Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 14.06.2012, Az.: L 7 AL 76/10

Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben; Lösung vom bisherigen Beruf; Anwendbarkeit der im Rentenversicherungsrecht entwickelten Kriterien

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
14.06.2012
Aktenzeichen
L 7 AL 76/10
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2012, 21851
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2012:0614.L7AL76.10.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Lüneburg - 28.04.2010 - AZ: S 18 AL 41/07

Fundstelle

  • info also 2012, 261-262

Redaktioneller Leitsatz

1. Die im Rentenversicherungsrecht von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien zur Lösung vom erlernten Beruf sind im Leistungsrecht zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht anwendbar.

2. Ein von der Agentur für Arbeit aufgestellter Grundsatz nach vierjähriger Entfernung vom erlernten Beruf (zB. während der Kindererziehung) gelte ein Arbeitnehmer als ungelernte Arbeitskraft, ist dem Rehabilitationsrecht fremd. [Amtlich veröffentlichte Entscheidung]

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 28. April 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte erstattet der Klägerin auch ihre außergerichtlichen Aufwendungen im Berufungsverfahren.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

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Zwischen den Beteiligten sind Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben streitig.

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Die 1959 geborene Klägerin absolvierte nach dem Fachabitur im Jahre 1981 erfolgreich die Ausbildung zur medizinisch-technischen Assistentin (MTA) im Bereich Funktionsdiagnostik und war von 1982 bis 1985 als MTA in der Universitätsklinik in G. tätig. Anschließend widmete sie sich der Erziehung und Betreuung ihrer beiden im Jahre 1984 und 1987 geborenen Kinder. Ab 1. August 2000 meldete sie sich wieder arbeitsuchend und nahm auf Kosten der Beklagten an einer sechsmonatigen Fortbildung zur EDV-Fachkraft teil. Von September 2001 bis März 2004 übte sie im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung eine Tätigkeit als Schreibkraft in einem Immobilienbüro aus.

3

Bei der Klägerin bestand seit Kindheit rechts eine vollständige Taubheit. Nach diversen Hörstürzen (zuletzt im Jahre 2003 und 2005) trat auch links eine Taubheit ein, die mit einem Cochlearimplantat versorgt wurde. Im Oktober 2008 wurde die Klägerin auch rechts mit einem Cochlearimplantat versorgt. Nach Rehamaßnahme und Hörtraining hat sich die Kommunikationsfähigkeit deutlich gebessert. Die Klägerin kann in einer Umgebung mit wenigen Nebengeräuschen ausreichend hören, gelegentlich auch telefonieren. Bei der Klägerin ist ein Grad der Behinderung von 80 anerkannt. Ein Antrag auf Erwerbsminderungsrente wurde im Februar 2007 abgelehnt.

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Am 17. November 2006 beantragte die Klägerin Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und gab an, nicht mehr in Räumen mit Lärmbelästigung und Störgeräuschen, wie als MTA in einem Labor, arbeiten zu können. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 16. Februar 2007 und Widerspruchsbescheid vom 15. März 2007 ab, weil die Klägerin unter Berücksichtigung der vorliegenden Hörschädigung den erlernten Beruf weiterhin ausüben könne. Nach der Beschreibung des Berufsfeldes der MTA in "BERUFENET" werde auf einen dauerhaften und nennenswerten Geräuschpegel bzw. Umgebungsgeräusche nicht hingewiesen, so dass unter Beachtung des ärztlichen Gutachtens ein Einsatz im erlernten Beruf mit dem bestehenden Hörvermögen möglich sei.

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Im anschließenden Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) Lüneburg ärztliche Unterlagen der Deutschen Rentenversicherung Bund, u. a. mit einem Gutachten der Ärztin für HNO-Heilkunde, Dr. H., I., vom 18. November 2006 beigezogen. Die Klägerin hat Berichte über Nachsorgebehandlungen im Hörzentrum der J. sowie der medizinischen Sprachheilpädagogin Saalfeld aus dem Jahre 2009 eingereicht. Das SG hat ferner ein Gutachten bei der Hörgeräteakustikerin K. L., Berufsgenossenschaftliches Unfallkrankenhaus Hamburg, vom 23. April 2009 eingeholt.

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Das SG hat mit Urteil vom 28. April 2010 die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin Leistungen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben dem Grunde nach zu gewähren. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, die Klägerin sei nach den eingeholten ärztlichen Unterlagen nicht mehr in der Lage, den erlernten und zuletzt ausgeübten Beruf MTA/Funktionsdiagnostik auszuüben. Eine langjährige Unterbrechung der Tätigkeit durch Kindererziehung führe nicht zur Lösung vom bisherigen Beruf. Ohne geeignete Rehabilitationsleistungen könne die Klägerin nicht wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden.

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Gegen das am 18. Mai 2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 17. Juni 2010 Berufung eingelegt. Sie räumt ein, dass nach erneuter Überprüfung die Klägerin mit der vorliegenden Behinderung den erlernten Beruf einer MTA nicht mehr ausüben könne. Die Klägerin habe diese Tätigkeit jedoch zuletzt 1985 ausgeübt und sich in der Folgezeit hiervon gelöst. Einen Berufschutz sehe das SGB III nicht vor. Da die Klägerin mehr als vier Jahre nicht mehr in ihrem erlernten Beruf tätig, sondern als Hausfrau und Schreibkraft tätig gewesen sei, habe sie den beruflichen Status einer ungelernten Arbeitskraft erreicht. Bei der Beurteilung der Behinderteneigenschaft sei daher von der zuletzt ausgeübten Tätigkeit einer Schreib- bzw. Bürokraft auszugehen. Diese Tätigkeit könne auch mit der Hörbehinderung noch ausgeübt werden. Ein Qualifizierungsbedarf in diesem Berufsbereich resultiere nicht aus der Art und Schwere der Behinderung.

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Die Beklagte beantragt,

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das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 28. April 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

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Die Klägerin beantragt,

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die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

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Die Klägerin erwidert, die Tätigkeit als Bürohilfe im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung habe sie lediglich für einen Zeitraum von ca. 2 1/2 Jahre ausgeübt, so dass die von der Beklagten angeführte Vierjahresfrist für die Abstufung auf ungelernte Tätigkeiten nicht erfüllt sei. Im Übrigen habe die Beklagte ihr bereits in der Vergangenheit Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gewährt, wie z. B. für die Teilnahme an Trainingsmaßnahmen. Da diese Hilfen nicht zu einer Erwerbstätigkeit geführt hätten, sei eine qualifizierte Weiterbildung im kaufmännischen Bereich erforderlich.

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Wegen des vollständigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der Entscheidung.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das SG hat zu Recht den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 16. Februar 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. März 2007 aufgehoben, weil die Klägerin dem Grunde nach einen Anspruch auf Leistungen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben hat. In diesem Umfang ist die Beklagte auch entsprechend zu verpflichten (§ 130 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Über die geeigneten Teilhabeleistungen im Einzelnen hat die Beklagte nunmehr nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens zu entscheiden.

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1. Nach § 97 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in der Fassung des Artikel 3 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1046) können für behinderte Menschen Leistungen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben erbracht werden, die wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind, um ihre Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu bessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben zu sichern. Bei der Auswahl der Leistungen sind Eignung, Neigung, bisherige Tätigkeit sowie Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes angemessen zu berücksichtigen (§ 97 Abs. 2 SGB III). Nach § 98 SGB III können als Leistungen zur Teilhabe allgemeine Leistungen und besondere Leistungen erbracht werden (Abs. 1 Nr. 1 und 2); besondere Leistungen werden nur erbracht, soweit nicht bereits durch die allgemeinen Leistungen eine Teilhabe am Arbeitsleben erreicht werden kann (Abs. 2). Gemäß § 19 Abs. 1 SGB III sind als behindert Menschen anzusehen, deren Aussichten, am Arbeitsleben teilzuhaben oder weiter teilzuhaben, wegen Art oder Schwere ihrer Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 SGB IX nicht nur vorübergehend im wesentlichen gemindert sind und die deshalb Hilfen zur Teilhabe am Arbeitsleben benötigen, einschließlich lernbehinderter Menschen.

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2. Die Klägerin ist als Behinderte im Sinne des § 19 Abs. 1 SGB III anzusehen. Sie leidet beidseitig an Schwerhörigkeit nach Versorgung mit Implantaten. Auch wenn sich die aktuelle medizinische Situation gegenüber der früheren Taubheit gebessert hat und eine Kommunikation unter normalen Bedingungen möglich ist, verbleibt eine deutliche Einschränkung der Lebensumstände. Ihre körperliche Funktion weicht nicht nur vorübergehend von dem für das Lebensalter typischen Zustand ab; die Klägerin ist hinsichtlich der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt. Das zeigt sich in der Anerkennung als Schwerbehinderte mit einem Grad der Behinderung von 80.

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3. Die Aussichten der Klägerin, am Arbeitsleben teilzunehmen, sind infolge ihrer Behinderung nicht nur vorübergehend wesentlich gemindert, so dass sie zur Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit Förderleistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gemäß § 97 Abs. 1 SGB III benötigt. Mit der Erwerbsfähigkeit ist die zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderliche und angestrebte Fähigkeit zur möglichst dauernden Ausübung einer erlaubten und zumutbaren entgeltlichen beruflichen Tätigkeit gemeint. Bei der bisherigen Tätigkeit, die in die Prüfung der beeinträchtigten Erwerbsfähigkeit einbezogen werden muss, ist grundsätzlich von dem erlernten Beruf auszugehen. Die für das Rentenversicherungsrecht entwickelten Grundsätze zur Bestimmung zumutbarer Verweisungstätigkeiten insbesondere nach Entfremdung vom erlernten Beruf sind im Rehabilitationsrecht nicht anzuwenden (Grossmann in: Hauck/Noftz, SGB III-Kommentar, Stand: April 2011, § 97 Rdz. 95 unter Hinweis auf BSGE 49, 263; Luik in: Eicher/Schlägel, SGB III-Kommentar, Stand: November 2004, § 97 Rdz. 47). Anders als im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung, die Regelungen für den Fall von Invalidität vorsieht, bezwecken die Leistungen der Arbeitsförderung, unterwertigen Beschäftigungen entgegen zu wirken, einen wesentlichen sozialen Abstieg zu verhindern sowie die berufliche Situation von Frauen zu verbessern (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 und 4 SGB III). Das SG hat in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hingewiesen, dass eine langjährige Unterbrechung der Tätigkeit durch Kinderziehung nicht zur Lösung vom bisherigen Beruf führt, weil ansonsten die mit der Kindererziehung betrauten Behinderten benachteiligt würden. Der Klägerin kann folglich nicht zum Nachteil gereichen, dass sie sich nach Verschlimmerung des Hörvermögens und längerer Unterbrechung eine Tätigkeit als MTA/Funktionsdiagnostik nicht mehr zugetraut und im Rahmen eines sog. Minijobs als Bürohilfe gearbeitet hat.

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4. Der von der Beklagten aufgestellte Grundsatz, nach vierjähriger Nichtbeschäftigung im erlernten Beruf müsse die Arbeitslose als ungelernte Arbeitskraft behandelt werden, existiert im Rehabilitationsrecht nicht und ist in dieser Form auch in sonstigen arbeitsförderungsrechtlichen Regelungen nicht auffindbar. Entgegen der Auffassung der Beklagten regelt § 77 Abs. 2 Nr. 1 SGB III in der bis zum 31. März 2012 gültigen Fassung genau das Gegenteil als einen nach vierjähriger Entfremdung entfallenden Berufsschutz. Nach dieser Vorschrift wird die Notwendigkeit der Weiterbildung bei Arbeitnehmern wegen fehlenden Berufsabschlusses anerkannt, wenn sie über einen Berufsabschluss verfügen, jedoch aufgrund einer mehr als vier Jahre ausgeübten Beschäftigung in an- oder ungelernter Tätigkeit eine entsprechende Beschäftigung voraussichtlich nicht mehr ausüben können. Diese Vorschrift will Leistungen zur beruflichen Weiterbildung zur Verfügung stellen, wenn der Arbeitnehmer nach mehr als vierjähriger unterwertiger Tätigkeit keine ausbildungsentsprechende Beschäftigung mehr ausüben kann. Nicht die Verweisung auf die zuletzt ausgeübten angelernten bzw. ungelernten Tätigkeiten ist die Zielsetzung von § 77 Abs. 2 Nr. 1 SGB III, sondern den erfahrungsgemäß ungünstigen Beschäftigungsaussichten ungelernter oder angelernter Arbeitnehmer Rechnung zu tragen und ihnen die Möglichkeit zu einer qualifizierten Weiterbildung zu eröffnen.

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5. Es steht für den Senat fest, dass die Klägerin aufgrund ihrer Behinderung nicht mehr in der Lage ist, den Beruf als MTA/Funktionsdiagnostik auszuüben. Dies geht aus den vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen (Amtsärztin Dr. M. vom 30. August 2006, Rentengutachten Dr. H. vom 18. November 2006, Hörgeräteakustikerin L. vom 23. März 2009) zweifelsohne hervor und wird von der Beklagten zwischenzeitlich auch nicht mehr bestritten. Die Klägerin kann zwar in ruhiger Umgebung einem Gespräch gut folgen; bei Auftreten von Störgeräuschen sinkt aber das Hörvermögen rapide ab. Die Tätigkeit als MTA ist regelmäßig mit einer Situation verbunden, in der Geräusche einer Zentrifuge im Hochfrequenzbereich liegen und Arbeiten auf Zuruf erfolgen müssen. Das Bestücken von Zentrifugen und Analysengeräten stellt einen wesentlichen Bereich der Tätigkeit als MTA dar. Den dort gestellten Anforderungen kann die Klägerin aufgrund ihrer Behinderung nicht mehr genügen.

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6. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Leistungen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben, auch wenn die allgemeinen Leistungen als Ermessensleistungen ausgestaltet sind ("können"). Das BSG hat nämlich in gefestigter Rechtsprechung die Rehabilitationsleistungen in die Nähe der Pflichtleistungen gerückt, soweit die Frage betroffen ist, ob das Handlungs- oder Entschließungsermessen betroffen ist, also ob der Sozialleistungsträger überhaupt Leistungen erbringen muss (BSGE 57, 157; 66, 84). Dem ist uneingeschränkt beizupflichten. Wenn nämlich Leistungen wegen Art oder Schwere der Behinderung im Einzelfall gemäß § 97 Abs. 1 SGB III erforderlich sind, um den Teilhabeerfolg zu sichern, lassen sich nur schwerlich Erwägungen anstellen, aufgrund derer die Leistungen plausibel abgelehnt werden könnten (Oppermann in: Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, § 5 Rdn. 57). Im Falle der Klägerin sind berufsfördernde Leistungen zur Teilhabe zu erbringen, weil keine besonderen Ausnahmegründe ersichtlich sind, die eine andere Entscheidung im Einzelfall rechtfertigen könnten.

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7. Die Beklagte hat ein uneingeschränktes und gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbares Auswahlermessen hinsichtlich der Frage, welche Leistungen im Einzelfall konkret zu erbringen sind. Sie wird nunmehr unter Beachtung des § 97 Abs. 2 SGB III zunächst den Rehabilitationsbedarf und das Rehabilitationsziel ermitteln und danach die einzelnen Förderungsleistungen bestimmen. Über die Klärung der zwischen den Beteiligten streitigen Anspruchsvoraussetzungen kann der Senat deshalb durch Grundurteil entscheiden.

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8. Die Kostenentscheidung beruht auf Anwendung des § 193 SGG.

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Gesetzliche Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.