Sozialgericht Lüneburg
Urt. v. 23.03.2017, Az.: S 5 P 33/15

Bibliographie

Gericht
SG Lüneburg
Datum
23.03.2017
Aktenzeichen
S 5 P 33/15
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2017, 25466
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 12. März 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. April 2015 wird abgewiesen. Die Beigeladene zu 1.) wird verurteilt, die Kosten für den stationären Aufenthalt des Klägers im K. für die Zeit vom 17. März bis 13. April 2015 zu übernehmen. Die Beigeladene zu 1.) trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand

Streitig ist die Übernahme der Kosten für eine vollstationäre Pflege des Klägers in der Zeit vom 17. März 2015 bis 13. April 2015.

Bei dem 1957 geborenen Kläger liegt eine geistige Behinderung vor. Zusätzlich leidet er an einer chronischen episodisch-manisch-halluzinatorischen Psychose sowie an einer Epilepsie. Seit Januar 1981 lebt der Kläger im L., einer von der Beigeladenen zu 2.) betriebene Einrichtung der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen in M ... Bei dem Kläger ist die Pflegestufe I anerkannt. Die Beklagte übernimmt die anteiligen Kosten für pflegebedingte Aufwendungen in der stationären Einrichtung des Klägers nach § 43 a Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI).

Am 9. März 2015 beantragte die Betreuerin für den Kläger die Übernahme der Kosten für eine Kurzzeitpflege in einem Pflegeheim. Sie trug vor, dass der Kläger derzeit im Krankenhaus behandelt werde. Zur weiteren Stabilisierung, die nicht in der gewöhnlichen Umgebung geleistet werden könne, sei eine Kurzzeitpflege von Seiten des Krankenhauses als notwendig erachtet worden. Die Beklagte leitete den Antrag an die Beigeladene zu 1.) weiter, die diesen Antrag jedoch an die Beklagte zurücksandte, da ihrer Auffassung nach kein Fall des § 14 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) gegeben sei.

Mit Bescheid vom 12. März 2015 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme für die Kurzzeitpflege ab. Zur Begründung führte sie aus, da der Kläger seinen regelmäßigen Aufenthaltsort im L. in M. habe und nicht im häuslichen Bereich versorgt werde, bestehe kein Anspruch auf Kurzzeitpflege.

Der Kläger legte gegen diesen Bescheid Widerspruch ein und führte aus, dass er im L. keine Pflegeleistungen erhalte, weil er grundsätzlich nicht pflegebedürftig sei. Ihm werde lediglich Eingliederungshilfe in einer Wohngruppe durch die Beigeladene zu 1.) erbracht. Er erhalte also eine häusliche Versorgung.

Die Beigeladene zu 2.) teilte auf Nachfrage der Beklagten mit, dass es sich bei ihrer Einrichtung um eine Wohnstätte für Menschen mit geistiger Behinderung handele. Ihre Leistung bestehe in der pädagogischen Betreuung der Menschen, die einer Berufstätigkeit nachgingen und nicht überwiegend pflegebedürftig seien. Der Schwerpunkt liege dabei in der Betreuung am Nachmittag. Die Tagesbetreuung am Vormittag werde durch eine Mitarbeiterin geleistet und könne die umfassende Versorgung und Beaufsichtigung erkrankter Bewohnern wie den Kläger nicht gewährleisten. Das Gleiche gelte für die Beaufsichtigung und Versorgung in der Nacht. Die Voraussetzungen seien ähnlich wie bei Menschen, die aus der Häuslichkeit kämen und nach vorübergehender pflegerischer Betreuung dorthin zurückkehrten.

In der Zeit vom 17. März bis 13. April 2015 befand sich der Kläger im K. in N ... Der Landkreis O. berechnete dem Kläger für diesen Aufenthalt insgesamt einen Betrag in Höhe von 1.587,32 EUR.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27. April 2015 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. In ihrer Begründung führte sie aus, dass der Kläger sich nicht in häuslicher Pflege befinde. Aus dem Wohn- und Betreuungsvertrag, der zwischen der Beigeladenen zu 2.) und dem Kläger geschlossen worden sei, gehe eindeutig hervor, dass von der Einrichtung grundpflegerische Leistungen erbracht würden. Dies ergebe sich ebenfalls aus den Anlagen 2 und 7 zum Wohn- und Betreuungsvertrag. Aus diesen Gründen bestehe kein Anspruch auf Kurzzeitpflege gemäß § 42 SGB XI.

Am 29. Mai 2015 hat der Kläger Klage erhoben.

Er trägt vor, dass er seit 23 Jahren im L. der Beigeladenen zu 2.) lebe. Am 20. Februar 2015 habe er eine Oberschenkelfraktur erlitten und sei deswegen bis zum 17. März 2015 im Krankenhaus M. behandelt worden. Im Anschluss daran habe er der Pflege in einer vollstationären Einrichtung bedurft. Diese habe das L. nicht leisten können. Das L. sei sein häuslicher Bereich. Es habe von vornherein festgestanden, dass er nach Wiedererlangung seiner Gehfähigkeit in das L. zurückkehren werde. Mit der Oberschenkelfraktur sei eine Sondersituation eingetreten. Die grundsätzlich geeignete Versorgung im L. sei während der Zeit nach dem Krankenhausaufenthalt nicht mehr ausreichend gewesen. Bis zur ausreichenden Herstellung seiner Gehfähigkeit habe er besonderer Beaufsichtigung bedurft, da er selbst nicht in der Lage gewesen sei, mit der eingeschränkten Belastbarkeit adäquat umzugehen. Er habe zusätzliche pflegerischer Maßnahmen bedurft, die von dem Personal im L. nicht hätten geleistet werden können. Infolge seiner geistigen Behinderung und psychischen Erkrankung sei er sehr unverständig gewesen. Er sei mit der Situation nicht klargekommen und es habe ständig ein genesungswidriges Verhalten gedroht. Außerdem habe ihn seine Verletzung irritiert und er sei deswegen unleidlich gewesen.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 12. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. April 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Kurzzeitpflege für die Zeit vom 17. März 2015 bis 13. April 2015 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf ihr Vorbringen im Widerspruchsbescheid und führt ergänzend aus, dass Anspruch auf Kurzzeitpflege nicht bestehe, wenn eine Behinderteneinrichtung aufgrund zusätzlicher Aufgaben oder fehlenden Personals die einem Versicherten zustehende Pflege nicht erbringen könne. Aus dem Wohn- und Betreuungsvertrag zwischen der Beigeladenen zu 2.) und dem Kläger gehe eindeutig hervor, dass der Leistungsträger grundpflegerische Leistungen erbringe. Zu den grundpflegerischen Leistungen zähle auch die erforderliche Körperpflege.

Die Beigeladene zu 1.) vertritt die Auffassung, dass eine Leistungspflicht für sie nicht bestehe. Aus der Vereinbarung gemäß § 75 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) gehe hervor, dass es sich bei der Einrichtung um eine stationär betreute Wohngruppe handele, die Hilfe- und Betreuungsleistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach §§ 53,54,55 SGB XII erbringe. Die Leistungen seien u.a. in der Landesrahmenvereinbarung festgelegt. Aus der Rahmenvereinbarung 2014 bis 2018 vom 14. Mai 2014 gehe aus § 9 hervor, dass Pflegeleistungen gemäß SGB XI und Hilfe zur Pflege gemäß SGB XII nicht enthalten seien. Die Hilfe zur Pflege umfasse nach § 61 Abs. 2 Satz 1 SGB XII auch die Kurzzeitpflege. Entsprechende Leistungen habe der Kläger vor dem Unfall und auch danach nicht erhalten. Es sei ihm keine Hilfe zur Pflege in der Einrichtung L. gewährt worden, sondern lediglich Leistungen für eine stationäre Wohngruppe außerhalb Hamburgs nebst Barbetrag und Leistungen für die Tätigkeit in einer Werkstatt für Behinderte. Eine Kurzzeitpflege dürfte weit über die Leistungen der Grundpflege hinausgehen.

Die Beigeladene zu 2.) weist darauf hin, dass die Einrichtung Pflegeleistungen, die im Falle des Klägers notwendig gewesen seien, nicht zu erbringen habe. Eine entsprechende pflegerische Betreuung sei mangels vertraglicher Verpflichtungen und entsprechender Refinanzierung durch den Kostenträger in der Einrichtung nicht möglich gewesen.

Die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand des Verfahrens gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Sachvortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Prozess- und Beiakten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet, soweit sie sich gegen die Beklagte richtet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Allerdings ist die Beigeladene zu 1.) verpflichtet, die Kosten für die Kurzzeitpflege des Klägers zu übernehmen und nach § 75 Abs. 5 SGG zu der Kostenübernahme zu verurteilen.

Nach § 42 Abs. 1 SGB XI besteht Anspruch auf Pflege in einer vollstationären Einrichtung, wenn die häusliche Pflege zeitweise nicht, noch nicht oder nicht im erforderlichen Umfang erbracht werden kann und auch teilstationäre Pflege nicht ausreicht. Ausgehend vom Wortlaut dieser Vorschrift kann Kurzzeitpflege nur in Anspruch genommen werden, wenn für den Pflegebedürftigen die Pflege in seiner häuslichen Umgebung erbracht wird (s. § 3 SGB XI). § 3 SGB XI unterscheidet ausdrücklich zwischen Leistungen der häuslichen und der stationären Pflege und stellt den Grundsatz des Vorrangs der häuslichen Pflege auf (ambulant vor stationär, vgl. § 3 Satz 1 SGB XI).

Für den Kläger wurden vor dem hier streitigen vollstationären Aufenthalt im K. keine Leistungen im Rahmen einer häuslichen Pflege im Sinne des SGB XI erbracht. Der Kläger lebte vor und nach dem Aufenthalt im K. in einer vollstationären Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen nach § 43 a SGB XI.

Eine Abgrenzung der häuslichen Pflege von der stationären Pflege sieht § 36 Abs. 1 Satz 2 SGB XI ausdrücklich vor. Danach sind Leistungen der häuslichen Pflege zwar auch zulässig, wenn Pflegebedürftige nicht in ihrem eigenen Haushalt gepflegt werden. Sie sind jedoch nicht zulässig, wenn Pflegebedürftige in einer stationären Pflegeeinrichtung oder in einer Einrichtung im Sinne des § 71 Abs. 4 SGB XI gepflegt werden. Bei der Einrichtung, in der der Kläger lebt, handelt es sich um eine Einrichtung im Sinne des § 71 Abs. 4 SGB XI. Danach sind stationäre Einrichtungen, in denen die Leistungen zur medizinischen Vorsorge, zur medizinischen Rehabilitation, zur Teilhabe am Arbeitsleben oder am Leben in der Gemeinschaft, die schulische Ausbildung oder die Erziehung kranker oder behinderter Menschen im Vordergrund des Zwecks der Einrichtung stehen, sowie Krankenhäuser keine Pflegeeinrichtung im Sinne des § 71 Abs. 2 SGB XI. Leistungen der häuslichen Pflege werden in solchen Einrichtungen daher nicht erbracht.

Für Pflegebedürftige in einer vollstationären Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen, in der die Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gemeinschaft, die schulische Ausbildung oder die Erziehung behinderter Menschen im Vordergrund des Einrichtungszweckes stehen (§ 71 Abs. 4 SGB XI), übernimmt die Pflegekasse zur Abgeltung der in § 43 Abs. 2 SGB XI genannten Aufwendungen zehn vom Hundert des nach § 75 Abs. 3 SGB XII vereinbarten Heimentgeltes (§ 43a Satz 1 SGB XI). Die Aufwendungen der Pflegekasse dürfen im Einzelfall je Kalendermonat 266 Euro nicht überschreiten (§ 43a Satz 1 SGB XI).

§ 43 Abs. 2 Satz 1 SGB XI beschreibt die Leistungspflicht der Träger von vollstationären Pflegeeinrichtungen (§ 71 Abs. 2 SGB XI); es geht um die pflegebedingten Aufwendungen, die Aufwendungen der sozialen Betreuung und die Aufwendungen für Leistungen der medizinischen Behandlungspflege. Zur Abgeltung dieser Aufwendungen zahlen die Pflegekassen nach § 43a SGB XI den genannten Betrag unmittelbar an den Einrichtungsträger, weil es sich der Sache nach um eine die Sachleistung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 SGB XI) ersetzende pauschale Geldleistung handelt. Die Höhe der Leistung hängt allerdings nicht vom Pflegeaufwand im konkreten Einzelfall und demgemäß auch nicht von der zuerkannten Pflegestufe ab.

Wie das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 20. April 2016 (B 3 P 1/15) ausführt, ist diese Regelung Ausdruck des rechtlichen Prinzips, dass in den stationären Einrichtungen der Eingliederungshilfe (§ 71 Abs. 4 SGB XI) die Träger der Sozialhilfe auch für die erforderlichen Pflegeleistungen aufzukommen haben. Nach § 13 Abs. 3 Satz 3 SGB XI bleiben die Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach dem SGB XII unberührt; die notwendige Hilfe in den Einrichtungen nach § 71 Abs. 4 SGB XI ist einschließlich der Pflegeleistungen zu gewähren. Die Eingliederungshilfe ist also im Verhältnis zur sozialen Pflegeversicherung nicht nachrangig. Dies hat zur Folge, dass der Sozialhilfeträger in einem solchen Fall den Hilfebedürftigen nicht auf die sonst vorrangigen SGB XI-Leistungen verweisen kann. Die Pflege in Einrichtungen der Behindertenhilfe stellt sich insoweit als integraler Bestandteil der Eingliederungshilfe dar. Nur wenn der Pflegebedürftige, der in einer vollstationären Einrichtung der Eingliederungshilfe lebt, seinen Aufenthalt in der Einrichtung unterbricht und sich in häusliche Pflege begibt, hat er einen Anspruch auf entsprechende Leistungen (§§ 36 ff SGB XI), was sich nunmehr aus § 38 Abs. 1 Satz 5 SGB XI ergibt. Danach haben Pflegebedürftige in vollstationären Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen (§ 43a SGB XI) Anspruch auf ungekürztes Pflegegeld anteilig für die Tage, an denen sie sich in häuslicher Pflege befinden. Hieraus wird deutlich, dass in den Einrichtungen nach § 43a SGB XI gerade keine häusliche Pflege erfolgt. Der systematische Zusammenhang mit § 34 Abs. 2 SGB XI stützt diese Sicht. Danach ruht der Anspruch auf Leistungen bei häuslicher Pflege u.a. auch für die Dauer des stationären Aufenthalts in einer Einrichtung nach § 71 Abs. 4 SGB XI, soweit § 39 SGB XI für die Verhinderungspflege nichts Abweichendes bestimmt (BSG, Urteil vom 20. April 2016 - B 3 P 1/15 R -, , Rn. 23). Die gesetzlichen Regelungen lassen eine eindeutige Zuweisung von Verantwortungsbereichen erkennen. Danach ist der Träger der Sozialhilfe solange für die Sicherstellung der Pflege verantwortlich, wie ein Versicherter in einer Einrichtung der Behindertenhilfe lebt und dort Eingliederungshilfe erhält.

Nach den vorliegenden Verträgen ist die Einrichtung der Beigeladenen zu 2.) auch zu Pflegeleistungen verpflichtet. Die Beigeladenen zu 1.) hat darauf hingewiesen, dass die von dem Personal der Einrichtung zu erbringende Pflege die individuelle Basisversorgung umfasst, nicht aber die intensive Pflege, die der Kläger nach seinem stationären Aufenthalt benötigte. Dieser Umstand befreit die Beigeladenen zu 1.) als Träger der Eingliederungshilfe jedoch nicht von der grundsätzlichen Verpflichtung, dem Kläger als Bewohner dieser Einrichtung die notwendige Pflege zu gewährleisten. Die Verträge mit der Einrichtung waren während des stationären Aufenthalts des Klägers in der Kurzzeitpflege nicht gekündigt worden, der Kläger war weiterhin dem Grunde nach Bewohner der Einrichtung der Beigeladenen zu 2.) und es stand von vorherein fest, dass er nach Wiedererlangung seiner Gehfähigkeit in die Einrichtung zurückkehren werde. Die Beklagte hat während des Aufenthalts in der Kurzzeitpflege weiterhin die Leistungen nach § 43 a SGB XI an die Einrichtung der Beigeladenen zu 2.) erbracht. Diese hat unter Berücksichtigung der Abwesenheit des Klägers auch Leistungen nach den vertraglichen Vereinbarungen von der Beigeladenen zu 1.) erhalten. Der Anspruch des Klägers gegenüber der Beigeladenen zu 1.) auf Eingliederungshilfe, die auch die Pflegeleistungen umfasst, bestanden während des gesamten hier streitigen Zeitraums fort.

Bestätigt wird diese Rechtsauffassung durch § 55 SGB XII. Dieser regelt ebenso wie die Vorschriften im SGB XI, dass die Leistungen der Eingliederungshilfe für Menschen in einer stationären Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen auch die Pflegeleistungen in der Einrichtung umfassen. Dabei kann § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB XII nicht dahingehend verstanden werden, dass die Eingliederungshilfe nur die Pflege in der konkreten Einrichtung umfasst, also die Hilfe lokal auf die Einrichtung beschränkt ist. § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB XII definiert vielmehr auch in dieser Vorschrift den Verantwortungsbereich des Sozialhilfeträgers für den Empfänger der Eingliederungshilfe dahingehend, dass dieser für den in der Einrichtung lebenden Menschen solange die Pflege umfassend sicherzustellen hat, wie dieser Bewohner der Einrichtung und Empfänger von Eingliederungshilfe ist. Für den Fall, dass der Träger der Einrichtung feststellt, dass der behinderte Mensch so pflegebedürftig ist, dass die Pflege in der Einrichtung nicht mehr sichergestellt werden kann, sollen der Träger der Sozialhilfe und die zuständige Pflegekasse mit dem Einrichtungsträger vereinbaren, dass die Leistung in einer anderen Einrichtung erbracht wird (§ 55 Satz 2 SGB XII). Bis eine solche Vereinbarung zustande kommt und eine adäquate Einrichtung gefunden ist, obliegt es dem Sozialhilfeträger für die Pflege der ihm anvertrauten Behinderten aufzukommen.

Im Falle des Klägers gab es keine Vereinbarung nach § 55 Satz 2 SGB XII. Eine solche dürfte regelmäßig auch nur dann getroffen werden, wenn von einem dauerhaften Wechsel der Einrichtung auszugehen ist. Eine Vereinbarung über eine nur vorübergehende Unterbringung in einer anderen Einrichtung dürfte von § 55 SGB XII nicht ausgeschlossen sein.

Unter Berücksichtigung der gesetzlich zugewiesenen Verantwortungsbereiche ist im Ergebnis festzustellen, dass die Beigeladene zu 1.) für den Kläger nach dem stationären Aufenthalt eine adäquate Pflege sicherzustellen hatte und die Kosten für die vollstationäre Pflege zu übernehmen hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Auslagen der Beigeladenen zu 2.) erstattungsfähig sind, was im Hinblick auf § 193 Abs. 4 SGG streitig ist, ist eine Belastung der Beigeladenen zu 1.) mit den außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2.) unter Billigkeitserwägungen nicht gerechtfertigt.