habe sich ein wesentlicher Fortschritt in der Selbständigkeit der Klägerin nicht ergeben. Angesichts dessen müsse es als fragwürdig angesehen werden, ob durch intensives Training in einem überschaubaren Zeitraum die für ein "freies Wohnen" notwendige Selbständigkeit der Klägerin erreicht werden könne. Für den Zeitraum der Trainingsphase (6 bis 9 Monate) sei eine Gewahrung des für "freies Wohnen" üblichen Betreuungszuschlages in doppelter Höhe sinnvoll und erforderlich.
Der Beklagte lehnte daraufhin den Antrag auf Gewahrung von Eingliederungshilfe mit Bescheid vom 7. Juni 1989 ab mit der Begründung, nach amtsärztlicher Begutachtung sei die Klägerin zur Zeit für die gewünschte freie Wohnform nicht geeignet. Es bestunden aufgrund ihrer geistigen Behinderung so erhebliche Defizite im lebenspraktischen Bereich, daß die erforderlichen Betreuungsleistungen den Umfang einer stationären Betreuung erreichten. Eingliederungshilfe werde nur gewährt, soweit die Maßnahme Aussicht auf Erfolg habe. Eine derartige Aussicht bestehe derzeit nicht.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 3. November 1989 zurück. Zur Begründung wiederholte er die Begründung des Erstbescheides und führte weiter aus: Selbst bei einer Eignung der Klägerin für die freie Wohnform wäre ihr Wunsch, die beantragte Hilfe zu erhalten, unangemessen und mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden, so daß diesem Wunsch nicht entsprochen zu werden brauche. Die geltend gemachten Betreuungskosten zuzüglich der sonstigen Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt lägen in ihrem Umfang nur geringfügig unter den Kosten des stationären Wohntrainingsbereichs der xxx von monatlich rd. 1.900,-- DM. Dagegen entstünden für eine ambulante Betreuung durch die "xxx" nur monatliche Kosten von 150,-- DM.
Gegen diese Bescheide hat die Klägerin Klage erhoben (4 A 219.89 OS) und im wesentlichen geltend gemacht: Sie benötige Eingliederungshilfe durch ambulante Betreuung, da sie ohne diese außerstande sei, am Leben in der Gemeinschaft teilzunehmen. Sie befinde sich in ständiger ärztlicher Behandlung. Für die Arztbesuche und die Sicherung der ärztlich verordneten Maßnahmen wie Wasserbewegungstherapie sowie Medikamenten- und Hilfsmittelbesorgung und die regelmäßigen häuslichen krankengymnastischen Übungen sei sie auf Hilfestellung angewiesen. Aus ihrer geistigen Behinderung resultiere eine schwere Lernbehinderung, die eine altersgerechte Entwicklung ausgeschlossen habe. Sie besitze den geistigen Status eines etwa 8- bis 12-jährigen Kindes. Der sich daraus ergebende Behinderungszustand zeige sich vor allem als Mangel an Assoziationsfähigkeit, Urteilskraft, Merkfähigkeit, Überlegung, Antrieb, Konzentration, Entschlußkraft und Willensstärke. Daher sei eine besondere psychosoziale und sonderpädagogische Betreuung notwendig, die die Beeinträchtigung im seelischen, soziokulturellen, sprachlichen und nonverbalen Bereich auszugleichen helfe. Darüber hinaus sei eine sonderpädagogische Anleitung zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich. Die zu leistenden Hilfs-, Anleitungs-, Aufsichts- und Kontrolltätigkeiten seien nur durch ausgebildete sozial- und sonderpädagogische Fachkräfte zu gewährleisten. Um sie zu befähigen, am Leben in der Gemeinschaft teilnehmen zu können, sei es nach ihrem Ausscheiden aus dem Wohnheim der "xxx" erforderlich gewesen, sie bis zu dem zum 1. Februar 1989 erfolgten Einzug der Frau xxx P. einem Intensivtraining im Sinne einer umfassenden Betreuung zu unterziehen. Ab Februar 1989 habe ihre Einzelbetreuung zugunsten einer gemeinsamen Betreuung zusammen mit Frau P. reduziert werden können. Ab Juli 1989 habe sich ihre Betreuung weiter verringert. Zur Überwindung des "Makels der geistigen Behinderung" sei daneben fachkundige Vermittlungstätigkeit erforderlich. Die Kosten der Betreuung ergäben sich aus der von ihr vorgelegten Aufschlüsselung (Schriftsatz vom 20. Dez. 1989, Bl. 12 ff., 18 f. der GA). Ihre ambulante Betreuung sei geeignet, die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erreichen, nämlich die Folgen ihrer geistigen Behinderung zu mildern. Daraus ergebe sich zugleich, daß ihr Wunsch nach ambulanter Betreuung eine angemessene Maßnahme im Sinne von § 3 Abs. 2 BSHG sei. Die Kosten dieser Maßnahme seien auch nicht unverhältnismäßig im Sinne dieser Vorschrift, da der Beklagte im Rahmen einer vollstationären Betreuung, abgesehen von einem vorübergehend erhöhten Anfangsbedarf, höhere Beträge aufzubringen hätte. Sie fühle sich in ihrer jetzigen Situation wohl, nehme die ihr gebotenen Förderungsmaßnahmen willig an und habe in vielfältiger Hinsicht bereits Erfolge auf dem Weg zu einem selbständigeren Leben erzielt.
Die Klägerin hat (in der Sache 4 A 219/89 OS) beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 7. Juni 1989 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. November 1989 zu verpflichten, ihr für die Zeit vom 2. Dezember 1988 bis 3. November 1989 Eingliederungshilfe durch Übernahme der Kosten der ambulanten Betreuung zu gewähren, und zwar für den Zeitraum vom 2. Dezember 1988 bis 31. Januar 1989 in Höhe von monatlich 3.379,80 DM, für den Zeitraum von Februar 1989 bis Juni 1989 in Höhe von monatlich 2.165,05 DM und für die restliche Zeit in Höhe von monatlich 1.765,15 DM
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat unter Bezugnahme auf die angefochtenen Bescheide im wesentlichen vorgetragen: Das sogenannte "freie Wohnen" sei zwar grundsätzlich förderungswürdig, bei der Klägerin sei aber bisher noch nicht entschieden, ob sie aufgrund ihrer geistigen Behinderung für diese Wohnform geeignet sei; die "immensen" Kosten, die von ihr zur Finanzierung der ambulanten Betreuung geltend gemacht würden, gäben insoweit Anlaß zu Zweifeln. Eine aktuelle Auflistung der von dem betreuenden Verein für die Klägerin und weitere Kläger in anhängigen Parallelverfahren aufgewandten Betreuungstunden führten zu einem Personalschlüssel von 1:4, der den Personalschlüssel, den die Fachverbände für das "freie Wohnen" zugrunde legten (1:12), um ein Vielfaches überschreite. Die Entscheidung über die Geeignetheit der Klägerin für das "freie Wohnen" solle von einem mit Fachleuten besetzten Ausschuß getroffen werden. Im übrigen gehöre der weitaus überwiegende Teil der Hilfeleistungen, die von dem vom Gericht beauftragten Sachverständigen der Eingliederungshilfe zugeordnet worden seien, nicht zu den in § 40 Abs. 1 Nr. 8 BSHG in Verbindung mit § 19 EingliederungshilfeVO genannten Hilfeleistungen. Vielmehr seien die als Haushaltstraining und persönliche Beratung definierten Leistungen der Hilfe nach § 11 Abs. 3 BSHG zuzurechnen. Es sei zudem zweifelhaft, ob der genannte Verein eine qualitativ und quantitativ ausreichende Betreuung sicherstellen könne.
Wegen des Antrags der Klägerin vom 2. Dezember 1988 auf die Gewährung der Hilfe zur Haushaltsführung führte eine Sozialarbeiterin des Gesundheitsamtes des Beklagten auf Veranlassung der Stadt Nordhorn am 30. Januar 1989 einen Hausbesuch bei der Klägerin durch, über dessen Ergebnis in einem Aktenvermerk vom 1. März 1989 ausgeführt ist: Im Haushaltsführungsbereich seien für beide Behinderte derzeit 18 Stunden wöchentlich anzusetzen. Hilfe sei insoweit notwendig bei den Putzarbeiten, den Einkäufen und bei der Wäscheversorgung. Die Zubereitung warmer Mahlzeiten werde voraussichtlich auf Dauer nicht selbständig geleistet werden können. Bei der Körperhygiene usw. müsse die Klägerin immer, wieder angehalten und kontrolliert werden. Darüber hinaus sei eine Pflege an der Person der Klägerin im Sinne der §§ 68, 69 BSHG nicht erforderlich.
In einem Schreiben vom 25. März 1989 legte die Pflegerin der Klägerin nochmals dar, daß und weshalb die Klägerin "Pflege-Haushaltshilfe sowie Eingliederungshilfe nach dem BSHG" benötige.
Mit Bescheid vom 12. Juli 1989 lehnte die Stadt Nordhorn den Antrag auf Hilfe zur Haushaltsführung ab mit der Begründung, nach amtsärztlicher Begutachtung sei die Klägerin derzeit für die gewünschte freie Wohnform nicht geeignet. Da der notwendige Betreuungsumfang in angemessener Form nur im Rahmen einer stationären Betreuung möglich sei, werde ihr nahegelegt, eine solche in Anspruch zu nehmen.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 5. Dezember 1989 zurück und führte zur Begründung ergänzend aus: Die Gewährung von Hilfe zur Haushaltsführung setze voraus, daß sich die erforderlichen Hilfeleistungen auf einzelne Tätigkeiten erstreckten, um dem Hilfeempfänger eine weitgehend selbständige Lebensführung zu ermöglichen. Diese Voraussetzungen lägen bei der Klägerin nicht vor, da sie nach den Stellungnahmen der Sozialarbeiterin und der Amtsärztin, nicht nur für einzelne Tätigkeiten sondern in erheblichem Umfang für alle hauswirtschaftlichen Verrichtungen des täglichen Ablaufs Hilfe benötige. Angesichts des erheblichen Betreuungsumfangs werde die für das "freie Wohnen" erforderliche Selbständigkeit nicht erreicht. Haushaltshilfe sei demnach nicht die geeignete Hilfeform.
Zur Begründung der hiergegen erhobenen Klage (4 A 13/90 OS) hat die Klägerin im wesentlichen vorgetragen: Sie benötige Hilfe zur Haushaltsführung, da sie infolge ihrer Behinderung die üblichen Haushaltstätigkeiten nur mit Hilfestellung, Anleitung, Aufsicht und Kontrolle bewältigen könne. Der benötigte Umfang der Haushaltshilfe ergebe sich aus der Aufschlüsselung in ihrem Schriftsatz vom 20. Dezember 1989 (Bl. 1 ff. GA).
Die Klägerin hat (in der Sache 4 A 13/90 OS) beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides der Stadt Nordhorn vom 12. Juli 1989 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 5. Dezember 1989 zu verpflichten, ihr für die Zeit vom 2. Dezember 1988 bis 5. Dezember 1989 Hilfe zur Haushaltsführung zu gewähren, und zwar für die Zeit vom 2. Dezember 1988 bis 31. Januar 1989 in Höhe von monatlich 1.670,55 DM, für die Zeit von Februar 1989 bis Juni 1989 in Höhe von 1.253,45 DM und für die restliche Zeit in Höhe von monatlich 892,25 DM.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat er sich auf sein Vorbringen in dem Verfahren 4 A 219/89 OS bezogen.
In dem bereits genannten Widerspruch vom 20. Juli 1989 gegen den die Gewährung von Haushaltshilfe ablehnenden Bescheid der Stadt Nordhorn hat die Klägerin darauf hingewiesen, daß ihr Antrag sich auch auf Leistungen in der Form der Hilfe zur Pflege beziehe. Der entsprechende Bedarf sei bei der Stellung des förmlichen Sozialhilfeantrages am 2. Dezember 1988 von ihrer Pflegerin gegenüber dem den Antrag aufnehmenden Sachbearbeiter der Stadt Nordhorn mündlich bekannt gegeben worden.
Die Klägerin hat am 23. August 1989 Untätigkeitsklage erhoben (4 A 153/89 OS) und geltend gemacht: Bei der persönlichen Einreichung des Antrages vom 2. Dezember 1988 habe ihre Pflegerin den Sachbearbeiter ausdrücklich auf ihre besondere Pflege- und Betreuungsbedürftigkeit hingewiesen. Auch in dem Schreiben vom 25. März 1989 habe die Pflegerin nochmals ausführlich ihre Pflegebedürftigkeit dargelegt. Außerdem sei ihre Pflegebedürftigkeit dem Sozialhilfeträger ohnehin seit Jahren bekannt gewesen.
Auf einen erneuten Antrag der Klägerin vom 16. Februar 1990 hin leistet die Stadt Nordhorn seit dem 19. Februar 1990 Hilfe zur Pflege durch Übernahme der Kosten einer Pflegekraft für wöchentlich 4 Stunden und Zahlung eines gekürzten pauschalierten Pflegegeldes. Die entsprechenden Bescheide sind Gegenstand des Klageverfahrens 4 A 57/91 OS, in dem das Verwaltungsgericht noch nicht entschieden hat.
Die Klägerin hat (in der Sache 4 A 153/89 OS) beantragt,
den Beklagten zu verpflichten, ihr für die Zeit vom 2. Dezember 1988 bis 4. Dezember 1989 Hilfe zur Pflege zu gewähren, und zwar für die Zeit vom 2. Dezember 1988 bis 31. Januar 1989 durch Übernahme der Kosten einer Pflegekraft in Höhe von monatlich 541,80 DM sowie Zahlung eines auf 150% des pauschalen Pflegegeldes erhöhten, gegebenenfalls angemessen gekürzten Pflegegeldes, für die Zeit vom 1. Februar 1989 bis 30. Juni 1989 durch Übernahme der Kosten einer Pflegekraft in Höhe von monatlich 387,-- DM sowie Zählung eines auf 125% des pauschalen Pflegegeldes erhöhten, gegebenenfalls angemessen gekürzten Pflegegeldes, für die Zeit vom 1. Juli 1989 bis 4. Dezember 1989 durch Übernahme der Kosten einer Pflegekraft in Höhe von monatlich 309,60 DM sowie Zahlung eines auf 125% des pauschalen Pflegegeldes erhöhten, gegebenenfalls angemessen gekürzten Pflegegeldes.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen: Die Untätigkeitsklage sei unzulässig, weil ein Antrag auf Hilfe zur Pflege nicht gestellt worden sei. Das entsprechende Begehren der Klägerin sei dem Sozialhilfeträger erstmals mit der Widerspruchsbegründung vom 20. Juli 1989 bekannt geworden. Angesichts des ausdrücklichen Antrages der Pflegerin auf konkrete Hilfeleistungen anderer Art habe der Beklagte nicht davon ausgehen können, daß daneben noch Hilfe zur Pflege begehrt werde. Wenn die Klägerin im übrigen, wie sie behauptet, aufgrund ihrer Behinderung umfassender täglicher Betreuung bedürfe, so folge daraus, daß sie für das "freie Wohnen" nicht geeignet sei.
In dem Verfahren gleichen Rubrums auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (4 B 25/90 OS) hat das Verwaltungsgericht über das Vorliegen der Voraussetzungen von Ansprüchen auf Hilfe zur Pflege. Eingliederungshilfe und Hilfe zur Haushaltsführung Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des ärztlichen Direktors des Psychiatrischen Krankenhauses xxx vom 19. September 1991 (Bl. 721 ff. jener Akte). Durch Beschluß vom 30. Januar 1992 hat das Verwaltungsgericht in den vorliegenden Verfahren Beweis erhoben durch Beiziehung dieses Gutachtens sowie durch ergänzende Anhörung des Sachverständigen in der mündlichen. Verhandlung. Wegen des Ergebnisses wird auf das Gutachten vom 19. September 1991 und die Sitzungsniederschrift des Verwaltungsgerichts vom 30. Januar 1992 verwiesen.
Das Verwaltungsgericht hat mit einem in dieser Sitzung verkündeten Beschluß die drei Klageverfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Mit Urteil vom 30. Januar 1992 hat das Verwaltungsgericht
den Beklagten verpflichtet, der Klägerin für die Zeit vom 25. März 1989 bis 4. Dezember 1989 Hilfe zur Pflege durch Übernahme der Kosten einer Pflegekraft in Höhe von monatlich 68,80 DM zu gewähren (4 A 153/89 OS),
den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 7. Juni 1989 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. November 1989 verpflichtet, der Klägerin für die Zeit vom 2. Dezember 1988 bis 3. November 1989 Eingliederungshilfe durch Übernahme der Kosten der ambulanten Betreuung zu gewähren, und zwar für den Zeitraum vom 2. Dezember 1988 bis 31. Mai, 1989 in Höhe von monatlich 1.148,10 DM, und für den Zeitraum vom 1. Juni 1989 bis 3. November 1989 in Höhe von monatlich 851,40 DM (4 A 219/89 OS),
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides der Stadt Nordhorn vom 2. Juli 1989 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 5. Dezember 1989 verpflichtet, der Klägerin für die Zeit vom 2. Dezember 1988 bis 5. Dezember 1989 Hilfe zur Haushaltsführung durch Übernahme der Kosten einer Hilfskraft in Höhe von monatlich 215,-- DM zu gewähren (4 A 13;/90 OS) .
Im übrigen hat es die Klagen abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Ein Anspruch auf die Gewährung von Eingliederungshilfe stehe der Klägerin nur in dem im Urteilstenor bezeichneten Umfang zu. Die Voraussetzungen für eine Gewährung von Eingliederungshilfe nach § 39 BSHG seien bei der Klägerin erfüllt. Nach den Feststellungen des Sachverständigen leide sie an einer geistigen Behinderung, die wesentlich im Sinne des Gesetzes und nicht nur vorübergehender Natur sei. Von den in § 40 Abs. 1 BSHG aufgeführten Maßnahmen der Eingliederungshilfe komme hier die Hilfe zur Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft (§ 40 Abs. 1 Nr. G8 in Verbindung mit § 19 EingliederungshilfeVO) in Betracht. Daneben - der Maßnahmenkatalog des § 40 Abs. 1 BSHG sei insoweit nicht abschließend - umfasse der Anspruch der Klägerin auch Maßnahmen einer sozialpädagogischen Anleitung zur Haushaltsführung sowie psychosoziale Beratung und Betreuung zur Verbesserung der allgemeinen Lebensbewältigung in allen Bereichen. Nach Auffassung des Sachverständigen bestehe die Aussicht, daß durch die Gewährung von Eingliederungshilfen die Folgen der geistigen Behinderung gemildert oder - wenn auch in geringem Maße - teilweise sogar langfristig gemindert werden könnten. Nur durch die Gewährung der Eingliederungshilfe könne die Klägerin in die Lage versetzt werden, ihre Fähigkeiten bei der Haushaltsführung weiter zu entwickeln, persönlich weiter zu reifen, um Schwierigkeiten im Umgang mit anderen und in der Gesellschaft zu begegnen, und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Den Anforderungen des § 39 Abs. 4 BSHG sei damit genügt.
Hinsichtlich des Umfanges des notwendigen Betreuungsbedarfs der Klägerin folge das Verwaltungsgericht den Darlegungen des Sachverständigen für den streitbefangenen Zeitraum (2. Dezember 1988 bis 3. November 1989). Daran, daß die danach erforderlichen Betreuungsmaßnahmen tatsächlich erbracht worden seien, bestehe kein Zweifel. Nachdem der Gutachter in der mündlichen Verhandlung die an die Qualifikation der Betreuer zu stellenden Anforderungen erläutert habe, halte das Gericht für Haushaltstraining und Gruppenaktivitäten eine Betreuung durch Erzieher und für persönliche Beratung eine Betreuung durch Sonderpädagogen mit entsprechend differenzierten Stundensätzen für angezeigt. Dabei sei im erstgenannten Fall der insoweit geltend gemachte Satz von 21,-- DM, auf der Grundlage des für Erzieher im fraglichen Zeitraum geltenden Stundenlohnes entsprechend BAT V c von 19,37 DM zuzüglich Lohnnebenkosten und Fahrtkosten nicht überhöht. Für notwendige Betreuung durch Sonderpädagogen sei ein Stundensatz von 27,-- DM anzusetzen, der sich aus dem Stundenlohn entsprechend BAT IV b von 21,57 DM zuzüglich Lohnnebenkosten (17,5%) und Fahrtkosten ergebe. Danach errechne sich für den streitbefangenen Zeitraum ein monatlicher Anspruch auf Eingliederungshilfe in Höhe von 851,40 DM.
Einen Anspruch auf Hilfe zur Haushaltsführung (Verfahren 4 A 13/90 OS) habe die Klägerin nur in wesentlich geringerer Höhe als von ihr geltend gemacht. Nach § 11 Abs. 3 BSHG sei Hilfe auch zu gewähren, wenn der bedürftige Hilfesuchende einzelne für seinen Lebensunterhalt erforderliche Tätigkeiten, insbesondere hauswirtschaftlicher Art, nicht verrichten könne. Das Sachverständigengutachten stelle insoweit fest, daß die Klägerin aufgrund ihrer geistigen Behinderung nicht ausreichend in der Lage sei, alle hauswirtschaftlichen Tätigkeiten zu verrichten und deshalb einer besonderen Hilfe bedürfe. Daß die Klägerin nach Einschätzung des Gutachters bei einem Teil dieser notwendigen Leistungen, die von einer Hilfeperson übernommen werden müßten, in der Lage sei, mitzuhelfen, und nur der Anleitung bedürfe, mache die erforderlichen Leistungen nicht, auch nicht teilweise, zu solchen der Eingliederungshilfe. Das folge insbesondere aus der Feststellung des Gutachters, daß sich aufgrund einer derartigen Anleitung bei den hauswirtschaftlichen Tätigkeiten eine dauerhafte Veränderung des Hilfsbedürfnisses in wesentlichem Maße nicht ergebe. Im Bereich der Hilfe zur Haushaltsführung, könne deshalb nach Auffassung des Gerichts nur der Stundensatz für Haushaltshilfstätigkeiten (Putzarbeiten, Einkaufen, Zubereiten von Mahlzeiten und ähnlichem) berücksichtigt werden, der für den fraglichen Zeitraum mit 12,50 DM üblich und angemessen sei. Da- der Gutachter insoweit einen zeitlichen Aufwand von 4 Stunden pro Woche für notwendige halte, betrage der entsprechende Anspruch der Klägerin auf Hilfe nach § 11 Abs. 3 BSHG danach monatlich (4 Stunden x 4,3 x 12,50 DM) 215,-- DM. In diesem Umfang sei im streitbefangenen Zeitraum Hilfe, auch tatsächlich geleistet worden.
Die auf die Gewährung einer Pflegehilfe (Verfahren 4 A 153/89 OS) gerichtete Untätigkeitsklage sei zulässig, aber nur teilweise begründet. Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Gewährung eines pauschalen Pflegegeldes nicht und auf Übernahme der Kosten einer Pflegekraft nur in eingeschränktem Ausmaß und auch nur für die Zeit ab dem 25. März 1989 zu. Erst unter diesem Datum habe nämlich die Pflegerin der Klägerin erstmals ausdrücklich auch die Pflegehilfe als beantragt aufgeführt, so daß hierdurch dem Sozialhilfeträger gemäß § 5 BSHG erstmals Anhaltspunkte für eine Hilfebedürftigkeit der Klägerin im Bereich der Hilfe zur Pflege vermittelt worden seien.
Die Voraussetzungen des § 68 Abs. 1 BSHG für die Gewährung einer Hilfe zur Pflege seien nach den Feststellungen des Sachverständigen in seinem Gutachten vom 19. September 1991 und dessen ergänzenden Ausführungen in der mündlichen Verhandlung erfüllt, auch wenn er die Klägerin im wesentlichen nicht als hilflos einstufe. Der Sachverständige sei zu dem Ergebnis gekommen, daß sie einzelner Hilfestellungen in den Bereichen bedürfe, in denen sie aufgrund ihrer geistigen Mängel einen zureichenden Überblick über die prospektive Notwendigkeit bestimmter Maßnahmen nicht habe oder bestimmte Pflegetätigkeiten nicht in ihrer notwendigen Regelmäßigkeit und Gründlichkeit überblicke und durchführe. Ein regelmäßiges Anleiten, Erinnern und Kontrollieren sei erforderlich. Das Gericht folge der Einschätzung des Gutachters, daß für die personenbezogene Hilfe eine Stunde pro Woche anzusetzen sei. Daß derartige Leistungen in dem streitbefangenen Zeitraum tatsächlich erbracht worden seien, stehe fest. Die gemäß § 69 Abs. 2 Satz 3 BSHG von dem Sozialhilfeträger zu übernehmenden angemessenen Kosten der Pflegekraft bestimmten sich auf der Grundlage der Stundensätze für häusliche Wartung und Pflege, wie sie sich aus der von dem Gericht eingeholten Auskunft des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Kreisgruppe xxx, vom 5. November 1991 ergaben. Auf dieser Grundlage sei für das Jahr 1989 ein Stundensatz von 16,-- DM angemessen.
Ein Anspruch auf Gewährung eines pauschalierten Pflegegeldes stehe der Klägerin dagegen nicht zu, da nach den Feststellungen des Gutachters die Voraussetzungen des § 69 Abs. 3 Satz 1 BSHG nicht erfüllt seien. Die Klägerin sei zu keinem Zeitpunkt des streitbefangenen Zeitraumes so hilflos gewesen, daß sie für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens in erheblichem Umfang der Wartung und Pflege dauernd bedurft habe.
Für alle von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche auf Übernahme der notwendigen Kosten der ambulanten Betreuung komme es nicht darauf an, ob sie für diese Wohnform "geeignet" sei. Insoweit sei allem maßgeblich, ob der entsprechende Wunsch der Klägerin nach dieser Art der Hilfe angemessen und seine Erfüllung im Vergleich zur stationären Betreuung nicht mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbünden sei (§ 3 Abs. 2 BSHG). Daß hier die Hilfe in Form der Übernahme der Kosten der ambulanten Betreuung angemessen sei, werde schon daran deutlich, daß nach Einschätzung des Gutachters durch diese Betreuung die Aussicht bestehe, daß die Folgen der Behinderung der Klägerin gemindert werden könnten. Die Gesamtkosten der ambulanten Betreuung der Klägerin im Rahmen der von dem Gericht zuerkannten Ansprüche auf Eingliederungshilfe, Hilfe zur Pflege und Hilfe zur Haushaltsführung in Höhe von monatlich insgesamt bis zu 1.431,90 DM zuzüglich des sozialhilferechtlichen Regelbedarfs einschließlich Mehrbedarfs, anteiliger Kosten der Unterkunft und zuzüglich, des einmaligen Bedarfs an Bekleidung und dergleichen überschritten die Höhe der monatlichen Gesamtkosten, einer Heimunterbringung von erfahrungsgemäß mindestens 2.000,-- DM so geringfügig, daß von unverhältnismäßigen Mehrkosten der ambulanten Betreuung der Klägerin gegenüber den Kosten einer stationären Heimbetreuung im. Sinne von § 3 Abs. 2 Satz 3 BSHG nicht gesprochen werden könne.
Gegen dieses Urteil richten sich die Berufungen der Klägerin und - hinsichtlich der Gewährung einer Eingliederungshilfe - des Beklagten.
Die Klägerin trägt vor:
Im Rahmen der Eingliederungshilfe habe das Verwaltungsgericht eine 11-stündige wöchentliche Betreuung bis zum 31. Mai 1989 und eine 8-stündige Betreuung für die Folgezeit als erforderlich und ausreichend angesehen. Innerhalb dieses Zeitrahmens sei es jedoch nicht möglich gewesen, ihren in erster Instanz im einzelnen aufgeführten Hilfebedarf zu decken, da sie den im sogenannten "freien Wohnen" gegebenen Anforderungen noch nicht gewachsen gewesen sei. Hinzukomme, daß sie an die Gemeinschaft des Wohnheimes gewohnt gewesen sei und deshalb zunächst in erheblichem Umfang auch der psychosozialen Betreuung durch Eingewöhnung in ihr neues Lebensumfeld bedurft habe.
Die von dem Verwaltungsgericht für die Hilfe zur Haushaltsführung angesetzte Zeit von 4 Stunden pro Woche genüge nicht.
Die von dem Verwaltungsgericht als ausreichend angesehene eine Stunde pro Woche der Hilfe zur Pflege entspreche nicht den tatsächlichen Notwendigkeiten. Sie benötige umfassende Hilfe bei der Körperpflege sowie gelegentliche Hilfe bei den sonstigen täglichen Verrichtungen. Diese Hilfestellungen hätten einen Einsatz von Pflegekräften im Zeitraum vom 2. Dezember 1988 bis zum 31. Januar 1989 von durchschnittlich täglich einer Stunde, in der Zeit vom 1. Februar 1989 bis 30. Juni 1989 von durchschnittlich nur noch wöchentlich fünf Stunden sowie seit dem 1. Juli 1989 von wöchentlich vier Stunden gefordert.
Im übrigen habe das Verwaltungsgericht die erforderlichen An- und Abfahrtszeiten der Betreuungspersonen nicht berücksichtigt; hier seien insgesamt 2,5 Stunden pro Woche zusätzlich zu veranschlagen. Der Stundensatz für die Haushaltshilfe sei statt mit 12,50 DM mit 21,-- DM anzusetzen. Eine Kürzung des nach BAT IV b berechneten Stundensatzes für die persönliche Tätigkeit der Vereinsvorsitzenden Frau Focke sei nicht berechtigt, da in dem maßgeblichen Zeitraum kein anderer die Voraussetzungen des BAT IV a erfüllender Sonderpädagoge zur Verfügung gestanden habe.
Die Klägerin beantragt,
unter teilweiser Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts entsprechend den in erster Instanz gestellten Anträgen zu erkennen,
hilfsweise,
unter teilweiser Änderung des angefochtenen Urteils und teilweiser Aufhebung der angefochtenen Bescheide den Beklagten zu verpflichten, für die Zeit vom 2. Dezember 1989 bis zum Erlaß der Widerspruchsbescheide in den ursprünglich drei Verfahren die Beträge zuzahlen, die sich für jeden Monat aus einer Addition der in den Klagehauptantragen zu 1) bis 3) genannten Summen ergeben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen, sowie das Urteil des Verwaltungsgerichts teilweise zu ändern und die auf die Gewährung von Eingliederungshilfe gerichtete Klage der Klägerin abzuweisen und den Hilfsantrag zurückzuweisen.
Er trägt vor:
Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die zugesprochene Eingliederungshilfe, da das betreute Einzelwohnen in ihrem Fall wegen des Grades der Behinderung keine geeignete Maßnahme sei. Sie beherrsche selbst einfache Tätigkeiten nicht und benötige in nicht unerheblichem Umfang psychosoziale Anleitung und Betreuung. Selbst über einen längeren Zeitraum betrachtet hätten sich bei ihr keine Entwicklungsfortschritte gezeigt, die ihre Abhängigkeit von einer intensiven Betreuung auf Dauer verringern könnten. Dies ergebe sich aus dem von ihm eingeholten Fachgutachten des Prof. Dr. xxx vom 29. Mai 1992 (Bl. 113 ff. GA) und werde auch durch die Ausführungen in der Berufungsbegründung der Klägerin bestätigt. Der betreuende Verein "Hilfe zur Selbsthilfe Behinderter e. V." erfülle mit seiner Tätigkeit auch nicht die Mindestanforderungen, die an förderungswürdige Maßnahmen und Projekte im Bereich des betreuten Wohnens geistig behinderter Erwachsener zu stellen seien, wie aus dem Gutachten des Prof. Dr. xxx hervorgehe. Der aus der Ungeeignetheit der Wohnform folgende Betreuungsbedarf der Klägerin sei zeitlich völlig überzogen und sozialhilferechtlich unangemessen. Angemessen sei bei "betreutem Wohnen" in der Vorbereitungsphase (1. bis 6. Monat) ein durchschnittlicher Betreuungsaufwand von 10,3 Stunden monatlich, der Aufwand belaufe sich im 7. bis 12. Monat auf 8,6 Stunden und für die Folgezeit auf 5,7 Stunden; das entspreche vorliegenden Vergleichszahlen. Im übrigen werde von dem die Klägerin betreuenden Verein im vorliegenden Verfahren und in Parallelverfahren zusammen ein Gesamtstundenaufwand geltend gemacht, der "abenteuerlich" erscheine und die Ansätze an Betreuungsleistungen völlig unglaubwürdig mache.
Die Klägerin hält die von dem Beklagten erhobenen Einwände nicht für begründet und beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgange des Beklagten, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Der Senat hat in einem Erörterungstermin am 19. November 1992 die Sachverständigen Dr. xxx Prof. Dr. xxx ergänzend zu ihren gutachtlichen Stellungnahmen angehört; insoweit wird auf die Niederschrift Bl. 165 ff. der Gerichtsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet, die Berufung des Beklagten ist demgegenüber begründet.
Der Beklagte vertritt zu Recht die Auffassung, daß der Klägerin ein Anspruch auf Gewahrung von Eingliederungshilfe nicht zusteht. Daraus folgt zugleich, daß das von der Klägerin mit ihrer Berufung geltend gemachte Begehren auf Zuerkennung einer weitergehenden Eingliederungshilfe nicht begründet ist.
Nach § 39 Abs. 1 Satz 1 BSHG ist Personen, die nicht nur vorübergehend körperlich, geistig oder seelisch wesentlich behindert sind, Eingliederungshilfe zu gewähren. Der Senat folgt der Auffassung des Verwaltungsgerichts in dem angegriffenen Urteil, daß diese Voraussetzungen hier erfüllt sind, und nimmt auf die entsprechenden Ausführungen Bezug. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist auch unter den Verfahrensbeteiligten nicht streitig.
Nach § 39 Abs. 3 BSHG ist es Aufgabe der Eingliederungshilfe, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine vorhandene Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und den Behinderten in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört vor allem, dem Behinderten die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihm die Ausübung eines angemessenen Berufes oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder ihn so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen. Nach § 39 Abs. 4 BSHG wird Eingliederungshilfe gewährt, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, vor allem nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, daß die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann.
Eine Aussicht darauf, daß das Ziel der Eingliederungshilfe durch Gewährung von Leistungen für die praktische Durchführung des "betreuten Wohnens" der Klägerin erreicht werden konnte, bestand hier nicht. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin für das "betreute Wohnen" geeignet ist, da sich nicht der Hilfeempfänger der Hilfeleistung anzupassen hat, sondern die Hilfsmaßnahme im Hinblick auf das angestrebte Ziel geeignet und aussichtsreich sein muß. Für die Klägerin war - jedenfalls bezogen auf den hier maßgeblichen Zeitraum von Dezember 1988 bis Anfang November 1989 - eine Hilfe im Rahmen des "betreuten Wohnens" nicht geeignet, die Behinderung der Klägerin bzw. deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern.
Nach dem Gutachten des Sachverständigen Dr. xxx liegt bei der Klägerin ein angeborener Schwachsinn vor, der vom Schweregrad zwischen Debilität und Imbezillität anzusiedeln ist. Ihr geistiges Differenzierungsvermögen ist erheblich eingeschränkte. Es besteht im der Auffassung und sprachlichen Mitteilung keinerlei Abstraktionsvermögen. Auch fehlt bei ihr die Fähigkeit zu zeitlicher und räumlicher Orientierung. Sie kann nicht lesen, schreiben, oder rechnen. Ihre Möglichkeiten, Beziehungen zu gestalten, sind nicht nur wegen ihrer geistigen Behinderung, sondern auch, wegen ihrer körperlichen Disposition eingeschränkt. Diese Einschätzung wird von dem Sachverständigen Prof. Dr. xxx in dessen gutachtlicher Stellungnahme vom 29. Mai 1992 in vollem Umfang geteilt.
Den Fähigkeiten der Klägerin sind die Anforderungen, die an einen Behinderten in der Wohnform des "betreuten Wohnens" gestellt werden, gegenüberzusetzen. Der Sachverständige Prof. Dr. xxx hat in seiner gutachtlichen Stellungnahme, die sich insoweit mit den Erfahrungen des Senats aus einer Vielzahl ähnlicher Verfahren deckt, ausgeführt, daß sich in der Praxis der Behindertenhilfe verschiedene Wohnformen für erwachsene Menschen, bei denen eine geistige Behinderung vorliegt, herausgebildet haben. Das Spektrum reicht von großen stationären Wohn- und Pflegeheimen aber betreute Außenwohngruppen und Wohngemeinschaften bis zum betreuten Einzelwonnen. Das betreute Einzelwohnen ist im Falle von Erwachsenen mit einer geistigen Behinderung eine sehr anspruchsvolle Maßnahme der Eingliederungshilfe, deren Erfolg an das nachweisliche Vorliegen von Eingangsvoraussetzungen an kognitiven, sozial-kommunikativen und lebenspraktischen Fähigkeiten gesunden ist, die in jedem Fall sorgfaltig zu untersuchen sind. Unter anderen gehören dazu nach Auffassung des Sachverständigen eine sorgfältige Auswahl der in die Maßnahme aufzunehmenden Behinderten anhand sachgerechter und operationalisierter Kriterien (Auswahl- und Eignungsdiagnostik) durch eine paritätisch besetzte Auswahlkommission und eine planmäßige und einzelfallgerechte Vorbereitung der Behinderten auf betreutes Wohnen in Wohngruppen oder Einzelwohnungen (Wohntraining).
Die nur geringen Fähigkeiten der Klägerin stehen in offenem Widerspruch zu den Anforderungen, die an die Fähigkeiten eines Behinderten zu stellen sind, der erfolgreich in der Wohnform des "betreuten Einzelwohnens" gefördert werden soll. Es besteht Einigkeit unter den Gutachtern, daß diese Wohnform für die Klägerin nicht geeignet ist. Der Klägerin fehlen jegliche geistigen und lebenspraktischen Voraussetzungen. Prof. Dr. xxx verweist in seinem Gutachten insoweit auf die Angaben auch der Pflegerin der Klägerin, wonach letztere nicht lesen und nicht rechnen könne, sie nur mit Geldbeträgen bis etwa 10,-- DM umgehen könne, sie beim morgendlichen Ankleiden ebenso wie bei der Körperpflege der Anleitung bedürfe, nur unter Anleitung und Organisation von außen sachgerecht putzen könne. Der Sachverständige verweist ferner zutreffend darauf, daß sich auch aus der Berufungsschrift vom 17. März 1992 ergebe, daß der "objektiv hohe zeitliche Hilfebedarf" der Klägerin in den Hilfebereichen Eingliederungshilfe, Hilfe zur Pflege und Haushaltshilfe auch inzwischen nicht wesentlich kleiner geworden sei, daß dort sogar von "Wartung im Sinne der §§ 68, 69 BSHG" gesprochen und festgestellt werde, daß es in dem bewilligten Betreuungszeitraum nicht möglich gewesen sei, "den im einzelnen aufgeführten objektiv erforderlichen Hilfebedarf der den im sogenannten "freien Wohnen" gegebenen Anforderungen nicht gewachsenen Klägerin abzudecken". Er verweist ferner darauf, daß in der Berufungsschrift auch erwähnt werde, daß die Klägerin nach Verlassen des Wohnheims in Arbeiten der Haushaltsführung "völlig ungeübt" gewesen sei. Die Schlußfolgerung, die der Sachverständige Prof. Dr. xxx daraus gezogen und in dem Erörterungstermin am 19. November 1992 nochmals bestätigt hat, daß die Klägerin nicht über die notwendigen Fähigkeiten für eine Teilnahme an der "höchst anspruchsvollen Form des Wohnens, nämlich des einzelnen freien Wohnens mit flankierenden Betreuungsmaßnahmen", verfüge und zudem hier die üblicherweise durchgeführte Vorbereitung des Behinderten über eine längere Zeit hin auf diese Art des Wohnens "völlig unterblieben sei, wird von dem Sachverständigen Dr. xxx geteilt. Dieser hat in dem Erörterungstermin darauf hingewiesen, daß sich die Angaben zum Betreuungsaufwand in seinem Gutachten auf die tatsächliche Situation der Klägerin bezogen hätten. Das ändere aber nichts daran, daß die Klägerin mit der Wohnform (des betreuten Einzelwohnens) überfordert sei.
Hinzukommt nach Ansicht beider Gutachter im vorliegenden Fall, daß die Klägerin ihre Hilfsbedürftigkeit nicht einschätzen, ihre Bedürfnisse gegenüber Ämtern nicht vertreten und auch einen überblick über das jetzige Verfahren nicht entwickeln kann. Ihre Pflegerin ist gleichzeitig wesentliche "xxx e. V." und zu weiten Teilen ihre Betreuerin. Damit fehlt jemand, der ihre Interessen gegenüber dem betreuenden Verein vertritt und gewährleistet, daß die zugestandenen öffentlichen Leistungen ihr auch zugute kommen. Diese Bedenken erhalten zusätzliche Bedeutung dadurch, daß zu dem Gewinn der angestrebten größeren Selbständigkeit grundsätzlich auch eine Auseinandersetzung mit den Betreuern ermöglicht werden muß. Die jetzt gewählte Lebensform trägt demgegenüber die Gefahr einer großen Abhängigkeit von wenigen Betreuern in sich (Gutachten Dr. xxx S. 19, gutachtliche Stellungnahme Prof. Dr. xxx S. 9).
Aufgrund der in sich widerspruchsfreien und überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen steht zur Überzeugung des Senats fest, daß die hier gewählter Form des "betreuten Wohnens" eine für die Klägerin nicht geeignete Wohnform ist und mit ihr bzw. den damit verbundenen umfangreichen Betreuungsmaßnahmen die Aufgabe der Eingliederungshilfe gemäß § 39 Abs. 3 BSHG nicht in angemessener Art und Weise erreicht werden kann. Die unzureichenden geistigen Fähigkeiten der Klägerin lassen sie als durch die Wohnform des betreuten Wohnens überfordert erscheinen. Jedenfalls aber hätte sie vor einer Übernahme in diese Form der Betreuung erst allmählich an die besonderen Anforderungen dieser Betreuungsart herangeführt werden müssen, etwa in einer dem Heim angeschlossenen Wohngruppe. Auf keinen Fall darf eine Stufe übersprungen werden; fehlt eine Stufe, "muß man auf der niedrigeren Stufe warten" (Dr. Kanzow am 19. Nov. 1992). Die Herausnahme der Klägerin aus dem Heim und ihre unvermittelte Überführung in eine erhebliche Selbständigkeit erfordernde Betreuungsform entsprach nicht den Anforderungen an eine sachgerechte Förderung der Klägerin und ließ ungeachtet des betriebenen erheblichen Betreuungsaufwandes eine positive Entwicklung der Klägerin nicht erwarten. Der Beklagte war deshalb nicht verpflichtet, in dem hier maßgeblichen streitbefangenen Zeitraum die durch diese Betreuungsmaßnahmen anfallenden Kosten zu tragen. In diesem Zeitraum wäre es auch noch für die Klägerin möglich gewesen, in die Einrichtung der Lebenshilfe zurückzukehren. Wie der Sachverständige Dr. xxx in dem Erörterungstermin am 19. November 1992 erklärt hat, bringt ein solcher Wechsel für einen Behinderten zwar eine erhebliche persönliche Erschütterung mit sich. In dem ersten halben Jahr, "wo man ohnehin eine, besondere Unordnung und Eingewöhnungsphase konstatieren würde, wäre dies sicherlich noch relativ leicht gegangen, schwerer schon in den zweiten sechs Monaten, wo eine gewisse Konsolidierung beginnt; das Problem eines Wechsels der Lebens- und Betreuungsform nach 12 Monaten muß doch als erheblicher Eingriff angesehen werden". Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, daß die gewählte Wohnform dem Wunsch der Klägerin entsprochen habe. Nach § 3 Abs. 2 BSHG soll Wünschen des Hilfeempfängers, die sich auf die Gestaltung der Hilfe richten, entsprochen, werden, soweit sie angemessen sind. Angesichts der Ungeeignetheit der gewählten Wohnform kann hier aber nicht von einer Angemessenheit des Wunsches der Klägerin, gesprochen werden.
Dem in diesem Zusammenhang von der Klägerin hilfsweise gestellten Beweisantrag zum Nachweis dafür, daß sie in im einzelnen genannten Zeiträumen der Eingliederungshilfe für ebenfalls im einzelnen bezifferte Stunden monatlich bedurft habe, ein sonderpädagogisches und ein sozialpsychologisches Sachverständigengutachten einzuholen, ist nicht zu entsprechen. Da die im gerichtlichen Verfahren bereits gehörten Sachverständigen übereinstimmend die Betreuung der Klägerin in der Form des "betreuten Wohnens" als für die Klägerin ungeeignet bezeichnet haben, kommt es auf die in dieser Betreuungsform erbrachten und unter Beweis gestellten monatlichen Betreuungsstunden nicht an. Auch die Einholung weiterer Gutachten zur grundsätzlichen Frage, ob die Betreuungsform des "betreuten Wohnens" für die Klägerin geeignet ist, ist abzulehnen, da für den Senat durch die früheren Gutachten das Gegenteil der von der Klägerin behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist (§§ 98 VwGO, 286, 412 ZPO in Verbindung mit § 244 Abs. 4 Satz 2 StPO, der im Zivil- und Verwaltungsprozeß rechtsähnlich anzuwenden ist, Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 51. Aufl. 1993, § 412 Rdnrn. 1 und 8 m.w.N.). Die bereits gehörten Gutachter sind - wie dargelegt - zu übereinstimmenden Ergebnissen gekommen. Die von ihnen jeweils gegebene Begründung für ihre Einschätzung ist widerspruchsfrei und nachvollziehbar. Die Sachkunde der beiden Gutachter ist nicht zu bezweifeln. Beide Gutachter sind aufgrund langjähriger Erfahrung in ihren Fachgebieten als auf sonderpädagogischem und sozialpsychologischem Gebiet erfahren anzusehen. Anhaltspunkte dafür, daß ein anderer Gutachter über bessere Erkenntnismöglichkeiten verfügen würde, sind nicht ersichtlich. Dies gilt um so mehr, als ein neuer Gutachter eine zu dem hier streitbefangenen Zeitraum zeitnahe Beurteilung darüber, ob die damals gewählte Betreuung für die Klägerin geeignet gewesen sei, nichts mehr abgeben könnte, sondern sich im wesentlichen auf die vorhandenen - unter anderem bereits von den beiden anderen Gutachtern erhobenen - Untersuchungsergebnisse stützen müßte.
Da der Anspruch auf Eingliederungshilfe schon dem Grunde nach nicht besteht, bedarf es auch der von der Klägerin weiter hilfsweise beantragten Vernehmung der Eheleutte xxx der Frau xxx und der Frau xxx zum Nachweis des von ihr im einzelnen geltend gemachten Bedarfs nicht. Schließlich ist auch der Antrag der Klägerin, die Gerichtsakten erster Instanz und die Verwaltungsvorgänge bezüglich der Verfahren, die für Zeiträume ab Dezember 1989 geführt werden, zum Nachweis dafür beizuziehen, daß die gewählte Maßnahme Erfolg hatte und hat, abzulehnen. Es kommt hier lediglich darauf an, ob das "betreute Wohnen" in dem streitbefangenen Zeitraum eine für die Klägerin geeignete Maßnahme der Eingliederungshilfe gewesen ist. Dies läßt sich nicht durch eine spätere Entwicklung der Klägerin belegen. Es liegt auf der Hand, daß sich auch mit einer an sich ungeeigneten Maßnahme, wenn sie mit einem - durch ihre Ungeeignetheit bedingten - erheblichen Aufwand betrieben wird, gewisse Erfolge erzielen lassen. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, die Maßnahme sei von Anfang an geeignet gewesen und müsse deshalb - nachträglich - aus Mitteln der Sozialhilfe finanziert werden.
Nach alledem kann das Urteil des Verwaltungsgerichts, soweit darin der Beklagte zur Übernahme von Kosten der Eingliederungshilfe für die Klägerin verpflichtet worden ist, keinen Bestand haben. Damit scheitert zugleich das Begehren der Klägerin auf Bewilligung einer weitergehenden Eingliederungshilfe (Haupt- und Hilfsantrag).
Die Berufung der Klägerin ist ferner in ihrem Haupt- und Hilfsantrag unbegründet, soweit sie auf eine weitergehende Verpflichtung des Beklagten zur Übernahme von Kosten für die Hilfe zur Haushaltsführung gerichtet ist.
Aus § 11 Abs. 3 BSHG folgt, daß zur Hilfe zum Lebensunterhalt auch Aufwendungen für einzelne für den Lebensunterhalt erforderliche Tätigkeiten gehören, wenn der Hilfeempfänger trotz teilweisen Funktionsausfalles in, der Lage ist, ein Leben zu führen, das dem vergleichbarer Altersgenossen im wesentlichen entspricht und die zu ersetzenden Tätigkeiten für die Lebensführung nur ergänzende Bedeutung haben (Senatsurt. v. 18. Aug. 1982 - 4 A 35/82 -, FEVS 33, 20 ff.; Knopp/Fichtner, BSHG, 7. Aufl. 1992, Rdnr. 6 zu § 11; Schellhorn/Jirasek/Seipp, Komm. z. BSHG, 14. Auf. 1993, Rdnr. 54 zu, § 11). Die. Verpflichtung des Sozialhilfeträgers zur Hilfegewährung ist dabei begrenzt auf einen angemessenen Umfang; die Hilfe muß zur Erreichung des in § 1 Abs. 2 Satz 1 BSHG normierten Ziels der Sozialhilfe, dem Hilfeempfänger ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen, notwendig sein (BVerwG, Urt. v. 9. Juni 1971 - V C 84.70 -, FEVS 18, 372 = ZfSH 72, 272; OVG Münster, Urt. v. 20. März 1991 - 8 A 20.93/88 -, FEVS 42, 13). Es darf sich nur um solche einzelnen Tätigkeiten handeln, die in ihrer Bedeutung nicht so personenbezogen sind, daß der Hilfeempfänger ohne ihre Sicherstellung in seiner menschenwürdigen Existenz ernstlich gefährdet wäre; die Verrichtung der erforderlichen Tätigkeit soll nur ergänzende Funktion haben (Mergler/Zink, BSHG, Komm., Lose-Blatt-Ausgabe, Stand: Juli 1992, Rdnr. 33, 34 zu § 11 BSHG; Schellhorn/Jirasek/Seipp, a.a.O.).
Der Senat folgt der von dem Verwaltungsgericht im Anschluß an das Gutachten des Sachverständigen Dr. xxx vom 19. September 1991 vertretenen Auffassung, daß im Fall der Klägerin, die Voraussetzungen für die Gewahrung einer Hilfe zur Haushaltsführung zwar gegeben sind, jedoch nur die Kosten für Haushilfstätigkeiten in Ansatz gebracht werden können. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen in dem Urteil des Verwaltungsgerichts (S. 23 f. des Urteilsabdrucks) verwiesen. Daß die von dem Gutachter für ausreichend gehaltene Hilfstätigkeit in einem Umfang von vier Stunden wöchentlich zu niedrig wäre, ist nicht ersichtlich. Zwar hält die Klägerin einen höheren zeitlichen Aufwand für angemessen und bezieht sich insoweit hilfsweise auf ein einzuholendes sonderpädagogisches und hauswirtschaftliches Gutachten, eines Sachverständigen mit Geistig-Behinderten-Erfahrung. Der Einholung eines solche Gutachtens bedarf es jedoch nicht, da diese Frage durch das Gutachten von Dr. xxx bereits hinreichend geklärt ist. Die Klägerin hat nicht im einzelnen dargelegt, weshalb die Annahmen des Gutachters zum Umfang der erforderlichen Hilfstätigkeit falsch sein sollen. Es bestehen auch an der Sachkunde des Sachverständigen insoweit keine Zweifel, da dieser als ärztlicher Direktor eines psychiatrischen Krankenhauses Erfahrung in der Einschätzung des Betreuungsbedarfes behinderter Personen hat. Der von der Klägerin ferner hilfsweise zum Nachweis des zeitlichen Umfangs der erbrachten Hilfe zur Haushaltsführung beantragten Vernehmung der Eheleute xxx, der Frau xxx und der Frau xxx als Zeugen bedarf es nicht. Es kann als zutreffend unterstellt werden, daß die Hilfe zur Haushaltsführung tatsachlich in dem von der Klägerin geltend gemachten Umfang erbracht worden ist. Eine von der Einschätzung des Sachverständigen abweichende Notwendigkeit dieses Betreuungsaufwandes ergibt sich daraus aber nicht.
Zutreffend hat das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung auch einen Stundensatz von 12,50 DM für Haushaltshilfstätigkeiten zugrunde gelegt. Die Tätigkeit einer Hauswirtschafterin zu einem von der Klägerin für angemessen gehaltenen Stundensatz von 21,00 DM ist, demgegenüber für eine Hilfe zur Haushaltsführung nicht angemessen.
Unbegründet ist die Berufung der Klägerin schließlich sowohl im Hauptantrag als auch im Hilfsantrag, soweit sie auf eine weitergehende Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung von Hilfe zur Pflege gerichtet ist (Verfahren 4 A 153/89 OS).
Der Senat schließt sich den zutreffenden Ausführungen in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zur Zulässigkeit der Untätigkeitsklage, zum Einsetzen der Hilfe nach § 5 BSHG (am 25. März 1989), zum Prüfungszeitraum (bis 4. Dezember 1989) und zum Umfang der der Klägerin zustehenden Hilfe an und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf diese Bezug (Bl. 15 ff. des Urteilsabdrucks). Dem hilfsweise gestellten Antrag der Klägerin, den Sachbearbeiter des Sozialamtes der Stadt Nordhorn, Herrn V., dazu zu vernehmen, daß sie am 1. bzw. am 2. Dezember 1988 ihren Bedarf persönlich dargelegt hat, ist nicht zu entsprechen. Der Senat unterstellt die behauptete persönliche Darlegung des Bedarfs als richtig. In welchem Umfang der Bedarf geltend gemacht worden ist, ergibt sich aus dem Schreiben der Pflegerin vom 1. Dezember 1988 (Hilfe zum Lebensunterhalt, Haushaltshilfe, Eingliederungshilfe), das die Notwendigkeit einer Hilfe zur Pflege nicht aufführt. Im übrigen ist nicht erkennbar, daß der Hilfebedarf der Klägerin weitergehend als von dem Gutachter angenommen ist. Die Ausführungen des Sachverständigen Dr. xxx in dem Gutachten vom 19. September 1991 sind in sich schlüssig und widerspruchsfrei. Als Ärztlicher Direktor, des Psychiatrischen Krankenhauses xxx besitzt der Gutachter Erfahrung in der Betreuung von Behinderten und in der Einschätzung des Betreuungsbedarfes. Zwar hat die Untersuchung der Klägerin durch den Gutachter erst am 13. November 1990 stattgefunden. Der Gutachter hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht allerdings auch unter Berücksichtigung eines Wechsels der Lebensverhältnisse der Klägerin im Dezember 1988 ausdrücklich an seiner schriftlichen gutachtlichen Äußerung festgehalten. Die Einholung eines weiteren Gutachtens, wie von der Klägerin, hilfsweise beantragt, ist deshalb nicht geboten. Auch eine Vernehmung der Eheleute xxx, der Frau xxx und der Frau xxx als Zeugen zum Nachweis des geltend gemachten Betreuungsbedarfs ist nicht erforderlich. Auch hier kann unterstellt werden, daß die Hilfe in dem geltend gemachten Umfang tatsächliche erbracht worden ist; damit ist aber nichts gesagt, daß sie aus fachlicher Sicht in diesem Umfang notwendig gewesen ist.
Nach § 69 Abs. 2 Satz 3 BSHG sind die angemessenen Kosten für die Pflegekraft zu übernehmen. Die Pflegehilfe ist hier erbracht worden durch die Pflegerin Frau xxx (Bl. 5, 28 der Akte 4 B 25/90 OS); für sie macht die Klägerin einen Stundensatz von 18,-- DM geltend. Das Verwaltungsgericht hat demgegenüber ein Stundensatz von 16,-- DM für angemessen erachtet. Es hat sich dabei auf eine von ihm in dem Verfahren einer anderen Hilfeempfängerin (4 L 1313/92; 4 A 233/89 OS) eingeholten Auskunft des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Kreisgruppe xxx vom 5. November 1991 (Bl. 52 der VG-Akte) gestützt. Dieser auf die örtlichen Verhältnisse bezogene Stundensatz ist jedenfalls nicht zu niedrig.
Auch einen Anspruch der Klägerin auf die Gewährung eines Pflegegeldes gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 BSHG, für den Voraussetzung ist, daß die Klägerin in erheblichem Umfang der Wartung und Pflege dauernd bedarf, hat das Verwaltungsgericht im Anschluß an das Gutachten des Sachverständigen Dr. xxx verneint. Der Senat schließt sich dieser Einschätzung an. Durchgreifende, dagegen sprechende Grunde hat die Klägerin nicht vorgetragen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1 Satz 3, 154 Abs. 2, 188 Satz 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Bei der Kostenentscheidung berücksichtigt der Senat, daß die Klägerin im Ergebnis mit ihren erstinstanzlichen Klageanträgen nur zu einem zu vernachlässigenden geringen Teil durchgedrungen ist und im Berufungsverfahren der Beklagte in vollem Umfang obsiegt hat.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 21 VwGO liegen nicht vor. Die Entscheidung beruht ausschließlich auf einer Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalles.
Rechtsmittelbelehrung
Die Nichtzulassung der Revision kann innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils beim
Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht,
durch Beschwerde angefochten werden.
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Willikonsky
Claus