Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 13.11.1996, Az.: 2 U 159/96

Leistungsfreiheit des Versicherers; Erfordernis der zusätzlichen mündlichen Belehrung über die Folgen vorsätzlicher Falschangaben bei einem nicht der deutschen Sprache mächtigen Versicherungsnehmer

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
13.11.1996
Aktenzeichen
2 U 159/96
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1996, 21406
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1996:1113.2U159.96.0A

Amtlicher Leitsatz

Mündliche Belehrung des der deutschen Sprache nur unvollkommen mächtigen VN über die Konsequenzen einer folgenlos gebliebenen Aufklärungspflichtverletzung als Voraussetzung für Leistungsfreiheit.

Entscheidungsgründe

1

Die Berufung hat Erfolg. Der Kläger hat gegen die Beklagte aus der bei ihr unterhaltenen Fahrzeugteilversicherung einen Anspruch auf Zahlung von 21.000,00 DM, weil der versicherte PKW Mercedes-Benz .... am 16.11.1994 in Gdingen entwendet worden ist.

2

Die Beklagte ist entgegen der Annahme des Landgerichts nicht nach § 7 I 2, V 4 AKB in Verb. mit § 6 Abs. 3 VVG leistungsfrei. Es kann dahinstehen, ob der Kläger bei der Erstattung der Schadenanzeige vom 22.11.1994 oder später bei der Ausfüllung des zusätzlichen Ermittlungsbogens vom 20.02.1995 gegenüber der Beklagten vorsätzlich falsche Angaben über den Kaufpreis, über Vorschäden und über durchgeführte Reparaturen gemacht hat. Solche falschen Angaben hätten, da allein eine folgenlos gebliebene Verletzung von Aufklärungsobliegenheiten in Rede steht, nur dann zur Leistungsfreiheit der Beklagten führen können, wenn der Kläger vorher hinreichend über die Folgen von vorsätzlich falschen Angaben belehrt worden wäre (BGH VersR 1973, 174). Das ist nicht der Fall.

3

Eine Belehrung in an sich hinreichender Fassung war zwar in den Formularen der Beklagten enthalten, die hier verwendet und vom Kläger unterschrieben worden sind. Nach den Besonderheiten des vorliegenden Falls genügte sie aber nicht. Der Kläger beherrscht, wie nicht streitig ist und in der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme bestätigt worden ist, die deutsche Sprache nur unzureichend, er kann sie insbesondere nur unvollkommen lesen. Er hat sich deshalb bei der Ausfüllung der Schadenanzeige der Hilfe der für die Beklagte tätigen Versicherungskaufleute K sen. und K jun. bedient, entsprechend ihm von diesen gestellten Fragen nur mündliche Angaben gemacht und dann die Formulare unterschrieben.

4

In einem solchen Fall reicht eine schriftliche Belehrung der hier vorliegenden Art in einer für den Versicherungsnehmer fremden Sprache regelmäßig nicht aus; er muss vielmehr von dem abfragenden Mitarbeiter des Versicherers zusätzlich mündlich über die Folgen vorsätzlicher Falschangaben belehrt werden (OLG Hamm, VersR 1981, 970). Eine solche mündliche Belehrung des Klägers ist nicht erfolgt.

5

Anderes könnte nur gelten, wenn der Kläger arglistig gehandelt hätte (BGH VersR 1971/142). Dafür ist aber nichts ersichtlich.