Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 23.07.2015, Az.: 6 U 34/15
Zulässigkeit eines Teilurteils über die Zahlung eines Mindest-Pflichtteils
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 23.07.2015
- Aktenzeichen
- 6 U 34/15
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2015, 23248
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2015:0723.6U34.15.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Lüneburg - 21.01.2015
Rechtsgrundlagen
- BGB § 390
- BGB § 2059 Abs. 1 S. 1
- ZPO § 289
- ZPO § 301 Abs. 1 S. 1
- ZPO § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 7
Fundstellen
- EE 2016, 145
- ErbBstg 2015, 218
- FamRZ 2016, 157
- ZAP EN-Nr. 752/2015
- ZAP 2015, 1066
- ZEV 2015, 549
- ZEV 2016, 26-27
- ZEV 2016, 29
- ZEV 2016, 37-39
Amtlicher Leitsatz
1. Der auf Auskunft und in der letzten Stufe auf Zahlung eines noch zu beziffernden Pflichtteils im Wege der Teil-Stufenklage, verbunden mit dem Antrag auf Verurteilung zur Zahlung eines bezifferten Mindest-Pflichtteils in Anspruch genommene Beklagte kann auch bei zugestandenem (§ 289 ZPO) Mindestnachlass in der Regel nicht durch Teilurteil (§ 301 Abs. 1 Satz 1 ZPO) auch zur Zahlung des bezifferten Teilbetrags verurteilt werden.
2. Gegenüber dem persönlichen Anspruch eines Miterben ist die Aufrechnung mit einer gegen den ungeteilten Nachlass (§ 2059 Abs. 1 Satz 1 BGB) gerichteten Forderung nach § 390 BGB ausgeschlossen.
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten werden das am 21. Januar 2015 verkündete Teil-Urteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg und das diesem zugrunde liegende Verfahren aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen, soweit der Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger 55.550,09 € nebst Zinsen seit dem 2. April 2013 zu zahlen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte mindestens 54 %. Im übrigen bleibt die Entscheidung über diese Kosten dem Landgericht vorbehalten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger verlangt von dem Beklagten im Wege der Stufenteilklage Auskunft, Vollständigkeitsversicherung und Zahlung des Pflichtteils nach beider und des weiteren Bruders Prof. Dr. H. M. am 14. August 2012 verstorbener Mutter M. K. und beziffert einen Teilbetrag des Pflichtteils und dessen Ergänzung wegen Schenkungen der Erblasserin an den Beklagten.
Der Beklagte ist Alleinerbe der Erblasserin aufgrund deren öffentlichen Testaments vom 7. November 2007. Der Kläger forderte den Beklagten durch Anwaltsschreiben vom 21. März 2013 (Anlage K 2 zur Klageschrift, Bl. 14 ff. d. A.) zur Auskunft über den Nachlass und unter Fristsetzung zum 1. April 2013 zur Zahlung eines angemessenen Vorschusses auf. Nach den daraufhin dem Kläger übermittelten Verzeichnissen hinterließ die Erblasserin ein Aktivvermögen von 377.200,99 € und Nachlassverbindlichkeiten in Höhe von 35.506,27 €. Wegen lebzeitiger Schenkungen der Erblasserin waren unter Berücksichtigung von § 2325 Abs. 3 BGB dem Nachlass weitere 396.438,50 € hinzuzurechnen. Ein sechstel Anteil des sich daraus ergebenden reinen realen und fiktiven Nachlass von 738.133,22 € sind 123.022,20 €.
Der am 28. Februar 2011 verstorbene Vater der Parteien und deren weiteren Bruders Prof. Dr. H. M. hatte durch letztwillige Verfügung vom 21. März 2002 (Anlage zur Widerklage vom 19. Februar 2014, Bl. 201 ff.) seine Söhne neben deren Stiefmutter, seiner zweiten Ehefrau Dr. I. S.-M. als Erben eingesetzt, Testamentsvollstreckung angeordnet und bestimmt, dass derjenige, welcher die Anordnungen des Erblassers "angreif(e)", indem er (u. a.) "seinen Pflichtteil forder(e) (...), (...) vom Erbe sowie von den nachfolgend angeordneten Vorausvermächtnissen ausgeschlossen werd(e) und nur den gesetzlichen Pflichtteil erhalten (solle)." Der Beklagte machte mit Anwaltsschreiben vom 5. November 2013 (Anlage WK 3 zur Widerklage, Bl. 217 d. A., vgl. dort S. 6) gegenüber seinen Brüdern und der Ehefrau des Erblassers seinen Pflichtteil nach seinem Vater G. M. geltend.
Der Kläger hat im Wege der Stufenklage 1. Auskunft über den Bestand des Nachlasses einschließlich Verbindlichkeiten durch ein von einem Notar aufgenommenes Verzeichnis, 2. Ermittlung des Nachlasswertes durch Sachverständige, 3. Vollständigkeitsversicherung, 4. Zahlung des Pflichtteils nebst Zinsen, soweit nicht schon beziffert, daneben Zahlung von 120.000 € nebst Zinsen verlangt. Der Beklagte hat hiernach Auskunft mittels durch einen Notar aufgenommenen Verzeichnisses vom 12. September 2013 (Anlage B 1 zur Klageerwiderung, Bl. 63 ff. d. A.) erteilt.
Der Kläger hat gemeint, das nunmehr vorgelegte, durch den Notar aufgenommene Verzeichnis entspreche mangels zureichender eigener Ermittlungen des Notars nicht den gesetzlichen Anforderungen.
Der Beklagte hat Abweisung der Klage erstrebt und behauptet, dass der Kläger Geschenke von der Erblasserin erhalten habe, die dieser sich auf den Pflichtteil anrechnen lassen müsse. Gegenüber dem seiner - des Beklagten - Berechnung nach bestehenden Pflichtteilsanspruch des Klägers und dessen Ergänzung hat er die Aufrechnung erklärt mit einem eigenen Pflichtteilsanspruch und dessen Ergänzung nach beider Vater G. M. in Höhe von 1.134.109,65 € und wegen des von dem Kläger geltend gemachten Auskunftsanspruchs hierauf ein Zurückbehaltungsrecht gestützt.
Er hat den Kläger ferner im Wege der Stufenwiderklage auf Auskunft über Schenkungen zur Feststellung des fiktiven Nachlasses, Wertermittlung hinsichtlich bestimmter Nachlassgegenstände, Vollständigkeitsversicherung und Zahlung des Pflichtteils sowie eines erstrangigen Teilbetrags von 1.134.109,65 € und die Testamentsvollstreckerin über den Nachlass des Vaters der Parteien auf Duldung der Zwangsvollstreckung in den Nachlass in Anspruch genommen.
Der Kläger hat zu dem Pflichtteilsanspruch des Beklagten nach beider Vater behauptet, der Nachlass sei noch nicht geteilt, und die Einrede nach § 2059 BGB erhoben. Er hat gemeint, der Beklagte könne mangels rechtzeitiger Ausschlagung der Erbschaft nach dem Vater (§ 2306 Abs. 1 BGB) den Pflichtteil nicht verlangen; die Strafklausel sei mit der Folge des Verlustes des Erbteils verwirkt. Der Beklagte hat Widerklage auf Zwischenfeststellung erhoben, dass die Einrede des ungeteilten Nachlasses des Vaters der Aufrechnung nicht entgegensteht.
Das Landgericht hat sich wegen der Stufenwiderklage und Drittwiderklage für unzuständig erklärt und das Rechtsstreit insoweit an das Landgericht Braunschweig verwiesen (Beschluss vom 22. Mai 2014, Bl. 381 d. A.). Es hat zur Frage der unentgeltlichen Zuwendungen an den Kläger Beweis erhoben und durch Teil-Urteil der Klage auf Auskunft durch ein von einem Notar aufgenommenes Nachlassverzeichnis sowie auf Zahlung eines erstrangigen Teilbetrags Pflichtteil und Ergänzung in Höhe von 120.000 € nebst Zinsen stattgegeben; die auf Wertermittlung gerichtete Klage und die Feststellungszwischenwiderklage hat es abgewiesen. Es hat ausgeführt, durch das Nachlassverzeichnis vom 12. September 2013 sei der Anspruch auf Auskunft mangels von dem Notar angestellter Ermittlungen nicht erfüllt. Jedenfalls in Höhe von 120.000 € bestehe der Pflichtteilsanspruch und dessen Ergänzung. Infolge der materiellrechtlichen Wirkung der Einrede nach § 2059 BGB könne der Beklagte nach § 390 BGB nicht mit seinem Anspruch auf Zahlung des Pflichtteils nach beider Vater aufrechnen. Ein Zurückbehaltungsrecht wegen des eigenen Pflichtteilsanspruchs stehe dem Beklagten mangels Konnexität ebenfalls nicht zu und sei der Kläger nach Treu und Glauben nicht an der Geltendmachung des Pflichtteils gehindert.
Gegen das Urteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung, mit der er sein Ziel weiterverfolgt, dass der bezifferte Pflichtteils-Teilanspruch infolge Aufrechnung mit seinem - des Beklagten - Pflichteilsanspruch und dessen Ergänzung nach dem Vater G. M. erloschen und der Auskunftsanspruch wegen des Zurückbehaltungsrechts nicht durchsetzbar sei. "Hilfsweise" erstrebt er die Verurteilung Zug um Zug gegen Zahlung von 1.134.109,65 € nebst Zinsen. Er greift die Ausführungen des Landgerichts zur Unwirksamkeit der Aufrechnung nach § 390 BGB an und meint, das Landgericht habe rechtsfehlerhaft das Zurückbehaltungsrecht verneint.
Der Kläger möchte die Zurückweisung der Berufung erreichen.
Zur Darstellung des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gelangten Unterlagen verwiesen.
II.
Die Berufung ist insoweit begründet, als das angefochtene Teil-Urteil aufzuheben und die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen war, soweit es den Beklagten zur Zahlung eines Pflichtteils von 55.550,09 € nebst Zinsen verurteilt hat (§ 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 3 ZPO), im Übrigen unbegründet.
1. Hinsichtlich des Pflichtteilsanspruchs, den der Kläger teilweise bereits beziffert in Höhe von 55.550,09 € geltend gemacht hat, war die Verurteilung unzulässig.
a) Dieser Betrag errechnet sich als 97,54337022 % von 56.949,12 €, welche nach Rechnung des Klägers (Seite 4 der Klagschrift, Bl. 4 d. A.) den Pflichtteil ausmachen [1/6 von 341.694,72 € (377.200,99 € Aktivnachlass abzüglich 35.506,27 € Verbindlichkeiten)]. Dieser Prozentsatz ergibt sich aus dem Verhältnis der als Pflichtteil und dessen Ergänzung zusammen beziffert geltend gemachten 120.000 € zu den für diese Ansprüche errechneten 123.022,20 €. Das bezifferte Klagbegehren ist bei verständiger objektiver Würdigung (entsprechend § 133 BGB) so aufzufassen, dass der Kläger, damit sein bezifferter Klagantrag hinreichend bestimmt ist (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 Fall 1 ZPO), die beiden Ansprüche gemäß dem Rechtsgedanken des § 366 Abs. 2 letzter Fall BGB verhältnismäßig geltend macht unter Berücksichtigung eines Abschlags wegen möglicher weiterer Passiva und Wertänderungen (vgl. Klageschrift, dort S. 8, Bl. 8 d. A.).
b) Der bezifferte Anspruch auf den Pflichtteil war nicht zur Endentscheidung reif (§ 301 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 ZPO). Die Entscheidung über ihn beschwor die Gefahr einander widersprechender rechtskräftiger Entscheidungen herauf [vgl. dazu: Senat, Urteil vom 5. November 2009 - 6 U 90/09, unter II. 3. a); Beschluss vom 9. Dezember 2013 - 6 W 220/09, unter II. 2.]. Sie schuf die Möglichkeit, dass der Beklagte zur Zahlung eines Pflichtteils von 55.550,09 € rechtskräftig verurteilt, die Stufenklage dagegen mit der Begründung rechtskräftig abgewiesen wurde, dass ein geringerer Pflichtteilsanspruch als ein solcher auf Zahlung von 55.550,09 € bestand. Zum einen könnte das durch einen Notar aufgenommene Nachlassverzeichnis, zu dessen Vorlage der Beklagte verurteilt ist und das sich auch auf "alle Nachlassverbindlichkeiten" erstrecken soll, aufgrund der gebotenen eigenen Ermittlungen des Notars weitere solcher Verbindlichkeiten als bisher von dem Beklagten mitgeteilt zutage fördern, welche den Anspruch des Klägers unter 55.550,09 € sinken ließen; zum anderen könnte das Gericht alle Positionen, welche der Kläger seinem bezifferten Teilanspruch zugrunde legt, bei seiner abschließenden Beurteilung im Rahmen der Stufenklage anders bewerten als im Rahmen der bezifferten Klage, wenn etwa der Beklagte zu bestimmten Positionen anders vorträgt als im Rahmen seiner bisher erteilten Auskünfte. Diese Möglichkeit legt der Kläger nahe durch den Abschlag wegen möglicher weiterer Passiva und Wertänderungen. Der Pflichtteilsanspruch ist ein einheitlicher Anspruch, der sich aus unselbstständigen Rechnungsposten zusammensetzt, über welche nicht teilweise mit Rechtskraftwirkung vorab entschieden werden kann. Die Ansicht des OLG Brandenburg (Urteil vom 7. Januar 2004 - 13 U 25/03, das der Kläger mit der Klagschrift vorgelegt hat), "die Beklagten müss(t)en sich an dem selbst angegebenen Nachlasswert festhalten lassen", trifft nicht zu. Die Auskunft des Erben gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten über den Bestand des Nachlasses ist die Erfüllung eines nach materiellem Recht begründeten Anspruchs, aber kein Prozessvorbringen mit Geständniswirkung (§ 288 ZPO), abgesehen davon, dass, selbst wenn es ein solches wäre, der Widerruf mit der Folge der Unwirksamkeit des Geständnisses sich nicht ausschließen ließe (§ 290 ZPO).
2. Der Kläger hat als durch Testament enterbter Abkömmling (§ 2303 Abs. 1 Satz 1 BGB) gegen den Beklagten als Alleinerben der am 14. August 2012 verstorbenen Mutter der Parteien M. K. Anspruch auf Ergänzung seines Pflichtteils in Höhe von 64.449,91 € (§ 2325 Abs. 1 BGB).
a) Dieser Anspruch war zur Endentscheidung reif (§ 301 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 ZPO).
aa) Er errechnet sich als 97,54337022 % eines Sechstels von 396.438,50 €. Die verwitwete Erblasserin hatte außer den Parteien noch einen Sohn, die Summe der Geschenke, welche der Kläger seiner Berechnung zugrunde legt, entspricht dem genannten Betrag, und der Prozentsatz entspricht den Ausführungen zu Nr. 1 Buchst. a.
bb) Das Landgericht durfte über die Klaggründe "Geldschenkungen der Erblasserin an den Beklagten zwischen dem 4. August und 20. Dezember 2011", "Übertragung eines Miteigentumsanteils am Grundstück in W. im März 2009", "Geldschenkung am 5. Januar 2009" und "Geldschenkung am 5. Dezember 2008" der Rechtskraft fähig abschließend entscheiden. Die Entscheidung über den nicht bezifferten Teil des Pflichtteilsanspruchs, der Gegenstand der Stufenteilklage ist, kann zu der Entscheidung über den Anspruch auf Pflichtteilsergänzung nicht in Widerspruch geraten. Dieses wäre nur der Fall, wenn die Überschuldung des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls sich herausstellte, welche die Ergänzung des Pflichtteils mit einem, mehreren oder allen zu ihrer Begründung angeführten Klaggründen verringerte oder ausschlösse, was angesichts des bisher bekannten Wertes des reinen Nachlasses von 341.694,72 € so unwahrscheinlich ist, dass auch die abstrakte Gefahr eines Widerspruchs, die zur Annahme eines unzulässigen Teil-Urteils ausreicht, sich nicht annehmen lässt (vgl. dazu: OLG Hamburg, Urteil vom 22. Oktober 1998 - 2 U 9/98, juris Rn. 48 f.).
b) Der Anspruch ist nicht infolge Aufrechnung seitens des Beklagten erloschen (§ 389 BGB) mit dessen Forderung nach dem Pflichtteil und dessen Ergänzung, den er nach dem am 28. Februar 2011 verstorbenen Vater der Parteien G. M. gegen den Kläger als dessen Miterben neben seiner Stiefmutter Dr. I. S.-M. und seinem Bruder Prof. Dr. H. M. geltend macht.
Die Aufrechnung ist ausgeschlossen (§ 390 BGB). Der Forderung, mit welcher der Beklagte aufrechnet, steht die Einrede des Klägers entgegen, die Leistung auf die Forderung als Gesamtschuldner aus seinem Eigenvermögen (§ 2058 BGB) außer seinem Anteil am Nachlass G. M.s zu verweigern (§ 2059 Abs. 1 Satz 1 BGB).
aa) Der Nachlass des G. M. ist ungeteilt. Mit Erfüllung der Vorausvermächtnisse im Wert von rund fünf Millionen Euro bei einem Gesamtnachlass von rund 16 Millionen Euro und Zahlung von 2,5 Millionen Euro an einen Erben (vgl. Schriftsatz des Beklagten vom 17. April 2014, dort S. 4, Bl. 356 d. A.) ist kein erheblicher Teil des Nachlasses derart in das Einzelvermögen der Miterben überführt, dass die Gemeinschaft bei wirtschaftlicher Betrachtung als Ganzes aufgelöst erschiene (vgl. dazu MünchKomm-BGB/Ann, 6. Aufl., § 2059 Rn. 4). Insoweit greift der Beklagte das Urteil des Landgerichts nicht an (vgl. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 und 3 ZPO).
bb) Die Tatsache, dass der Kläger, nähme der Beklagte ihn nicht durch Aufrechnung, sondern im Wege der Leistungsklage in Anspruch, der Einrede erst im Falle der Vollstreckung in sein Eigenvermögen außer seinem Anteil am Nachlass durch Vollstreckungsabwehrklage (§§ 767, 781, 785 ZPO) Geltung verschaffen könnte, ist unerheblich (vgl. Staudinger/Marotzke, BGB, Bearb. 2010, § 2059 Rn. 19), ungeachtet der Frage, ob es sich bei § 2059 BGB um eine prozessuale Einrede handelt. Entscheidend ist, dass, ließe man die Aufrechnung zu, die Möglichkeit für den Kläger, seine Haftung auf seinen Anteil am Nachlass des Vaters zu beschränken, mit für ihn wirtschaftlich nachteiligen Folgen und damit der Sinn der Vorschrift, den Gläubigerzugriff auf die Eigenvermögen der jeweiligen Miterben bis zur Teilung auszuschließen und dem Nachlassgläubiger nur das Sondervermögen, welches die Miterben in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit tragen, zur Befriedigung zur Verfügung zu stellen (vgl. MünchKomm-BGB/Ann, 6. Aufl., § 2059 Rn. 2), unterlaufen würde. Verlangte der Kläger von seinen Miterben Ausgleichung entsprechend deren Erbanteilen (§ 426 Abs. 1 Satz 1, § 422 Abs. 1 Satz 2 Fall 3 BGB), könnten diese ihrerseits dem Kläger gegenüber die Einrede aus § 2059 Abs. 1 Satz 1 BGB erheben mit der Folge, dass der Kläger nur den den Erbquoten der Miterben entsprechenden Teil seines Eigenvermögens, das er zur Tilgung der Nachlassschuld gegenüber dem Beklagten eingesetzt hat, zurückerhielte, nicht aber den seiner eigenen Erbquote entsprechenden Teil. Dieser verteilte sich unter allen Erben, so dass der Kläger auf dem auf seine Miterben entfallenden Teil mit seinem Eigenvermögen hängenbliebe.
3. Der Kläger hat gegen den Beklagten Anspruch auf Auskunft über den Bestand des Nachlasses der Erblasserin durch ein von einem Notar aufgenommenes Verzeichnis (§ 2314 Abs. 1 Satz 1, 3 Fall 3 BGB). Sein Berufungsantrag ist bei verständiger Würdigung (entsprechend § 133 BGB) nicht "hilfsweise" für den Fall, dass die Aufrechnung nicht durchgreift, sondern unbedingt bezogen auf den Auskunftsanspruch (vgl. § 274 Abs. 1 BGB) gestellt. Gegen diesen Anspruch wehrt der Beklagte sich jedoch nicht mehr. Er hat (Seite 2 des Schriftsatzes vom 24. Juni 2015 - Bl. 724 d. A.) vorgetragen, er werde "die Auskunft erteilen; gegenwärtig w(e)rd(e) ein entsprechendes notarielles Nachlassverzeichnis erstellt."
Die Nebenentscheidungen folgen aus § 92 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2, § 708 Nr. 10 Satz 1, § 711 Satz 1, 2 ZPO. Soweit sich durch die Entscheidung nach Zurückverweisung an der Verteilung der Kosten dieses Berufungsverfahrens nichts ändern kann, war über die Kosten zu befinden und hat das Urteil einen vollstreckungsfähigen Inhalt.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen. Die von dem Beklagten zitierten Urteile des Oberlandesgerichts Dresden (Urteil vom 9. Dezember 1901, OLGR 1902, 120 f.) und des Oberlandesgerichts München (Urteil vom 25. Februar 2014, OLGR 1915, 203 ff.) betreffen nicht den hier entschiedenen Fall, dass der Nachlassgläubiger mit einer gegen den ungeteilten Nachlass bestehenden Forderung gegenüber einem persönlichen Anspruch des klagenden Miterben aufrechnet. In dem von dem Bundesgerichtshof am 14. Januar 1953 (II ZR 20/5, BeckRS 1953, 31203547 = LM 1953, § 2046 BGB Nr. 1) entschiedenen Fall ging es - anders als hier - um gegenseitige Ansprüche zweier alleiniger Miterben.