Verwaltungsgericht Göttingen
Beschl. v. 05.11.2007, Az.: 2 A 186/06

Voraussetzungen für eine rechtmäßige Rückforderung von Ausbildungsförderung wegen verschwiegener Vermögenswerte in Form eines von einem Angehörigen auf den Namen des Geförderten angelegten Sparbuchs

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
05.11.2007
Aktenzeichen
2 A 186/06
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2007, 50489
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGGOETT:2007:1105.2A186.06.0A

Fundstelle

  • FamRZ 2008, 1666-1668 (Volltext mit amtl. LS)

Amtlicher Leitsatz

Keine Rückforderung von Ausbildungsförderung wegen verschwiegener Vermögenswerte, wenn das streitbefangene Sparbuch, das ein Angehöriger auf den Namen des Klägers angelegt hat, vom Angehörigen nicht aus der Hand gegeben wurde, ihnen Kontovollmacht eingeräumt wurde und er sich die Verfügung über die Vermögenswerte vorbehalten hat.

Tatbestand

1

Die Klägerin ließ sich vom 01.09.2003 bis zum 22.07.2005 an der K. -Schule in L. (Berufliche Schule) zur Pharmazeutisch-technischen Assistentin ausbilden.

2

Sie beantragte am 21.12.2003 bei dem Beklagten die Bewilligung von Ausbildungsförderungsleistungen. Dabei gab sie durch Einfügung eines Striches über die entsprechenden Spalte Nr. 91 bis 102 des Antragformulars an, Vermögen nicht zu besitzen. Die Klägerin wiederholte diese Angaben in ihrem am 15.07.2004 beim Beklagten eingegangenen Folgeantrag.

3

Mit Bescheid vom 31.03.2004 bzw. Änderungsbescheid vom 28.05.2004 für den Bewilligungszeitraum Dezember 2003 bis Juli 2004 wurden Ausbildungsförderungsleistungen in Höhe von monatlich jeweils 184,- EUR geleistet. Mit Folgebescheid vom 29.10.2004 wurde Ausbildungsförderung nicht mehr geleistet, sondern für Oktober 2004 ein Betrag in Höhe von 92,00 EUR zurückgefordert, was die Klägerin akzeptiert hat.

4

Durch Mitteilungen des Bundesamtes für Finanzen vom 02.02.2005 erfuhr der Beklagte davon, dass die Klägerin für das Kalenderjahr 2003 zwei Freistellungsaufträge erteilt und die Freistellungssumme 265,00 EUR betragen habe.

5

Auf entsprechende Nachfrage des Beklagten teilte daraufhin die Klägerin mit Schreiben vom 17.03.2005 mit, Kontoinhaberin eines Sparkassenkontos (Nr. M.) bei der Kreissparkasse N. zu sein. Von diesem Konto habe sie bislang nichts gewusst. Ihre Großmutter väterlicherseits habe wegen erheblicher Erbstreitigkeiten - ihre Eltern seien geschieden und die Großmutter lebe im Haushalt des Vaters - Geld für ihre Enkel, u.a. auch für die Klägerin, auf Sparkonten festgelegt, was sie, die Klägerin, erst jetzt erfahren hätte. Die Großmutter habe ferner ihr mitgeteilt, dass sie erst nach ihrem Tode über das Geld verfügen dürfe.

6

Der Wert der Forderung betrug am 29.12.2003, dem Tag der Antragstellung, 10.225,84 EUR. Daneben bestanden vier weitere Konten der Klägerin, die am 29.12.2003 ein Gesamtguthaben in Höhe 2.878,04 EUR aufwiesen. Das Sparkassenbuchkonto der Klägerin hatte ihre Großmutter O. B. am 14.01.1997 auf ihren Namen eröffnet und nach Volljährigkeit der Klägerin auf diese umschreiben lassen. Frau O. B. behielt - laut eines von ihr mit "Eidesstattliche Erklärung" überschriebenen Schriftstücks vom 03.04.2006 - das Sparbuch in Besitz, ließ sich zudem Kontovollmacht einräumen und die Zinsen auf das Konto gutschreiben. Sie unterrichtete die Klägerin nach deren eigenem Bekunden nicht über Höhe des Sparguthabens und nahm allein Einzahlungen auf das Konto vor.

7

Nach vorheriger Anhörung berechnete der Beklagte daraufhin die der Klägerin zustehenden Ausbildungsförderungsleistungen neu und setzte mit Bescheid vom 31.03.2006 die Leistungen für die Klägerin für den Bewilligungszeitraum Dezember 2003 bis Juli 2004 neu auf 0,- EUR fest und forderte den für diesen Zeitraum ausgezahlten Betrag in Höhe von 1.368,00 EUR (92,00 EUR Rückzahlung waren bereits durch Bescheid vom 29.10.2004 festgesetzt worden) von der Klägerin zurück, weil dem Freibetrag in Höhe von 5.200,00 EUR ein Vermögen von 13.103,88 EUR gegenübergestanden habe. Auf Vertrauen könne sie sich nicht berufen. Zum einen sei mit öffentlichen Geldern sparsam umzugehen und zum anderen beruhe die rechtswidrige Zahlung nicht auf einem Fehler des BAföG-Amtes, sondern auf den falschen Angaben der Klägerin.

8

Die Klägerin hat am 27.04.2006 Klage erhoben.

9

Zu deren Begründung trägt sie vor, sie hätte von der Existenz des Sparbuches bis zur Mitteilung des Beklagten über die gezahlten Zinsen nichts mehr gewusst. Sie hätte zwar vor längerer Zeit etwas unterschrieben, Näheres, auch hinsichtlich der Höhe des Guthabens, habe sie nicht gewusst. Das Sparbuch Nr. M. sei von ihrer Großmutter angelegt worden und bis zu deren Tode am 15.01.2007 in ihrem Alleinbesitz geblieben. Zivilrechtlich sei die Großmutter der Klägerin in Anwendung des BGH-Urteils vom 18.01.2005 - X ZR 264/02 - als Forderungsinhaber anzusehen gewesen, weshalb das Sparguthaben nicht als Teil des Vermögens der Klägerin anzusehen sei.

10

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 31.03.2006 aufzuheben.

11

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

12

Die Klägerin sei Inhaberin der Sparbuchforderung gewesen, die Kreissparkasse hätte befreiend an die Klägerin leisten können. Diese hätte auch Kenntnis von der Existenz des Sparbuches gehabt. Eine rechtlich-verbindliche Verfügungsbeschränkung sei durch die Großmutter der Klägerin nicht ausgesprochen worden. Erwägungen, wie sie die Klägerin angestellt habe, griffen nicht. Für die Kreissparkasse sei zumindest nach der Umschreibung des Kontos auf die Klägerin diese Gläubigerin der Forderung gewesen. Die Klägerin hätte zudem in ihren Förderungsanträgen mindestens grob fahrlässig falsche Angaben gemacht.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie auf die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

14

Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 31.03.2006 ist rechtswidrig. Der Beklagte hätte seine Förderbescheide vom 31.03.2004, 28.05.2004 und 30.09.2004 nicht aufheben und Ausbildungsförderungsleistungen für den Bewilligungszeitraum Dezember 2003 bis Juli 2004 in Höhe von 1.368,00 EUR zurückfordern dürfen. Da der Bescheid vom 31.03.2006 die Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO), ist er vom Gericht aufzuheben.

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Als Rechtsgrundlage für die Rücknahme der BAföG-Bewilligungsbescheide und für die Rückforderung der gewährten Leistungen käme im vorliegenden Fall allein §§ 45, 50 SGB X in Betracht. Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Normen liegen indessen nicht vor.

16

Gemäß § 45 SGB X dürfen Verwaltungsakte, die - wie hier die von dem Beklagten aufgehobenen Bewilligungsbescheide für Ausbildungsförderung - einen rechtlichen Vorteil begründet, auch nach ihrer Unanfechtbarkeit nach Maßgabe der Absätze 2 - 4 zurückgenommen werden, soweit sie rechtswidrig sind. Eine Rechtswidrigkeit der Bewilligungsbescheide liegt jedoch hier nicht vor. Denn die Klägerin verfügte während des Bewilligungszeitraumes nicht über anzurechnendes Vermögen, das den gewährten Leistungen ganz oder teilweise hätte entgegenstehen können. Zu dem gemäß § 28 Abs. 2 und 4 BAföG maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung am 29.12.2003 verfügte die Klägerin nicht über Vermögenswerte nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 BAföG, die den Freibetrag nach § 29 Abs. 1 BAföG überstiegen. Soweit der Beklagte darauf abstellt, dass die Klägerin über 10.225,84 EUR auf dem Sparbuch Nr. M. bei der Kreissparkasse H. verfügt hätte, ist diese Annahme aus Rechtsgründen nicht zutreffend, da es sich bei diesem Sparbuch im Zeitpunkt der Beantragung der BAföG-Leistungen nicht um eigenes Vermögen der Klägerin gehandelt hat.

17

Nach bis Ende des Jahres 2004 - auch von der Kammer geteilter - höchstrichterlicher Rechtsprechung war für die Frage, wer Inhaber einer durch Sparbuch verbrieften Forderung gegen eine Bank ist, entscheidend, wer gemäß der Vereinbarung mit der Bank oder Sparkasse Kontoinhaber werden sollte (vgl. BGH, Urteil vom 02.02.1994 - IV ZR 51/93 -, NJW 1994, 931 ). Daraus wurde allgemein der Schluss gezogen, dass derjenige der Gläubiger der Bank, und damit der Vermögensinhaber sei, der als Kontoinhaber bezeichnet wird und nicht derjenige, der im Besitz des Sparbuches ist. Maßgeblich sei allein der erklärte Wille desjenigen, der das Konto eröffnet habe; ein geheimer Vorbehalt - etwa dahingehend, dass die Sparguthaben erst jeweils mit Erreichen der Volljährigkeit, der Heirat oder dem Tode des Kontoeinrichtenden dem Kontoinhaber zur Verfügung stehen sollte - sei unmaßgeblich (vgl. Beschluss der Kammer vom 18.07.2002 - 2 B 2104/02 -, ergangen zu § 88 BSHG). In Anwendung dieser Rechtsprechung wäre die Klägerin als Inhaberin der Sparguthabenforderung anzusehen, denn sie wurde nach Umschreibung des Kontos von ihrer Großmutter auf sie am 20.12.2002 als Kontoinhaberin geführt.

18

An dieser Rechtsprechung kann jedoch nicht mehr uneingeschränkt festgehalten werden. Der Bundesgerichtshof hat nämlich seine frühere - oben zitierte - Rechtsauffassung mit Urteil vom 18.01.2005 (X ZR 264/02 , NJW 2005, 980) ausdrücklich aufgegeben. In diesem Streitfall hatten die Großeltern auf zwei Sparbüchern, die die Eltern für ihre Kinder angelegt hatten, einen Betrag von jeweils 50.000,00 DM eingezahlt. Gleichzeitig wurde den Großeltern eine Vollmachtsurkunde für die fraglichen Sparkonten ausgehändigt, mit der diese über die Sparkonten verfügen durften, gleichzeitig erhielten die Großeltern auch die Sparbücher selbst. Rund 4 Jahre später, kam es zu familieninternen Unstimmigkeiten. Die Großeltern lösten die Sparguthaben auf und behielten das Geld für sich. Nachdem die Enkel volljährig geworden waren, widerriefen sie die Vollmachten zugunsten der Großeltern und verlangten im Übrigen Zahlung. Der BGH hat in seiner Entscheidung den Grundsatz betont: Wenn ein naher Angehöriger ein Sparbuch auf den Namen eines Kindes anlege, ohne das Sparbuch aus der Hand zu geben, dann ist daraus typischerweise zu schließen, dass der Zuwendende sich die Verfügung über das Sparguthaben bis zu seinem Tode vorbehalten wolle. Ausweislich des Tatbestandes des Revisionsurteils waren die Sparbücher allerdings von den Eltern der Kinder für diese angelegt worden, wobei jedoch in den Kontounterlagen als Antragsteller der Großvater angegeben war. Der BGH hat deshalb darauf abgestellt, dass der Großvater die "Sparguthaben angelegt" habe, ohne die Sparbücher aus der Hand zu geben, und dass er sich von den Eltern der Enkel gleichzeitig mit der Anlegung der Sparkonten eine Verfügungsvollmacht erteilen ließ. (Auch) damit handelt es sich nach Ansicht des BGH um einen Fall, in dem typischerweise anzunehmen sei, dass der Zuwendende sich die Verfügung über das Sparguthaben bis zu seinem Tod vorbehalten und die Sparguthaben den Begünstigten (nur) auf den Todesfall mit der Wirkung zuwenden wolle, dass diese im Zeitpunkt des Todes des Zuwendenden Inhaber der Sparguthaben würden, soweit der Zuwendende nicht vorher anderweitig darüber verfügt hatte. Entscheidend ist somit, dass das wesentliches Indiz für die Frage, wer Kontoinhaber ist, daraus zu folgern ist, wer das Sparbuch in Besitz nimmt.

19

Diese "neue" Rechtsprechung des BGH wendet der erkennende Einzelrichter auf den hier zu entscheidenden Fall an. Das Sparkonto Nr. M. der Klägerin wurde von ihrer Großmutter zunächst auf eigenen Namen eröffnet. Nach Umschreibung auf die Klägerin (mit dem Motiv, spätere Erbstreitigkeiten zu vermeiden) ließ sich die Großmutter der Klägerin Kontovollmacht erteilen und behielt das Sparbuch weiterhin in ihrem Besitz. Damit wurde die Klägerin auch nach Umschreibung des Buches (weiterhin) nicht Kontoinhaberin. Das hat zur Folge, dass dieses Sparguthaben nicht als eigenes Vermögen von der Klägerin bei der Beantragung von BAföG-Leistungen anzugeben war.

20

Aber auch dann, wenn man die vorstehende Rechtsansicht nicht teilen würde, hätte die Klage - aus einem die Entscheidung selbständig tragenden weiteren Grund - Erfolg.

21

Denn die Klägerin könnte sich (die Rechtswidrigkeit der vom Beklagten aufgehobenen drei BAföG-Bescheide unterstellt) auf Vertrauensschutz berufen. Gemäß § 45 Abs. 2 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nämlich nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte, wie hier die Klägerin, erbrachte Leistungen bereits verbraucht hat. Allerdings kann sich gemäß Satz 3 Nr. 2 der Vorschrift der Begünstigte nicht auf Vertrauensschutz berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die er vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Dies setzt voraus, dass die Klägerin, die im Rechtsverkehr objektiv erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hätte.

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Die Klägerin unterließ die Angaben zum Sparbuch aber weder vorsätzlich noch grob fahrlässig. Das Gericht glaubt der Klägerin, dass sie bis zur Aufnahme der Ermittlungen durch den Beklagten im Februar 2005 nicht wusste, dass das Sparbuch, das bis dahin immer im Besitz von Frau O. B. war, ihr gehören könnte. Die entsprechende Einlassung deckt sich mit den ,"an Eides statt" abgegebenen Erklärungen der Großmutter der Klägerin vom 03.04.2006 (Bl. 119 der Beiakten A). Hieraus wird deutlich, dass sie glaubte, sie sei allein über das Geld verfügungsbefugt. Das Vorbringen der Klägerin erscheint glaubhaft. Es ist lebensnah und schildert die Situation in einer größeren Familie, in der wegen Scheidung Erbstreitigkeiten "vorprogrammiert" sind, plastisch. Es ist nicht unüblich und deshalb auch im Falle der Klägerin nachvollziehbar, dass Großeltern für ihre Enkelkinder Gelder ansparen, ohne dass diese etwas davon erfahren und dass den Enkeln der vorzeitige Zugriff auf das Vermögen nicht zugestanden wird.

23

Schließlich, und auch dies trägt die Entscheidung selbständig, leidet der angefochtene Bescheid an einem Ermessensmangel im Sinne von § 114 S. 1 VwGO. Die Rücknahme rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakte steht gem. § 45 Abs. 1 SGB X im Ermessen der Sozialleistungsbehörde ("darf zurückgenommen werden"). Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Zu einer rechtmäßigen Ermächtigungsausübung zählt auch, dass die Verwaltungsbehörde alle für ihre Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte erkennt und in ihre Entscheidung einstellt. Dies ist dem Beklagten nicht vollständig gelungen, so dass ein Ermessensfehler vorliegt.

24

Er hat ausweislich der Anlage zu dem angefochtenen Bescheid zwar gesehen, dass er Ermessen auszuüben hat, so dass ein Ermessensausfall nicht vorliegt. Er hat jedoch wesentliche Gesichtspunkte nicht in seine Entscheidung einfließen lassen. Als Abwägungsmaterial hat er zum einen ausgeführt, mit öffentlichen Geldern müsse sparsam umgegangen werden. Er hat weiter ausgeführt, dass die rechtswidrige Zahlung nicht auf einem Fehler des Landkreises beruhte, sondern (folgte man seiner Situation im Übrigen) auf Umständen, die im Pflichtenkreis der Klägerin lagen. Er hat jedoch zu Unrecht angenommen, es seien keinerlei Aspekte ersichtlich, die es rechtfertigen könnten, dass mit der getroffenen Entscheidung verbundene Ermessen anders auszuüben. Ein solcher wesentlicher Gesichtspunkt ist hier der Umstand, dass die Klägerin alle fünf im Schreiben des Beklagten vom 19.04.2005 aufgeworfenen Fragen vollständig ("günstig") beantwortet hat, ohne dass auch nur eine Antwort im angefochtenen Bescheid gegen sie ins Feld geführt wurde. Der Beklagte hat schließlich außer Acht gelassen, ob das Ausbildungsförderungsrecht Enkelkindern überhaupt zumuten darf, zivilrechtlich gegen ihre Großmutter auf Herausgabe des Sparbuchs vorzugehen, wenn diese das Sparbuch willentlich in Besitz behalten. Anhaltspunkte für derartige Überlegungen hatte der Beklagte bereits bei seiner Rücknahmeentscheidung durch die Stellungnahmen der Klägerin im Rahmen der Anhörung. Ein Ermessensmangel kann deshalb nicht mit dem Argument verneint werden, der Beklagte habe von diesen besonderen Verhältnissen erst im Laufe des gerichtlichen Verfahrens erfahren, was seine Ermessensentscheidung unberührt ließe. Folglich hat der Beklagte seine Ermessensentscheidung nicht am Zweck des Gesetzes orientiert.

25

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 188 S. 2 VwGO.

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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf §§ 167 VwGO i.V.m. 708 Nr. 11, 711 ZPO.