Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 09.12.1998, Az.: 2 U 129/98

Schadensersatzanspruch wegen Mängel einer Biofilter-Abluftreinigungsanlage; Abluftreinigung unterhalb des Geruchsschwellenwertes der aktuellen gesetzlichen und behördlichen Vorschriften als vereinbarter Verwendungszweck; Überschreitung des Geruchsschwellenwertes in 97 % der Jahresbetriebsstunden

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
09.12.1998
Aktenzeichen
2 U 129/98
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1998, 28957
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1998:1209.2U129.98.0A

Verfahrensgang

vorgehend
NULL

Fundstelle

  • OLGReport Gerichtsort 1999, 254

Amtlicher Leitsatz

Werkvertrag: Mängel einer Biofilter-Abluftreinigungsanlage für ein Heizkörperwerk.

Entscheidungsgründe

1

Die Klägerin hat dem Grunde nach einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte (gemäß §§ 635, 634 II, 651 I 2 BGB), weil die Werkleistung der Beklagten nicht der vertraglichen Vereinbarung entspricht und mangelhaft ist. Die gelieferte Anlage war und ist nicht geeignet, die Abluft aus dem Werk der Klägerin so weitgehend zu reinigen, dass sie den Geruchsschwellenwert in der von der zuständigen Gewerbeaufsicht für erforderlich gehaltenen und der Klägerin aufgegebenen Anzahl von 97 % der Jahresbetriebsstunden nicht überschritt. Das aber und nicht nur eine Herabsetzung der Geruchsemissionen war, wie noch auszuführen ist, der vertraglich vorausgesetzte Gebrauch der Anlage.

2

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3

Nach dem Vertragstext hat die Beklagte ausdrücklich zugesichert, dass "der gelieferte Bestellumfang" für den ihr bekannten Zweck geeignet sei und allen einschlägigen aktuellen gesetzlichen und behördlichen Vorschriften in vollem Umfang entspreche. Insbesondere waren im Einzelnen aufgeführte "regionale bzw. generelle Vorschriften und Bestimmungen" zu beachten (UVV, VDE, DNA, VDI, TA, TÜV, WHG); außerdem war u.a. betreffend die Gewerbeaufsicht ein spezielles Abnahmeprotokoll vereinbart, und es galten die "Zusätzlichen Vereinbarungen", die - auf Seite 9 - im Angebot der Beklagten vom 28.02.1992 enthalten waren. Schließlich war Vertragsgegenstand nach dem Vertragsvorblatt AUFTRAGSANNAHME vom 26./31.03.1992 eine Biofilter-Abluftreinigungsanlage "GEM. OFF. V. 28.02.92 UND VERTRAG GEM. ANLAGE". In der damit, soweit nicht Abweichungen vom eigentlichen Vertragstext vom 26./31.03.1992 gegeben waren, zum Vertragsbestandteil gewordenen Offerte der Beklagten heißt es einleitend, Biofilteranlagen würden zur Reinigung (!) von mit Schadstoffen und Geruchsstoffen beladenen Abluftvolumenströmen eingesetzt, also doch - ein anderer objektiver Erklärungswert kann dieser von der Beklagten selbst gewählten Formulierung nicht beigemessen werden - zur Verhinderung von entsprechenden Emissionen und nicht nur zu ihrer Verminderung, nämlich zur "teilweisen" Reinigung der Abluft.

4

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5

Damit musste die Beklagte, wie das Landgericht zutreffend (§ 543 Abs. 1 ZPO) ausgeführt hat, eine Anlage liefern, die den Anforderungen der Gewerbeaufsicht entsprach, in 97 % der Jahresbetriebsstunden durfte der Geruchsschwellenwert nicht überschritten werden, durfte also - laienhaft, aber dafür verständlicher ausgedrückt - die Abluft nach Verlassen der Anlage nicht mehr riechen.

6

dass die Anlage nicht in der Lage war bzw. ist, dieser Anforderung zu entsprechen, ist unstreitig. So hat eine Geruchsmessung des TÜV vom Frühjahr 1994 eine Überschreitung des Geruchsschwellenwerts (d. i. 1 Geruchseinheit/cbm) sogar noch weit entfernt vom Auslass der Anlage in bis zu 8,7 % der Jahresbetriebsstunden ergeben.

7

Danach ist ein erheblicher Sachmangel gegeben, der die Klägerin zum Verlangen nach Rückabwicklung des Vertrages im Weg der Schadensersatzleistung berechtigt. Unerheblich ist dabei, ob die Anlage den Anforderungen der TA-Luft zu entsprechen vermag. Denn der Beklagten war bekannt, dass es der Klägerin darum ging, die auf Grund ihrer Produktion entstehenden Geruchsbelastungen für das an ihr Werksgelände angrenzende Wohngebiet im erforderlichen Umfang zu vermindern; das gehörte zum vertraglich vorausgesetzten Gebrauch und ist (allein) mit der Einhaltung der von der TA-Luft vorgegebenen Werte nicht zu erreichen.