Landgericht Aurich
Beschl. v. 06.01.2011, Az.: 12 Qs 205/10

Ungünstige wirtschaftliche Verhältnisse eines Angeklagten als eigenständiger Grund für eine Erkennung auf (Gesamt-)Freiheitsstrafe statt auf eine (Einzel-)Geldstrafe

Bibliographie

Gericht
LG Aurich
Datum
06.01.2011
Aktenzeichen
12 Qs 205/10
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2011, 10075
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGAURIC:2011:0106.12QS205.10.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Leer - 26.10.2010 - AZ: 6c Ds 237/10

Verfahrensgegenstand

Körperverletzung
hier: Absehen von Gesamtstrafenbildung

In der Strafsache
...
hat die II. große Strafkammer des Landgerichts Aurich
auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Aurich vom 11.11.2010
gegen den Beschluss des Amtsgerichts Leer vom 26.10.2010 (Az: 6c Ds 237/10)
durch
die unterzeichneten Richter am 06.01.2011
beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Aurich vom 11.11.2010 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Leer vom 26.10.2010 (Az: 6c Ds 237/10) wird auf Kosten der Staatskasse als unbegründet verworfen.

Gründe

1

Die sofortige Beschwerde ist gem. § 462 Abs. 3 S. 1 StPO zulässig, jedoch unbegründet.

2

Denn gegen das Absehen von der nachträglichen Bildung der Gesamtstrafe gem. § 460 Abs. 1 StPO i.V.m. §§ 55, 53 Abs. 2 S. 2 StGB ist aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, auf die vollumfänglich Bezug genommen wird, nichts zu erinnern. Insbesondere ist eine fehlerhafte Ausübung des in § 53 Abs. 2 S. 2 StGB eingeräumten Ermessens nicht zu erkennen, zumal das Amtsgericht in der angefochtenen Entscheidung nachvollziehbar und hinreichend begründet hat, warum es gerade nicht von der Regel des § 53 Abs. 1 StGB Gebrauch und von einer Gesamtstrafenbildung abgesehen hat.

3

Ergänzend merkt die Kammer an, dass es im Rahmen der Ermessensausübung vielmehr gegen die Bildung einer Gesamtfreiheitsstrafe spricht, wenn das Schwergewicht bei der Tat liegt, wegen derer Geldstrafe verhängt wurde (vgl. Fischer, StGB, § 53 Rz. 7 m.w.N.). Und genau so liegt der Fall hier: Angesichts der verhängten Rechtsfolgen (120 Tagessätze Geldstrafe gegenüber 3 Monate Freiheitsstrafe) erscheint ein Absehen von der Gesamtstrafenbildung sachgerecht. Daran vermögen auch die Erwägungen in der Beschwerdebegründung zum geringeren Strafübel für den Verurteilten nichts zu ändern.

4

Im Gegenteil: Die Gesamtfreiheitsstrafe erscheint für den Fall der Verbüßung der Ersatzfreiheitsstrafe zwar günstiger. Jedoch wäre dem Angeklagten dann die Möglichkeit genommen, die Verbüßung der Ersatzfreiheitsstrafe durch (Teil-)Zahlung der Geldstrafe zu beenden oder zu verkürzen, § 459e Abs. 4 StPO (vgl. KG NStZ 2003, 207 (208) [KG Berlin 22.08.2002 - 5 Ss 186/02]). Insoweit sind - wie hier - auch ungünstige wirtschaftliche Verhältnisse des Angeklagten für sich kein Grund, statt auf eine (Einzel-)Geldstrafe auf (Gesamt-)Freiheitsstrafe zu erkennen ( OLG Hamburg MDR 1971, 1022 (1023) [OLG Hamburg 08.09.1971 - 1 Ss 68/71]).

5

Vor diesem Hintergrund war die sofortige Beschwerde auf Kosten der Staatskasse (vgl. insoweit Meyer-Goßner, StPO, § 473 Rz. 16 a.E.) als unbegründet zu verwerfen.