Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 30.07.2001, Az.: 2 W 79/01
Verbraucherinsolvenzverfahren; Durchführungskosten; Treuhänderkosten; Übergangsregelung; Restschuldbefreiung ; Gesetzesänderung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 30.07.2001
- Aktenzeichen
- 2 W 79/01
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2001, 21671
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2001:0730.2W79.01.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hildesheim - 5 T 311/01
- AG Holzminden - 10 IK 19/00
Rechtsgrundlagen
- § 304 InsO
- § 26 InsO
Fundstellen
- InVo 2002, 278-280
- KTS 2001, 642-644
- ZInsO 2001, 799-801 (Volltext mit amtl. LS)
Amtlicher Leitsatz
1. Der Schuldner muss nach der noch geltenden Rechtslage die Kosten der Durchführung des vereinfachten Insolvenzverfahrens aus seinem Vermögen aufbringen, dies gilt insbesondere für die Kosten des im eröffneten Verfahren zu bestellenden Treuhänders.
2. Das vom Bundestag bereits verabschiedete, im Bundesgesetzblatt aber noch nicht verkündete Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2001 hat aufgrund seiner Übergangsregelung keine Auswirkungen auf bereits laufende Insolvenzverfahren.
Tenor:
Der Antrag auf Zulassung der sofortigen weiteren Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim vom 27. Juni 2001 wird zurückgewiesen.
Die sofortige weitere Beschwerde des Schuldners wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.
Beschwerdewert: 2. 000 DM
Gründe
I. Der Schuldner hat am 4. Mai 2000 einen Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens mit dem Ziel der Restschuldbefreiung gestellt, nachdem eine außergerichtliche Einigung mit seinen Gläubigern nicht zu Stande gekommen war. Das gerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren ist gescheitert. Mit seiner von ihm selbst eingelegten sofortigen weiteren Beschwerde wendet sich der Schuldner gegen einen Beschluss des Landgerichts, mit dem dieses seine sofortige Beschwerde gegen die Abweisung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse durch das Insolvenzgericht zurückgewiesen hat. Vor der Abweisungsentscheidung vom 17. April 2001 hatte das Insolvenzgericht dem Schuldner zunächst mit Beschluss vom 21. Februar 2001 aufgegeben, einen Vorschuss zur Deckung der Verfahrenskosten in Höhe von 2. 000 DM zu leisten. Dieser Auflage war der Schuldner jedoch nicht nachgekommen. Prozesskostenhilfe für die Durchführung des vereinfachten Insolvenzverfahrens ist dem Schuldner nicht bewilligt worden.
II. Der Schuldner hat seine sofortige Beschwerde gegen die Abweisung seines Insolvenzantrages mangels Masse mit seinem wirtschaftlichen Unvermögen, den vom Landgericht geforderten Kostenvorschuss zu leisten, begründet. Zur weiteren Begründung seines Antrags, das Verfahren gleichwohl zu eröffnen, hat er auf eine bevorstehende Gesetzesänderung zur Stundung der Verfahrenskosten hingewiesen. Das Landgericht hat die Zurückweisung des Rechtsmittels des Schuldners mit Hinweisen auf die gegenwärtig noch bestehende Gesetzeslage begründet, die eine Stundung der Verfahrenskosten noch nicht vorsehe und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Verbraucherinsolvenzverfahrens nicht zulasse. Der Schuldner müsse daher die Kosten des Verfahrens selbst aufbringen.
III. Gegen diesen Beschluss wendet sich der Schuldner mit seiner 'sofortigen Beschwerde' vom 10. Juli 2001, die als Antrag auf Zulassung der sofortigen weiteren Beschwerde auszulegen ist. Der Schuldner macht geltend, dass er nach dem derzeit noch gültigen Gesetz zwar verpflichtet sei, die Kosten des Verfahrens zu tragen, hierzu jedoch tatsächlich nicht in der Lage sei. Gleichwohl müsse das Insolvenzverfahren für jedermann zugänglich gemacht werden. Es müsse deshalb die Möglichkeit gegeben sein, ein solches Verfahren auch dann durchzuführen, wenn der einzelne nicht die erforderlichen finanziellen Mittel habe, um die Verfahrenskosten aufzubringen. Es widerspreche dem Grundgesetz, dass derjenige, der sich die Verfahrenskosten nicht leisten könne, auch keinen Zugang zum vereinfachten Insolvenzverfahren und den damit verbundenen Möglichkeiten der Restschuldbefreiung erhalte. Dass ein solches Ergebnis nicht richtig sein könne, belege auch eine entsprechende Änderung der Insolvenzordnung, die demnächst den Bundestag bzw. Bundesrat passieren werde.
IV. Dem vom Schuldner zumindest inzident gestellten Antrag auf Zulassung der sofortigen weiteren Beschwerde kann nicht entsprochen werden.
1. Zwar hat die Frage, ob dem Schuldner auch dann die Einzahlung eines Kostenvorschusses für das Insolvenzverfahren nach §§ 26 Abs. 1 Satz 2, 54 InsO auferlegt werden kann, wenn er von vornherein nicht in der Lage ist, die Kosten des Verfahrens aufzubringen, grundsätzliche Bedeutung und geht weit über den Einzelfall hinaus. Jedoch ist eine Rechtsverletzung, die gemäß § 7 Abs. 1 InsO Voraussetzung für die Zulassung der sofortigen weiteren Beschwerde ist, in der Entscheidung des Landgerichts nicht festzustellen. Dass der Schuldner auch im Verbraucherinsolvenzverfahren für die erforderliche Kostendeckung zu sorgen hat, und dass ihm deshalb auch die Einzahlung eines Kostenvorschusses auferlegt werden kann, wenn sein Vermögen nicht ausreicht, um die Kosten des Insolvenzverfahrens zu decken, ist bereits von mehreren Rechtsbeschwerdegerichten so entschieden worden (vgl. BayObLG, NJW-RR 2000, 1435 = NZI 2000, 434; BayObLG, NZI 2000, 36; OLG Köln, NJW-RR 2000. 927 = ZIP 2000, 548, OLG Köln, ZInsO 2000, 6069). Das Insolvenzgericht hatte auf der Grundlage dieser Rechtsprechung gar keine andere Möglichkeit als den Antrag des Schuldners auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zurückzuweisen, nachdem der Schuldner den ihm auferlegten Kostenvorschuss nicht eingezahlt hat. Dementsprechend kann auch bei der Entscheidung des Landgerichts keine Verletzung des Gesetzes festgestellt werden.
2. Soweit das Landgericht die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde auch mit den fehlenden Möglichkeiten begründet hat, dem Schuldner für die Durchführung des Insolvenzverfahrens Prozesskostenhilfe zu bewilligen, hat der Senat hierüber nicht zu befinden, nachdem der Bundesgerichtshof entschieden hat, dass Beschlüsse über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe in der Verbraucherinsolvenz im Rechtsbeschwerdeverfahren nach § 7InsO nicht anfechtbar sind (s. BGH, ZInsO 2000, 280[BGH 16.03.2000 - IX ZB 2/00] = ZIP 2000, 755). Darüber hinaus erscheint aber auch sehr zweifelhaft, ob aus Mitteln der Prozesskostenhilfe die Vergütung des Treuhänders im vereinfachten Insolvenzverfahrens beglichen werden kann.
3. Weiteres wesentliches Argument des Beschwerdeführers ist der Hinweis, dass auf Grund einer bevorstehenden Gesetzesänderung künftig mit einer Stundung der Verfahrenskosten zu rechnen sei, so dass es unbillig wäre, ihm jetzt noch die Durchführung des Insolvenzverfahrens im Hinblick auf ein sich darauf anschließendes Rechtsschuldbefreiungsverfahren zu versagen, wenn doch in absehbarer Zeit Regelungen in Kraft treten würden, die dem Schuldner einen gesetzlichen Anspruch auf die Stundung der Kosten des vereinfachten Insolvenzverfahrens gewähren. Insoweit ist dem Schuldner zwar zuzugeben, dass nach dem vom Bundestag am 28. Juni 2001 verabschiedeten Gesetz zur Änderung der Insolvenzrechtsänderung und anderer Gesetze (Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2001 - BT-Drucks. 14/5680, abgedruckt in ZInsO 2001, 601 ff. ; dazu Pape, ZInsO 2001, 587 ff. ) eine Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr in Betracht kommen wird, sofern der Schuldner bestimmte Voraussetzungen erfüllt, unter denen ihm nach den §§ 4 a ff. InsO die Verfahrenskosten zu stunden sind. Zu einer Zulassung der sofortigen weiteren Beschwerde kann diese Regelung, die noch den Bundesrat passieren muss, bevor das Gesetz gemäß seiner Regelung in Art. 12 in Kraft treten kann, gleichwohl nicht führen, weil nach der Überleitungsvorschrift in Art. 11 des Insolvenzrechtsänderungsgesetzes 2001 (abgedruckt in ZInsO 2001, 605) das Gesetz nur auf solche Insolvenzverfahren anzuwenden ist, die nach dem In-Kraft-Treten des Gesetzes eröffnet werden. In Kraft treten soll das Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2001 jedoch erst am ersten Tag des zweiten auf die Verkündung im Bundesgesetzblatt folgenden Monats (vgl. Art. 12 Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2001). Eine Anwendung der Vorschriften über die Stundung der Verfahrenskosten auf bereits laufende Verfahren, die bis zur Entscheidung über die Eröffnung des vereinfachten Insolvenzverfahrens vorangeschritten sind, kann nach dieser Übergangsregelung nicht erfolgen. Die Vorschriften über die Stundung der Verfahrenskosten für das Verbraucher- und Regelinsolvenzverfahren haben nach der eindeutigen gesetzlichen Übergangsregelung keine Vorwirkungen für solche Verfahren, in denen schon jetzt das gerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren abgeschlossen ist. Sie finden auch keine rückwirkende Anwendung, so dass sich auch aus dem möglicherweise bis zum Jahresende in Kraft tretenden Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2001 keine günstigen Auswirkungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde des Schuldners ergeben.
a) Sofern der Schuldner eine Ungleichbehandlung rügt, die aus der faktischen Versagung der Restschuldbefreiung für solche Schuldner resultiert, welche die Kosten des vereinfachten Insolvenzverfahrens nicht aufbringen können, ist dieser Vorwurf zwar berechtigt, soweit er die gegenwärtige Rechtslage betrifft. Der Gesetzgeber hat eine Änderung dieser Rechtslage aber bereits beraten und zumindest teilweise verabschiedet. Eine Zulassung des Rechtsmittels aus verfassungsrechtlichen Gründen erscheint deshalb nicht erforderlich. Immerhin hat der Beschwerdeführer die Möglichkeit, nach Inkrafttreten des Insolvenzrechtsänderungsgesetzes 2001 einen neuen Antrag zu stellen, bei dem er - unterstellt die persönlichen Voraussetzungen für die Stundung der Verfahrenskosten liegen vor - die Möglichkeit haben wird, trotz fehlender Mittel für die Kosten der Durchführung eines vereinfachten Insolvenzverfahrens die Restschuldbefreiung zu erlangen.
b) Soweit das Insolvenzgericht in dem Beschluss über die Abweisung des Insolvenzantrags mangels Masse dem Schuldner auch die Restschuldbefreiung versagt hat, kann diese Versagung nicht als Versagungsgrund für ein zukünftiges Verfahren im Sinne des § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO angesehen werden, die dem Schuldner für die Dauer von 10 Jahren die Möglichkeit nehmen würde, einen erneuten Antrag auf Durchführung des Restschuldbefreiungsverfahrens zu stellen. Die Entscheidung zur Restschuldbefreiung war aufgrund der vom Insolvenzgericht zu treffenden Entscheidung über den Antrag auf Eröffnung des vereinfachten Insolvenzverfahrens eigentlich nicht veranlasst. Sie hat einen rein deklaratorischen Charakter und beruht nicht auf der Verwirklichung eines Versagungsgrundes oder einer Obliegenheitsverletzung durch den Schuldner. Sie kann deshalb nach dem Zweck des § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO auch keine Sperrwirkung für zukünftige Anträge des Schuldner auf Durchführung eines Restschuldbefreiungsverfahrens entfalten.
V. Die sofortige weitere Beschwerde des Schuldner war zurückzuweisen, nachdem der Senat dem Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels nicht entsprechen konnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 4 InsO i. V. m. § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Festsetzung des Beschwerdewertes ist im Hinblick auf die dem Schuldner vom Insolvenzgericht auferlegte Einzahlung eines Kostenvorschusses in Höhe von 2. 000 DM erfolgt.