Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 01.06.2006, Az.: 12 WF 121/06

Anspruch auf Beiordnung ohne den Zusatz der Beiordnung zu den kostenrechtlichen Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit von Reisekosten

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
01.06.2006
Aktenzeichen
12 WF 121/06
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2006, 35706
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2006:0601.12WF121.06.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Bückeburg - 19.04.2006 - AZ: 50 F 39/06

Fundstellen

  • AGS 2007, 44-45 (Volltext mit amtl. LS)
  • FamRZ 2006, 1552-1553 (Volltext mit red. LS)
  • FuR 2006, V Heft 12 (Kurzinformation)
  • OLGReport Gerichtsort 2006, 904-905

In der Familiensache
...
hat der 12. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle
durch
den Richter am Oberlandesgericht ... als Einzelrichter
am 01.06.2006
beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bückeburg vom 19.04.2006 dahin geändert, dass der einschränkende Zusatz "Die Beiordnung erfolgt zu den kostenrechtlichen Bedingungen einer Rechtsanwältin bzw. eines Rechtsanwalts mit Sitz am Ort des Prozessgerichts" ersatzlos entfällt.

Gründe

1

I.

Der Antragsteller wendet sich mit seinem Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Amtsgerichts Bückeburg, ihm im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das von ihm geführte Scheidungsverfahren zwar seinen in R. niedergelassenen Rechtsanwalt beizuordnen, die Beiordnung jedoch dahingehend zu beschränken, dass sie "zu den kostenrechtlichen Bedingungen einer Rechtsanwältin bzw. eines Rechtsanwaltes mit Sitz am Ort des Prozessgerichts" erfolge.

2

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet.

3

Wie auch das OLG Oldenburg (FamRZ 2006, 629) vertritt auch der Senat (zuletzt 12 WF 82/06) die Auffassung, dass jedenfalls nach Inkrafttreten des RVG die angefochtene Einschränkung der Beiordnung einer Rechtsgrundlage entbehrt.

4

Insbesondere kann deren Zulässigkeit entgegen der Auffassung des Amtsgerichts nicht aus § 121 III ZPO hergeleitet werden. Bereits der ausdrückliche und eindeutige Wortlaut beschränkt den Anwendungsbereich der Vorschrift auf solche Rechtsanwälte, die "nicht beim Prozessgericht zugelassen" sind. Unabhängig davon, ob der Begriff der Zulassung im Sinne der §§ 18 ff. BRAO (so OLG Oldenburg a.a.O.) oder gemäß § 78 ZPO (so offenbar Zöller/Philippi ZPO, § 121, Rn. 11) zu verstehen ist, kann er jedenfalls nicht mit dem Begriff der Ortsansässigkeit gleich gesetzt werden.

5

Zwar bestand nach der früheren Rechtslage für den bei dem Prozessgericht zugelassenen, aber nicht an dessen Ort ansässigen Rechtsanwalt kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung keine Möglichkeit, die durch diese Konstellation bewirkten Mehrkosten gegenüber der gegnerischen Partei (§ 91 II 2 ZPO a.F.) oder gegenüber der Staatskasse (§ 126 I 2 BRAGO) abzurechnen. Beide Rechtsgrundlagen sind jedoch mit Inkrafftreten des RVG ersatzlos gestrichen worden.

6

Überdies ist zu berücksichtigen, dass auch durch die Beiordnung eines am Ort des Prozessgerichts niedergelassenen Rechtsanwaltes Mehrkosten entstehen können, sofern die Voraussetzungen für die zusätzliche Beiordnung eines Verkehrsanwaltes nach § 121 IV ZPO erfüllt sind. Das ist bei Ehescheidungsverfahren aufgrund ihrer komplexen und weitreichenden Rechtsfolgen für die betroffene Partei, die nicht am Ort des Prozessgerichts wohnt, regelmäßig der Fall, wenn sie einen dort niedergelassenen Rechtsanwalt beauftragt (OLG Nürnberg NJW 2005, 678). Auch aus diesem - von Amts wegen zu prüfenden (vgl. BGH FamRZ 2004, 1362) - Grund kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Beiordnung eines ortsansässigen Rechtsanwalts anstelle eines Rechtsanwaltes mit Kanzleisitz am Wohnort der Partei in jedem Fall Mehrkosten für die Staatskasse im Sinne des § 121 III ZPO erspart, welche eine eingeschränkte Beiordnung von vornherein rechtfertigen könnte.

7

Nunmehr richtet sich die Erstattungsfähigkeit von Reisekosten des auswärtigen Rechtsanwaltes nach § 46 RVG. Die Frage ist jedoch im auch hier gegebenen Regelfall (Ausnahme: § 46 II RVG) nicht im Bewilligungsverfahren zu prüfen. Außerdem werden nach der Vorschrift Auslagen, insbesondere Reisekosten, nur dann nicht vergütet, wenn sie zur sachgemäßen Durchführung des Auftrages nicht erforderlich waren. Die Wahrnehmung eines anberaumten Gerichtstermins durch den beigeordneten Rechtsanwalt ist aber in diesem Sinne jedenfalls im vorliegenden Scheidungsverfahren erforderlich.

8

Im Ergebnis war daher die angefochtene Entscheidung auf das Rechtsmittel des Antragstellers hin zu ändern.