Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 18.12.2023, Az.: 12 A 4154/21

Beschluss; formelle Rechtswidrigkeit; gemeindliches Vorkaufsrecht; Haushaltsplan; Heilung eines Verfahrensfehlers; Rat; Rechtsverletzung; Verfügung über Vermögen der Kommune; Verwaltungsausschuss; Zuständigkeit

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
18.12.2023
Aktenzeichen
12 A 4154/21
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2023, 48199
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGHANNO:2023:1218.12A4154.21.00

Tenor:

Der Bescheid der Beklagten vom 29.12.2020 und der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 14.05.2021 werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens ausschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts durch die Beklagte, ein von ihm erworbenes Flurstück betreffend.

Der Kläger schloss mit dem Beigeladenen am 02.11.2020 einen notariellen Kaufvertrag über die Flurstücke 223/10, 224/19, 224/18, 223/7 und 223/9 der Flur 5 der Gemarkung G. sowie über das Flurstück 273/1 der Flur 1 derselben Gemarkung. Das Flurstück 273/1 ist 12.568 qm groß; der Kaufpreis für dieses Flurstück betrug 125.680 Euro.

Zeitgleich schloss der Kläger des parallelen Verfahrens 12 A 4156/21 mit dem Beigeladenen einen notariellen Kaufvertrag über das vergleichbar große Flurstück 272 derselben Flur und Gemarkung.

Beide Flurstücke sind rechteckig mit jeweils den Schmalseiten im Norden und Süden. Sie liegen nebeneinander im Außenbereich, sind unbebaut und werden derzeit als Ackerland genutzt. Im Flächennutzungsplan der Beklagten sind sie seit mindestens dem Jahr 1982 als "Wohnbaufläche" dargestellt. Der Flächennutzungsplan liegt inzwischen in der 33. Änderungsfassung vor. Das Flurstück 273/1 des Klägers grenzt mit seiner Längsseite westlich unmittelbar an das überplante Baugebiet H. des Ortsteils G. der Beklagten an; wiederum westlich an das Flurstück des Klägers grenzt unmittelbar das Flurstück 272.

Bereits vor den Kaufvertragsabschlüssen hatte der Rat der Beklagten mit Beschluss vom 14.09.2020 zu Punkt 3 der Tagesordnung "Grunderwerb in G. als Baulandreserve" entschieden, dass (1.) die Flurstücke 273/1 und 272 der Flur 1 der Gemarkung G. "nach Möglichkeit im Rahmen des Vorkaufsrechts erworben werden" sollten, (2.) die "Kosten für einen möglichen Grunderwerb ... in Höhe von 221.000 Euro im Nachtragshaushalt bereitgestellt" würden und (3.) "über die tatsächliche Ausübung des Vorkaufsrechts ... der Verwaltungsausschuss zu entscheiden" habe. Am selben Tag hatte der Rat der Beklagten auch die 1. Nachtragshaushaltssatzung 2020 beschlossen. Im zugehörigen Nachtragshaushaltsplan waren unter der "Buchungsstelle 52.1.01/5005.7821000 Auszahlung für den Erwerb von Grundstücken und Gebäuden" 267.000 Euro veranschlagt worden. Weiterhin enthielt der Nachtragshaushaltsplan den konkretisierenden Hinweis "Mittel für Grunderwerb I., DS 305/2019, Ratsbeschluss vom 17.02.2020, Erwerb Baulandreserve".

Mit Schreiben vom 05.11.2020 zeigte der Notar die vom Kläger und dem Kläger des parallelen Verfahrens 12 A 4156/21 mit dem Beigeladenen geschlossenen Kaufverträge bei der Beklagten an.

Mit Beschluss vom 02.12.2020 entschied der Verwaltungsausschuss der Beklagten, dass die Verwaltung beauftragt werde, das Vorkaufsrecht für die Flurstücke 273/1 und 272 der Flur 1 der Gemarkung G. auszuüben, und dass die zusätzlich erforderlichen Mittel in Höhe von 54.000 Euro im Haushalt 2021 bereitgestellt würden.

Am 14.12.2020 beschloss der Rat der Beklagten die Haushaltssatzung 2021 und den zugehörigen Haushaltsplan.

Nach entsprechender Anhörung übte die Beklagte mit zwei Bescheiden vom 29.12.2020 gegenüber dem Beigeladenen in Bezug auf die Flurstücke 273/1 - das vom Kläger erworbene - und 272 der Flur 1 der Gemarkung G. das Vorkaufsrecht aus. Zur Begründung führte sie aus, die Vorkaufsrechtsausübung sei durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt. Die im Flächennutzungsplan als "Wohnbaufläche" dargestellten Flurstücke würden für die Siedlungsentwicklung benötigt. Das bereits vorhandene Baugebiet H. solle um diese Flächen erweitert werden. Die Verkaufszahlen von städtischen Baugrundstücken seien in den letzten Jahren stark gestiegen. Bei gleichbleibender Wohnbaulandnachfrage könne sie, die Beklagte, voraussichtlich Ende 2021 keine erschlossenen Grundstücke mehr als Bauland für den Wohnungsbau zur Verfügung stellen. Sie werde auch kurzfristig den Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans herbeiführen. Sie habe bereits mit dem Flächennutzungsplan eindeutig die Absicht erklärt, diese Flurstücke als Wohnbauland nutzen zu wollen. Die Umsetzung des Flächennutzungsplans und die dazu erforderliche Ausübung des Vorkaufsrechts sei deshalb angemessen und gerechtfertigt. Sie habe in diesem Zusammenhang gerade auch den hohen Stellenwert des Grundeigentums in den Blick genommen. Gleichwohl müsse der Beigeladene, der anders als die Kläger in dieser Grundrechtsposition betroffen sei, in der Gesamtabwägung zurückstehen, weil er bei wirtschaftlicher Betrachtung durch die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht schlechter gestellt werde.

Der Kläger erhielt unter dem 29.12.2020 eine Abschrift des das Flurstück 273/1 der Flur 1 der Gemarkung G. betreffenden Bescheids.

Mit Schreiben vom 04.01.2021 beantragte der Kläger die Abwendung des Vorkaufsrechts. Zum Abschluss eines städtebaulichen Vertrags zwischen dem Kläger und der Beklagten kam es anschließend jedoch nicht. Unter dem 29.01.2021 legte der Kläger sodann Widerspruch gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts ein.

Am 18.02.2021 beschloss der Verwaltungsausschuss der Beklagten die Aufstellung des Bebauungsplans J.. Das Plangebiet soll ausschließlich die Flurstücke 273/1 und 272 der Flur 1 der Gemarkung G. umfassen. Der Aufstellungsbeschluss wurde am 23.02.2021 bekannt gemacht.

Mit Bescheid vom 14.05.2021 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie ergänzend aus, der Beigeladene als Verkäufer habe die Ausübung des Vorkaufsrechts akzeptiert, sie sei ihm gegenüber seit geraumer Zeit bestandskräftig. Soweit der Kläger erklärt gehabt habe, das Vorkaufsrecht abwenden und zu diesem Zwecke einen städtebaulichen Vertrag schließen zu wollen, habe sie, die Stadt, diesem Wunsch aufgeschlossen gegenübergestanden und mit dem Kläger Gespräche geführt. Sie habe die Planung bereits zeitlich konkretisiert gehabt, als der Kläger mit seinem Widerspruchsschreiben erklärt habe, an seiner Erklärung nicht mehr festzuhalten. Auf der Grundlage des Aufstellungsbeschlusses für den Bebauungsplan J. habe sie inzwischen mehrere Planungsbüros gebeten, wegen der Ausarbeitung des Entwurfs eines Bebauungsplans Angebote zu unterbreiten. Die Angebote lägen seit einigen Tagen vor, der Verwaltungsausschuss habe in seiner Sitzung am 12.05.2021 beschlossen, die Planungsaufträge an Büros in B-Stadt und Hessisch Oldendorf zu vergeben.

Der Kläger hat am 14.06.2021 Klage erhoben.

Er macht geltend, die Ausübung des Vorkaufsrechts sei bereits formell rechtswidrig, da sie nicht von dem zuständigen Gemeindeorgan beschlossen worden sei. Zuständig sei der Rat der Beklagten, dieser habe aber in seiner Sitzung am 14.09.2020 die abschließende Beschlusszuständigkeit auf den Verwaltungsausschuss übertragen. Soweit ersichtlich sei über die Ausübung des Vorkaufsrechts nur in nichtöffentlichen Sitzungen beraten worden, darin liege nach der Rechtsprechung zudem ein Verstoß gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit. Die Sitzungen des Rates einer Gemeinde seien grundsätzlich öffentlich, die des Verwaltungsausschusses seien es hingegen nicht.

Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei auch materiell rechtswidrig. Sie sei nicht durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt, denn sie diene lediglich der langfristigen Bodenvorratspolitik der Beklagten. Eine solche unzulässige Bodenvorratspolitik liege vor, wenn die Ausübung des Vorkaufsrechts erfolge, ohne dass ein akuter Wohnraummangel bestehe. So sei es hier. Voraussetzung für die Ausübung des Vorkaufsrechts aus Gründen der "Wohnbaulandbeschaffung" sei, dass die Beklagte nachweise, dass eine Nachfrage von Wohnbaugrundstücken bestehe, die am "normalen Markt" nicht befriedigt werden könne. Diesen Nachweis habe die Beklagte nicht erbracht, sie habe Angebot und Nachfrage nicht hinreichend substantiiert gegenübergestellt.

Die Ausübung des Vorkaufsrechts setze weiterhin voraus, dass zum Zeitpunkt der Ausübung hinreichend absehbar sei, dass das Flurstück Wohnzwecken zugeführt werde und die Gemeinde die erforderlichen Schritte unternommen habe, um das von ihr verfolgte städtebauliche Ziel zu verwirklichen. Auch hieran bestünden erhebliche Zweifel. Der Vortrag der Beklagten, die Entwicklung von Bauland auf den kaufgegenständlichen Flurstücken sei ein langfristig verfolgtes städtebauliches Ziel, welches gerade ihr Rat wiederholt mit der Fortschreibung des Flächennutzungsplans bekräftigt habe, sei unzureichend. Erforderlich sei in der Regel die alsbaldige Aufstellung eines Bebauungsplans. Die alsbaldige Aufstellung eines Bebauungsplans sei aber zum Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts nicht absehbar gewesen. Der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan J. sei erst nach der Ausübung des Vorkaufsrechts erfolgt.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 29.12.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Beklagten vom 14.05.2021 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, die Ausübung des Vorkaufsrechts sei formell rechtmäßig, denn es handele sich dabei um keine Angelegenheit, über die ausschließlich der Rat zu beschließen habe. Selbst wenn man aber davon ausgehen wollte, dass die Ausübung eines Vorkaufsrechts als eine Verfügung über Vermögen der Kommune anzusehen sei, sei kein Verstoß gegen die Zuständigkeitsvorschriften des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes gegeben. Denn der Rat habe bereits mit dem Haushaltsplan sowie mit seinem Beschluss vom 14.09.2020 über die rechtsgeschäftliche Verfügung über das kommunale Vermögen entschieden, mithin seine Zustimmung zu der Ausübung des Vorkaufsrechts erteilt. Der Ratsbeschluss vom 14.09.2020 umfasse gerade auch die Zurverfügungstellung der erforderlichen Haushaltsmittel. Der Rat habe mit seinem Beschluss Mittel im Umfang von 221.000 Euro im Wege des Nachtragshaushalts bereitgestellt. Diesem Betrag habe die Annahme zugrunde gelegen, dass der Kaufpreis für beide Flurstücke 8 Euro/qm betragen würde. Als die Kaufverträge dann mit einem Kaufpreis von 10 Euro/qm angezeigt worden seien, seien vom Rat am 14.12.2020 weitere 54.000 Euro unter dem Haushaltsansatz für den "Erwerb von Grundstücken und Gebäuden" in den Haushaltsplan 2021 eingestellt worden. Folglich sei von dem Verwaltungsausschuss, der nach dem Willen des Rates nur noch "über die tatsächliche Ausübung des Vorkaufsrechts" habe entscheiden sollen, allein der haushaltsmäßige Vollzug der bereits getroffenen Entscheidung vorzunehmen gewesen. Für eine solche Entscheidung habe es keines zusätzlichen Beschlusses des Rates bedurft. Dem Rat sei es ausweislich seines Beschlusses am 14.09.2020 bewusst gewesen, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts innerhalb von zwei Monaten habe erfolgen müssen, an dem Tag aber mangels Mitteilung des - zu diesem Zeitpunkt noch nicht geschlossenen - Vertrages noch nicht habe erfolgen können. Da der Rat nur alle zwei bis drei Monate zusammenkomme, sei zu befürchten gewesen, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts daran scheitere, dass der Rat die Ausübung nicht rechtzeitig würde beschließen können. Der Rat habe sich vor diesem Hintergrund darauf beschränken dürfen, die vermögensrelevante Entscheidung zu treffen und es im Übrigen dem Verwaltungsausschuss zu überlassen, über die Ausübung des Vorkaufsrechts - in dem vom ihm vorgegebenen finanziellen Rahmen - zu entscheiden. Höchst vorsorglich weise sie schließlich darauf hin, dass auch ein - unterstellter - Verstoß gegen die Zuständigkeitsregelungen des Kommunalverfassungsgesetzes keineswegs zur Begründetheit der Klage führe. Es sei umstritten, ob sich ein Verkäufer oder ein Käufer auf die Verletzung der gemeindeinternen Zuständigkeiten berufen könnten und sie teile die Auffassung, dass § 58 Abs. 1 Nr. 14 NKomVG weder dem Schutz des Verkäufers noch des Käufers diene.

Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei auch materiell rechtmäßig, denn der Vorwurf des Klägers, dass keine Nachfrage nach Baugrundstücken bestehe bzw. Baugrundstücke in ausreichendem Umfang vorhanden seien, sei haltlos. Der Kläger ignoriere die Tatsache, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt der Vorkaufsrechtsausübung die verfügbaren Baugrundstücke in G. ausverkauft gewesen seien und sowohl für Baugrundstücke in sämtlichen Baugebieten in ihrem Stadtgebiet als auch für im Eigentum Privater stehende Baugrundstücke eine überdurchschnittlich hohe Nachfrage bestanden habe. Ihre Siedlungsentwicklung, also die der Beklagten, habe de facto stillgestanden, was perspektivisch mit erheblichen Nachteilen verbunden gewesen sei.

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der von der Beklagten übersandten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat Erfolg.

Sie ist zulässig, denn die Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts kann neben dem Verkäufer auch der Käufer - wie hier der Kläger - anfechten (seit BVerwG, Beschl. vom 25.05.1982 - 4 B 98.82 -, juris, 1. Leitsatz).

Die Klage ist auch begründet, denn der angefochtene Bescheid vom 29.12.2020 und der Widerspruchsbescheid vom 14.05.2021 erweisen sich als rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Als Rechtsgrundlage für das von der Beklagten ausgeübte gemeindliche Vorkaufsrecht kommt allein § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB in Betracht. Danach steht der Gemeinde ein Vorkaufsrecht zu beim Kauf von Grundstücken im Geltungsbereich eines Flächennutzungsplans, soweit es sich um unbebaute Flächen im Außenbereich handelt, für die nach dem Flächennutzungsplan eine Nutzung als Wohnbaufläche oder Wohngebiet dargestellt ist. Gemäß § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB darf das Vorkaufsrecht nur ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt.

Der angefochtene, das Vorkaufsrecht ausübende Bescheid ist formell rechtswidrig, da ihm ein rechtswidriger Beschluss des Verwaltungsausschusses der Beklagten zugrunde liegt. Zu Recht weist der Kläger darauf hin, dass der Verwaltungsausschuss für die Beschlussfassung, das Vorkaufsrecht für das Flurstück 273/1 der Flur 1 der Gemarkung G. auszuüben, nicht zuständig war.

Gemäß § 76 Abs. 2 Satz 1 NKomVG - auf diese Vorschrift stellt die Beklagte ab - beschließt der Verwaltungsausschuss über diejenigen Angelegenheiten, für die keine Zuständigkeit eines anderen Organs gegeben ist. Zuständig für die Entscheidung, das Vorkaufsrecht auszuüben, wäre jedoch der Rat der Beklagten gewesen.

Gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 14 NKomVG beschließt die Vertretung - hier der Rat - ausschließlich über die Verfügung über Vermögen der Kommune, insbesondere Schenkungen und Darlehen, die Veräußerung oder Belastung von Grundstücken und die Veräußerung von Anteilen an einer Gesellschaft oder anderen Vereinigung in einer Rechtsform des privaten Rechts, ausgenommen Rechtsgeschäfte, deren Vermögenswert eine von der Hauptsatzung bestimmte Höhe nicht übersteigt. Die Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts stellt eine solche Verfügung über Vermögen der Kommune dar (vgl. NdsOVG, Urt. vom 28.04.2005 - 1 LB 270/02 -, juris Rn. 33 zu dem gleichlautenden § 40 Abs. 1 Nr. 11 NGO, allerdings ohne Begründung; offengelassen im Beschl. vom 07.02.2022 - 1 LA 49/21 -, S. 5 des BA; VG Osnabrück, Urt. vom 04.02.2021 - 2 A 82/18 -, S. 8 des UA; vgl. auch VG Trier, Urt. vom 25.09.2008 - 5 K 531/08.TR -, juris Rn. 26).

Das gemeindliche Vorkaufsrecht wird zum Ankauf eines Grundstücks ausgeübt und auch der Ankauf eines Grundstücks - obwohl nur die Veräußerung und die Belastung explizit genannt sind - stellt eine Verfügung über das Vermögen der Kommune dar (so auch VG Osnabrück, Urt. vom 04.02.2021 - 2 A 82/18 -, S. 9 des UA; Blum in Blum u.a., Kommunalverfassungsrecht, Stand Juni 2020, § 58 Rn. 54; Hartmann/Welzel, Kommunalverfassungsrechtliche Fragen der Grundstücksgeschäfte der Gemeinden, NdsVBl. 2015, S. 103 (105); Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand 01.05.2023, § 28 Rn. 28a; a.A. Wilkens in Ipsen, NKomVG, 2011, § 76 Rn. 38), mit der das Sachvermögen der Kommune um den konkreten Kaufgegenstand vermehrt und zugleich das Geldvermögen der Kommune reduziert wird. Die zum Oberbegriff "Verfügung über das Vermögen der Kommune" genannten Beispielsfälle führen nicht zu einer Eingrenzung oder Konkretisierung der Zuständigkeit. Die Aufzählung ist weder abschließend noch hat sie die Funktion einer Benennung von Regelbeispielen, da weder nach der Art der Geschäfte noch nach der Bedeutsamkeit eine Regel zu erkennen ist (Blum in Blum u.a., Kommunalverfassungsrecht, Stand Juni 2020, § 58 Rn. 54; Koch in Ipsen, NKomVG, 2011, § 58 Rn. 38; vgl. auch Wilkens in Ipsen, a.a.O, § 76 Rn. 38). Die Vorschrift unterscheidet auch nicht zwischen vermögensmehrenden und vermögensmindernden Verfügungen (Hartmann/Welzel, Kommunalverfassungsrechtliche Fragen der Grundstücksgeschäfte der Gemeinden, NdsVBl. 2015, S. 103 (105)), weshalb der Hinweis der Beklagten auf den Zugewinn des Grundstücks, welches im Falle der Ausübung des Vorkaufsrechts erlangt wird, ins Leere geht. Vielmehr meint der Begriff der Verfügung jede körperschaftsinterne verbindliche Entscheidung über die rechtsgeschäftliche Veränderung des Vermögens der Kommune und auch nicht lediglich sachenrechtliche Verfügungsgeschäfte im Sinne des Zivilrechts (Blum in Blum u.a., Kommunalverfassungsrecht, Stand Juni 2020, § 58 Rn. 54; Hartmann/Welzel, Kommunalverfassungsrechtliche Fragen der Grundstücksgeschäfte der Gemeinden, NdsVBl. 2015, S. 103 (104f.)). Soweit in der Literatur demgegenüber teilweise vertreten wird, § 58 Abs. 1 Nr. 14 NKomVG betreffe nur Verfügungen über das Sachvermögen der Kommune, da die Vertretung der Kommune über die Verwendung der Haushaltsmittel bereits mit dem jeweils gültigen Haushaltsplan entschieden habe (Koch in Ipsen, NKomVG, 2011, § 58 Rn. 38; vgl. auch Wilkens in Ipsen, a.a.O, § 76 Rn. 38; Rose, Kommunale Finanzwirtschaft Niedersachsen, 9. Aufl. 2023, S. 552; Thiele, NKomVG, 2. Aufl. 2017, § 58 Rn. 22f.), überzeugt diese Auffassung die Kammer nicht. Der Wortlaut des § 58 Abs. 1 Nr. 14 NKomVG ist umfassender und eine einschränkende Auslegung ist weder von der Systematik noch vom Zweck der Norm gedeckt. Etliche der Entscheidungen, die nach § 58 Abs. 1 NKomVG in die ausschließliche Zuständigkeit der Vertretung fallen, setzen die Bereitstellung von Haushaltsmitteln voraus, wie beispielsweise die Errichtung, Gründung, Übernahme und wesentliche Erweiterung von Unternehmen, von kommunalen Anstalten und von Einrichtungen im Rahmen des Wirtschaftsrechts (Nr. 11), die Beteiligung an Gesellschaften und anderen Vereinigungen in einer Rechtsform des privaten Rechts (Nr. 12), die Vergabe von Darlehen (Nr. 14) und die Übernahme neuer freiwilliger Aufgaben (Nr. 19). Würde der Beschluss der Vertretung über den Haushaltsplan ausreichen, wären alle diese Zuständigkeitsregelungen überflüssig. Dazu zielt § 58 Abs. 1 NKomVG erkennbar darauf ab, dass die wesentlichen Entscheidungen über das Vermögen der Kommune - oberhalb einer festzulegenden Bagatellgrenze - durch die Vertretung getroffen werden, woraus zwingend folgt, dass auch über die konkrete Verwendung der Gelder, die in den Haushaltstiteln abstrakt zur Verfügung gestellt werden, die Vertretung - der Rat - zu entscheiden hat.

Auch das Argument der Beklagten, der Rat habe mit seinem Beschluss vom 14.09.2020 bereits die maßgebliche Entscheidung über das "Ob" der Ausübung des Vorkaufsrechts getroffen, greift nicht durch. Der Rat hatte gerade nicht entschieden, dass das Vorkaufsrecht zu jedweden Konditionen ausgeübt werden sollte. Er hatte lediglich beschlossen, dass die betroffenen Grundstücke "nach Möglichkeit" im Rahmen des Vorkaufsrechts erworben werden sollten und die Entscheidung "über die tatsächliche Ausübung des Vorkaufsrechts" an den Verwaltungsausschuss delegiert. Auf der Grundlage dieses Beschlusses hätte der Rat den Bürgermeister nach der Anzeige der Kaufverträge nicht zur Ausübung des Vorkaufsrechts anweisen können.

Die Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechts in Bezug auf das Flurstück, welches der Kläger erworben hatte, war auch nicht ausnahmsweise von der Zuständigkeit des Rates der Beklagten ausgenommen, weil sie ein Rechtsgeschäft betraf, deren Vermögenswert eine von der Hauptsatzung bestimmte Höhe nicht überstieg, § 58 Abs. 1 Nr. 14 NKomVG a.E.

Gemäß § 3 Buchst. a) der Hauptsatzung der Beklagten vom 07.11.2016 bedurften im Jahr 2020 der Beschlussfassung des Rates alle Rechtsgeschäfte im Sinne des § 58 Abs. 1 Nr. 14 NKomVG, deren Vermögenswert die Höhe von 20.000 Euro überstieg. Dieser Vermögenswert wurde bei der Vorkaufsrechtsausübung deutlich überschritten, da für das Flurstück 273/1 der Flur 1 der Gemarkung G. zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen ein Kaufpreis von über 125.000 Euro vertraglich vereinbart worden war.

Der Rat konnte seine Entscheidungsbefugnis auch nicht rechtmäßig auf den Verwaltungsausschuss übertragen. Dem Beschluss des Rates vom 14.09.2020, dass über die tatsächliche Ausübung des Vorkaufsrechts der Verwaltungsausschuss entscheiden solle, fehlte es an der gesetzlichen Grundlage. Nach dem Vortrag der Beklagten hatte der Rat den Beschluss getroffen, weil zu befürchten gewesen sei, dass die Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts von zwei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertragsschlusses nicht eingehalten würde, da der Rat nur alle zwei bis drei Monate zusammenkomme. Auch diese Sorge um die drohende Versäumung der Frist des § 28 Abs. 2 BauGB eröffnete jedoch keine Möglichkeit, die gesetzlichen Zuständigkeiten zu ändern. Vielmehr ist eine Übertragung von Zuständigkeiten nach § 58 Abs. 1 NKomVG auf ein anderes Organ der Kommune ausgeschlossen (VG Osnabrück, Urt. vom 04.02.2021 - 2 A 82/18 -, S. 8 des UA; Blum in Blum u.a., Kommunalverfassungsrecht, Stand Juni 2020, § 58 Rn. 3; Hartmann/Welzel, Kommunalverfassungsrechtliche Fragen der Grundstücksgeschäfte der Gemeinden, NdsVBl. 2015, S. 103 (106)). Aus dem Umstand, dass dem Rat per Gesetz Zuständigkeiten zugewiesen sind, folgt, dass diese Zuständigkeiten auch nur aufgrund gesetzlicher Ermächtigung delegiert werden dürfen (Hartmann/Welzel, Kommunalverfassungsrechtliche Fragen der Grundstücksgeschäfte der Gemeinden, NdsVBl. 2015, S. 103 (106)). Eine solche Ermächtigung findet sich allerdings nur in § 58 Abs. 1 Nr. 14 NKomVG a.E. ("ausgenommen Rechtsgeschäfte, deren Vermögenswerte eine von der Hauptsatzung bestimmte Höhe nicht übersteigt") und in § 58 Abs. 5 NKomVG, der - hier nicht einschlägige - Befugnisse betrifft, die in § 58 Abs. 4 NKomVG geregelt sind. Der Vorschlag, sämtliche in § 58 Abs. 1 NKomVG aufgeführten Zuständigkeiten des Rates als übertragbar zu normieren, hatte sich im Gesetzgebungsverfahren nicht durchsetzen können (Hartmann/Welzel, Kommunalverfassungsrechtliche Fragen der Grundstücksgeschäfte der Gemeinden, NdsVBl. 2015, S. 103 (106); LT-Drs. 16/2510, S. 111). Entgegen der Auffassung der Beklagten verletzte die Übertragung auch den Schutzzweck der Aufgabenzuweisung in § 58 Abs. 1 Nr. 14 NKomVG, nach der die wesentlichen Entscheidungen über das Vermögen der Kommune durch die Vertretung getroffen werden. Hier war nach der Entscheidung durch den Rat am 14.09.2020, die Grundstücke "nach Möglichkeit" anzukaufen, für den Fall der Anzeige der Kaufverträge noch offen, ob weitere wesentliche Entscheidungen notwendig würden. So stand zum Zeitpunkt des Ratsbeschlusses weder fest, zu welchem Preis die Grundstücke verkauft würden, noch, ob möglicherweise eine Entscheidung über einen Ankauf zum Verkehrswert nach § 28 Abs. 3 Satz 1 BauGB zu treffen sein würde.

Die erklärte Sorge des Rates um die drohende Fristversäumnis war im Übrigen unbegründet, da § 89 Satz 1 NKomVG für einen solchen Fall eine Eilentscheidung des Verwaltungsausschusses ermöglicht. Der Beschluss des Verwaltungsausschusses der Beklagten am 02.12.2020 lässt sich allerdings nicht als eine solche Eilentscheidung ansehen. Der Verwaltungsausschuss hatte an dem Tag nicht entschieden, weil eine vorherige Entscheidung des Rates nicht hatte eingeholt werden können, sondern weil ihm der Rat die Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechts zuvor übertragen hatte. Darüber hinaus bestand am 02.12.2020 in Bezug auf die Ausübung des Vorkaufsrechts gar keine Eile, da der Rat in seiner (Haushalts-) Sitzung am 14.12.2020 noch fristwahrend selbst hätte entscheiden können.

Der Rat hatte auch nicht bereits im Rahmen des Haushaltsplans der Beklagten in ausreichender Weise über die Ausübung des Vorkaufsrechts entschieden.

Zwar bedarf es keines weiteren Beschlusses des Rates einer Kommune nach § 58 Abs. 1 Nr. 14 NKomVG, wenn der Rat mit dem Haushaltsplan bereits dem Grunde und der Höhe nach seine Zustimmung zu einer rechtsgeschäftlichen Verfügung über das Vermögen der Kommune erteilt hat, so dass nur noch der haushaltsmäßige Vollzug der bereits getroffenen Entscheidung verbleibt (vgl. VG Osnabrück, Urt. vom 04.02.2021 - 2 A 82/18 -, S. 9 des UA; VG Hannover, Urt. vom 17.12.2015 - 4 A 3246/15 -, S. 8 des UA; OLG Celle, Beschl. vom 17.11.2011 - 13 Verg 6/11 -, juris Rn. 41; Blum in Blum u.a., Kommunalverfassungsrecht, Stand Juni 2020, § 58 Rn. 56; Thiele, NKomVG, 2. Aufl. 2017, § 58 Rn. 23). Notwendig ist in jedem Fall jedoch, dass im Haushaltsplan die ausgewiesene Vermögensverfügung ausreichend konkretisiert ist, da anderenfalls die ausschließliche Zuständigkeitszuweisung des § 58 Abs. 1 NKomVG für sämtliche Vermögensverfügungen ausgehebelt würde, für die im Haushaltsplan der Kommune abstrakt Geld bereitgestellt worden ist. Dementsprechend bedarf es im Falle eines Grundstückskaufs dafür im Haushaltsplan einer Ausweisung des konkreten Kaufgegenstands und des konkreten Kaufpreises (VG Osnabrück, Urt. vom 04.02.2021 - 2 A 82/18 -, S. 9 des UA; Hartmann/Welzel, Kommunalverfassungsrechtliche Fragen der Grundstücksgeschäfte der Gemeinden, NdsVBl. 2015, S. 103 (107); a.A. allerdings wohl VG Hannover, Urt. vom 17.12.2015 - 4 A 3246/15 -, S. 8 des UA, das es ausreichen lässt, wenn in der Haushaltssatzung "ausreichende Mittel zum Erwerb von Grundstücken" bereitgestellt wurden).

Danach hatte der Rat der Beklagten nicht zugleich mit seinen Beschlüssen zum kommunalen Haushaltsplan auch über die Ausübung des Vorkaufsrechts in Bezug auf die Flurstücke 273/1 und 272 der Flur 1 der Gemarkung G. entschieden.

Nach dem Verwaltungsvorgang sind im Nachtragshaushaltsplan 2020 zur 1. Nachtragshaushaltssatzung 2020 unter der "Buchungsstelle 52.1.01/5005.7821000 Auszahlung für den Erwerb von Grundstücken und Gebäuden" 267.000 Euro veranschlagt. Weiterhin enthält der Nachtragshaushaltsplan 2020 den konkretisierenden Hinweis "Mittel für Grunderwerb I., DS 305/2019, Ratsbeschluss vom 17.02.2020, Erwerb Baulandreserve". Die Haushaltsstelle enthält aber weder einen Hinweis auf das vom Kläger erworbene Flurstück 273/1 der Flur 1 der Gemarkung G. noch die Angabe des Kaufpreises für dieses Flurstück. Der veranschlagte Betrag der Haushaltsstelle ist zudem höher als die Summe der beiden Kaufpreise für die Flurstücke 273/1 und 272 der Flur 1 der Gemarkung G. von 250.760 Euro. Der konkretisierende Hinweis lässt sich zudem auch dahingehend verstehen, dass die gesamten ausgewiesenen 267.000 Euro für den Grunderwerb im I. im Haushaltsplan eingestellt worden waren. Darüber hinaus konnte der Rat am 14.09.2020 zusammen mit dem Nachtragshaushaltsplan über die Ausübung des Vorkaufsrechts noch gar nicht abschließend entscheiden, weil zu diesem Zeitpunkt die Flurstücke noch nicht verkauft waren und der Kaufpreis für die Flurstücke infolgedessen noch gar nicht endgültig feststand. Dies trägt die Beklagte selbst vor, wenn sie angibt, der Bereitstellung von Mitteln habe noch die Annahme des Rates zugrunde gelegen, der Kaufpreis für die beiden Flurstücke werde 8 Euro/qm betragen. Im Besonderen steht der Annahme einer Entscheidung über das Vorkaufsrecht durch den Beschluss des Nachtragshaushalts allerdings entgegen, dass der Rat am selben Tag explizit entschieden hatte, die Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechts eben nicht selbst zu treffen, sondern dem Verwaltungsausschuss zu übertragen.

Auch mit dem Haushaltsplan 2021 wurde vom Rat keine Entscheidung über das Vorkaufsrecht getroffen, weil der Rat zum Zeitpunkt des Beschlusses am 14.12.2020 davon ausging, dass die Entscheidung am 02.12.2020 im Verwaltungsausschuss getroffen worden war. Im Übrigen finden sich zu der Haushaltsstelle der - für die Ausübung des Vorkaufsrechts für die beiden Flurstücke noch erforderlichen weiteren - 54.000 Euro in dem Haushaltsplan keinerlei Bemerkungen, die einen Bezug zu den Vorkaufsrechten herstellen.

Die Rechtswidrigkeit des Beschlusses des Verwaltungsausschusses (Blum in Blum u.a., Kommunalverfassungsrecht, Stand Juni 2020, § 58 Rn. 3 spricht unter Bezugnahme auf NdsOVG, Urt. vom 16.03.1988 - 7 OVG C 1/87 - sogar von nichtig) hat zur Folge, dass der angefochtene Bescheid vom 29.12.2020, mit dem die Beklagte das Vorkaufsrecht gegenüber dem Verkäufer ausgeübt hat, formell rechtswidrig ist und den Kläger in seinen subjektiven Rechten verletzt.

Die von der Beklagten präferierte Gegenansicht, dass Bestimmungen über die Zuständigkeiten der Gemeindeorgane nicht dem Schutz Dritter und damit auch nicht den Parteien eines Kaufvertrags dienen, weshalb Letztere eine Anfechtungsklage nicht auf die Unzuständigkeit des Organs, das über das Vorkaufsrecht entschieden hat, stützen können (so lediglich Köster in Schrödter, Baugesetzbuch, 9. Aufl. 2019, § 28 Rn. 12a; Kronisch - auf den sich die Beklagte bezieht - in Brügelmann, BauGB, Stand Juli 2023, § 28 Rn. 35, stellt die Frage als streitig dar ohne eine eigene Ansicht zu vertreten), überzeugt die Kammer nicht. Sie folgt vielmehr der herrschenden Meinung, nach der ein Verstoß gegen die sachliche Zuständigkeit eines Gemeindeorgans als wesentlicher Verfahrensfehler zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts im Außenverhältnis gegenüber dem von der hoheitlichen Regelung betroffenen Bürger führt (Nds. OVG, Beschl. vom 31.01.2013 - 7 LA 160/11 -, juris 2. Leitsatz und Rn. 9; OVG Meckl.-Vorpomm., Urt. vom 07.03.2018 - 3 L 24/16 -, juris Rn. 61 und Urt. vom 21.03.2007 - 3 L 159/03 -, juris Rn. 29, 33; OVG Rheinl.-Pf., Urt. vom 13.04.2006 - 1 A 11596/05 -, juris Rn. 31f.; BayVGH, Urt. vom 31.03.2003 - 4 B 00.2823 -, juris Rn. 34ff.; VGH Ba.-Württ., Urt. vom 12.09.1997 - 5 S 2498/95 -, juris Rn. 29; VG Trier, Urt. vom 25.09.2008 - 5 K 531/08.TR -, juris Rn. 30; vgl. auch Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 23. Aufl. 2022, § 46 Rn. 23). Denn durch die Ausübung des Vorkaufsrechts greift die Gemeinde als Trägerin öffentlicher Gewalt einseitig gestaltend in die durch den Kaufvertrag begründeten privatrechtlichen Beziehungen zwischen dem Verkäufer und dem Käufer ein und schafft neue privatrechtliche Beziehungen. Die damit verbundenen Belastungen für die Vertragspartner müssen diese nur hinnehmen, wenn die hoheitlich erfolgte Ausübung des Vorkaufsrechts einerseits den materiellen Voraussetzungen entspricht und andererseits die Entscheidung auch von dem gesetzlich dafür vorgesehenen Gemeindeorgan getroffen worden ist (OVG Meckl.-Vorpomm., Urt. vom 07.03.2018 - 3 L 24/16 -, juris Rn. 66 und Urt. vom 21.03.2007 - 3 L 159/03 -, juris Rn. 33). Der Bescheid im Außenverhältnis stellt nur den Vollzug des Beschlusses dar und die Verwaltung darf nur gesetzmäßig gefasste Beschlüsse vollziehen (NdsOVG, Beschl. vom 07.02.2022 - 1 LA 49/21 -, S. 4 des BA; VGH Ba.-Württ., Urt. vom 12.09.1997 - 5 S 2498/95 -, juris Rn. 29; VG Freiburg, Urt. vom 14.07.2022 - 4 K 2423/21 -, juris Rn. 22; VG Osnabrück, Urt. vom 04.02.2021 - 2 A 82/18 -, S. 11 des UA; VG Trier, Urt. vom 25.09.2008 - 5 K 531/08.TR -, juris Rn. 30).

Dahinstehen kann schließlich, ob die formelle Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 29.12.2020 nachträglich hätte geheilt werden können (vgl. dazu Nds. OVG, Beschl. vom 07.02.2022 - 1 LA 49/21 -). Für eine Heilung hätte es - vorausgesetzt, § 45 Abs. 1 Nr. 4 VwVfG ist anwendbar - zumindest des Verständnisses beim Rat bedurft, zur Ausübung des Vorkaufsrechts noch einen nachträglichen Beschluss fassen zu müssen. Nach dem Vortrag der Beklagten geht ihr Rat allerdings weiterhin von der Zulässigkeit seiner Entscheidung, die Zuständigkeit für die Ausübung des Vorkaufsrechts auf den Verwaltungsausschuss zu übertragen, aus. Gegenwärtig ist eine Heilung des Bescheides vom 29.12.2020 in keinem Fall mehr möglich, da ein Beschluss des Rates - die Möglichkeit der Heilung vorausgesetzt - innerhalb der Frist des § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB hätte erfolgen müssen (vgl. Nds. OVG, Beschl. vom 07.02.2022 - 1 LA 49/21 -; OVG Rheinl.-Pf., Urt. vom 13.04.2006 - 1 A 11596/05 -, juris Rn. 35; Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand 01.05.2023, § 28 Rn. 28a).

Soweit der Kläger eine formelle Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 29.12.2020 auch daraus herleiten will, dass der Verwaltungsausschuss in nichtöffentlicher Sitzung entschieden hat, kann diese Rechtsfrage offenbleiben. Zwar sind gemäß § 64 Abs. 1 NKomVG die Sitzungen des Rates grundsätzlich öffentlich und führt ein Verstoß gegen diesen Grundsatz sodann wohl auch zur Rechtswidrigkeit eines Beschlusses, der unter Ausschluss der Öffentlichkeit gefasst worden ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. vom 23.06.2015 - 8 S 1386/14 -, juris). Die Sitzungen des Verwaltungsausschusses sind jedoch gemäß § 78 Abs. 2 NKomVG grundsätzlich nichtöffentlich, so dass mit dem Beschluss des Verwaltungsausschusses über die Ausübung des Vorkaufsrechts am 02.12.2020 kein Verstoß gegen ein gesetzliches Gebot der Öffentlichkeit vorliegt, sondern lediglich ein "Folgefehler", der daraus resultiert, dass in rechtswidriger Weise der Verwaltungsausschuss entschieden hat.

Auch auf die Frage der materiellen Rechtmäßigkeit der Ausübung des Vorkaufsrechts und deren Rechtfertigung durch das Wohl der Allgemeinheit kommt es aufgrund der formellen Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 29.12.2020 sowie der daraus resultierenden Rechtsverletzung des Klägers nicht mehr an.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Beigeladene trägt entsprechend § 162 Abs. 3, § 154 Abs. 3 VwGO seine außergerichtlichen Kosten selbst, weil er keinen Antrag gestellt und sich am Verfahren nicht beteiligt hat.

Die Berufung war gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Die Rechtssache hat die danach für eine Berufungszulassung notwendige grundsätzliche Bedeutung, da das übergeordnete Obergericht die Frage, ob die Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts eine Verfügung über Vermögen im Sinne des § 58 Abs. 1 Nr. 14 NKomVG darstellt, zuletzt offengelassen hatte (Beschl. vom 07.02.2022 - 1 LA 49/21 -, S. 5 des BA).