Verwaltungsgericht Göttingen
Beschl. v. 01.04.2019, Az.: 1 B 36/19

Einnahme; Entziehung; Fahrerlaubnis; Kokain; Methadon; Substitution; unbewusst; unwissentlich

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
01.04.2019
Aktenzeichen
1 B 36/19
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2019, 69498
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Gründe

Die Antragstellerin wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Entziehung ihrer Fahrerlaubnis der Klasse B sowie der hiervon eingeschlossenen und hierfür vorausgesetzten Führerscheinklassen.

Die Antragstellerin befuhr am 15.05.2018 mit einem Pkw öffentliche Straßen im Bereich des Landkreises H., wo sie gegen 19.20 Uhr von Polizeibeamten kontrolliert wurde. Nachdem ein durchgeführter Atemalkoholvortest eine Atemalkoholkonzentration von 0,14 Promille ergeben hatte, stimmte die Antragstellerin einem freiwilligen Drogenvortest zu. Dieser reagierte positiv auf Kokain. Nach Belehrung der Beamten gab die Antragstellerin – so der Einsatzbericht der Polizeibeamten – vor Ort an, am vergangenen Wochenende eine Line Kokain konsumiert zu haben. Dies bestätigte die Antragstellerin zudem mit einer Unterschrift auf dem angefertigten Einsatzprotokoll (vgl. Bl. 25 Rückseite Beiakte 001). Eine daraufhin angeordnete Blutprobe bestätigte den Konsum von Kokain und zusätzlich Methadon; die Universitätsmedizin I. ermittelte eine Konzentration von 18 ng/ml des Kokainabbauprodukts Benzoylecgonin sowie 590 ng/ml Methadon im Blut der Antragstellerin. Zudem wurde eine Blutalkoholkonzentration von 0,12 Promille festgestellt. Das daraufhin eingeleitete Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren wurde in der Folge eingestellt, da die festgestellte Benzoylecgoninkonzentration nach dem Gutachten des Universitätsklinikums I. auf einen länger zurückliegenden Kokainkonsum hingedeutet habe und ein Einfluss im Zeitpunkt der Blutentnahme daher nicht anzunehmen gewesen ist.

Mit Schreiben vom 26.09.2018 wurde die Antragstellerin zu einer beabsichtigten Entziehung ihrer Fahrerlaubnis angehört. Die Antragstellerin erklärte, dass zunächst der Abschluss des zu diesem Zeitpunkt noch anhängigen Strafverfahren wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz abzuwarten sei.

Nachdem die Staatsanwaltschaft G. das Strafverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt hatte, entzog der Antragsgegner der Antragstellerin mit Bescheid vom 09.11.2018 die Fahrerlaubnis (Ziff. 1 des Bescheids), forderte sie unter Fristsetzung zur Abgabe ihres Führerscheins auf (Ziff. 2), ordnete jeweils die sofortige Vollziehung dieser Regelungen an (Ziff. 3), drohte gegenüber der Antragstellerin für den Fall, dass sie ihren Führerschein bis zum 20.11.2018 nicht abgeben werde, ein Zwangsgeld in Höhe von 160,- Euro an (Ziff. 4) und legte ihr die Kosten des Verwaltungsverfahrens auf (Ziff. 5). Die Fahrerlaubnisentziehung und die Aufforderung zur Abgabe des Führerscheins begründete der Antragsgegner damit, dass die Antragstellerin aufgrund des nachgewiesenen Konsums „harter Drogen“ – Kokain und Methadon – als nicht geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen sei. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Fahrerlaubnisentziehung begründete der Antragsgegner damit, dass aufgrund des nachgewiesenen Betäubungsmittelkonsums die Fahrungeeignetheit der Antragstellerin feststehe und ihre Verkehrsteilnahme daher eine erhebliche Gefahr für die anderen Verkehrsteilnehmer darstelle. Ihr Interesse, Fahrerlaubnis und Führerschein vorerst zu behalten, müsse hinter dem Sicherheitsbedürfnis der Allgemeinheit zurückstehen.

Am 26.11.2018 erschien die Antragstellerin in den Räumlichkeiten des Antragsgegners und versicherte an Eides statt, dass ihr Führerschein abhandengekommen sei und sie keine Angaben über den Verbleib machen könne.

Am 10.12.2018 hat die Antragstellerin gegen den Bescheid Klage erhoben – diese ist unter dem Az. 1 A 602/18 beim beschließenden Gericht anhängig – und am 21.01.2019 um einstweiligen Rechtsschutz ersucht.

Zur Begründung ihrer Klage und des Antrags im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes trägt die Antragstellerin vor, sie habe das Kokain unwillentlich konsumiert. Dieses sei ihr vielmehr von einem ehemaligen und inzwischen tödlich verunfallten Praktikanten ihrer Firma, eines Herrn J. K., untergemischt worden. Sie – die Antragstellerin – habe während des Praktikums in Erfahrung gebracht, dass Herr K. Kokain konsumiere und wegen versuchter Vergewaltigung verurteilt worden sei. Als dieser mit zwei Kundinnen ihrer Firma unterwegs gewesen sei, habe sie eine Kundin vor Herrn K. gewarnt. Dieser habe hiervon erfahren und sich offenbar bei ihr – der Antragstellerin – gerächt. Am Wochenende vor der Verkehrskontrolle habe eine Grillfeier auf dem Firmengelände der Antragstellerin stattgefunden, an der auch Herr K. teilgenommen habe. Er habe ihr eine geöffnete Cola-Flasche übergeben, deren Verzehr zu Kreislaufproblemen bei der Antragstellerin geführt habe. Da sie selbst nie bewusst Kokain konsumiert habe, sei die Antragstellerin entsetzt über den positiven Test bei der Verkehrskontrolle gewesen. Später habe sie dann realisiert, dass Herr K. ihr Kokain in ihre Cola gemischt haben müsse.

Das Methadon erhalte die Antragstellerin aus medizinischen Gründen. Es werde ihr – was durch ein vorgelegtes ärztliches Attest bestätigt wird – durch ihren Hausarzt verordnet. Eine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit schließe dieser aus.

Die Antragstellerin beantragt,

die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 09.11.2018 wiederherzustellen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen in seinem Bescheid. Der Rechtmäßigkeit der Fahrerlaubnisentziehung stehe auch die nachträgliche Behauptung, der Kokainkonsum sei unwissentlich erfolgt, nicht entgegen. Das Vorbringen erscheine wenig glaubhaft und erwecke den Anschein einer Schutzbehauptung. Die Antragstellerin habe gegenüber den Polizeibeamten am Tattag willentlichen Kokainkonsum eingeräumt. Im Übrigen erscheine die Schilderung insbesondere hinsichtlich des Konsumvorgangs und des Motivs des Herrn K. oberflächlich und konstruiert. Darüber hinaus rechtfertige der feststehende Methadonkonsum unter Beigebrauch von Alkohol die Annahme der Nichteignung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie den im Hauptsacheverfahren 1 A 602/18 beigezogenen Verwaltungsvorgang des Antragsgegners verwiesen.

II.

A.

Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage, soweit sie die Entziehung der Fahrerlaubnis (Ziff. 1 des angefochtenen Bescheids) betrifft, ist gem. § 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 2 VwGO statthaft und auch sonst zulässig, aber unbegründet.

Der Antragsgegner hat die sofortige Vollziehung in formeller Hinsicht fehlerfrei angeordnet (1.). Die in materiell-rechtlicher Hinsicht im Rahmen der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung geht zu Lasten der Antragstellerin aus (2.). Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt das Interesse der Antragstellerin, von der sofortigen Vollziehung der angeordneten Fahrerlaubnisentziehung verschont zu bleiben, da die Klage der Antragstellerin in der Hauptsache voraussichtlich keinen Erfolg haben wird (a.). Zudem besteht an der sofortigen Vollziehung auch ein besonderes öffentliches Vollzugsinteresse (b.).

1.

Der Antragsgegner hat in dem angefochtenen Bescheid das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung der angeordneten Entziehung der Fahrerlaubnis und Abgabe des Führerscheins in einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO genügenden Weise begründet. Er hat ausgeführt, es stehe fest, dass die Antragstellerin harte Drogen konsumiert und am Straßenverkehr teilgenommen habe, weshalb ihre Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen aufgehoben sei. Es gehe eine erhebliche Gefahr für die Verkehrssicherheit und die anderen Verkehrsteilnehmer von ihr aus, weshalb ihr die Fahrerlaubnis nicht bis zur Unanfechtbarkeit des Bescheids belassen werden könne. Diese Formulierungen gehen über formelhafte Wendungen hinaus und lassen in hinreichender Weise einzelfallbezogen erkennen, warum der Antragsgegner dem öffentlichen Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs den Vorrang vor dem Interesse der Antragstellerin eingeräumt hat, ihre Fahrerlaubnis zunächst zu behalten.

2a.

Ermächtigungsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis ist § 3 Abs. 1 S. 1 StVG in Verbindung mit §§ 46 Abs. 3, 11 Abs. 1 S. 1 und 2 FeV sowie Ziff. 9.1 der Anlage 4 zu den §§ 11, 13 und 14 FeV.

Nach § 3 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 StVG hat die Fahrerlaubnisbehörde - hier der Antragsgegner - die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich jemand als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Die Anwendbarkeit der §§ 11-14 FeV außerhalb des Erteilungsverfahrens folgt aus § 46 Abs. 3 FeV, wonach diese Regelungen auch im Fall des Bekanntwerdens von eignungsbeeinträchtigenden Tatsachen – hier dem Konsum von Kokain – Anwendung finden. Der Antragsgegner durfte hier von der Nichteignung der Antragstellerin im Sinne des § 11 Abs. 1 FeV ausgehen, da in seiner Person ein Mangel nach der Anlage 4 zu § 11, 13, 14 FeV zu Tage getreten ist. So schließt Ziff. 9.1 dieser Anlage im Regelfall – dies ergibt sich aus Ziff. 3 der Vorbemerkung zur Anlage 4 zu §§ 11, 13, 14 FeV – die Eignung eines Fahrerlaubnisbewerbers oder -inhabers aus, der Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetztes (mit Ausnahme von Cannabis) konsumiert. Die Antragstellerin hat, wie sich aus dem Untersuchungsergebnis des Universitätsklinikums I. vom 15.06.2018 ergibt, unter anderem Kokain konsumiert. Kokain ist als Betäubungsmittel in der Anlage III zu § 1 Abs. 1 BtMG aufgeführt. Die genannte Ziff. 9.1 stellt für den Regelfall weder auf die Häufigkeit der Einnahme noch auf ihren Bezug zum Führen eines Kraftfahrzeugs ab. Nicht erheblich ist daher, ob es sich um einen einmaligen Vorfall gehandelt hat.

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin besteht nach summarischer Prüfung keine Veranlassung, ausnahmsweise von der Vermutung der sich aus Nummer 9.1 der Anlage 4 zur FeV regelmäßig ergebenden Wertung abzuweichen. Behauptet eine Person, in deren Körper – wie hier bei der Antragstellerin – Betäubungsmittel oder Abbauprodukte nachweislich vorgefunden wurden, sie habe die Droge unwissentlich eingenommen, so muss sie einen detaillierten, in sich schlüssigen und auch im Übrigen glaubhaften Sachverhalt vortragen, der einen solchen Geschehensablauf als ernsthaft möglich erscheinen lässt. Da derartige Betäubungsmittel illegal und zudem – regelmäßig – nicht billig sind, ist es nicht wahrscheinlich, dass Dritte einer Person Betäubungsmittel gegen ihren Willen zuführen, diese zum Beispiel eine derartige Substanz ohne Wissen des Betroffenen in ein Getränk einbringen, sofern nicht ein nachvollziehbares Motiv für eine solche Handlungsweise aufgezeigt wird. Beachtlich ist die Behauptung unwissentlicher Drogeneinnahme daher nur, wenn überzeugend aufgezeigt wird, dass dem Auffinden von Betäubungsmitteln im Körper eines Fahrerlaubnisinhabers ein Kontakt mit Personen vorangegangen ist, die zumindest möglicherweise einen Beweggrund hätten, dem Betroffenen ein drogenhaltiges Getränk zugänglich zu machen, und dass es ferner naheliegt, dass ihm die Aufnahme des Betäubungsmittels tatsächlich unbekannt geblieben ist (vgl. zu Vorstehendem Nds. OVG, Beschluss vom 01.12.2011 – 12 ME 198/11 –, Rn. 6, juris; Bay. VGH, Beschluss vom 24.07.2012 – 11 ZB 12.1362, BeckRS 2012, 56892, Rn. 10; VG Würzburg, Urteil vom 28.06.2017 – 6 K 16.1168, BeckRS 2017, 118061, Rn. 24, jew. beck-online, m. w. N.).

Gegen eine – im Übrigen auch erst im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltend gemachte – unwissentliche Einnahme von Kokain spricht bereits, dass die Antragstellerin den Kokainkonsum gegenüber den eingesetzten Beamten eingeräumt und mit ihrer Unterschrift unter dem Einsatzprotokoll bestätigt hat. Dieses Verhalten ist mit dem Vortrag, über den positiven Befund entsetzt gewesen zu sein, in keiner Weise zu vereinbaren. Die Antragstellerin hat auch nicht versucht, diesen Widerspruch aufzuklären.

Unabhängig davon ist der Vortrag im Übrigen aber auch nicht ausreichend substantiiert. So ist nur schwer verständlich, warum die Antragstellerin den Praktikanten K. zu der Grillfeier eingeladen habe, obwohl dieser Kokain konsumiert sowie über eine Vorstrafe getäuscht und die Antragstellerin ihm derart misstraut habe, dass sie Kundinnen vor ihm gewarnt haben will. Zudem wäre angesichts der Schilderungen zu erwarten gewesen, dass die Antragstellerin Strafanzeige gegen Herrn K. wegen der angeblichen Beimischung des Kokains gestellt hätte. Dies hat die Antragstellerin nicht vorgetragen. Auf eine entsprechende Anfrage des Gerichts, ob Strafanzeige erstattet worden und wann Herr K. verunglückt ist, hat die Antragstellerin nicht reagiert.

Darüber hinaus – dies trägt die Entscheidung selbstständig – rechtfertigt auch die Methadonsubstitution der Antragstellerin – von einer solchen ist angesichts des vorgelegten ärztlichen Attests vom 23.02.2019 auszugehen – in Verbindung mit dem feststehenden Beigebrauch von Alkohol die Annahme der Ungeeignetheit.

Die Antragstellerin nimmt nach dem von ihr vorgelegten Attest täglich ein methadonhaltiges Medikament zur Substitution (nach dem Attest „20 mg DL Polamidon“, die Kammer geht von 20 mg/d L-Polamidon – aus) ein. Auch hierbei handelt es sich um ein Betäubungsmittel im Sinne der Anlage III zu § 1 Abs. 1 Betäubungsmittelgesetz, welches Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV unterfällt. Während einer Substitutionsbehandlung mit Methadon besteht regelmäßig keine Fahreignung (vgl. Nr. 3.14.1 der Begutachtungsleitlinien, S. 79 zur Substitution durch Methadon). Eine positive Beurteilung ist nach den Begutachtungsleitlinien nur in seltenen Ausnahmefällen möglich, wenn besondere Umstände dies im Einzelfall rechtfertigen, darunter unter anderem eine mehr als einjährige Substitution, eine psychosoziale stabile Integration, die Freiheit von Beigebrauch anderer psychoaktiver Substanzen einschließlich Alkohol seit mindestens einem Jahr, was durch geeignete, regelmäßige und zufällige Kontrollen (z.B. Urin, Haar) während der Therapie nachgewiesen sein muss, sowie ein Nachweis für Eigenverantwortung, Therapie-Compliance und das Fehlen einer Störung der Gesamtpersönlichkeit (vgl. VGH München, Beschluss vom 14.11.2018 – 11 CS 18.963, BeckRS 2018, 30647, beck-online, m. w. N.). Dass diese Voraussetzungen vorliegen, ist nicht erkennbar. Im Gegenteil hat die Antragstellerin trotz gerichtlicher Aufforderung nicht mitgeteilt, seit wann und aus welchem Anlass die Antragstellerin substituiert wird; durch die festgestellte Blutalkoholkonzentration steht zudem fest, dass die Antragstellerin trotz ihrer Substitutionsbehandlung Alkohol konsumiert hat. Dieser Beigebrauch lässt die Fahreignung entfallen (vgl. VG Oldenburg, Beschluss vom 17.06.2016 – 7 B 2377/16, BeckRS 2016, 47850, beck-online).

2b.

Zudem besteht auch ein besonderes öffentliches Vollzugsinteresse an der Entziehung der Fahrerlaubnis und der verfügten Abgabe des Führerscheins (vgl. zu diesem Erfordernis Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, Verwaltungsgerichtsordnung, 7. Aufl. 2018, § 80 [Aufschiebende Wirkung], Rn. 96, juris). Selbst wenn ein Kraftfahrer aus beruflichen Gründen auf seine Fahrerlaubnis angewiesen ist, müssen solche privaten Belange zurückstehen, wenn er sich – wie hier die Antragstellerin – aller Voraussicht nach als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen hat. Dies gebietet der Schutz der anderen Teilnehmer am öffentlichen Straßenverkehr vor den Gefahren, die von einem ungeeigneten Kraftfahrer ausgehen (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 20.12.2016 - 12 ME 197/16 -, Beschlussumdruck S. 11, V. n. b.). Soweit die Antragstellerin behauptet hat, ihr Lebensgefährte sei gesundheitlich massiv angeschlagen und habe in der Vergangenheit mehrfach von der Antragstellerin in die Notaufnahme gefahren werden müssen, muss auch dies hinter dem Interesse am Schutz der anderen Straßenverkehrsteilnehmer zurückstehen. Darüber hinaus hat die Antragstellerin entgegen ihrer Ankündigung weder Unterlagen noch eine eidesstattliche Erklärung ihres Lebensgefährten zum Nachweis des Gesundheitszustands vorgelegt.

B.

Hinsichtlich der angeordneten Abgabe des Führerscheins (Ziff. 2 des angefochtenen Bescheids) kann dahinstehen, ob der der Antrag nach der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, den Führerschein verloren zu haben, noch statthaft ist – hierfür könnte sprechen, dass die Antragstellerin bei Wiederauffinden des Führerscheins weiter zur dessen Abgabe verpflichtet bleibt – oder ob sich der Verwaltungsakt insoweit erledigt hat, weshalb die Klage unstatthaft und damit auch der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO unzulässig ist. Denn der Antrag ist jedenfalls unbegründet.

Die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung genügt auch diesbezüglich den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO. Das Vollzugsinteresse überwiegt das Aussetzungsinteresse, da aus der Rechtmäßigkeit der Entziehung der Fahrerlaubnis die Rechtmäßigkeit der auf § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG, § 47 Abs. 1 Sätze 1 und 2 FeV zu stützenden Aufforderung zur Abgabe des Führerscheins folgt. Im Übrigen besteht auch insoweit – aus denselben Gründen wie unter 2b. – ein besonderes öffentliches Vollzugsinteresse.

C.

Unzulässig ist der Antrag aber hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung (Ziff. 4 des angefochtenen Bescheids), da ein Zwangsgeld nach der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung über das Abhandenkommen des Führerscheins gem. § 67 Abs. 2 Satz 2 Nds. SOG nicht mehr beigetrieben werden darf und der Verwaltungsakt sich insoweit erledigt hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Danach hat die Antragstellerin als unterliegender Teil die Kosten zu tragen.

Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwerts folgt aus den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i. V. m. den Empfehlungen in Nr. 46.4 und Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ-Beilage 2013, 57 ff.). Nach Nr. 46.3 ist für den Entzug der Fahrerlaubnis der Klasse B im Hauptsacheverfahren ein Streitwert von 5.000 Euro zugrunde zu legen. Die Entziehung der weiteren von der Klasse B vorausgesetzten oder in ihr enthaltenen Fahrerlaubnisklassen wirkt nicht streitwerterhöhend (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 29.11.2013 – 12 ME 187/13 –, Rn. 10, juris). Dies gilt ebenfalls für die angeordnete Abgabe des Führerscheins und der mit der Grundverfügung verbundenen Zwangsgeldandrohung. Im Hinblick auf den vorläufigen Charakter des gerichtlichen Eilverfahrens ist der für das Hauptsacheverfahren anzusetzende Streitwert zu halbieren (Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs).