Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 01.06.2006, Az.: 6 U 233/05
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 01.06.2006
- Aktenzeichen
- 6 U 233/05
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 42128
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2006:0601.6U233.05.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hildesheim - 6 O 47/04
Fundstellen
- BauR 2007, 728 (Volltext mit amtl. LS)
- IBR 2007, 132 (Volltext mit red. LS u. Anm.)
- IBR 2007, 260 (Volltext mit red. LS u. Anm.)
In dem Rechtsstreit
hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 16. Mai 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht #######, den Richter am Oberlandesgericht ####### und den Richter am Landgericht #######
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 12. Oktober 2005 verkündete Urteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, da die dem Kläger aus dem streitgegenständlichen Bauvorhaben zustehenden Ansprüche hinter dem vom Kläger der Beklagten zugebilligten Restwerklohnanspruch in Höhe von 13. 350 € zurückbleiben.
1. Soweit das Landgericht dem Kläger 4.454,40 € Vorschuss für Mängelbeseitigung und 953,98 € für Anwaltskosten zugebilligt hat, wird dies mit der Berufung nicht angegriffen.
2. Der Kläger hat gegen die Beklagte ferner Anspruch auf Erstattung der Kosten des Bauingenieurs Sch. in Höhe von höchstens 2.154,39 € gemäß §§ 677, 683 Satz 1, § 670 BGB.
Das Honorar inklusive Nebenkosten des Bauingenieurs Sch., das der Kläger wegen der Erfüllungsübernahme durch die Beklagte aus Geschäftsführung ohne Auftrag erstattet verlangen kann, beträgt höchstens 2.154,39 €.
Nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass sich die Beklagte gegenüber dem Kläger verpflichtet hat, die diesem durch die Einschaltung des Bauingenieurs Sch. entstehenden Kosten zu übernehmen. Die Zeugen Sch., Sp. und Sche. haben übereinstimmend bekundet, dass der Geschäftsführer der Beklagten eine entsprechende Erklärung bei dem Ortstermin am 9. Dezember 2002 abgegeben hat.
Eine Inanspruchnahme der Beklagten wegen dieser Erfüllungsübernahme ist entgegen der Auffassung des Landgerichts durch eine womöglich mangelhafte Bauaufsicht Sch. nicht ausgeschlossen. Der Kläger muss sich ein Fehlverhalten des Bauingenieurs Sch. nicht anrechnen lassen, da dieser nicht dessen Erfüllungsgehilfe ist. Sofern die Bauaufsicht mangelhaft gewesen sein sollte, haften Sch. und die Beklagte als Gesamtschuldner, was auf den Anspruch des Klägers gegen die Beklagte keine Auswirkung hat.
Nachdem der Kläger trotz der Erfüllungsübernahme bereits die Rechnung von Sch. bezahlt hat, kann er aus Geschäftsführung ohne Auftrag Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte. Die erforderlichen Aufwendungen belaufen sich höchstens auf 2.154,39 €. Ein höheres Honorar inklusive Nebenkosten steht Sch. nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (im folgenden: HOAI) nicht zu. Sch. ist verpflichtet, über die von ihm erbrachten Leistungen nach der HOAI abzurechnen. Der Anwendungsbereich der HOAI ist leistungsbezogen und nicht personenbezogen, so dass die HOAI auch zu Gunsten und zu Lasten solcher Personen eingreift, die weder Architekt noch Ingenieur sind, sofern sie Leistungen erbringen, die von den Leistungsbildern der HOAI umfasst sind (Locher/Koeble/Frik, HOAI, 9. Aufl., § 1 Rn. 11). Dies ist vorliegend der Fall. Sch. wurde von dem Kläger mit der Beaufsichtigung der Mängelbeseitigung der von der Beklagten erbrachten Erd-, Maurer-, Beton- und Pflasterarbeiten beauftragt. Diese Tätigkeit ist in der Leistungsphase 8 (Objektüberwachung) des § 15 HOAI enthalten.
Für die von Sch. erbrachten Leistungen beträgt das Zeithonorar ohne Nebenkosten, welches er nach der HOAI berechnen darf, höchstens 1.374,23 €. Er kann für die ihm übertragene Leistungsphase 8 - Objektüberwachung - allenfalls 31 % ( § 15 Abs. 1 Nr. 8 HOAI ) des Mindestsatzes der höchsten Honorarzone V bei den niedrigsten anrechenbaren Kosten laut Honorartafel zu § 16 Abs. 1 HOAI geltend machen, dies sind 1.374,23 € (31 % von 4. 433 €). Die anrechenbaren Kosten belaufen sich nach der von Sch. am 31. Oktober 2003 aufgestellten Kostenschätzung auf 12. 296 € (Anlage K 13, Bl. 68 ff. d. A.) und liegen somit unterhalb der niedrigsten anrechenbaren Kosten von 25. 565 €. Soweit Sch. in der Kostenschätzung zusätzlich Architektenhonorare und Anwaltskosten von 7. 500 € in Ansatz gebracht hat, handelt es sich insoweit um Nebenkosten, die nicht zu einer Erhöhung der anrechenbaren Kosten führen ( § 10 Abs. 5 Nr. 12 HOAI ). Da der Kläger und Sch. keine schriftliche Honorarvereinbarung getroffen haben, gelten gemäß § 4 Abs. 4 HOAI die jeweiligen Mindestsätze als vereinbart.
Neben dem Honorar in Höhe von 1.374,23 € kann Sch. noch die ihm entstandenen Fahrtkosten abrechnen (§ 7 Abs. 1, 2 Nr. 4 HOAI). Da höhere Aufwendungen nicht nachgewiesen worden sind, können für jeden zurückgelegten Kilometer die "steuerlich zulässigen Pauschalsätze" geltend gemacht werden, die zur Zeit 0,30 € pro Kilometer betragen (vgl. Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 6. Aufl., § 7 Rn. 35). Nach der Stundenaufstellung von Sch. haben 46 Ortstermine stattgefunden, so dass bei einer Wegstrecke von insgesamt 35 km Fahrtkosten in Höhe von 483 € (46 x 35 x 0,30) entstanden sind.
Der Honoraranspruch inklusive Nebenkosten, den Sch. nach der HOAI verlangen kann und den die Beklagte aufgrund der Erfüllungsübernahme zu ersetzen hat, beläuft sich insgesamt höchstens auf 1.857,23 € (1.374,23 € + 483 €), zuzüglich Umsatzsteuer auf 2.154,39 €.
3. Wegen der behaupteten fehlenden frostsicheren Betonzusatzgründung der Verklinkerung der Garagenzufahrtsmauern steht dem Kläger allenfalls ein Minderungsanspruch zu.
Es kann dahinstehen, ob die Beklagte die Betonzusatzgründung der Garagenzufahrtsmauern frostsicher errichtet hat. Wegen dieses Mangels ist der Werklohnanspruch der Beklagten allenfalls in einem Umfang gemindert, der zusammen mit den weiteren Ansprüchen des Klägers den von dem Kläger der Beklagten zugestandenen Restwerklohnanspruch nicht übersteigt.
Wegen der behaupteten fehlenden frostsicheren Betonzusatzgründung sind Mängelbeseitigungsansprüche ausgeschlossen, da die Beklagte zu Recht die Beseitigung des Mangels verweigert hat, weil die Beseitigung einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert ( § 275 Abs. 2 BGB ). Die Mangelbeseitigung ist für die Beklagte unzumutbar. Unzumutbarkeit liegt vor, wenn der Aufwand des Unternehmers zur Mängelbeseitigung in keinem vernünftigen Verhältnis zu dem mit der Beseitigung der Mängel erzielbaren Erfolg stünde ( BGHZ 59, 365 ), also zu dem Vorteil, den der Besteller dadurch erlangt ( BGHZ 96, 111 ). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Der Kläger erlangt durch eine frostsichere Herstellung der Betonzusatzgründung der Verklinkerung keinen erheblichen Vorteil, da nicht zu erwarten ist, dass durch die behauptete mangelhafte Herstellung der Betonzusatzgründung zukünftig nennenswerte Mängel auftreten werden. In den drei Jahren seit der Errichtung der Verklinkerung der Garagenzufahrtsmauern sind noch keine Mängel aufgetreten, die auf einer mangelhaften Gründung beruhen. Der Sachverständige Dipl.-Ing. B. hat bei seiner Begutachtung lediglich drei Haarrisse an der von der Straße aus gesehen linken Garagenzufahrtsmauer feststellen können. Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen handelt es sich bei diesen Haarrissen lediglich um leichte Setzungsrisse, die keine statische Bedeutung haben. In seiner mündlichen Anhörung vor dem Landgericht am 21. September 2005 hat der Sachverständige ausgeführt, dass diese Haarrisse "definitiv nicht durch ein Gründungsproblem hervorgerufen würden. Derartige Risse würden quasi kreuz und quer, insbesondere schräg auf der Wand verlaufen" (Bl. 254 d. A.). Auch der von dem Kläger beauftragte Bauingenieur Sch. hat in seiner Mängelaufstellung vom 31. Oktober 2003 (Anlage K 13, Bl. 68 ff d. A.) keinen Mangel der Garagenzufahrtsmauern aufgeführt, der auf einer fehlerhaften Gründung beruht.
Da sich der behauptete Mangel der Betonzusatzgründung bislang nicht ausgewirkt hat und aufgrund des Zeitablaufs auch nicht zu erwarten ist, dass zukünftig nennenswerte Mängel entstehen, steht eine Mängelbeseitigung, die nur durch eine Neuherstellung erfolgen kann und deren Kosten der Kläger auf 10. 440 € beziffert, in keinem vernünftigen Verhältnis zu dem mit der Beseitigung des Mangels erzielbaren Erfolg.
In welcher Höhe der Werklohnanspruch der Beklagten durch die behauptete fehlende frostsichere Gründung gemindert ist, kann dahinstehen, da dieser Mangel jedenfalls nicht zu einer Minderung führt, die einen Betrag in Höhe von 5.787,23 € übersteigt. Ausgehend von einem Restwerklohnanspruch der Beklagten in Höhe von 13. 350 €, den der Kläger der Beklagten zubilligt, verbleibt unter Abzug der dem Kläger zustehenden Ansprüche - mit Ausnahme der Minderung wegen fehlender Frostsicherheit der Betonzusatzgründung - ein Restwerklohnanspruch der Beklagten in Höhe von 5.787,23 €, wie sich aus nachfolgender Berechnung ergibt:
Restwerklohnanspruch (vom Kläger zugestanden) 13.350,00 €
abzügl. Vorschuss für Mängelbeseitigung - 4.454,40 €
abzügl. Anwaltsgebühren - 953,98 €
abzügl. Honorar Sch. (höchstens) - 2.154,39 €
Summe 5.787,23 €
Da eine mangelhafte frostsichere Herstellung der Betonzusatzgründung keine Minderung in Höhe von 5.787,23 € rechtfertigt, bleiben die dem Kläger zustehenden Ansprüche hinter dem von ihm der Beklagten zugebilligten Restwerklohnanspruch zurück, so dass die Berufung zurückzuweisen war.
Die Nebenentscheidungen folgen aus § 97 Abs. 1, § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO für die Zulassung nicht vorliegen.