Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 08.06.1993, Az.: 9 K 570/92

Vergnügungssteuersatzung; Normenkontrollverfahren; Vergnügungssteuer; Ermächtigungsgrundlage; Verstoß gegen höherrangiges Recht

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
08.06.1993
Aktenzeichen
9 K 570/92
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1993, 13617
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1993:0608.9K570.92.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
BVerwG - 22.03.1994 - AZ: BVerwG 8 NB 3/93

Tenor:

Der Antrag, § 9 der Vergnügungssteuersatzung der Stadt ... vom 5. Dezember 1985 in der Fassung vom 13. Juli 1989 für nichtig zu erklären, soweit für Geräte, mit denen Gewalttätigkeiten gegen Menschen dargestellt werden oder gegen Sachen, in denen sich Menschen zu befinden pflegen oder die eine Verherrlichung oder Verharmlosung des Krieges zum Gegenstand haben, ein Steuersatz von monatlich jeweils 600,-- DM festgesetzt ist, wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

1

Die Antragstellerin betätigt sich im Gebiet der Antragsgegnerin als gewerbliche Automatenaufstellerin. Bei Antragstellung betrieb sie in einer Spielhalle unter anderem acht Geräte für Spiele mit Gewalt oder Krieg verherrlichendem Charakter (sogenannte "Killerautomaten"). Anfang 1993 hat sie die Geräte abgegeben. Für den Spielbetrieb wird sie von der Antragsgegnerin zur Vergnügungssteuer herangezogen. Mit ihrem Antrag wendet sie sich gegen die Besteuerung der "Killerautomaten".

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Nach § 1 Nr. 4 der Vergnügungssteuersatzung der Stadt Celle vom 5. Dezember 1985 (ABl f. d. LK Celle S. 236), jetzt geltend in der Fassung der Änderungssatzung vom 13. Juli 1989 (ABl S. 111) ist Steuergegenstand u.a. der Betrieb von Spielgeräten. Die Steuer wird gemäß §§ 4 Abs. 4, 9 der Satzung als Pauschsteuer erhoben. Diese beträgt nach § 9 der Satzung

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"bei Veranstaltungen im Sinne von § 1 Nr. 4 ... für jeden angefangenen Kalendermonat für

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...

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e) Geräte, mit denen Gewalttätigkeiten gegen Menschen dargestellt werden oder gegen Sachen, in denen sich Menschen zu befinden pflegen oder die eine Verherrlichung oder Verharmlosung des Krieges zum Gegenstand haben

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600 Deutsche Mark".

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Mit dem am 27. Januar 1992 bei Gericht eingegangenen Normenkontrollantrag macht die Antragstellerin geltend: § 9 Buchstabe e der Vergnügungssteuersatzung der Antragsgegnerin sei unwirksam, weil dafür eine wirksame Ermächtigungsnorm fehle. Die Ermächtigung in § 3 Abs. 2 Satz 1 des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetzes sei insoweit nichtig, als sie die Erhebung einer Vergnügungssteuer für Geräte, mit denen Gewalttätigkeiten gegen Menschen dargestellt werden oder gegen Sachen, in denen sich Menschen zu befinden pflegen oder die eine Verherrlichung oder Verharmlosung des Krieges zum Gegenstand haben, zu einem Steuersatz von 600,-- DM monatlich betrifft. Diese Ermächtigungsnorm genüge nicht dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot. Außerdem werde durch die stark unterschiedlichen Vergnügungssteuersätze der Gemeinden das Gebot der Wahrung einheitlicher Lebensverhältnisse mißachtet. Die von der Antragsgegnerin für "Killerautomaten" festgelegte Steuerbelastung sei unverhältnismäßig. Diese Steuerlast könne der Unternehmer auch nicht auf den Spieler abwälzen, zumal dem durch die Vorschriften der Spielverordnung Grenzen gesetzt seien. Für den Unternehmer habe die Besteuerung daher erdrosselnde Wirkung und verletzte deshalb die Berufsfreiheit. Weiter werde durch die erhöhte Besteuerung von Killerautomaten in verfassungswidriger Weise in Gesetzgebungskompetenzen des Bundes für die Wirtschaft eingegriffen. Obwohl mit der Erhebung von Steuern neben der Einnahmeerzielung auch andere Zwecke verfolgt werden könnten, greife der Landesgesetzgeber mit einem Steuergesetz, das - wie hier - als Hauptzweck der Wirtschaftslenkung diene, unzulässig in die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes ein. Denn für wirtschaftslenkende Maßnahmen habe der Bund die Gesetzgebungskompetenz.

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Außerdem verstoße die angegriffene Vergnügungssteuererhebung gegen das Recht der Europäischen Gemeinschaften. Nach Art. 33 der Richtlinie 77/388 des Rates vom 17. Mai 1977, der "6. Mehrwertsteuerrichtlinie", seien zwar Steuern, Abgaben und Gebühren, die nicht den Charakter von Umsatzsteuern haben, zulässig. Doch handele es sich bei der Vergnügungssteuer um eine Steuer, die den Charakter von Umsatzsteuern hat. Das folge aus einer teleologischen Interpretation der diesbezüglichen Regelung in Art. 33 der Richtlinie 77/388.

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Die Antragstellerin beantragt,

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§ 9 der Vergnügungssteuersatzung der Stadt ... vom 5. Dezember 1985 in der Fassung vom 13. Juli 1989 für nichtig zu erklären, soweit für Geräte, mit denen Gewalttätigkeiten gegen Menschen dargestellt werden oder gegen Sachen, in denen sich Menschen zu befinden pflegen oder die eine Verherrlichung oder Verharmlosung des Krieges zum Gegenstand haben, ein Steuersatz von jeweils monatlich 600,-- DM festgesetzt ist.

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Die Antragsgegnerin beantragt,

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den Antrag abzulehnen.

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Sie ist der Ansicht, daß die angegriffene Satzungsregelung nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen Art. 105 Abs. 2 a des Grundgesetzes, verstößt. Auch mit dem Recht der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft sei sie zu vereinbaren. Die Pauschsteuer nach § 9 Buchstabe e der Vergnügungssteuersatzung der Antragsgegnerin habe nicht den Charakter einer Umsatzsteuer im Sinne des Art. 33 der Richtlinie 77/388.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Der Antrag ist gemäß § 47 VwGO zulässig. § 9 Buchst. e der Vergnügungssteuersatzung der Stadt Celle vom 5. Dezember 1985 in der Fassung vom 13. Juli 1989 - VergnStS - ist eine Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, deren Überprüfung im Wege der Normenkontrolle nach § 7 des Niedersächsischen Verwaltungsgerichtsgesetzes beantragt werden kann. Die Antragstellerin ist auch gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 antragsbefugt, weil sie von der Antragsgegnerin aufgrund des § 9 Buchst. e VergnStS zur Vergnügungssteuer herangezogen wurde und dadurch einen Nachteil erlitten hat.

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Der Antrag ist jedoch unbegründet. § 9 Buchst. e VergnStS ist mit höherrangigem Recht vereinbar. Diese Vorschrift der Vergnügungssteuersatzung der Antragsgegnerin findet in §§ 2 und 3 NKAG eine ausreichende gesetzliche Ermächtigung. Weder die satzungsrechtliche Bestimmung als solche noch ihre Ermächtigungsgrundlage verstoßen gegen höherrangiges Recht.

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1. § 3 Abs. 2 NKAG, der durch Art. 1 Nr. 3 des Änderungsgesetzes zum NKAG vom 2. Juli 1985 (Nds. GVBl S. 207) neu gefaßt worden ist, ermächtigt die Gemeinden zur Erhebung von Vergnügungssteuern. Diese Ermächtigung genügt dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot und dem Vorbehalt des Gesetzes (Urt. d. Sen. v. 28. 8. 1991 - 9 L 4593/91 -).

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Die von der Beklagten erhobene Vergnügungssteuer ist eine Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2 a GG. Durch sie wird der Aufwand des Spielers, der sich vergnügt, für seine persönliche Lebensführung besteuert; die Steuerlast wird von dem aus steuertechnischen Gründen als Steuerschuldner bestimmten gewerblichen Automatenaufsteller in den Spieleinsatz einkalkuliert und so abgewälzt. Dazu, daß die Vergnügungssteuer eine auf den Benutzer abwälzbare Aufwandsteuer ist, hat der Senat in seinem Urteil vom 28. August 1991 (9 L 4593/91) ausgeführt:

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"Die von der Beklagten erhobene Vergnügungssteuer für den Betrieb von Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit in Spielhallen in Höhe von 250,-- DM ist ebenso wie die für sonstige Geräte ohne Gewinnmöglichkeit erhobene Vergnügungssteuer von 20,-- DM sowie die für Geräte mit Gewalt und Krieg verherrlichendem Charakter erhobene Vergnügungssteuer von 300,-- DM eine auf den Benutzer abwälzbare Aufwandssteuer. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urt. v. 10. 5. 1962 - 1 BvL 31/58 - BVerfGE 14, 76, 96) [BVerfG 10.05.1962 - 1 BvL 31/58] genügt es, wenn die Steuer in dem Sinne "kalulatorisch" auf den Spieler abgewälzt werden kann, daß der Steuerpflichtige den von ihm zu zahlenden Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiergegen die zur Aufrechterhaltung der zur Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen treffen kann (BVerfG, aaO). Dabei ist auf den Spielereinsatz und Gewinn der besteuerten Geräte abzustellen, weil der Steuerpflichtige nicht darauf verwiesen werden kann, Gewinne aus anderen rentablen Betriebssparten für die Zahlung der Steuer verwenden zu müssen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 1. 4. 1971 - BvL 22/67 -, BVerfGE 31, 8, 21 f.) [BVerfG 01.04.1971 - 1 BvL 22/67]. Die verbindlichen Vorgaben des § 13 SpielVüber den höchstzulässigen Spieleinsatz und die Mindestgewinnausschüttung bei Geldspielgeräten setzen der Abwälzbarkeit Grenzen, schließen sie aber nicht aus. Kalkulatorische Abwälzung in diesem Sinne bedeutet nämlich nicht, daß der Unternehmer eine Anhebung der Vergnügungssteuer in jedem Falle ohne Schmälerung des bisher erzielten Gewinns an den Spieler weitergeben können muß, vielmehr ist ausschlaggebend, ob die Steuerlast letztlich vom Spieler durch den Spieleinsatz finanziert wird und in der Kalkulation des Geräteaufstellers nur einen durchlaufenden Posten darstellt (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 20. 6. 1990 - 13 A 42/88 -). Solange die Steuerlast in der Kalkulation des Aufstellers nicht zu einem Verlust führt, sondern beim Aufsteller ein Gewinn verbleibt, ist es der Spieler, der mit seinem Einsatz neben diesem Gewinn auch die Steuer finanziert."

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Die Erhebung der Vergnügungssteuer nach § 9 Buchst. e VergnStS hat keine erdrosselnde Wirkung. Weder wird das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) verletzt, insbesondere für Angehörige des maßgeblichen Berufes die Freiheit der Berufswahl eingeschränkt, noch hat die Besteuerung in dem Sinne "erdrosselnde" Wirkung, daß sie ersichtlich darauf ausginge, die Erfüllung des Steuertatbestandes praktisch unmöglich zu machen (BVerfG, Beschl. v. 1. 4. 1971 - 1 BvL 22/67 - E 31, 8 ff, 23). Für die Beurteilung der Frage, ob die Freiheit der Berufswahl durch die Erhebung der Spielautomatensteuer betroffen ist, ist - entgegen der Ansicht der Antragstellerin - der Beruf des Automatenaufstellers insgesamt in den Blick zu nehmen, das Berufsbild des Aufstellers von "Killerautomaten" existiert nicht. Die erhöhte Besteuerung des Betriebs von "Killerautomaten" betrifft mithin nicht die Freiheit der Berufswahl, sondern allein diejenige der Berufsausübung, zu deren Beschränkung vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls ausreichen (BVerfG, Urt. v. 11. 6. 1958 - 1 BvR 596/56 - E 7, 377 ff). Als solche sind die finanzpolitischen Interessen der Antragsgegnerin ebenso tragfähig wie das ordnungspolitische Interesse, die Aufstellung von "Killerautomaten" einzudämmen ("Edukationseffekt"), ohne daß es auf das Rangverhältnis der Interessen ankommt (BVerwG, Beschl. v. 17. 7. 1989 - 8 NB 2/89 - NVwZ 1989, 1176). Hinzuzufügen ist, daß auch keine genügenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, daß die erhöhte Besteuerung von "Killerautomaten" die Aufstellung solcher Spielgeräte praktisch unmöglich macht. Denn, wie in der mündlichen Verhandlung erörtert, werden solche Geräte weiterhin betrieben, und zwar auch bei einem Steuersatz von 600,-- DM monatlich. Das Gegenteil kann auch nicht daraus geschlossen werden, daß die Antragstellerin die in ihrem Betrieb in Celle aufgestellten acht "Killerautomaten" Anfang 1993 abgegeben hat, weil hierfür auch andere Ursachen maßgeblich gewesen sein können. Selbst die von der Antragstellerin kurz vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegten Zahlen belegen ihren diesbezüglichen Vortrag nicht: Die mit Schriftsatz vom 26. Mai 1983 vorgelegten Zahlen betreffen lediglich zwei der ursprünglich acht Spielgeräte dieser Art. Nach den mitgeteilten Zahlen zu Kasseneinnahmen und Kosten - die im übrigen nicht belegt sind - ergibt sich, daß eines der Geräte auch unabhängig von der Vergnügungssteuer nicht mit Gewinn betrieben werden konnte. Dies macht deutlich, daß für den Rückgang der Erlöse auch "vergnügungssteuerfremde" Gründe maßgebend sind.

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Es begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, daß die Erhebung einer erhöhten Vergnügungssteuer auf "Killerautomaten" nicht nur der Erzielung von Einnahmen, sondern auch anderen Zwecken dient. Dies ist nach § 3 Abs. 1 AO zulässig; auch nach § 3 Abs. 3 Satz 2 NKAG gilt die Einschränkung, daß Kommunen Steuern nur erheben sollen, soweit ihre sonstigen Einnahmen zur Deckung der Ausgaben nicht ausreichen, für die Erhebung der Vergnügungssteuer ausdrücklich nicht. Im übrigen ist es verfassungsrechtlich anerkannt, daß die Zuständigkeit der Länder zur Gesetzgebung über eine bestimmte Steuer auch die Kompetenz zu einem Steuergesetz einschließt, das Nebenzwecke auf Gebieten verfolgt, die nach der allgemeinen Zuständigkeitsregelung der Gesetzgebung der Länder entzogen sind (BVerfG, Urt. v. 10. 5. 1962 - 1 BvL 31/58 - E 14, 76 ff, 99). Für den vorliegenden Fall gilt auch nicht deshalb etwas anderes, weil etwa das Land den Hauptzweck eines Steuergesetzes, Einnahmen zu erzielen, zurückgestellt und eine Regelung, die ihm nach den allgemeinen Kompetenzvorschriften versagt ist, mißbräuchlich in das Gewand eines Steuergesetzes gekleidet hat. Denn einerseits ist es schon fraglich, ob neben dem mit der erhöhten Besteuerung der "Killerautomaten" verfolgten "Edukationseffekt" deren Finanzierungsfunktion zurücktritt. Vielmehr ist davon auszugehen, daß die Antragsgegnerin eine schon vorher zur Erzielung von Einnahmen genutzte Steuerquelle nur intensiver in Anspruch genommen hat. Andererseits ist es vor allem unzutreffend, daß der "Edukationseffekt" der erhöhten Besteuerung von "Killerautomaten" nur der Wirtschaftslenkung diene. Vielmehr stehen ordnungspolitische Aspekte (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 15. 2. 1989 - 13 C 2/87 - NVwZ 1989, 591) und auch solche der Kulturpolitik und des Städtebaus im Vordergrund.

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2. Die Erhebung von Vergnügungssteuer in Anwendung von § 9 Buchst. e VergnStS verstößt auch nicht gegen Art. 33 der 6. Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Umsatzsteuern - gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage - 77/388/EWG - (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 145/1 vom 13. 6. 1977). Art. 33 lautet:

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"Unbeschadet anderer Gemeinschaftsbestimmungen hindern die Bestimmungen dieser Richtlinie einen Mitgliedsstaat nicht daran, Abgaben auf Versicherungsverträge, auf Spiele und Wetten, Verbrauchssteuern, Grunderwerbsteuern, sowie ganz allgemein alle Steuern, Abgaben und Gebühren, die nicht den Charakter von Umsatzsteuern haben, beizubehalten oder einzuführen."

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Ein Verstoß gegen diese Vorschrift ist nicht gegeben. Die Vergnügungssteuer ist der Umsatzsteuer nicht gleichartig (BVerwG, B. v. 17.7.89 - 8 NB 2/89 - NVwZ 1989, 1176). Entscheidend ist, daß die vorliegend zu überprüfende Vergnügungssteuer nicht in dem in Art. 33 Richtlinie 77/338 gemeinten Sinne den Charakter von Umsatzsteuern hat. Zur Beantwortung dieser Frage ist - wie auch die Antragstellerin meint - der Sinn des durch Art. 33 Richtlinie 77/388 begründeten Verbots durch Auslegung zu ermitteln und das Ergebnis mit dem Wesen der gemäß § 9 Buchst. e VergnStS erhobenen Vergnügungssteuer zu vergleichen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften beruht das gemeinsame Mehrwertsteuersystem auf dem Grundsatz, "daß auf Gegenstände und Dienstleistungen bis zur Einzelhandelsstufe einschließlich, ungeachtet der Zahl der Umsätze, die auf den vor der Besteuerungsstufe liegenden Produktions- und Vertriebsstufen bewirkt wurden, eine allgemeine, zum Preis der Gegenstände und Dienstleistungen genau proportionale Verbrauchsteuer anzuwenden ist. Jedoch wird bei allen Umsätzen die Mehrwertsteuer nur abzüglich des Mehrwertsteuerbetrages geschuldet, der die verschiedenen Kostenelemente unmittelbar belastet hat" (Urt. des Gerichtshofes vom 19. 3. 1991, Rechtssache C-109/90, Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofes 1991-3, I-1385, 1397 f). Danach sind die hier bedeutsamen Merkmale einer Umsatzsteuer im Sinne von Art. 33 der Richtlinie 77/388, daß sie eine allgemeine Steuer ist, die auf jeder Produktions- und Vertriebsstufe erhoben wird und die sich auf den bei jedem Umsatz erzielten Mehrwert bezieht. Diese Merkmale weist die vorliegend zu überprüfende Vergnügungssteuer nicht auf. Sie bezieht sich insbesondere nicht auf den bei jedem Umsatz erzielten Mehrwert, sondern wird als Pauschsteuer ohne Rücksicht auf die erzielten Mehrwerte erhoben. Es kommt also auf den Betrag der Einnahmen des Steuerpflichtigen überhaupt nicht an. Hierzu hat der Gerichtshof schon in seinem Urteil vom 3. März 1988 (Rechtssache 252/86, Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofes, 1988-3, 1367 ff, 1372) entschieden, daß "eine Steuer, die lediglich auf die Bereitstellung eines Gegenstandes für die Öffentlichkeit gelegt wird, ohne daß es auf dessen tatsächliche Benutzung ankommt, und die nicht von den durch diese Bereitstellung erzielten Einnahmen abhängt ... nicht die Merkmale einer allgemeinen Verbrauchsteuer" aufweist und daß eine solche Steuer zu einem festen Satz, deren Steuersatz nicht aufgrund einer objektiven Bewertung der Einnahmen festgelegt wurde, nicht den Charakter einer Umsatzsteuer hat. Auch danach ist die von der Antragsgegnerin als Pauschsteuer erhobene Vergnügungssteuer mit der innerhalb der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft in einheitlicher Weise erhobenen Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) nicht vergleichbar, sie hat nicht den Charakter von Umsatzsteuern im Sinne des Art. 33 der Richtlinie 77/388.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

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Gegen diese Entscheidung ist nach § 136 VwGO die Revision ausgeschlossen. Gründe für eine Vorlage an das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 47 Abs. 5 VwGO sind nicht gegeben.

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v. Alten

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Richter am Oberverwaltungsgericht

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Dr. Claaßen ist wegen Urlaubs an der Unterzeichnung verhindert.

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v. Alten

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Berthold