Sozialgericht Hannover
Urt. v. 11.01.2017, Az.: S 14 R 171/15

Bibliographie

Gericht
SG Hannover
Datum
11.01.2017
Aktenzeichen
S 14 R 171/15
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2017, 15639
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:SGHANNO:2017:0111.S14R171.15.0A

Tenor:

  1. 1.

    Die Klage wird abgewiesen.

  2. 2.

    Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Der am G. geborene Kläger begehrt eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte. Streitig ist die Berücksichtigung einer Pflichtbeitragszeit wegen Arbeitslosigkeit von November 2012 bis August 2014. Der Kläger meldete laut Bescheinigung der Gemeinde H. zum 15. August 2009 ein Gewerbe (z. B. Beratung im Gesundheitswesen) an, das laut Bescheinigung der Gemeinde H. zum 13. November 2012 aufgegeben wurde. Mit Antrag vom 11. September 2014 beantragte der Kläger Altersrente für besonders langjährig Versicherte zum 1. Dezember 2014. Der Antrag wurde mit Bescheid vom 15. Oktober 2014 abgelehnt, weil die Mindestversicherungszeiten für diese Rente nicht erfüllt seien. Als Mindestversicherungszeit (Wartezeit) seien 540 Kalendermonate erforderlich. Bei einem Rentenbeginn zum 1. Dezember 2014 seien statt der erforderlichen 540 Kalendermonate nur 528 Kalendermonate Wartezeit erfüllt. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 5. November 2014 Widerspruch ein. Er vertrat die Auffassung, dass Zeiten des Bezuges von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung von November 2012 bis August 2014, die mit Pflichtbeiträgen belegt seien, Berücksichtigung finden müssten. Ein anderes Ergebnis sei nicht verfassungsgemäß, da es gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Grundgesetz (GG)) verstoße. Weiter sei die Zeit zu berücksichtigen, weil der Leistungsbezug beim Kläger durch die Betriebsaufgabe seines vorherigen Betriebes eingetreten sei, so dass eine vollständige Geschäftsaufgabe im Sinne von § 51 Abs. 3aE SGB VI vorläge. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 3. Februar 2015 zurückgewiesen. Die selbständige Tätigkeit des Klägers sei im Oktober 2012 aufgegeben worden und seit dem 4. November 2012 habe der Kläger Entgeltersatzleistungen wegen Arbeitslosigkeit bezogen. Die Beendigung der bisherigen Tätigkeit beruhe nicht auf einer Kündigung eines Beschäftigungsverhältnisses, das infolge einer Insolvenz oder Geschäftsaufgabe aufgehoben worden sei. Die Ausnahmeregelung des § 51 SGB VI sähe eine Gleichstellung von selbständig Tätigen, die ihre Tätigkeit vollständig aufgegeben hätten, mit Arbeitnehmern nicht vor. Die Rentenversicherung sehe sich an Recht und Gesetz gemäß Art. 20 Abs. 3 GG gebunden. Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 25. Februar 2015 Klage erhoben. Die Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung würden beim Kläger auf der Geschäftsaufgabe des eigenen Betriebes beruhen. Dies sei einer vollständigen Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers gleichzustellen. Die Vorschrift sei analog anwendbar. Bei einer fehlenden Anwendung der Vorschrift läge ein Verstoß gegen Art. 3 GG vor. Dem Kläger sei zudem mitgeteilt worden, dass die Zeiten mit zu berücksichtigen seien. Nach Auffassung des Klägers seien auch Zeiten des Bezuges von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung im November 2012 bis August 2014 mit zu berücksichtigen. Da bereits der wissenschaftliche Dienst des Bundestages von einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung von insolvenzbedingt arbeitslos gewordenen und anderen unfreiwillig arbeitslos gewordenen Leistungsbeziehern ausgegangen sei, sei hier das Gesetz eng an seinem Wortlaut auszulegen. Das Gesetz unterscheide nicht zwischen abhängig Beschäftigten, die durch vollständige Geschäftsaufgabe in den Bezug von Leistungen der Arbeitsförderung gelangt seien und Selbständigen. Entsprechend sei die Zeit der Entgeltersatzleistung auf die Wartezeit anzurechnen. Der Kläger wies darauf hin, dass der Ausschluss von Zeiten des Bezuges von Arbeitslosengeld erfolgt sei zur Vermeidung von Fehlanreizen, insbesondere von Frühverrentungsmaßnahmen. Ausnahmsweise seien die Zeiten jedoch zu berücksichtigen, wenn sie auf einer Insolvenz oder Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers beruhen würden. Dies müsse auch hier erfolgen, wenn bei einer vorherigen selbständigen Tätigkeit eine unfreiwillige Arbeitslosigkeit eingetreten sei. Nach dem Gesetzeswortlaut falle der Arbeitgeber des Klägers auch dann weg, wenn er sein eigenes Geschäft aufgegeben habe. So sei der Kläger von Sachbearbeitern der Beklagten informiert worden. Weiter sei die Ausnahmeregelung des § 51 Abs. 3 a Satz 1 Nr. 3 SGB VI analog auf weitere Fälle des unverschuldeten Ausscheidens aus dem Betrieb anzuwenden. Dies müsse auch für einen Selbständigen gelten, der zur Vermeidung einer Insolvenz den Betrieb aufgibt, wie dies hier geschehen sei. Eine missbräuchliche Inanspruchnahme könne dem Kläger nicht unterstellt werden, weil er im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe nichts von der Norm gewusst habe. Der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages habe verfassungsrechtliche Bedenken geäußert, weil noch weitere Fälle unfreiwilliger Arbeitslosigkeit vorliegen könnten. Der gesetzgeberische Zweck der Vermeidung von Fehlanreizen hätte beim Kläger nicht greifen können, weil er zur Zeit der gesetzlichen Regelung bereits arbeitslos gewesen sei.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

  1. 1.

    den Bescheid der Beklagten vom 15. Oktober 2014 sowie den Bescheid vom 28. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 2015 aufzuheben,

  2. 2.

    die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab August 2014 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte weist darauf hin, dass die Zeit vom 1. Dezember 2012 bis zum 30. November 2014 mit Entgeltersatzleistungen nach dem Recht der Arbeitsförderung bei der Wartezeit nicht berücksichtigt werden könne. Dem Kläger sei zwischenzeitlich mit Bescheid vom 28. November 2014 Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab dem 1. Dezember 2014 unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 0,925 gewährt worden. Ein Zugangsfaktor von 1,0 sei abzulehnen. Streitgegenstand seien die Bescheide vom 15. Oktober 2014 und vom 28. November 2014, da gemäß § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI nach der bindenden Bewilligung der Altersrente ein Wechsel in eine andere Altersrente ausgeschlossen sei. Die Voraussetzungen von § 236 b SGB VI seien nicht erfüllt. Zwar sei das 63. Lebensjahr vollendet, jedoch sei die Wartezeit von 45 Jahren (540 Kalendermonaten) nicht erfüllt gemäß § 50 Abs. 5 SGB VI. Die auf die Wartezeit anrechenbaren Zeiten seien in § 51 Abs. 3 a Nr. 3, 2. Halbsatz SGB VI geregelt. Auf die Wartezeit werden danach auch Kalendermonate mit Zeiten des Bezuges von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung angerechnet, soweit sie Pflichtbeitragszeiten oder Anrechnungszeiten sind. Hiervon formuliert der folgende Satz 2 eine Ausnahme dergestalt, dass diese Zeiten nicht berücksichtigt würden in den letzten 2 Jahren vor Rentenbeginn, es sei denn der Bezug der Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung beruhe auf einer Insolvenz oder vollständigen Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers (§ 51 Abs. 3 a Satz 1 Nr. 3, 2. HS). Mit § 236 b SGB VI wurde mit Wirkung vom 1. Juli 2014 eine befristete Sonderregelung für die vor dem 1. Januar 1964 geborenen Versicherten geschaffen, soweit sie vor dem 1. Januar 1953 geboren sind. Für die Geburtsjahrgänge 1953 bis 1963 erhöhe sich die Altersgrenze stufenweise auf 65 Jahre. Auf die Wartezeit von 45 Jahren seien Pflichtbeitragszeiten und Anrechnungszeiten wegen des Bezuges von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung anrechenbar. Nach der ursprünglichen Gesetzesfassung vom 1. Januar 2012 seien nur Pflichtbeitragszeiten anrechenbar gewesen. Die hier umstrittene Regelung sei mit Wirkung vom 1. Juli 2014 durch eine erhebliche Erweiterung der anzurechnenden Zeiten geändert worden. Nach der Gesetzesbegründung sollten dadurch Härten kurzzeitig unterbrochener Erwerbsbiografien infolge von Arbeitslosigkeit vermieden werden. Der Ausschluss von Zeiten des Bezuges von Arbeitslosengeld in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn sei erst mit der Schlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales in die Norm gekommen. Dadurch hätten Fehlanreize vermieden werden sollen, während die ursprüngliche Gesetzesbegründung noch davon ausgegangen sei, dass eine Zunahme älterer Leistungsbeziehern von Arbeitslosengeld nicht zu erwarten sei. Zur Vermeidung von Härtefällen seien jedoch Zeiten des Arbeitslosengeldbezuges infolge einer Insolvenz oder vollständigen Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers aufgenommen worden. Streitig beim Kläger sei die Zeit vom 1. Dezember 2012 bis zum 13. November 2014 (24 Kalendermonate) des Bezuges von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung. Nach dem Gesetzeswortlaut könne keine Anrechnung erfolgen, weil es an einer Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers fehle. Ein selbständig Tätiger falle nicht unter den Gesetzeswortlaut. Eine analoge Anwendung auf Fälle, in denen ein Selbständiger gezwungen gewesen sei, sein Gewerbe abzumelden, scheide aus, weil der Gesetzgeber nicht die Fälle des unverschuldeten Ausscheidens aus dem Erwerbsleben erfasst habe. Es sollten ausdrücklich nur bestimmte Härtefälle erfasst werden und zwar Fälle, in denen einem Arbeitnehmer nachweisbar jede Steuerungsmöglichkeit über das Bestehen des Beschäftigungsverhältnisses genommen worden sei. Dies ergäbe sich aus der Gesetzesbegründung. Die geregelten Ausnahmefälle würden belegen, dass für die Arbeitslosigkeit allein Gründe maßgeblich seien, die frei von missbräuchlichen Absichten sein könnten. Dem gegenüber träfe der Selbständige die Entscheidung über die Aufgabe seines Betriebs selbst. Ihm seien nicht alle Steuerungsmöglichkeiten genommen. Der Entscheidungsfindung lagen neben den Gerichtsakten die Verwaltungsakten der Beklagten zugrunde. Auf deren Inhalt wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil beide Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Gemäß § 124 Abs. 2 SGG kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden mit Einverständnis der Beteiligten. Die Bescheide vom 15. Oktober 2014 und 28. November 2014 sind rechtmäßig. Gemäß § 236 b Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, frühestens Anspruch auf eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte, wenn sie das 63. Lebensjahr vollendet haben und die Wartezeit von 45 Jahren erfüllt haben. Der Kläger hat das 63. Lebensjahr mit einem Alter im Zeitpunkt der Rentenantragstellung von 63. Jahren überschritten. Jedoch ist die Wartezeit von 45 Jahren nicht erfüllt. Gemäß § 50 Abs. 5 SGB VI ist die Erfüllung der Wartezeit von 45 Jahren Voraussetzung für einen Anspruch auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte. Anrechenbare Zeiten sind gemäß § 51 Abs. 3 a SGB VI Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit, Berücksichtigungszeiten sowie Zeiten des Bezuges von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung sowie Leistungen bei Krankheit und Übergangsgeld, soweit sie Pflichtbeitragszeiten oder Anrechnungszeiten sind. Jedoch werden nach dem letzten Halbsatz Zeiten des Bezuges von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung in den letzten 2 Jahren vor Rentenbeginn nicht berücksichtigt. Hiervon wiederum sind ausgenommen Zeiten des Bezuges von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung, die infolge einer Insolvenz oder vollständigen Geschäftsaufgabe des Arbeitsgebers bedingt sind. Als Selbständiger, der einen eigenen Betrieb aufgegeben hat, fällt der Kläger nicht unter den Tatbestand der Ausnahmeregelung des § 51 Abs. 3 a Satz 1 Nr. 3 a letzter Halbsatz SGB VI (I.). Die Voraussetzungen einer analogen Anwendung dieser Vorschrift auf den Kläger liegen nicht vor (II.). Die Norm erweist sich auch nicht als verfassungswidrig (III.).

I. Gemäß § 236 b Abs. 1 SGB VI haben Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind (der Kläger wurde am G. geboren), frühestens Anspruch auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte, wenn sie das 63. Lebensjahr vollendet und die Wartezeit von 45 Jahren erfüllt haben. Im Zeitpunkt des beabsichtigten Rentenbeginns (1. Dezember 2014 oder 1. August 2014) hatte der Kläger das 63. Lebensjahr vollendet. Die Wartezeit von 45 Jahren wurde vom Kläger jedoch nicht erfüllt. Gemäß § 50 Abs. 5 SGB VI ist die Erfüllung der Wartezeit von 45 Jahren Voraussetzung für einen Anspruch auf eine Rente für besonders langjährig Versicherte. Auf die Wartezeit von 45 Jahren sind gemäß § 51 Abs. 3 a SGB VI Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit, Berücksichtigungszeiten, Zeiten des Bezuges von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung, Leistungen bei Krankheit und Übergangsgeld anrechenbar, soweit sie Pflichtbeitragszeiten oder Anrechnungszeiten sind. Dabei werden Zeiten der Entgeltersatzleistung der Arbeitsförderung in den letzten 2 Jahren vor Rentenbeginn nicht berücksichtigt. Von dieser Regel formuliert der letzte Halbsatz eine Ausnahme. Zeiten der Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung werden berücksichtigt ("es sei denn"), wenn der Bezug von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung durch eine Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitsgebers bedingt ist. Mit dem Tatbestandsmerkmal "Arbeitgebers" nimmt das Gesetz Bezug auf den arbeitsrechtlichen Begriff des Arbeitsverhältnisses, wie er z. B. in § 2 Abs. 1 Nr. 3 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) näher bestimmt ist. Der Arbeitsvertrag ist ein gegenseitiger Austauschvertrag. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers stehen sich als Hauptpflichten die Pflicht des Arbeitnehmers zur Arbeitsleistung und die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Vergütungszahlung aus § 611 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) folgend gegenüber (Schaub, Arbeitsrechthandbuch, 16. Auflage München 2015, § 29 RdNr. 8 f). Eine derartige synallagmatische Dienstleistungspflicht mit einer entsprechenden Vergütungspflicht eines Arbeitgebers ist vorliegend nicht feststellbar. Vielmehr erbrachte der Kläger in einer selbständigen Tätigkeit Dienstleistungen gemäß § 611 BGB außerhalb eines Arbeitsverhältnisses. Auf die Wartezeit sind somit 482 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit (inklusive Bundeswehr), 10 Kalendermonate Zeiten der Entgeltersatzleistung der Arbeitsförderung, 1 Kalendermonat Anrechnungszeit wegen Krankheit sowie 35 Kalendermonate mit freiwilligen Beiträgen gemäß § 51 Abs. 3 a Nr. 4 SGB VI anrechenbar. Die 24 Kalendermonate Pflichtbeitragszeit AFG vom 1. Dezember 2012 bis zum 13. November 2014 finden (s. o.) keine Berücksichtigung, da Zeiten der Entgeltersatzleistung der Arbeitsförderung in den letzten 2 Jahren vor Rentenbeginn nicht berücksichtigt werden.

II. Ein Analogieschluss von § 51 Abs. 3 a letzter Halbsatz SGB VI auf den Lebenssachverhalt des Klägers scheidet aus. Rechtsdogmatische Voraussetzung eines Analogieschlusses ist einerseits eine planwidrige Unvollständigkeit der gesetzlichen Regelung (Karl Engisch, Einführung in das juristische Denken, 8. Auflage, Stuttgart 1983, Seite 141) sowie eine Vergleichbarkeit der Lebenssachverhalte (Engisch a.a.O. Seite 147). An beiden Voraussetzungen scheitert es vorliegend. Eine planwidrige Regelungslücke kann nur dann vorliegen, wenn die Geschäftsaufgabe selbständig Tätiger im Gesetz nicht bedacht wurde und zugleich der gesetzgeberische Plan nach generellabstrakten Grundsätzen Zeiten des Bezuges von Leistungen der Arbeitsförderung der letzten 2 Jahren Rentenbeginn auszuschließen und hiervon wiederum eine Ausnahme für Personen zu schaffen, die nach generell-abstrakten Kriterien in die Arbeitslosigkeit geraten sind zu eröffnen nicht unterlaufen wird. Es kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob die Regelungssachverhalte vergleichbar sind. Denn jedenfalls liegt keine planwidrige Regelungslücke vor. Der gesetzgeberische Plan war ursprünglich, ausschließlich Pflichtbeitragszeiten auf die Wartezeit anzurechnen. Mit Entwurf vom 1. Juli 2014 wurden auch Zeiten der Arbeitslosigkeit als anrechenbar berücksichtigt, um Härten bei einer kurzzeitig unterbrochenen Erwerbsbiografie infolge Arbeitslosigkeit zu vermeiden (Bundestagsdrucksache 18/1489, Seite 8). Nach Anhörung der Sachverständigen wurde § 51 Abs. 3 a SGB VI in die bestehende Fassung geändert. Es sollten Fehlanreize vermieden werden, die sich aus der Anrechnung von Zeiten des Bezuges von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung auf die Wartezeit von 45 Jahren bei der Altersrente für besonders langjährig Versicherte ergeben könnten. Deshalb sollten Zeiten des Bezuges von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung dann nicht berücksichtigt werden, wenn sie in den letzten 2 Jahren vor Rentenbeginn liegen. Zum Ausschluss besonderer Härtefälle sollten die letzten 2 Jahre vor Rentenbeginn dann berücksichtigt werden, wenn sie durch eine Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers bedingt seien (Bundestagsdrucksache 18/1489, Seite 26). In der Bundestagsdrucksache 18/2186 hat die Bundesregierung zudem deutlich gemacht, dass nur einem eng begrenzten Personenkreis der Vorzug der Altersrente für besonders langjährig Versicherte zu Gute kommen sollte (Bundestagsdrucksache 18/2186, Seite 7 ff.). Dieser gesetzgeberische Plan darf keinesfalls im Wege eines Analogieschlusses aufgeweicht werden.

III. Die Norm ist auch nicht verfassungswidrig. 1. Ein Verstoß gegen § 14 Grundgesetz (GG) liegt nicht vor. Der beitragsgetragene Rentenanspruch wird durch die gesetzliche Regelung weder der Höhe nach noch der Art nach entwertet. Der Rentenanspruch als Versicherungsleistung ist vom Eintritt eines Versicherungsfalls (Leistungsfall) abhängig. Der Ausschluss von einem privilegierten Zugang zum Rentenanspruch berührt grundsätzlich nicht den Rentenanspruch selber. Die Eigentumsgewährleistung in Art. 14 GG wird durch die Norm nicht berührt. 2. a) Durch das Gesetz ist auch nicht Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Danach sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (BVerfGE 88, 87 (97 ff)). Die Probleme beginnen hier bereits mit der Vergleichsgruppenbildung. Soweit der Kläger eine Ungleichbehandlung zwischen seiner Person mit dem Status des Selbständigen in Relation zu Arbeitnehmern rügt, bei denen der Bezug von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung in den letzten 2 Jahren vor Rentenbeginn dann berücksichtigt wird, wenn dieser Leistungsbezug auf einer Insolvenz oder vollständigen Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers beruht, liegen die Probleme einerseits darin, dass die Vergleichsgruppe nicht mit dem Kläger vergleichbar ist und 2. in die Vergleichsprüfung auch die Arbeitnehmer einzubeziehen wären, die nicht infolge von Insolvenz bzw. vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers unfreiwillig in den Bezug von Leistungen der Arbeitsförderung gelangt sind. Der Gesetzgeber hat den privilegierten Zugang zur vorzeitigen Altersrente für besonders langjährig Versicherte auch bei Arbeitnehmern davon abhängig gemacht, dass die Ursache der Arbeitslosigkeit sowohl ständig der Sphäre des Arbeitnehmers entzogen war wie auch weitgehend der Sphäre des Arbeitgebers entzogen war. Dadurch sollte sichergestellt werden, dass keinerlei Fehlanreize sowohl auf Arbeitnehmer wie auf Arbeitgeberseite bestehen. Die Insolvenz ist vollständig der Sphäre des Arbeitgebers entzogen. Mit dem Tatbestandsmerkmal "vollständige" hat der Gesetzgeber zudem deutlich gemacht, dass der gesamte Geschäftsbetrieb des Arbeitgebers eingestellt werden muss. Auch in diesem Fall konnte der Gesetzgeber davon ausgehen, dass ein Missbrauch der gesetzlichen Regelung weitgehend ausgeschlossen ist. Auch in diesen Fällen sollten vollständig abstrakt-generelle Regelungen geschaffen werden, die einer konkreten Gestaltung im Einzelfall nicht zugänglich sind. Damit ist der vorliegende Sachverhalt nicht vergleichbar. Denn der Einstellung des Geschäftsbetriebes ist eine allein in der Sphäre des Klägers liegende Entscheidung, von der Dritte in Gestalt von Arbeitnehmern nicht betroffen sind. Anders als in den gesetzlich geregelten Fällen ist unabhängig von der konkreten Situation im Einzelfall eine missbräuchliche Inanspruchnahme nicht von vornherein ausgeschlossen. Da der Gesetzgeber jedoch zur Vermeidung von Härten ausschließlich die Fälle ausgewählt hat, in denen Arbeitnehmer durch Entscheidungen Dritter (Arbeitgeber, Insolvenzverwalter) arbeitslos geworden sind, handelt es sich vorliegend allein um eine unternehmerische Entscheidung des Klägers, die die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat. Diese kann im Einzelfall nicht überprüft werden, so dass sowohl die Beklagte wie auch der Gesetzgeber sich auf die abstrakte Regelung des Gesetzes zurückziehen konnten. b) Dieses Ergebnis ergibt sich weiter aus der oben skizzierten Vergleichsgruppenwahl. Denn der Kläger wird gleichgestellt mit Arbeitnehmern, die aufgrund einer Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ohne Eintritt der privilegierenden Voraussetzungen des § 51 Abs. 3 a letzter Halbsatz SGB VI arbeitslos geworden sind. Auch dieser Personengruppe ist ein privilegierter Zugang verwehrt. In Relation hierzu würde die Eröffnung des privilegierten Zugangs für den Kläger eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung darstellen. Denn auch diese Personen sind durch Verhalten Dritter arbeitslos geworden. Das Gericht folgt nicht dem Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages vom 3. Juli 2014. Dieses Gutachten genügt nicht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Diese wurde in dem Aufsatz von Huster/Kießling zutreffend aufgearbeitet und auf das Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes angewandt (ZRP 14, 171 ff). Zutreffend wird die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts insoweit aufgenommen, als festgestellt wurde, dass das Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis dem Grunde nach kein personenbezogenes Merkmal ist. Soweit es wie ein personenbezogenes Merkmal behandelt werden soll, wären hierfür nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts jedoch strenge Voraussetzungen im Bereich der Sozialleistungstätigkeit erforderlich. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat der Gesetzgeber bei der gewährenden Staatstätigkeit weitgehende Freiheit darüber zu entscheiden, welche Personen oder Unternehmen durch finanzielle Zuwendungen des Staates gefördert werden sollen (BVerfGE 122, 1 (23)). In diesen Fällen darf der Gesetzgeber seine Leistungen nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten verteilen. Sachbezogene Gesichtspunkte stehen ihm in weitem Umfang zu Gebote, solange die Regelung sich nicht auf eine der Lebenserfahrung geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Lebenssachverhalte stützt (BVerfGE a.a.O.). Kirchhoff in Maunz-Dürig, Grundgesetz, 5. Auflage 2016 Artikel 3 RdNr. 322 skizziert die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zutreffend dergestalt nach, dass aus Art. 3 Abs. 1 GG grundsätzlich kein Anspruch auf Zahlungen aus dem Staatshaushalt besteht. Vielmehr entscheide der Gesetzgeber bei der gewährenden Staatstätigkeit, welche Personen oder Unternehmen finanzielle Zuwendungen erhalten sollen. Der Gleichheitssatz verbiete nur die Verteilung von Leistungen nach unsachlichen Gesichtspunkten. Dieser wissenschaftlichen Meinung ist zuzustimmen. Denn grundsätzlich ist im demokratischen Staat allein der Gesetzgeber berechtigt, den Umfang von Sozialleistungen oder anderen gewährenden Leistungen zu bestimmen, da diese Leistungen immer korrespondierend mit Steuerbelastungen anderer Personen verbunden sind. Im Bereich der Sozialverwaltung kommen Beitragsbelastungen hinzu. Einschränkungen ergeben sich bei beitragsgetragenen Leistungen aus Art. 14 GG, dann wenn in der gewährenden Staatsverwaltung diese Rechte entwertet werden, was vorliegend (s. o.) nicht der Fall ist. Darüber hinaus ergeben sich Einschränkungen aus Art. 1 GG im Rahmen der Grundsicherung, die hier ebenfalls nicht einschlägig ist. Darüber hinaus bestimmt jedoch ausschließlich der Gesetzgeber den Kreis der Personen, die von Sozialleistungen begünstigt seien können. Soweit der Gesetzgeber aufgrund der Anhörung des Bundestages zum generellen Ausschluss von Fehlanreizen sich gezwungen gesehen hat, die letzten 2 Jahre des Bezuges von Entgeltersatzleistungen wegen Arbeitsförderung bei der Wartezeitberechnung nicht zu berücksichtigen, war diese Erwägung von einem sachlichen Grund getragen. Denn der Gesetzgeber hat auch vor dem Hintergrund historischer Erfahrungen durch Frühverrentungswellen in den 1980er- und 1990er-Jahren die Notwendigkeit gesehen, abstrakte, nicht vom Einzelfall abhängige Grenzen bei der Berücksichtigung des Bezuges von Entgeltersatzleistungen wegen Arbeitslosigkeit zu ziehen. Soweit hiervon für bestimmte Personengruppen eine Ausnahme geschaffen werden sollte, erfordert die gesetzliche Konstruktion als Ausnahmevorschrift eine strenge Wortlautinterpretation. Sowohl nach der gesetzgeberischen Konstruktion, die von sachlichen Erwägungen getragen war, wie auch normsystematisch ist eine streng zurückhaltende Auslegung geboten, die nicht gegen Verfassungsrecht verstößt. Die vom wissenschaftlichen Dienst vorgenommene Verhältnismäßigkeitsprüfung ist im Bereich der Leistungsverwaltung in der Regel ungeeignet (Huster-Kiesling a.a.O. ZRP 2014 Seite 3, zitiert nach Beck online). Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.