Verwaltungsgericht Osnabrück
Beschl. v. 01.10.2003, Az.: 3 C 5/03
Rechtsnatur einer Streitigkeit über einen Anspruch auf Aufnahme in eine Bildungseinrichtung eines kirchlichen Trägers; Pflicht zur Ausschöpfung von Ausbildungskapazitäten bei staatlichen Hochschulen und bei Hochschulen in kirchlicher Trägerschaft; Anspruch auf Leistungen einer Religionsgesellschaft
Bibliographie
- Gericht
- VG Osnabrück
- Datum
- 01.10.2003
- Aktenzeichen
- 3 C 5/03
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 30087
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGOSNAB:2003:1001.3C5.03.0A
Rechtsgrundlagen
- Art. 140 GG
- Art. 137 Abs. 3 WRV
- Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG
Fundstellen
- NVwZ-RR 2004, 261-262 (Volltext mit red. LS)
- WissR 2004, 280
Verfahrensgegenstand
Zulassung zum Studium WS 03/04 (Sozialwesen)
Prozessführer
Frau A.
Rechtsanwältin Elke Giesen, Im Hohn 9, 53177 Bonn
Prozessgegner
Katholische Fachhochschule Norddeutschland, - Die Kuratorin -, Detmarstraße 2-8, 49074 Osnabrück
In der Verwaltungsrechtssache
hat das Verwaltungsgericht Osnabrück - 3. Kammer -
am 1. Oktober 2003
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 4.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
Der von der Antragstellerin verfolgte Anspruch, in eine Bildungseinrichtung eines kirchlichen Trägers aufgenommen zu werden, wird teils dem öffentlichen Recht (VGH Mannheim, B. v. 25.07.1980 - NC 9 S 1217/80 -, WissR 1983, Beiheft 8, S. 149 = DÖV 1981, 65; OVG Münster, B. v. 01.07.1982 -13 B 443/83 -, a.a.O. S. 154;), teils dem privaten Recht (VG Hannover, B. v. 11.07.2001 - 6 A 2545/01 -) zugeordnet. Die Kammer lässt offen, ob ihr mit Beschluss vom 24.09.1999 - 3 B 41/99 - vertretener Rechtsstandpunkt, die Antragsgegnerin entscheide als staatlich anerkannte Fachhochschule über die Zulassung zum Studium kraft öffentlich-rechtlicher Kompetenz, aufrechterhalten werden kann. Denn darauf kommt es für die Entscheidung nicht an. Wäre der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten nicht gegeben, so wäre der Antrag als unzulässig abzulehnen. Für eine Verweisung an das örtlich und sachlich zuständige Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit wäre im Eilverfahren kein Raum (Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 41 RN 2a, m.w.N.; str.). Beschreitet die Antragstellerin zulässiger Weise den Verwaltungsrechtsweg, so muss der Antrag aus den folgenden Gründen in der Sache erfolglos bleiben:
Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.
Soweit landesrechtliche Rechtsvorschriften die Zulassung zum Studium regeln, begründen sie keinen Anspruch auf Zulassung zum Studium an einer kirchlichen Hochschule. Weder das Niedersächsische Hochschulgesetz i.d.F. des Gesetzes zur Hochschulreform in Niedersachsen v. 24.06.2002 (Nds. GVBl. 286) noch der Staatsvertragüber die Vergabe von Studienplätzen vom 24.06.1999 (Nds. GVBl. 2000, S. 10) noch das Niedersächsische Hochschulzulassungsgesetz vom 29.01.1998 (Nds. GVBl. S. 51) regeln die Zulassung zum Studium bei der Antragsgegnerin. Das Hochschulzulassungsgesetz regelt, ergänzt durch die Verordnung über die Vergabe von Studienplätzen durch die Hochschulen vom 11.10.2000 (Nds. GVBl. S. 3) - zuletzt geändert durch Verordnung vom 29.08.2002 (,Nds. GVBl. S. 374) -, die Studienplatzvergabe durch die niedersächsischen staatlichen Hochschulen und durch hochschulübergreifende landesweite Verteilungsverfahren und damit nicht die Zulassung durch die Antragsgegnerin. Der Staatsvertrag hat die zentrale Vergabe von Studienplätzen durch die zentrale Vergabestelle in Dortmund zum Gegenstand und eröffnet die Möglichkeit, staatlich anerkannte Hochschulen auf Antrag des Landes mit Zustimmung des Trägers in das Verfahren der Zentralstelle einzubeziehen (Art. 19 Staatsvertrag). Letzteres ist in Bezug auf die Antragsgegnerin jedoch nicht erfolgt. Diese bestimmt vielmehr autonom über das Zulassungsverfahren. Ob sie insoweit überhaupt Adressat des Teilhaberechts aus Art. 12 GG sein kann, das mit Blickrichtung auf die vom Staat geschaffenen Ausbildungseinrichtungen Eingang in die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, U. v. 18.07.1972 - 1 BvL 32/70 und 25/71 -, BVerfGE 33, 303) gefunden hat, erscheint zweifelhaft (vgl. dazu OVG Münster und VGH Mannheim a.a.O.). Jedenfalls hat sie als Einrichtung der Katholischen Kirche Teil an deren verfassungsrechtlich garantierter Autonomie (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV) und ist deshalb nicht verpflichtet, nach dem Maßstab des für staatliche Hochschulen geltenden Rechts Ausbildungskapazität zur Verfügung zu stellen. Indem sie Nachwuchskräften für soziale Berufe eine an der Lehre der katholischen Kirche orientierte Ausbildung vermittelt (Art. II Abs. 1 der Stiftungsurkunde), nimmt sie eine innerkirchliche Aufgabe war, die von der Religionsgesellschaft innerhalb der für alle geltenden Gesetze selbstständig geordnet und verwaltet wird (Art. 137 Abs. 3 WRV). Wie bereits dargestellt, handelt es sich bei den landesrechtlichen Bestimmungen über die Kapazitätsermittlung und die Vergabe von Studienplätzen nicht um "für alle geltende Gesetze". Das vom Bundesverfassungsgericht aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz und dem Sozialstaatsprinzip abgeleitete Recht auf Teilhabe an staatlichen Leistungen vermittelt keinen inhaltsgleichen Anspruch auf Leistungen einer Religionsgesellschaft, deren an der kirchlichen Lehre ausgerichtete Bildungsarbeit den Schutz des Art. 140 GG genießt. Dieser Schutzbereich ist von den staatlichen Gerichten zu respektieren und unterwirft das Handeln der kirchlichen Einrichtung in Bezug auf die Ausschöpfung des Ausbildungsangebots nur dem Maßstab des verfassungsrechtlichen Willkürverbots (OVG Münster, a.a.O.). Eine hieran zu messende Rechtsverletzung hat die Antragstellerin nicht vorgetragen, geschweige denn glaubhaft gemacht. Sie stützt ihr Begehren ausschließlich auf die für staatliche Hochschulen geltenden, das Gebot der Kapazitätserschöpfung konkretisierenden Bestimmungen, die als rechtlicher Prüfungsmaßstab nicht zur Verfügung stehen. Die von der Antragsgegnerin vorgelegten Zulassungsrichtlinien sind eingehalten worden. Dem Vortrag der Antragstellerin ist Gegenteiliges jedenfalls nicht im Ansatz zu entnehmen. Die Richtlinien selbst stoßen auf keine rechtlichen Bedenken. Sie sehen in Fällen, in denen die Zahl der geeigneten Bewerber die Zahl der zur Verfügung stehenden Studienplätzeübersteigt, ein im Wesentlichen nach abstrakten und objektiv überprüfbaren Kriterien geordnetes Auswahlverfahren vor, durch welches eine Rangreihe unter den Bewerberinnen und Bewerbern ermittelt wird. Die Kriterien selbst widersprechen nicht dem Willkürverbot. Nach Nr. (1) a) der Richtlinien über die Zulassung zum Studium im Fachbereich Sozialwesen an der Katholischen Fachhochschule Norddeutschland vom 23.02.1995 ermöglicht die für den Zugang zu Hochschulen in staatlicher Verantwortung vorausgesetzte Qualifikation den Zugang zur Antragsgegnerin. Hieran anknüpfend behält sich die Antragsgegnerin vor, bis zu 10 % der zur Verfügung stehenden Studienplätze an Bewerberinnen und Bewerber zu vergeben, die ihre Zugangsberechtigung durch einen qualifiziert abgeschlossenen Bildungsgang zur staatlich anerkannten Erzieherin oder zum staatlich anerkannten Erzieher oder einer anderen vom Fachministerium als gleichwertig festgestellten qualifiziert abgeschlossenen Vorbildung nachweisen. Dies ist rechtlich eben so wenig zu beanstanden, wie es die weiteren Auswahlkriterien sind, nämlich der Notendurchschnitt des zum Studium berechtigenden Abschlusszeugnisses - Nr. (1) b) der Richtlinien -, ein bestimmten Anforderungen genügendes soziales Engagement und soziale Härtefälle - Nr. (1) c) der Richtlinien - und weitere soziale Gesichtspunkte wie etwa eine Behinderung, die Erfüllung bestimmter Auflagen bei einer zweiten Bewerbung oder der Erwerb einer fachgebundenen Hochschulzugangsberechtigung nach einer beruflichen Vorbildung - Nr. (1) c) der Richtlinien -.
Unter Berücksichtigung dieser Kriterien ist die Antragstellerin nicht in die nach Nr. (2) der Richtlinien durchzuführende engere Auswahl gekommen, wonach die Bewerberinnen und Bewerber mit einer nach den Kriterien zu Nr. (1) der Richtlinien erzielten Endnote in eine Rangfolge gebracht werden, die nur doppelt so viel Kandidatinnen und Kandidaten umfasst, wie jeweils Studienplätze an den beiden Abteilungen der Antragsgegnerin in Vechta und Osnabrück zur Verfügung stehen. Es sind keine Umstände erkennbar, die auf eine fehlerhafte Anwendung der Richtlinien durch die Antragstellerin hindeuteten. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. [...].
Streitwertbeschluss:
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 4.000,00 EUR festgesetzt.
[D]ie Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.
Specht
Meyer