Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 02.12.1998, Az.: 2 U 210/98

Fehlen einer Belehrung über den Fristablauf und die Verspätungsfolgen bei der Zustellung des Versäumnisurteils

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
02.12.1998
Aktenzeichen
2 U 210/98
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1998, 28953
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1998:1202.2U210.98.0A

Verfahrensgang

vorgehend
NULL

Fundstelle

  • OLGReport Gerichtsort 1999, 60-61

Amtlicher Leitsatz

Belehrung über die Einspruchsbegründungsfrist bei Zustellung des Versäumnisurteils an anwaltlich vertretene Partei, Heilung bei Unterlassung.

Gründe

1

Das Landgericht hat das erstinstanzliche Verteidigungsvorbringen der Beklagten zu Recht als verspätet zurückgewiesen, so dass die Beklagte in der Berufungsinstanz mit diesem Vorbringen nach § 528 Abs. 3 ZPO ausgeschlossen bleibt.

2

1.

Zwar ist die Beklagte im Zusammenhang mit der Zustellung des Versäumnisurteils nicht gemäß § 340 Abs. 3 S. 4 ZPO darüber belehrt worden, dass sie in der - binnen zwei Wochen nach Zustellung - einzureichenden Einspruchsschrift ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, soweit es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entsprach, vorzubringen hatte und ihr Vortrag sonst möglicherweise als verspätet

3

zurückgewiesen werden konnte. Deshalb wird in solchen Fällen grundsätzlich eine Zurückweisung nach § 296 Abs. 1 ZPO als unzulässig angesehen (vgl. Zöller/Herget, 20. Aufl. 1997, § 340 ZPO Rdnr. 12).

4

2.

Das ist hier jedoch anders zu beurteilen, weil die Beklagte anwaltlich vertreten war und mehrere (auch) nach Einschaltung ihrer Rechtsanwälte erfolgte Hinweise des Gerichts wegen einer Verspätung unbeachtet gelassen hat.

5

a.

Über die Folgen einer Säumnis ist die Beklagte schon bei Zustellung der Klageschrift ausführlich und ausreichend schriftlich belehrt worden; sie hat darauf sogleich ihre Prozessbevollmächtigten bestellt, die sich schon zwei Tage nach Zustellung zur Gerichtsakte gemeldet haben, ohne in der Folgezeit etwas zur Verteidigung der Beklagten vorzubringen. Darauf-

6

hin hat das Landgericht einen Verhandlungstermin bestimmt und der Beklagten den Hinweis erteilt, es sei "die ihr zur Klageerwiderung gesetzte Frist verstrichen ... (§ 296 ZPO)". Im Termin ist für die Beklagte dann einer ihrer Prozessbevollmächtigten mit der Erklärung erschienen, er trete nicht auf, so dass ein Versäumnisurteil erlassen worden ist.

7

b.

Die Zustellung des Versäumnisurteils ist an die Prozessbevollmächtigten erfolgt, die am 04.05.1998 Einspruch eingelegt und eine Begründung angekündigt haben, die ausgeblieben ist.

8

Daraufhin ist den Prozessbevollmächtigten mit der Ladung zum Einspruchstermin, der am 25.05.1998 (Zustellung 02.06.1998) für den 08.07.1998 - weiträumig - anberaumt worden ist, im Hinblick darauf, dass der Einspruch bis dahin nicht begründet worden war, vom Kammervorsitzenden ein Hinweis auf die "§§ 340 Abs. 3, 296 ZPO" gegeben worden.

9

Den Einspruch hat die Beklagte durch ihre Prozessbevollmächtigten erst mit dem am 07.07.1998 beim Landgericht eingereichten Schriftsatz vom selben Tage begründet. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 08.07.1998 hat das Landgericht den erschienenen und zur Sache verhandelnden Prozessbevollmächtigten der Beklagten auf eine Verspätung des Vorbringens - im Schriftsatz vom 07.07.1998 - hingewiesen und ihm Gelegenheit gegeben, zur Frage einer Entschuldigung der Verspätung vorzutragen. Dieser hat daraufhin erklärt, dass dazu nichts vorgetragen werden solle.

10

c.

Es kann dahinstehen, wie sich das Fehlen einer Belehrung über den Fristablauf und die Verspätungsfolgen bei der Zustellung des Versäumnisurteils an die Prozessbevollmächtigten der Beklagten für sich allein genommen ausgewirkt hätte. Denn die mit der Terminsladung erfolgte - nachträgliche - Belehrung, u.a. der Hinweis auf § 296 ZPO (und auch auf § 340 Abs. 3 ZPO), erfüllte jedenfalls die Voraussetzungen. dass der Inhalt der Vorschriften nicht mitgeteilt, geschweige denn erläutert worden ist, ist unschädlich. Denn einer kommentierenden Erläuterung der Gesetzesvorschriften bedarf es gegenüber einem - zugelassenen - Rechtsanwalt nicht; sie widerspräche seinem Berufsbild (OLG Hamm NJW 1984, 1566 [OLG Hamm 16.03.1984 - 20 U 178/83]; BGH NJW 1991, 493). Er ist der berufene unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten (§ 3 Abs. 1 BRAO), so dass bei ihm vorauszusetzen ist, dass er die ihm in einer Belehrung mitgeteilten Verfahrensvorschriften in ihrer Bedeutung ohne die sonst notwendige Erläuterung versteht (BGH ebenda). Das gilt hier auch für den - ohne nähere Bezeichnung des Absatzes erfolgten allgemeinen - Hinweis auf die Bestimmung des § 296 ZPO. Das Landgericht hat mit seinem Hinweis erkennbar auf den möglichen Ausschluss verspäteten Vorbringens gemäß § 296 Abs. 1 ZPO hinweisen wollen, weil gerade diese Vorschrift in § 340 Abs. 3 S. 3 ZPO aufgeführt ist, nicht aber die weitere Vorschrift über den Ausschluss verspäteten Vorbringens in § 296 Abs. 2 ZPO.