Sozialgericht Lüneburg
Urt. v. 31.01.2017, Az.: S 39 AL 125/15

Bibliographie

Gericht
SG Lüneburg
Datum
31.01.2017
Aktenzeichen
S 39 AL 125/15
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2017, 25474
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

  1. 1.

    Die Klage wird abgewiesen.

  2. 2.

    Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Beklagte zu Recht das Ruhen des Leistungsanspruchs des Klägers für den Monat Mai 2015 festgestellt hat. Auf einen Antrag des Klägers auf Arbeitslosengeld vom 24. Juni 2015 stellte die Beklagte mit Bescheid vom 13. Juli 2015 fest, dass der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld in der Zeit vom 01.05.2015 bis zum 31.05.2015 ruht und der Kläger aus diesem Grund keine Leistungen erhalten kann. Begründet wurde dies unter Berufung auf § 158 SGB III damit, dass der Kläger aus einem früheren Arbeitsverhältnis mit der Firma G., welches zum 31. Januar 2015 beendet wurde, eine Abfindung in Höhe von 89.867,00 EUR erhalten hatte. Im Anschluss hatte der Kläger bei einem weiteren Arbeitgeber in der Zeit von Februar bis April 2015 gearbeitet. Dort hatte er innerhalb der Probezeit gekündigt. Gegen den Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein, den er damit begründete, dass auf das letzte Arbeitsverhältnis abzustellen sei, in welchem ebenfalls ein unbefristeter Arbeitsvertrag vorgelegen habe. Das letzte Arbeitsverhältnis sei dasjenige, welches am 1. Februar 2015 begonnen habe. Des Weiteren ruhe gemäß § 158 Abs. 1 SGB III der Anspruch auf Arbeitslosengeld vom Ende des Arbeitsverhältnisses an. Dementsprechend sei der erste Tag des Ruhens der Tag, der auf die kündigungsbedingte Beendigung des Arbeitsverhältnisses folgt. Der Lauf der Frist beginne hier mit der Kündigung, so dass das Ruhen bis zum Ablauf der tatsächlichen Kündigungsfrist gegeben sei, also Ende April 2015. Der Ruhenszeitraum sei damit - bezogen auf das Arbeitsverhältnis ab 01.02.2015 - abgelaufen. Mit Widerspruchsbescheid vom 7. August 2015 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Sie verwies darauf, dass der Kläger wegen Beendigung seines Arbeitsverhältnisses bei der Firma Bosch eine Entlassungsentschädigung in Höhe von 89.867,00 EUR zu beanspruchen hatte. Das dortige Arbeitsverhältnis habe zum 31. Januar 2015 geendet. Bei Einhaltung der Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Monatsende hätte das Arbeitsverhältnis am 31. Mai 2015 geendet. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld, welches aufgrund einer Zwischenbeschäftigung zum 01.05.2015 beantragt wurde, ruhe grundsätzlich bis zu dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis bei der Firma G. bei Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist geendet hätte.

Unter Berücksichtigung der Verkürzungstatbestände werde die Entlassungsentschädigung nur zu 40 % berücksichtigt. Der Anteil der Entlassungsentschädigung entspreche einem Entgelt für 264 Tage. Hiergegen erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Lüneburg. Er trägt vor, es sei bei der Prüfung des Anspruches auf Arbeitslosengeld nicht das vorherige Arbeitsverhältnis mit der Firma G. zugrunde zu legen, sondern das zuletzt inne gehabte. Dort habe der Kläger keine Entlassungsentschädigung erhalten. Die Ausführungen der Beklagten träfen daher nicht den vorliegenden Sachverhalt. Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 13. Juli 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. August 2015 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, das Gesetz leite aus dem Zusammentreffen einer Entlassungsentschädigung und einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf der nach §158 Abs. 1 SGB III maßgeblichen Frist die unwiderlegliche Vermutung her, dass die Leistung in dem sich aus Abs. 2 ergebenden Umfang Arbeitsentgelt für die Zeit bis zum Ablauf der nach Abs. 1 maßgeblichen Frist enthalte. Es gelte grundsätzlich der Gedanke, dass Abfindungen auch Arbeitsentgeltansprüche abdeckten. Insoweit komme es nicht darauf an, ob es sich um die letzte oder vorletzte Beschäftigung handele, solange überhaupt ein Anspruch auf Entschädigung bestehe, ruhe der Anspruch auf Arbeitslosengeld. Der Entscheidung lagen die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten zugrunde. Auf ihren Inhalt wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entscheiden, da die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben. Die Klage ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Sie ist jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 13. Juli 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. August 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Nach § 158 Abs. 1 und 2 SGB III in der im streitigen Zeitraum gültigen Fassung vom 20. Dezember 2012 ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld, wenn die oder der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung (Entlassungsentschädigung) erhalten oder zu beanspruchen hat und das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden ist. Der Anspruch ruht vom Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung dieser Frist geendet hätte, längstens jedoch ein Jahr. Die Frist beginnt mit der Kündigung, die der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorausgegangen ist, bei Fehlen einer solchen Kündigung mit dem Tag der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Der Kläger hat aufgrund der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses bei der Firma G. eine Entlassungsentschädigung in Höhe von 89.867,00 EUR zu beanspruchen. Das Arbeitsverhältnis wurde am 28. November 2014 zum 31. Januar 2015 beendet. Bei Einhaltung der Kündigungsfrist von 6 Monaten zum Monatsende hätte das Arbeitsverhältnis am 31. Mai 2015 geendet. Die Ruhensfrist nach § 158 Abs. 1 beginnt mit dem Tag der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, hier also dem 1. Februar. Da die Kündigungsfrist am 31. Mai 2015 geendet hätte, sind die Voraussetzungen des § 158 Abs. 1 SGG III in der oben genannten Fassung erfüllt. Diese Frist verkürzt sich auch nicht durch die zwischenzeitliche Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber in der Zeit vom 1. Februar bis zum 30. April 2015. Nach dem Wortlaut der Vorschrift des § 158 SGB III ist das Ende des Ruhenszeitraums definiert. Die Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses und dessen Ende sind hierin nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht enthalten als Gründe für die Beendigung des Ruhenszeitraums. Nach dem Zweck der Vorschrift dient diese der Vermeidung von Doppelleistungen. Lohnersatzleistungen werden nicht benötigt, solange dem Arbeitslosen/früheren Arbeitnehmer kein Verdienstausfall entsteht (Wolfs, in: Erfurther Kommentar, SGB III, Rd.Nr. 1 zu § 158). Diese Auffassung wird gestützt durch das Urteil des Bundessozialgerichts vom 29. August 1991, Az.: 7 RAr 68/90), wonach die Vorschrift (bezogen auf die Vorgängervorschrift des § 117 AFG) auf der Erwägung beruht, dass der Arbeitslose nicht der Leistungen der Versichertengemeinschaft bedarf, solange er keinen Lohnausfall hat. Die Vorschrift versagt die Arbeitslosengeldzahlung, solange dem Arbeitslosen für die Zeit nach dem Arbeitsverhältnis in Höhe des bisherigen Entgelts eine Entschädigung für den Lohnausfall zur Verfügung steht, von der das Gesetz bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis und einer Abfindung wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgeht (ebenso BSG, Urt. v. 15.02.2000, Az.: B 11 AL 45/99 R). Im vorliegenden Fall hatte der Kläger aus der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses mit der Firma G. noch eine Entschädigung für den Lohnausfall wegen der nicht fristgerechten Kündigung erhalten. Dass er kurz darauf ein neues Arbeitsverhältnis antrat, welches er ebenfalls kurz danach kündigte, ändert nichts daran, dass ihm nach wie vor die Entschädigung für den Lohnausfall aus seinem früheren Arbeitsverhältnis zur Verfügung stand. Des Weiteren dürfte eine andere Auslegung, wie vom Kläger gewünscht, eine Umgehung der Vorschrift ermöglichen. Betroffene könnten kurzfristig Probearbeitsverhältnisse antreten und diese ebenfalls kurzfristig kündigen, um eine Anrechnung der Entschädigungsleistungen zu vermeiden. Sowohl nach dem Wortlaut als auch nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 158 SGB III ist daher von einem Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld auszugehen, auch wenn zwischenzeitlich ein anderes Arbeitsverhältnis begründet und beendet wurde. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.