Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 14.06.2006, Az.: 3 U 266/05
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 14.06.2006
- Aktenzeichen
- 3 U 266/05
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 42142
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2006:0614.3U266.05.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Stade - 30.11.2005 - AZ: 5 O 567/04
- nachfolgend
- BGH - 04.12.2007 - AZ: XI ZR 227/06
In dem Rechtsstreit
...
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Landgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... auf die mündliche Verhandlung vom 31. Mai 2006 für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Die Berufung der Beklagten gegen das am 30. November 2005 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Stade wird zurückgewiesen.
- 2.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
- 3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
- 4.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
A.
Die Parteien streiten um die Rückabwicklung eines Darlehensvertrages, der der Finanzierung eines Erwerbs eines Anteils von 2/29 an der Wohnung Nr. 10 in der noch zu errichtenden Wohnanlage L.... in H.... diente.
Anlässlich des Besuchs des Zeugen B...., eines Vertriebsmitarbeiters, in ihrer Wohnung, unterzeichnete die Klägerin am 13. Mai 1997 einen "Reservierungsschein und Angebot zum Abschluss eines Treuhandvertrages und Vollmacht" der I.... Vertriebs GmbH in H.... (Anlage K 1, gesondert geheftet).
Die Treuhänderin, die M.... Treuhand- und Steuerberatungsgesellschaft mbH in H...., nahm das Angebot auf Abschluss des Treuhandvertrages an und erklärte unter dem 21. Mai 1997 die Annahme des Angebots (K 5) der Bauträgergesellschaft auf Abschluss eines Kaufvertrages über die benannte Wohnung (K 6).
Mit Datum vom 28. Mai 1997 unterbreitete die Klägerin der Beklagten ein Angebot auf Abschluss eines Darlehensvertrages (K 3), wobei es in dem Formulartext heißt, dass der Vertrag in Gegenwart des Vermittlers K.... unterzeichnet worden sei. Die Nettokreditsumme betrug 15 000 DM, der effektive Jahreszins 11,672 %. Der Zinssatz war für die gesamte Laufzeit fest vereinbart. Die Beklagte nahm unter dem 1. September 1997 den Antrag an. Die Kreditrückzahlung hatte bis zum 15. Juni 2000 zu erfolgen.
Entsprechend einer von der Klägerin unterzeichneten Zahlungs-Anweisung (K 4 bzw. - vollständig ausgefüllt - B 3, Bl. 38 d.A.) floss die Darlehensvaluta in Höhe von 10 500 DM an die - mittlerweile insolvente - Treuhandgesellschaft. Mit den weiteren 4 500 DM sparte die Klägerin einen Bausparvertrag (K 2) an.
Zwischen der Beklagten und der I....-Vertriebs-GmbH bestand ein Rahmenvertrag, in welchem sich die Beklagte zur Finanzierung der Anteile bereit erklärt hatte.
Die Klägerin hat namentlich die Ansicht vertreten, ihr stünden der Beklagten gegenüber Ansprüche nach § 9 VerbrKG (Einwendungsdurchgriff/Rückforderungs-durchgriff) zu.
Nachdem die Klägerin ihren Anspruch zunächst auf insgesamt 11 736,71 € beziffert hatte, reduzierte sie den Antrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht auf 9 435,90 € nebst Zinsen.
Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 8 773,54 € nebst Zinsen stattgegeben und im Übrigen die Klage abgewiesen.
Das Landgericht Stade sei gemäß § 29c ZPO örtlich zuständig.
Die Klägerin habe gemäß § 813 Abs. 1 BGB i.V.m. § 9 Abs. 1, 3 VerbrKG einen Anspruch in Höhe ihrer Zahlungen von 4 170,09 € und 6 904,25 € abzüglich 2 300,81 € (4 500 DM), weil dieser Betrag gemäß der Zahlungsanweisung der
Klägerin vom 28. Mai 1997 aus Mitteln der Beklagten stamme, sowie weiter abzüglich der geltend gemachten Notarkosten in Höhe von 662,36 €.
Der Kaufvertrag sei unwirksam, da die Treuhänderin als Vertreterin ohne Vertretungsmacht gehandelt habe; die Vollmacht habe nicht dem Formerfordernis des § 313 BGB a.F. entsprochen. Eine Rechtsscheinshaftung komme nicht in Betracht, da nicht ersichtlich sei, dass der Verkäuferin die Vollmacht im Original oder als Ausfertigung vorgelegen habe.
Die Klägerin könne den Einwand der Nichtigkeit des Kaufvertrages auch im Verhältnis zur Beklagten geltend machen, weil Kaufvertrag und Kreditvertrag ein verbundenes Geschäft darstellten.
Den Schriftsatz der Beklagten vom 17. November 2005, in dem die Beklagte u.a. die Einrede der Verjährung erhoben hat, hat das Landgericht gemäß § 296a ZPO als verspätet zurückgewiesen.
Gegen das Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung unter Aufrechterhaltung ihres Klagabweisungsantrages.
Ein verbundenes Geschäft liege nicht vor. Dies könne nur der Fall sein, wenn der Klägerin zeitgleich mit dem Reservierungsschein für den Erwerb der Immoparts ein Kreditantrag der Beklagten durch den Vermittler vorgelegt worden wäre, woran es fehle. Auch fordere die Annahme eines verbundenen Geschäfts, dass sich der Kreditgeber die Veräußerungsinteressen des Verkäufers zu Eigen mache und damit seine Kreditgeberrolle überschreite, wofür selbst eine auf Dauer angelegte Geschäftsbeziehung der Bank zu der Vertriebsfirma nicht genüge. Das Verbundgeschäft werde auch durch das Schreiben der Beklagten vom 3. September 1997 wiederlegt, worin es heiße, dass die Beklagte das Projekt und dessen Wirtschaftlichkeit nicht geprüft habe. Schließlich scheitere die Anwendung von § 9 VerbrKG an § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKG.
Das Landgericht habe außer Acht gelassen, dass das Darlehen unstreitig bereits vollständig zurückgeführt worden sei; bestritten seien allein die Zahlungen an die Bausparkasse.
Die Kammer habe ferner übersehen, dass nicht einmal ansatzweise dargestellt worden sei, welche Einwendungen überhaupt in den Verbund eingestellt werden könnten.
Weiter rügt die Beklagte die Entscheidung des Landgerichts zur Vorteilsanrechnung.
Der Formmangel nach § 4 sei aufgrund des Empfangs des Darlehens nach § 6 Abs. 1 Satz 1 VerbrKG geheilt worden.
Da es sich nur um Rechtsausführungen gehandelt habe, habe das Landgericht die Ausführungen im Schriftsatz vom 17. November 2005 nicht für verspätet erachten dürfen.
Schließlich erhebt die Beklagte nochmals die Einrede der Verjährung.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Stade vom 30. November 2005, Geschäfts-Nr. 5 O 567/04 vom 30. November 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages.
Wegen der Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien samt Anlagen, das angefochtene Urteil sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
B.
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Der Klägerin stehen die ausgeurteilten Ansprüche gegen die Beklagte zu (§§ 812 Abs. 1, 813 Abs. 1 BGB i.V.m. § 9 Abs. 1, Abs. 2 Satz 4 VerbrKG analog).
1. Die Frage der Zuständigkeit ist für das Berufungsverfahren nicht mehr von Bedeutung, § 513 Abs. 2 ZPO.
Nur im Hinblick auf § 29c ZPO haben die Parteien die Frage der Haustürsituation erörtert. Ansprüche nach dem Haustürwiderrufsgesetz sind ausdrücklich nicht geltend gemacht worden (vgl. Berufungserwiderung, S. 4, Bl. 171).
2. Zwischen den Parteien ist zwar ein Darlehensvertrag zustande gekommen.
Zwischen Abgabe von Angebot und Annahme liegen zwar mehr als drei Monate, was problematisch im Hinblick auf § 147 Abs. 2 BGB erscheinen kann (vgl. BGH, II ZR 410/02, Urteil vom 15. November 2004 ), zumal die Darlehenssumme relativ gering war und nicht davon auszugehen ist, dass eine umfangreiche Bonitätsprüfung erforderlich war. Eine verspätete Annahme des Antrags der Klägerin durch die Beklagte wäre aber als neues Angebot zu werten (§ 150 Abs. 1 BGB), das die Klägerin in Gestalt der Entgegennahme der Valuta und Aufnahme der Darlehensrückzahlung auch angenommen hätte.
3. Der Darlehensvertrag verstößt gegen § 4 Abs. 1 S. 5 Nr. 1a) VerbrKG.
Danach ist der Gesamtbetrag der vom Verbraucher zu erbringenden Leistungen im Darlehensvertrag anzugeben. Daran fehlt es vorliegend.
Die aus dem Verstoß sich grundsätzlich ergebende Nichtigkeit nach § 6 Abs. 1 VerbrKG ist aber durch Empfangnahme des Kredits nach § 6 Abs. 2 VerbrKG geheilt worden. Nach der Rechtsprechung des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs ist - bzw. war - zwar die von dem Darlehensnehmer empfangene Leistung im Falle der Auszahlung des Darlehens an einen Dritten bei einem verbundenen Geschäft der finanzierte Gesellschaftsanteil und damit nicht das Darlehen ( WM 2005, 843, 844 [BGH 21.03.2005 - II ZR 411/02]). Diese Rechtsprechung wird freilich von dem nunmehr für Banksachen allein zuständigen XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs abweichend beurteilt. Nach einem Urteil vom 25. April 2006 (XI ZR 193/04 ) wird ein wegen fehlender Gesamtbetragsangabe nichtiger Darlehensvertrag gemäß § 6 Abs. 2 VerbrKG auch wirksam, wenn dem Darlehensnehmer die Darlehensvaluta nicht direkt zugeflossen ist, sondern vertragsgemäß unmittelbar an einen Treuhänder zum Zwecke des Fondsanteilserwerbs ausgezahlt worden ist, was auch dann gelten soll, wenn Darlehensvertrag und Fondsbeitritt ein verbundenes Geschäft gemäß § 9 Abs. 1 VerbrKG darstellen ( WM 2006, 1003, 1006 ff. [BGH 25.04.2006 - XI ZR 193/04]; ebenso BGH, WM 2006, 1008, 1012 f. [BGH 25.04.2006 - XI ZR 29/05]).
Danach wäre ein Anspruch der Klägerin von vornherein darauf beschränkt, gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB einen Teil der von ihr geleisteten Zinsen von der Beklagten zurückzufordern. Ein solcher Anspruch ist freilich weder geltend gemacht noch beziffert (s. Klagschrift, S. 4 ff., insbesondere S. 8).
4. Treuhandvertrag und Vollmacht sind aber wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig, § 134 BGB, und damit ist auch der Kaufvertrag nicht wirksam zustande gekommen.
Treuhandvertrag und Vollmacht sind sehr weit reichend. Es entspricht der Rechtsprechung aller Zivilsenate des Bundesgerichtshofs, dass auch die Vollmacht wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 RBerG nichtig ist (vgl. nur WM 2005, 72, 73 [BGH 09.11.2004 - XI ZR 315/03]; WM 2006, 1008, 1010 [BGH 25.04.2006 - XI ZR 29/05], je m.w.N.). Der Treuhänder handelte mithin bei Abschluss des Kaufvertrages (den Darlehensvertrag hat die Klägerin selbst unterschrieben) für die Klägerin als vollmachtloser Vertreter (vgl. BGH, WM 2004, 1529, 1531 [BGH 14.06.2004 - II ZR 393/02]). Eine Genehmigung des Geschäfts durch die Klägerin ist weder ersichtlich noch vorgetragen. Auch für eine Rechtsscheinshaftung dürfte jedenfalls vorliegend kein Raum sein. Auch wenn man eine solche für möglich halten will, was der II. Zivilsenat in der Vergangenheit jedenfalls in Frage gestellt hat (vgl. ebenda; gegenteilig aber - weiterhin - der XI. Zivilsenat, WM 2006, 1008, 1011 [BGH 25.04.2006 - XI ZR 29/05]), wird jedenfalls vorausgesetzt, dass die den Rechtsschein begründende Vollmacht (in Gestalt des Treuhandvertrages mit Vollmacht oder eines gesonderten Zeichnungsscheins) spätestens bei Abschluss des Darlehensvertrages der Bank in Kopie oder beglaubigter Ausfertigung vorlag (vgl. BGH, WM 2005, 72, 75 [BGH 09.11.2004 - XI ZR 315/03], m.w.N.). Daran fehlt es hier; auch die Beklagte behauptet ein solches Vorliegen nicht. Der Kaufvertrag ist damit nicht wirksam zustande gekommen, ohne dass es noch darauf ankäme, ob die Vollmacht selbst notarieller Beurkundung bedurfte.
5. Es liegt ein verbundenes Geschäft im Sinne von § 9 Abs. 1 VerbrKG vor.
a) Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Vergangenheit insoweit nur geringe Anforderungen gestellt. Für die wirtschaftliche Einheit nach § 9 VerbrKG reiche ein sogar nur faktisches planmäßiges und arbeitsteiliges Zusammenwirken, was wiederum nicht einmal von Dauer sein müsse ( NJW 2004, 3332, 3333 [BGH 28.06.2004 - II ZR 373/00]; ähnlich und für vorliegenden Fall im Ergebnis nicht abweichend der XI. Zivilsenat, WM 2006, 1003, 1005 [BGH 25.04.2006 - XI ZR 193/04]).
Davon ist vorliegend auszugehen. Der Vertrieb war im Besitz von Vertragsformularen der Beklagten. Der von der Klägerin unterzeichnete Vertrag ist der Beklagten auch durch die I....-Vertriebs-GmbH übersandt worden, wie sie selbst im Schreiben an die Klägerin vom 3. September 1997 (B 4, Bl. 39) eingeräumt hat. Die Rahmenvereinbarung mit der I....-Gruppe hat die Beklagte nicht ernsthaft in Frage gestellt. Der Senat ist auch bereits in früheren Entscheidungen vom Bestand einer solchen Vereinbarung ausgegangen.
Demgegenüber trifft es nicht zu, wenn die Beklagte meint, ein verbundenes Geschäft setze voraus, dass der Klägerin zeitgleich mit dem Reservierungsschein ein Kreditantrag der Beklagten vorgelegt worden sei. Auch ist nicht erforderlich, dass der Kreditgeber sich Veräußerungsinteressen des Verkäufers zu Eigen machen muss (was immer damit gemeint ist). Eine auf Dauer angelegte Beziehung zwischen Veräußerer oder Vertrieb einerseits und Bank andererseits ist gerade nicht erforderlich. Das Überschreiten der Kreditgeberrolle steht in diesem Zusammenhang nicht in Frage, es geht hier nicht um eine Haftung der Beklagten aus c.i.c. Der Hinweis auf zwei Urteile des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs in der Klagerwiderung auf S. 7 oben ist nichtssagend, denn es geht dort nicht um die Frage des verbundenen Geschäfts (mit der der XI. Zivilsenat vor 2005 wegen § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrkG ohnehin nur selten zu tun hatte), sondern um die Prüfung von Aufklärungspflichtverletzungen. Schließlich ist auch der Hinweis der Beklagten, dass die Rentabilität des Objekts nicht geprüft worden sei, für die Frage des verbundenen Geschäfts nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Es hätte sicherlich in der Vergangenheit der Anwendung des Abzahlungsgesetzes nicht entgegen gestanden, wenn die finanzierende Bank den Käufer darauf hingewiesen hätte, dass sie den finanzierten Pkw nicht auf seine Mängelfreiheit untersucht hat.
b) Der Anwendung von § 9 VerbrKG steht dabei entgegen der Annahme der Beklagten § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKG nicht entgegen. Der Senat hat in der Vergangenheit die "Immoparts" wie Fonds behandelt und daher insoweit auf die Rechtsprechung des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zurückgegriffen, der zuletzt wiederholt die Auffassung vertreten hat, dass eine teleologische Auslegung des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKG ergebe, dass die Beteiligung an einer Fondsgesellschaft davon nicht erfasst werde (z.B. WM 2005, 843, 844 f. [BGH 21.03.2005 - II ZR 411/02]). Nun ist zwar davon auszugehen, dass der zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs auch im Falle von Fonds von Realkrediten ausgeht, wenn überhaupt eine dingliche Sicherung bestellt worden ist. Die Beklagte hat aber zu einer solchen dinglichen Sicherung nicht ausreichend vorgetragen. Der Hinweis in der Berufungsbegründung auf einen
Schriftsatz vom 13. Januar 2005 geht fehl; ein solcher Schriftsatz befindet sich zwar bei den Akten, enthält aber keine Ausführungen zur Sache, sondern nur den Klagabweisungsantrag. Es dürfte darauf aber von vornherein nicht ankommen, denn es ist nicht ersichtlich, dass es sich bei dem Darlehensvertrag zwischen den Parteien um einen solchen handelt, der zu für grundpfandrechtlich abgesicherte Kredite und deren Zwischenfinanzierung üblichen Bedingungen im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKG gewährt worden wäre. Der effektive Jahreszins betrug 11,627 % p.a. Damit ist die übliche Streubreite für grundpfandrechtlich abgesicherte Kredite unter Zugrundelegung der Zahlen der Deutschen Bundesbank für das Jahr 1997 weit überschritten. § 9 VerbrKG bleibt damit grundsätzlich anwendbar.
Aus dem Vorliegen eines Verbunds zwischen Darlehen und finanziertem Erwerbsgeschäft ergibt sich, dass die Klägerin die Einwendungen aus dem Kaufvertrag der Bank entgegenhalten kann, mithin auch dessen Nichtigkeit.
c) Hier kommt, allerdings weniger weit reichend, als die Beklagte meint, aber der Einwand der Beklagten zum Tragen, dass der Darlehensvertrag zwischen den Parteien - unstreitig - längst abgewickelt ist.
Die Beklagte hat im Schriftsatz vom 17. November 2005 (Bl. 71) erstmals darauf hingewiesen, dass § 9 Abs. 3 VerbrKG ausdrücklich nur ein Leistungsverweigerungsrecht, aber kein Rückforderungsrecht vorsehe. Die Zurückweisung dieses Vortrags nach § 296a ZPO im angefochtenen Urteil erfolgte zu Unrecht, da es sich um Rechtsausführungen handelte, die nicht verspätet sein können. Die Zurückweisung unterfällt daher nicht § 531 Abs. 1 ZPO.
In der Tat ist der Senat in der Vergangenheit davon ausgegangen, dass § 9 VerbrKG nur für das noch nicht vollständig abgewickelte Darlehensvertragsverhältnis Geltung beanspruchen kann. Es heißt dazu im Beschluss vom 31. Januar 2006 in 3 W 9/06 :
"...sieht § 9 Abs. 3 VerbrKG nur ein Leistungsverweigerungsrecht vor, ist also auf das bestehende Vertragsverhältnis zugeschnitten und setzt somit einen bestehenden Kreditvertrag voraus, was auch der Wortlaut des § 9 Abs. 1 VerbrKG nahe legt. Nur in bestehenden Vertragsverhältnissen hat die Geltendmachung von Einwendungen einen Sinn (s. auch Martis, MDR 1999, 65, 68 f.)."
Die - kurzen - Einwendungen der Klägerin dagegen überzeugen, jedenfalls soweit es um die Geltendmachung von Einwendungen geht, nicht. Das von der Klägerin in Bezug genommene Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21. Juli 2003 (II ZR 387/02 ) ist nicht einschlägig; es erfasst gerade nicht die Fallkonstellation eines bereits abgewickelten Darlehensvertragsverhältnisses.
Der Senat bleibt bei seiner Auffassung, dass der Einwendungsdurchgriff allein das Recht zur Verweigerung künftiger Leistungen erfasst (s.a. Staudinger-Kessal-Wulf, BGB, Bearbeitung 2004, Rn. 1 zu § 359). Der Einwendungsdurchgriff ist freilich ohnehin ungeeignet, die Rückforderung bereits erbrachter Leistungen zu verlangen (vgl. Erman-Saenger, BGB, 11. Aufl., Rn. 1 zu § 359).
Darüber hinaus aber stellt der Senat klar, dass ein Rückforderungsdurchgriff nicht allein deswegen ausgeschlossen ist, weil das Darlehen bereits abgewickelt ist. Grundlage des Rückforderungsdurchgriffs ist - jedenfalls auch - § 813 BGB, wie auch das Landgericht nicht verkannt hat (s.a. Staudinger, a.a.O., Rn. 33 m.w.N., sowie BGH, XI ZR 210/99, Urteil vom 27. Juni 2000, unter II. 1e). Schon der Wortlaut der Vorschrift rechtfertigt es nicht, abgewickelte Vertragsverhältnisse aus ihrem Anwendungsbereich auszuschließen ("... Einrede entgegenstand ...). Nichts anderes gilt, wenn man als Grundlage des Rückforderungsdurchgriffs eine Analogie zu § 9 Abs. 2 Satz 4 VerbrKG annimmt (vgl. BGH, WM 2004, 1518, 1520 [BGH 14.06.2004 - II ZR 392/01]; NJW 2004, 3332, 3333 [BGH 28.06.2004 - II ZR 373/00]), denn dort wird, ohne jede zeitliche Beschränkung "nach hinten" allein darauf abgestellt, dass die Valuta dem Verkäufer bereits zugeflossen ist. Auch in der Sache erscheint eine Beschränkung des Rückforderungsdurchgriffs auf das noch nicht abgewickelte Darlehen nicht geboten; gerade dann, wenn - wie hier - die Abwicklung nur deswegen erfolgt, weil - wie von vornherein vorgesehen - neben dem Darlehen noch ein Bausparvertrag geschlossen wird, liegt eine Parallele zu dem vom Gesetzgeber nicht geschützten Selbstzahler fern.
d) Ansprüche der Klägerin sind auch nicht verjährt.
Bereicherungsrechtliche Ansprüche auf Rückzahlung rechtsgrundlos erbrachter Zinsen unterliegen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich der regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F. Nur ausnahmsweise verjähren sie gemäß § 197 BGB a.F. in vier Jahren, wenn sie "andere regelmäßig wiederkehrende Leistungen" im Sinne dieser Vorschrift zum Gegenstand haben, also ihrer Natur nach auf Leistungen gerichtet sind, die nicht einmal, sondern in regelmäßiger zeitlicher Wiederkehr zu erbringen sind ( BGH, ZIP 2004, 2180, 2182 [BGH 14.09.2004 - XI ZR 11/04]). Danach ist § 197 BGB a.F.i.V.m. § 201 BGB a.F. grundsätzlich auch auf den vorliegenden Sachverhalt anzuwenden und es käme unter Anwendung von Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1, Satz 2 EGBGB jedenfalls eine teilweise Verjährung der geltend gemachten Ansprüche in Betracht.
Dagegen ist aber nicht nur einzuwenden, dass die Begründung für die Anwendung des § 197 BGB a.F. (vgl. BGHZ 98, 174, 184 ), nämlich die Gefahr des "Aufsummierens" von Zinsbeträgen, auf vorliegenden Sachverhalt nicht passt, und überdies zweifelhaft erscheinen darf, ob die Schwierigkeit, sichere Feststellungen für eine bis zu 30 Jahren zurückliegende Zeit zu treffen (was ein Einwand ist, der § 195 BGB a.F. in nahezu jedem Fall entgegengehalten werden kann), in Zeiten moderner Datenverarbeitung noch zutrifft, ganz abgesehen davon, dass die lange Verjährungsfrist in § 11 Abs. 3 Satz 3 VerbrKG gerade vorgesehen ist. Der Anwendung des § 197 BGB a.F. steht aber insbesondere die gerade genannte Vorschrift des § 11 Abs. 3 Satz 3 VerbrKG entgegen, die der Senat vorliegend für anwendbar hält. Danach findet auf die Ansprüche auf Zinsen § 197 BGB a.F. keine Anwendung. Da der Bundesgerichtshof entsprechend den obigen Ausführungen die Ansprüche auf Zinsen und diejenigen auf Rückforderung von Zinsen hinsichtlich der Verjährung gleich behandelt, erscheint es gerechtfertigt, § 11 Abs. 3 Satz 3 VerbrKG auch auf die Rückforderung von Zinsen anzuwenden, zumal der Charakter des Verbraucherkreditgesetzes als Verbraucherschutzgesetz es unangemessen erscheinen lassen muss, durch die Nichtanwendung des § 197 BGB a.F. den Banken einen Vorteil zu verschaffen (s.a. Staudinger-Kessal-Wulf, Bearbeitung 2001, Rn. 35 zu § 11 VerbrKG), den entsprechenden Vorteil den Verbrauchern aber vorzuenthalten.
Demgegenüber kann offen bleiben, ob es von Bedeutung ist, dass die oben genannte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 197 BGB a.F. keinen Fall des Rückforderungsdurchgriffs betrifft, sondern vorliegend eine Gesamtrückabwicklung stattzufinden hat (s.a. LG Karlsruhe, 5 O 110/05, Urteil vom 3. Februar 2006) und ob überhaupt die Verjährungseinrede wirksam von der Beklagten erhoben worden ist, zumal die in erster Instanz erhobene Einrede ausdrücklich nicht auf § 197 BGB a.F. abzielt, sondern nur darauf, dass die Klägerin Ansprüche gegen den Verkäufer habe verjähren lassen und sie folglich wegen des Grundsatzes von Treu und Glauben daran gehindert sei, Ansprüche gegen die Beklagte geltend zu machen, was freilich nicht zutrifft (vgl. KG, WM 2005, 2218, 2226 [KG Berlin 28.06.2005 - 4 U 77/03]).
6. Die Ansprüche stehen der Klägerin auch in der zugesprochenen Höhe zu.
Die Höhe der von der Klägerin erbrachten Zahlungen an die Beklagte ist nicht im Streit; der durch das Landgericht vorgenommene Abzug von der Klagforderung ist von der Klägerin hingenommen worden.
Zur Frage der Vorteilsausgleichung schließt sich der Senat den Ausführungen im angefochtenen Urteil an. Um Schadensersatzansprüche, die zur Anwendung der Grundsätze zur Vorteilsausgleichung führten (vgl. BGH, WM 2004, 1518, 1521 [BGH 14.06.2004 - II ZR 392/01]), geht es vorliegend nicht. Auf Bereicherungsansprüche sind die Grundsätze zum Vorteilsausgleich nicht anwendbar (vgl. Palandt-Sprau, BGB, 64. Aufl., Rn. 27 vor § 812; Senat , 3 U 177/05, Urteil vom 16. November 2005 ). Dass Steuerersparnisse durch die Klägerin erzielt worden wären, ist ohnehin nicht ersichtlich, und selbst wenn von einer solchen Ersparnis auszugehen wäre, handelte es sich dabei wegen § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO doch nicht um nachhaltige, das heißt um solche, denen keine Nachzahlungsansprüche des Finanzamts entgegenstünden (vgl. BGH, WM 2004, 1518, 1521 [BGH 14.06.2004 - II ZR 392/01]). Bausparprämien spielen von vornherein nur im Verhältnis der Klägerin zur Bausparkasse eine Rolle. Ob die Beklagte Abtretung der - vermutlich wertlosen - Anteile der Klägerin an der Eigentumswohnung verlangen könnte, bedarf keiner Entscheidung, weil die Beklagte einen solchen Anspruch nicht geltend macht.
7. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Berufung zu tragen.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Senat lässt in Anwendung von § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO die Revision zu. Die Frage, welche Bedeutung die bereits vor Jahren erfolgte Abwicklung des Darlehensvertrages auf die Geltendmachung von Ansprüchen im Zusammenhang mit § 9 VerbrKG, § 813 BGB hat, erscheint dem Senat nicht abschließend geklärt.