Sozialgericht Hannover
Urt. v. 25.01.2017, Az.: S 35 KA 2/13
Bibliographie
- Gericht
- SG Hannover
- Datum
- 25.01.2017
- Aktenzeichen
- S 35 KA 2/13
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2017, 15641
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGHANNO:2017:0125.S35KA2.13.0A
Tenor:
- 1.
Die Klage wird abgewiesen.
- 2.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit von Honorarkürzungen wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise in den Quartalen II/09 bis III/08. Die Berufsausübungsgemeinschaft bestand vom 1. Oktober 2007 bis zum 30. September 2010. O. ist seit dem 1. Juli 2006 in Salzgitter niedergelassen und hat die Facharztanerkennung als Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurg (MKG-Chirurg). P. ist seit dem 2. Januar 2004 niedergelassen. Laut Protokoll der Beigeladenen zu 1. vom 25. November 2009 wurden vermittels Zufallsgenerator aus einer Gesamtanzahl von Praxen, die das Auswahlkriterium erfüllen (3.716) 81 Praxen ausgewählt, hierzu gehörte auch die Klägerin. Auf die Anhörung der Klägerin durch die Beklagte vom 26. Februar 2010 hin nahm diese am 4. März 2010 Stellung. Zum Teil wurde eine fehlerhafte Abrechnung z. B. durch das Nebeneinanderabrechnen der Gebührennummern Ä2253 und Ä2255 eingeräumt. Es stieß auf Unverständnis, dass die Klägerin erneut "zufällig" ausgewählt worden sei. In der Praxis seien in den Quartalen bis zu vier Zahnärzte (zwei MKG-Chirurgen, ein angestellter Zahnarzt und eine Zahnärztin) tätig gewesen. In der weiteren Stellungnahme wurden vielfach "Schreibfehler" eingeräumt und eine Änderung der abgerechneten Leistungen in andere Leistungen geltend gemacht. Nach Anforderung von präoperativen Röntgenaufnahmen der behandelnden Zahnärzte durch die Prüfungsstelle wurden von dieser am 3. Mai 2011 die Leistungen in den Quartalen II/09 bis III/08 in Höhe von 74.260,71 EUR gekürzt. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 31. Mai 2011 Widerspruch ein. Nach § 1 der Richtlinie der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung sei eine Prüfung zu unterlassen, wenn der Zahnarzt innerhalb eines zurückliegenden Zeitraumes von 2 Jahren seit dem Tag der Stichprobenziehung bereits einer Wirtschaftlichkeitsprüfung unterlegen habe. Die Klägerin sei in den Quartalen IV/07 bis II/08 bereits nach Durchschnittswerten geprüft worden. Die Stichprobenziehung habe spätestens am 10. Februar 2010 stattgefunden, weshalb ein Zeitraum von mindestens 2 Jahren nicht eingehalten worden sei. Weiter könne die Stichprobenziehung nach dem Verwaltungsakt nicht überprüft werden. Sie sei deshalb intransparent. Die Behandlungsunterlagen der Klägerin genügten den Anforderungen der §§ 295 Abs. 1 Nr. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 2 Bundesmantelvertrag-Zahnärzte (BMV-Z) an die vertragszahnärztliche Aufzeichnung. Die Anforderungen würden von der Prüfungsstelle deutlich überspannt. Dennoch hat der Beklagte mit Beschluss vom 5. Dezember 2012 dem Widerspruch nur teilweise stattgegeben (in Höhe von 14.368,86 EUR) und das Honorar der Klägerin um 59.891,85 EUR gekürzt. Prüfungsgrundlage sei die Vereinbarung über die Durchführung der Wirtschaftlichkeitsprüfung vom 15. Januar 2009 i.V.m. § 106 SGB V. Prüfungsmethode sei eine arzt- und versichertenbezogene Stichprobe als Zufälligkeitsprüfung gemäß § 6 Nr. 1 der Prüfungsvereinbarung. Es läge keine Einzelfallprüfung nach § 9 der Prüfungsvereinbarung vor.
Die Stichprobenziehung sei durch die Q. nach dem Zufälligkeitsprinzip erfolgt. 2 % aller abrechnenden Zahnärzte seien in die Stichprobenziehung einbezogen worden. Die Auswahl der Klägerin erfolgte durch den Auswahlausschuss gemäß § 8 Abs. 1 der Prüfvereinbarung nach Auffälligkeitskriterien gemäß § 8 Abs. 2 der Prüfvereinbarung. Es erfolgte ein Hinweis zur Dokumentationspflicht der Klägerin. Bei 21 Versicherten wurde die Abrechnung sachlich-rechnerisch berichtigt (647,59 EUR). Bei 128 Versicherten wurde die Wirtschaftlichkeit der Abrechnung laut Bescheid überprüft. Der Beklagte stellte bei diesen Personen eine unwirtschaftliche Abrechnung in Höhe von 15.798,47 EUR fest. Der unwirtschaftliche Mehraufwand wurde nahezu ausschließlich bei den Gebührennummern 04-PSI-Code, GOÄ 2255, Zy1, Ost1, Ost2 sowie Pla2 festgestellt. Die Erhebung von PSI-Codes als Screening-Untersuchung für Parodontalerkrankungen stehe in keinem sinnvollen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Überweisungsauftrag. Für die häufige Abrechnung der Gebührennummer GOÄ2255 waren weder röntgenologisch noch aus der Patientenkartei Erklärungen nachvollziehbar. Auch der Ansatz der Osteotomien war weder nach den Karteikarten noch röntgenologisch nachvollziehbar. Gleiches galt für den häufigen Ansatz der Zystektomien, die weder nach den Karteiunterlagen hinsichtlich des chirurgischen Mehraufwandes noch nach den Röntgenaufnahmen für den Beklagten nachvollziehbar waren. Hinsichtlich des unwirtschaftlichen Mehraufwandes (15.798,47 EUR) erfolgte eine Hochrechnung auf die unwirtschaftliche Gesamtleistung. In den Quartalen II/09 bis III/08 wurden insgesamt 2.399 Behandlungsfälle abgerechnet. Insgesamt seien 1.804 Versicherte behandelt worden. 20 % der Gesamtversicherten der Klägerin ergaben 361 Versicherte. Der unwirtschaftliche Mehraufwand (15.798,47 EUR) ergäbe hochgerechnet auf die Anzahl der Gesamtversicherten eine Summe von 1.804./. 361 = 5,00. Mit diesem Faktor wurde der unwirtschaftliche Mehraufwand multipliziert, woraus sich ein gesamtunwirtschaftlicher Mehraufwand von 78.992,35 EUR errechnete. Hiervon wurde ein Sicherheitsabschlag von 25 % (19.748,09 EUR) subtrahiert, woraus sich bei der Klägerin ein unwirtschaftlicher Mehraufwand in Höhe von 59.244,26 EUR errechnete. Hierzu war die Summe der sachlich-rechnerischen Berichtigungen (647,59 EUR) zu addieren, woraus sich der gesamte Kürzungsbetrag in Höhe von 59.891,85 EUR errechnete. Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 16. Januar 2013 Klage erhoben. Der Bescheid verstoße gegen § 6 Abs. 2 der Richtlinien der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen nach § 106 Abs. 2b SGB V zum Inhalt und zur Durchführung der Prüfungen nach § 106 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V (Zufälligkeitsprüfung). Danach habe eine Prüfung zu unterbleiben, wenn der Zahnarzt innerhalb eines Zeitraumes von 2 Jahren seit dem Tag der Stichprobenziehung einer Wirtschaftlichkeitsprüfung unterlägen hatte. Abzustellen sei auf die zu überprüfenden Abrechnungsquartale. Danach habe die Prüfung als Zufälligkeitsprüfung hier unterbleiben müssen. Nach § 6 Abs. 1 der Richtlinie umfassen Zufälligkeitsprüfungen einen Zeitraum von mindestens 1 Jahr. Der Prüfungszeitraum ende mit dem vorletzten Abrechnungsquartal, das dem Quartal der Stichprobenziehung vorausgehe. Unter dem Begriff "Zeitraum" in § 6 der Richtlinie sei ausschließlich der Prüfungszeitraum zu verstehen. Der Verwaltungsakt enthalte keine Hinweise über die Art und Weise sowie die Ergebnisse der zufälligen Ermittlung des Beklagten für die Durchführung der Wirtschaftlichkeitsprüfung. Das Auswahlverfahren sei intransparent. Darin läge ein Verstoß gegen § 35 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Anhand der vom Kläger eingereichten Behandlungsunterlagen habe sich die medizinische Notwendigkeit und Erforderlichkeit der Behandlungen zweifelsfrei ergeben. Der Begründung des Beklagten lasse sich eine hinreichende patientenindividuelle Begründung nicht entnehmen. Vielmehr sei die Begründung identisch. Aus der Begründung ließen sich nicht die im Rahmen der Prüfung und Ermessensausübung angestellten Überlegungen ersehen, was bei einer patientenbezogenen Einzelfallprüfung zwingend wäre. Der Beschluss genüge damit nicht dem Begründungserfordernis des § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Der Beschluss wurde mit Beschluss des Beklagten vom 10. August 2016 ersetzt. Der Beschluss blieb in den Verfügungssätzen unverändert. Jedoch wurde der Beschluss des Beschwerdeausschusses vom 5. Dezember 2012 aufgehoben und durch die nachstehende Entscheidung ersetzt. Der Beklagte übersandte ein Protokoll der Stichprobenziehung. Dagegen wandte die Klägerin ein, dass nicht erkennbar, welche natürliche oder juristische Person die Behandlungsverläufe ausgewählt habe bzw. die Vorprüfung durchgeführt habe. Die Beigeladene zu 1. wies darauf hin, dass von dem Beklagten 361 Behandlungsverläufe in die Prüfung einbezogen worden seien, nicht 151. Die 361 Behandlungsverläufe seien rein zufällig ausgesucht worden. Eine Stichprobenziehung erfolgte durch das Computerauswahlverfahren der Firma R ... Es wurde dargelegt, dass kein substantiierter Vortrag zur Fehlerhaftigkeit der Stichprobenziehung existiere.
Die Klägerin beantragt,
den Beschluss des Beklagten vom 10. August 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, über den Widerspruch des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden, hilfsweise den Beschluss vom 5. Dezember 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, über den Widerspruch des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden sowie den Beschluss vom 10. August 2016 aufzuheben.
Der Beklagte und die Beigeladene zu 1. beantragen,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte verweist auf den Beschluss. Die Behandlungsverläufe (Einzelnachweise) seien zunächst allesamt vom Beklagten überprüft worden. Die Überprüfung erfolgte auf medizinische Nachvollziehbarkeit und Plausibilität. Soweit die Behandlungsverläufe nachvollziehbar bzw. plausibel waren, erfolgte keine weitere Überprüfung. Hier wurde auf eine weitere Anforderung von Unterlagen verzichtet. Insoweit die Einzelnachweise in sich nicht plausibel waren, wurden Befunddokumentationen angefordert. Der Entscheidungsfindung lagen neben den Gerichtsakten die Verwaltungsakten des Beklagten zugrunde. Auf deren Inhalt wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Der Beschluss des Beklagten vom 10. August 2016 erweist sich als rechtmäßig. Rechtsgrundlage des Beschlusses ist § 106 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in der Fassung vom 19. Oktober 2012. Zutreffend wurde vorliegend ein kombinierter Anfechtungs- und Verpflichtungsantrag gestellt. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Az. B 6 KA 69/96 R in SozR 3-2500 § 106 Nr. 43). Das Sozialgericht schließt sich nicht der Rechtsauffassung von Clemens (in PK-SGB V, 2. Auflage § 106 SGB V RdNr. 371 ff.) an. Der Rechtsauffassung von Clemens, wonach es dem Ermessen des Beklagten überlassen bleibe, ob er vom Erlass eines neuen Verwaltungsakt absieht oder einen nachgebesserten Verwaltungsakt nachschiebt, kann nicht gefolgt werden. Denn das Gebot der effektiven Wirtschaftlichkeitsprüfung, das nach der BSG-Rechtsprechung zwingend aus § 106 SGB V herzuleiten ist, gibt keinen Raum für eine derartige Ermessensentscheidung. Sowohl die Gerichte wie auch die Verwaltungsbehörden sind gezwungen, den Regress festzusetzen bzw. festsetzen zu lassen, soweit eine unwirtschaftliche Abrechnung vorliegt. Gegenstand des Klageverfahrens ist ausschließlich der Beschluss des Beklagten vom 10. August 2016. Dieser Beschluss ersetzte unter Nr. 2 den Beschluss des Beschwerdeausschusses vom 5. Dezember 2012, was im Rahmen der sachlich-rechnerischen Richtigstellung möglich ist. Der Ausschuss war am 10. August 2016 zutreffend besetzt. Gemäß § 106 Abs. 2 Nr. 2 SGB V wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung geprüft durch arztbezogene Prüfung ärztlicher Leistungen auf der Grundlage von arztbezogenen und versichertenbezogenen Stichproben, die mindestens 2/100 der Ärzte je Quartal umfassen (Zufälligkeitsprüfung). Auf dieser Grundlage erging die Vereinbarung zwischen der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Niedersachsen und den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen über die Durchführung der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V vom 15. Januar 2009. Danach wird die Wirtschaftlichkeit der vertragszahnärztlichen Versorgung geprüft durch die Zufälligkeitsprüfung gemäß § 6a der Vereinbarung durch zahnarztbezogene Stichproben. Die Stichprobenziehung erfolgt nach der Vereinbarung durch die KZVN nach dem Zufälligkeitsprinzip. Das Protokoll der Stichprobenziehung vom 25. Januar 2011 wurde vorliegend überreicht. Die Stichprobenziehung erfolgte durch ein Computerauswahlverfahren der Firma R. ohne händisches Eingreifen der Beigeladenen zu 1. bzw. des Beklagten. Nach der Vereinbarung legt der Beigeladene zu 1. die Funktionsweise des Zufallsgenerators fest und teilt die Kriterien den Vertragspartnern und der Prüfungsstelle mit. Dieser Regelung entsprach die hier durchgeführte Stichprobenziehung. Gemäß § 6a Abs. 2 der Vereinbarung sind je Quartal 2 % aller über die Q. abrechnenden Zahnärzte in die Stichprobenziehung einzubeziehen. Herangezogen werden dabei Auffälligkeitskriterien nach § 8 Abs. 2 der Vereinbarung. Zusätzlich können andere Einzelkriterien (z.B. Anzahl der Behandlungsfälle) berücksichtigt werden. Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 ist Auswahlkriterium ein Überschreiten des landesdurchschnittlichen Gesamtfallwertes von 40 % oder mehr. In den hier geprüften Quartalen überschritt die Klägerin den Gesamtfallwert der Vergleichsgruppe durchgehend um über 100 %. Diese Auffälligkeit war bei der Auswahl der Klägerin gemäß § 6a Abs. 2 Satz 3 der Prüfungsvereinbarung bei der Auswahl heranzuziehen. Die Nichtheranziehung stünde im Widerspruch zum vom Bundessozialgericht formulierten Grundsatz der effektiven Wirtschaftlichkeitsprüfung, der gegenüber den Prüforganen einen Prüfauftrag formuliert. Der Beklagte war berechtigt, die vorliegende Zufälligkeitsprüfung trotz der Prüfungen nach Durchschnittswerten in den Quartalen IV/07 bis II/08 vorzunehmen. Darin liegt kein Verstoß gegen § 6 Abs. 2 der Richtlinie Zufälligkeitsprüfung in Verbindung mit § 6a Abs. 3 Satz 2 der Prüfungsvereinbarung. Gemäß § 6 Abs. 2 der Richtlinie unterbleibt eine Prüfung, wenn der Zahnarzt oder die zahnärztlich geleitete Einrichtung nach § 1 innerhalb eines zurückliegenden Zeitraums von 2 Jahren seit dem Tag der Stichprobenziehung einer Wirtschaftlichkeitsprüfung unterlag. Denn gemäß § 9 Abs. 1 der Richtlinie erfolgt die Zufälligkeitsprüfung unabhängig von bereits im Rahmen des § 106 oder 106a SGB V durchgeführten Prüfungen nach anderen Prüfarten. Mit der dort formulierten Unabhängigkeit beider Prüfarten und der systematischen Einordnung des § 6 der Richtlinie ausschließlich in die Zufälligkeitsprüfung wird hinreichend deutlich, dass die Gesamtvertragsparteien nicht die Prüfung insgesamt, sondern lediglich die Zufälligkeitsprüfung zeitlich einschränken wollten. Anderes stünde im Widerspruch zur Pflicht zur effektiven Wirtschaftlichkeitsprüfung, die das Bundessozialgericht formuliert hat. Kein Arzt dürfe auch zeitlich von ihr ausgenommen werden (BSG E 95, 199). Hiermit steht die landesrechtliche Konkretisierung in der Prüfungsvereinbarung in § 6a Abs. 3, Satz 3 in Einklang. Dort ist ausdrücklich formuliert, dass eine Prüfung unterbleibt, wenn der Zahnarzt innerhalb eines zurückliegenden Zeitraums von 2 Jahren von dem Tag der Stichprobenziehung an, einer Zufälligkeitsprüfung unterlag. Mit der zeitlichen Einschränkung der Wirtschaftlichkeitsprüfung als Zufälligkeitsprüfung soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass diese Prüfart einen erheblichen Verwaltungsaufwand erfordert, der insgesamt dem Gebot der effektiven Wirtschaftlichkeitsprüfung bei allen Zahnärzten entgegenstehen kann. Die Prüfung der Wirtschaftlichkeit erfolgt im Rahmen der repräsentativen Einzelfallprüfung (§ 6a Abs. 4 der Prüfungsvereinbarung). Je geprüften Zahnarzt müssen die jahresbezogenen Behandlungsverläufe von 20 % der Versicherten, mindestens aber die jahresbezogenen Behandlungsverläufe von 100 Versicherten herangezogen werden. Die Klägerin hat insgesamt 1.804 Versicherte behandelt. 20 % hiervon sind 361 Versicherte. Auch insoweit erfolgte eine Auswahl der Versicherten vermittels des Computerprogramms R. ohne händische Selektion. Bereits der Vertragswortlaut gebietet keine Prüfung von 361 Einzelfällen. Denn § 6a Abs. 4 Satz 2 der Prüfvereinbarung verlangt lediglich eine Heranziehung, keine Prüfung im Einzelfall. Dies ist vor dem Hintergrund der gewählten Prüfart als repräsentative Einzelfallprüfung und Hochrechnung nicht verfahrensfremd, sondern verfahrensimmanent. In der Wirtschaftlichkeitsprüfung ist eine Einzelfallprüfung dergestalt, dass sämtliche Behandlungsunterlagen aller Versicherten herangezogen und geprüft werden müssen, nicht praktikabel. Der Beklagte ist deshalb berechtigt, sich anhand statistischer Auffälligkeiten auf mit vertretbarem Aufwand feststellbare Unwirtschaftlichkeiten zu konzentrieren. Deshalb durfte vorliegend der Beklagte sich zunächst auf eine Überprüfung der Einzelnachweise beschränken und diese auf Nachvollziehbarkeit und Plausibilität überprüfen. Soweit in 135 Fällen die Behandlungsverläufe nicht nachvollziehbar oder plausibel waren, war der Beklagte gehalten, diese durch Anforderung der Befunddokumentation näher zu überprüfen. Bei dieser Überprüfung ist von einer vollständigen Überprüfung der Behandlungsunterlagen auszugehen, was nach der Vereinbarung zwingend geboten ist. Bei der repräsentativen Einzelfallprüfung mit Hochrechnung ist für die Hochrechnung grundsätzlich ein Sicherheitsabschlag von 25 % vorzunehmen, was in § 6a Abs. 4 Satz 3 der Prüfungsvereinbarung vorgesehen ist. Der Beklagte prüft anhand einer repräsentativen Einzelfallprüfung die Abrechnung der Klägerin. Der Beklagte hat die Vorgaben des Bundessozialgerichts vom 13. August 2014, Az. B 6 KA 41/13 R, bei der Prüfung beachtet. Das Bundessozialgericht hat die Methode der eingeschränkten Einzelfallprüfung mit Hochrechnung für rechtmäßig erachtet (BSG a.a.O.). Die Zufälligkeitsprüfung gemäß § 106 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V ist entgegen der gesetzlichen Einordnung keine eigenständige Prüfungsart, sondern sie erlaubt die Beschränkung der Prüfung auf näher bestimmte Stichproben sowie die Hochrechnung der in der Stichprobe gefundenen unwirtschaftlichen Abrechnung auf die Gesamtabrechnung. Angewandte Prüfungsart ist demgegenüber vorliegend die Einzelfallprüfung mit Hochrechnung. Die gesetzliche Vorgabe des § 106 Abs. 2 Satz 6 SGB V wurde beachtet. Der Zufälligkeitsprüfung muss danach mindestens ein Zeitraum von einem Jahr zugrunde liegen. Vorliegend wurden die Quartale II/09 bis III/08 der Prüfung zugrunde gelegt. Gegenstand der Prüfung nach § 106 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V sind - die medizinische Notwendigkeit der Leistung, - die Eignung der Leistung zur Erreichung des therapeutischen oder diagnostischen Ziels, - die Übereinstimmung der Leistung mit den anerkannten Kriterien für ihre fachgerechte Erbringung, insbesondere mit den in den Richtlinien des gemeinsamen Bundesausschusses enthaltenen Vorgaben, - die Angemessenheit der durch die Leistung verursachten Kosten im Hinblick auf das Behandlungsziel. Diese Prüfungsverpflichtung kann in der Regel nur im Wege der Einzelfallprüfung erreicht werden. Die Vereinbarung über die Durchführung der Wirtschaftlichkeitsprüfung (Prüfungsvereinbarung) vom 15. Januar 2009 findet ihre Rechtsgrundlage in § 106 Abs. 3 SGB V. Diese Regelungen sind gemäß § 95 Abs. 3 Satz 3 SGB V für die Klägerin verbindlich. Die eingeschränkte Einzelfallprüfung mit Hochrechnung setzt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 13.08.2014, Az. B 6 KA 41/13 R) voraus, dass eine ständig wiederkehrende Verhaltensweise des (Zahn-)Arztes feststellbar ist, die als unwirtschaftlich beurteilt werden kann. Bei einem Überprüfungszeitraum von einem Jahr kann eine ständig wiederkehrende Verhaltensweise der Klägerin festgestellt werden. Laut der beigefügten statistischen Auswertung des Abrechnungsverhaltens überschreitet die Klägerin bei der Abrechnung der Gebührennummer 04PSI in sämtlichen geprüften Quartalen den Landesdurchschnitt der Vergleichsgruppe um mindestens 2.070 %, bei der Gebührennummer GOÄ2.255 um mindestens 4.377 %, bei der Gebührennummer 47aOst1 um mindestens 33 %, bei der Gebührennummer 56aZy1 um mindestens 452 % und bei der Gebührennummer 56cZy3 um mindestens 122 %. Bei diesen Lebenssachverhalten ist der Beklagte gezwungen, die Abrechnung der Klägerin schon aufgrund der statistischen Auffälligkeit sorgfältig zu überprüfen. Dies wurde vorliegend getan. Weiter müssen mindestens 100 Behandlungsfälle dies ist hier wie oben ausgeführt geschehen in die Prüfung einbezogen werden. Die geprüften Einzelfälle werden nach generellen Kriterien ermittelt anhand des Zufallsgenerators R ... Aus Verwaltungspraktikabilitätsgründen war der Beklagte berechtigt, die Prüfung der Einzelnachweise vorab auf Nachvollziehbarkeit und Plausibilität zu überprüfen. Nur nicht nachvollziehbare bzw. plausible Abrechnungen mussten einer vertieften Prüfung unterzogen werden. Der bei dieser Prüfung ermittelte unwirtschaftliche Behandlungsumfang kann auf die Gesamtheit der Fälle hochgerechnet werden, doch ist dies wegen der mit der Methode einhergehenden Unsicherheit bei der Bemessung des Kürzungsbetrages mit einem Abschlag von 25 % des als unwirtschaftlich ermittelten Gesamtbetrages vorzunehmen (BSG a.a.O. RdNr. 18 zitiert nach ). Einen Vorrang der sachlich-rechnerischen Berichtigung im Verhältnis zur Wirtschaftlichkeitsprüfung ist der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu entnehmen (Urteil vom 06.09.2006, Az. B 6 KA 40/05 R). Das Bundessozialgericht hat jedoch in laufenden Rechtsprechung ausgeführt, dass oft erst eine extreme Überschreitung des Vergleichsgruppenschnitts hinsichtlich von Einzelleistungen einen Fehlansatz einer Gebührennummer zeige. In diesen Fällen habe der Beschwerdeausschuss eine Annex-Kompetenz zur sachlich-rechnerischen Berichtigung, wenn die sachlich-rechnerische Berichtigung von "untergeordneter Bedeutung" neben der Wirtschaftlichkeitsprüfung ist. Liegt jedoch der Schwerpunkt der Beanstandungen bei der Berichtigung, liegt eine ausschließliche Prüfkompetenz der Kassenzahnärztlichen Vereinigung vor. Eine "untergeordnete Bedeutung" liegt erst vor, wenn die sachlich-rechnerisch berichtigten Leistungen in Relation zu den als unwirtschaftlich berichtigten Leistungen ein deutlich geringeres Gewicht aufweisen. Dies kann jedenfalls bei einem prozentualen Ansatz von unter 10 % sicher angenommen werden. Dies ist vorliegend der Fall. Dahingestellt bleiben kann, ob einen hohen Quantität betroffener Versicherten bei einem insgesamt geringen wirtschaftlichen Gewicht ausnahmsweise eine "untergeordnete Bedeutung" bejaht werden kann. Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Grundsätzlich trifft den Prüfungsauftrag aus § 106a SGB V auch den Beschwerdeausschuss, soweit er im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung Annex-Kompetenzen wahrnimmt. Eine fehlerhafte Abrechnung muss grundsätzlich zur vollen Überzeugung der Prüfungsinstanz festgestellt werden. Jedoch wird die erforderliche Gewissheit der fehlerhaften Abrechnung ausgestaltet durch die Dokumentationspflichten aus den Gesamtverträgen und den Gesetzen. Grundsätzlich erlauben die abgerechneten Leistungen einen Nachweis der Leistungserbringung. Jedoch ist bei begründeten Zweifeln an der ordnungsgemäßen Abrechnung des Zahnarztes dieser nachweispflichtig für die tatsächliche Leistungserbringung. Mittel des Nachweises ist nach der Auffassung des Sozialgerichts Marburg (Urteil vom 06.04.2011, Az. S 12 KA 831/10) die Behandlungsdokumentation. Die Nachweispflichten des Zahnarztes ergeben sich aus den gesamtvertraglichen Regelungen (§ 5 Abs. 1 Bundesmantelvertrag Zahnärzte (BMV-Z) und § 7 Abs. 3 Satz 1 und 2 Ersatzkassenvertrag EKV-Z). Dort ist ausdrücklich die Verpflichtung zur Dokumentation niedergelegt. § 5 BMV-Z verpflichtet den Vertragszahnarzt, über jeden behandelten Kranken Aufzeichnungen zu machen, aus denen die einzelnen Leistungen, die behandelten Zähne und soweit erforderlich Befund- und Behandlungsdatum ersichtlich sind. Gesetzliche Grundlage dafür ist u.a. § 295 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V, wonach der Zahnarzt verpflichtet ist, in den Abrechnungsunterlagen für die vertrags(zahn)ärztlichen Leistungen die von ihm erbrachten Leistungen einschließlich des Tages der Behandlung mit Zahnbezug und Befunden aufzuzeichnen und zu übermitteln. Der Beklagte kann insoweit unterstellen, dass der Zahnarzt sich normkonform verhält und die Aufzeichnungen zur Grundlage der Prüfung machen. Selbst wenn man dem Sozialgericht Marburg nicht folgen will, liegen hier erhebliche Zweifel an einem vertragsgerechten Inhalt der abgerechneten Leistungen vor. Da im Klageverfahren insoweit keine Ausführungen von Klägerseite erfolgten, erübrigen sich auch für das Gericht weitere Ausführungen im Urteil. Im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung existieren ebenfalls keine Fehler im Bescheid. Zutreffend erfolgte die Hochrechnung ausschließlich auf der Grundlage der unwirtschaftlich erbrachten Leistungen (15.798,47 EUR). Die berichtigten Leistungen wurden nach Durchführung der Hochrechnung zu den unwirtschaftlichen Gesamtleistungen (59.244,26 EUR) addiert, so dass sich der Kürzungsbetrag in Höhe von 59.891,85 EUR errechnete. Bei Feststellung des unwirtschaftlichen Mehraufwandes hat sich der Beklagte zutreffend zunächst an Leistungen orientiert, die statistisch weit überdurchschnittlich abgerechnet wurden. Wie oben ausgeführt, existiert hierfür eine gesamtvertragliche Rechtsgrundlage in § 6a Abs. 2 Satz 3 der Prüfungsvereinbarung. Bei diesen Leistungen erfolgte im Einzelfall die Prüfung, ob die Abrechnung anhand der Patientenunterlagen der Klägerin nachvollziehbar war. Insoweit waren pars pro toto bei der Versicherten S. eine Leistung der Gebührennummer 04PSI als unwirtschaftlich ermittelt worden. Die Erhebung eines PSI-Codes als Screening-Untersuchung für Parodontalerkrankungen steht nachvollziehbar in keinem sinnvollen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Überweisungsauftrag der Klägerin. Hinzu kommt, dass eine präoperative Röntgenaufnahme vom 4. September 2008 keine Anhaltspunkte für eine parodontale Erkrankung ergab. Die Absetzung der Gebührennummern GOÄ2.255 (freie Verpflanzung eines Knochens oder von Knochenteilen) als unwirtschaftlich wurde nachvollziehbar dargelegt, da aus der Röntgenaufnahme keine Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer Defektauffüllung ersichtlich waren. Bei der Versicherten T. hat der Beklagte nachvollziehbar dargelegt, dass eine Gebührennummer 47aOst1 in eine Gebührennummer 44x2 umzusetzen sei. In der Karteikarte wurde bei 9 durch Osteotomie entfernten Zähnen lediglich eine pauschale Begründung für sämtliche Osteotomien angegeben. Röntgenologisch konnte an einem Zahn die Ost1 sicher ausgeschlossen werden, so dass die Umsetzung in eine x2 keinen rechtlichen Bedenken unterliegt. Der Beklagte hat im Einzelfall festgestellt, dass Anhaltspunkte für eine unwirtschaftliche Leistungsabrechnung vorliegen und die Umsetzung auf die Leistung beschränkt, die röntgenologisch keine Ost1 sein konnte. Bei den Zystektomien wurde pars pro toto bei der Versicherten U. dargelegt, dass weder röntgenologisch an Zahn 28 eine Zyste erkennbar war und bereits am 13. Mai 2009 (die Abrechnung erfolgte am 22. Juni 2009) eine Zy1 abgerechnet wurde. Die Neubildung einer Zyste in derart kurzer Zeit ist zumindest hochgradig unwahrscheinlich. Es ist deshalb gut nachvollziehbar, dass eine Unwirtschaftlichkeit von dem Beklagten angenommen wurde. Einen Begründungsmangel des Bescheides vor dem Hintergrund von § 35 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) konnte das Gericht nicht erkennen. Vielmehr wurde sich in jedem konkreten Einzelfall mit dem Sachverhalt auseinandergesetzt. Dass die Begründungen des Beklagten gleichartig sind, dürfte vielmehr an der Gleichartigkeit der unwirtschaftlichen Abrechnung der Klägerin liegen. Dies ist aus den vorherigen Gerichtsverfahren gerichtsbekannt. Der erforderliche Sicherheitsabschlag in Höhe von 25 % (19.748,09 EUR) wurde vorgenommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).