Sozialgericht Hannover
Urt. v. 22.02.2017, Az.: S 14 R 275/15

Bibliographie

Gericht
SG Hannover
Datum
22.02.2017
Aktenzeichen
S 14 R 275/15
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2017, 18959
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

  1. 1.

    Die Klage wird abgewiesen.

  2. 2.

    Kosten sind nicht zu erstatten.

  3. 3.

    Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die am I. geborene Klägerin beantragte von der Beklagten die Übernahme der den Festbetrag übersteigenden Kosten einer Hörgeräteversorgung. Die Beigeladene leitete am 27. August 2014 (Eingang bei der Beklagten 29. August 2014) einen Antrag auf volle Kostenübernahme einer beiderseitigen Hörgeräteversorgung an die Beklagte weiter. Der Festbetrag sei gewährleistet worden zum Ausgleich des Hörverlustes im Alltagsleben. Die Beklagte müsse für die berufsbedingten Mehraufwendungen aufkommen, weil sie über den Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung hinausgehen. Deshalb werde der Antrag weitergeleitet. Zuvor hatte die Beigeladene der Klägerin mit Bescheid vom 27. August 2014 eine Hörgeräteversorgung mit einem Abgabepreis in Höhe von 1.614,00 EUR genehmigt. Der Betrag werde direkt an die Lieferfirma gezahlt. Aus einem Kostenvorschlag des Hörgeräteakustikers ergibt sich ein Gesamtpreis in Höhe von 1.934,00 EUR. In der Akte befindet sich eine "Mehrkostenerklärung der Versicherten". Die Klägerin sei über ein qualitativ hochwertiges aufzahlungsfreies Angebot eines Hörsystems zum Ausgleich ihrer individuellen Hörminderung in den alltagsrelevanten Hörsituationen informiert worden. In der Erklärung wurde die Variante angekreuzt "obwohl ich über die Möglichkeit einer aufzahlungsfreien Hörsystemversorgung aufgeklärt worden bin, wünsche ich ausdrücklich die Versorgung mit einem die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung übersteigenden Hörsystem". Als Merkmale des Bedienkomforts wurden angegeben "einfache Handhabung/Bedienung", als Merkmal der Ästhetik wurde angegeben "ästhetisch unauffällig" und unter "Sonstiges" wurde angegeben "beste Kompatibilität, Klang- und Spracheindruck mit FM-Anlage in der Kommunikation mit Kindern, Eltern sowie am Telefon". In dieser Erklärung befand sich eine Extraspalte "Ich habe mich beruflich bedingt für ein die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung übersteigendes Hörsystem entschieden, das folgende Eigenschaften aufweist": hier waren keine Angaben von Seiten der Klägerin getroffen worden. Diese Erklärung wurde mit "Ja" angekreuzt und von der Klägerin unterschrieben. Der Hals-Nasen-Ohren-Arzt diagnostizierte eine Innenohrschwerhörigkeit beiderseits. Die Klägerin gab an, seit 2004 als Kindertagespflegeperson selbständig berufstätig zu sein. Sie betreue, erziehe und bilde Kinder aus. Sie benötige zur Ausübung ihres Berufs sowohl zuzahlungspflichtige Hörgeräte wie auch eine FM-Anlage. Zum Berufsspektrum gehören neben der reinen Kinderbetreuung ein "vielfältiges Spektrum". Die Klägerin gab an, dass es in diesem Beruf extrem wichtig sei, alles gut zu verstehen und sofort reagieren zu können, wenn etwas passiere. Sie müsse zudem oft Elterngespräche führen, bei denen sie "diesen Geräuschpegel" überbrücken müsse. Die Gespräche fänden oft unangemeldet statt während der Bring- und Abholzeiten der Kinder. Weiter müsse die Klägerin mit dem Jugendamt, den Eltern sowie den Gemeinden telefonisch in Kontakt treten. Sie müsse Verabredungen zum Ersttreffen mit Eltern, Informationsgespräche mit Eltern und Klärungsgespräche mit den Kostenträgern während der Arbeitszeit führen. Beruflich müsse sie an Dienstbesprechungen und Fortbildungen teilnehmen, deren Gesprächsverlauf sie ohne eine FM-Anlage nicht nachvollziehen könne. Sie nähere sich mit der Anlage einer Lebensqualität, die für Normalhörende selbstverständlich sei. Der Antrag wurde mit Bescheid vom 17. September 2014 abgelehnt. Der Beruf der Kinderpflegerin erfordere keine spezifisch berufsbedingte Notwendigkeit für höherwertige Hörgeräte oder FM-Anlagen. Persönliche und telefonische Kommunikation in Zweier- oder Gruppengesprächen auch bei ungünstigen akustischen Bedingungen bzw. störenden Umgebungsgeräuschen am Arbeitsplatz stellen eine Anforderung an das Hörvermögen dar, die nahezu bei jeder Berufsausübung bestünden. Darin läge keine spezifisch berufsbedingte Bedarfslage. Die beantragten Hörhilfen sollten dem Behinderungsausgleich mit einer Angleichung an das Hörvermögen hörgesunder Menschen dienen. Hierfür sei die Krankenkasse zuständig und entsprechende Leistungen seien gewährt worden. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 30. September 2014 Widerspruch ein. Sie habe sich durch ihren Hörgeräteakustiker mit einem höherwertigen Hörgerät versorgen lassen, weil sie dadurch eine deutlich lautere und sprachlich bessere Akustik erfahre als durch Geräte ohne Zuzahlung. Sie müsse zwangsläufig höherwertige Geräte in Anspruch nehmen, da bei ihrem Hörverlust andere Geräte nicht zweckdienlich seien. Ohne Hilfe von FM-Anlagen sei sie in einigen Bereichen nicht in der Lage, sich dem Hörvermögen eines Hörgesunden anzugleichen. Ihr entgingen auf Fortbildungen und in Diskussionen Informationen. In Gruppen oder geräuschvoller Umgebung könne sie sich nicht ohne FM-Geräte unterhalten. Ohne Hörgeräte könne sie sich nicht an Gesprächen mit mehreren Menschen beteiligen. Dies sei mit der momentanen Geräteausstattung "deutlich reduziert". Ohne Hörgeräte nehme man deutlich weniger am gesellschaftlichen Leben teil. Das soziale Leben habe deutlich unter dem Hörverlust gelitten. Mit dem Hörgerät in Verbindung mit der FM-Anlage sei es der Klägerin jetzt zumindest möglich, sich mit den Gesprächspartnern oder sehr kleinen Gruppen zu unterhalten. Es falle ihr sehr schwer ohne gute Hörgeräte und technische Ausstattung am gesellschaftlichen Leben und am Arbeitsleben teilzunehmen. Im Arbeitsleben falle es ihr schwer, Dialoge und Informationen zu verstehen. Bei Autofahrten, die aus beruflichen Gründen immer wieder anfallen, könne sie sich ohne FM-Anlage nicht unterhalten. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 12. März 2015 zurückgewiesen. Eine derartige Hilfsmittelversorgung komme nur in Betracht, wenn eine auf besonders gute Hörfähigkeit angewiesene Berufstätigkeit vorläge oder die Versorgung wegen der besonderen berufsspezifischen Verhältnisse am Arbeitsplatz notwendig sei. Die beruflichen Anforderungen in der Tätigkeit als Kindertagespflegeperson unterschieden sich nicht von den üblichen Bedingungen am Arbeitsmarkt. Die persönlich und telefonisch geführte Kommunikation mit anderen Menschen sowie eine Verständigung bei Gruppenveranstaltungen auch bei vorhandener Geräuschkulisse sowie bei besonderen raumakustischen Höranforderungen gehöre zu fast jedem Berufsbereich und könne deshalb keinen Leistungsanspruch der Rentenversicherung begründen. Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 24. März 2015 Klage erhoben. Die benötigte FM-Anlage helfe der Klägerin sowohl im normalen Alltag als auch im sozialen Leben wie auch in der Arbeitswelt. Ohne die Anlage falle es ihr deutlich schwerer, ein relativ ausgeglichenes Hörvermögen zu erlangen. Ein erster Schritt in diese Richtung sei das streitige Hörgerät. Es bedeute ein deutlich gesteigertes Hörerlebnis in Relation zu zuzahlungsbefreiten Geräten. Als Kindertagespflegeperson gehöre eine laute Umgebung zu ihrem beruflichen Alltag. Bei Störgeräuschen sei die Klägerin auf weitere Hilfe angewiesen, während ein normal Hörender sie einfach ausblenden könne. Ohne FM-Anlage könne die Klägerin nicht die menschliche Sprache herausfiltern. Die Teilnahme auf Sozialleben sei nur sehr eingeschränkt bis gar nicht möglich, bei ihrer Arbeit sei sie ebenfalls auf die Geräte angewiesen. Die Klägerin ist im Besitz eines Schwerbehindertenausweises mit einem Grad der Behinderung von 30. Die Klägerin beantragt,

  1. 1.

    den Bescheid der Beklagten vom 17. September 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. März 2015 aufzuheben.

  2. 2.

    Die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin die den Festbetrag übersteigenden Kosten der Hörgeräteversorgung zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verweist auf den Widerspruchsbescheid. Die Beigeladene trägt vor, dass sie den Leistungsantrag am 22. August 2014 vom Hörgeräteakustiker erhalten habe. Am 27. August 2014 habe die Beigeladene mit Bescheid die Höhe des Festbetrages festgesetzt und den Kostenvoranschlag an die Beklagte weitergeleitet. Das Nebeneinander von unterschiedlichen sozialversicherungsrechtlichen Zuständigkeiten für eine einheitliche Sozialleistung sei im Hilfsmittelbereich nicht systemfremd. Die Klägerin habe gegen die Beigeladene auf Kostenübernahme des FM-Gerätes geklagt. Diesen Anspruch habe die Beigeladene mit Anerkenntnis vom 8. April 2015 in voller Höhe anerkannt. Der Entscheidungsfindung lagen neben den Gerichtsakten die Verwaltungsakten der Beklagte zugrunde. Auf deren Inhalt wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 17. September 2014 erweist sich als rechtmäßig. Mit der Gewährung des Festbetrages durch die gesetzliche Krankenversicherung ist im Regelfall eine Zuständigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung als Rehabilitationsträger ausgeschlossen (I.). Eine Weiterleitung des Leistungsantrages gemäß § 14 SGB IX nach Gewährung des Festbetrages findet keine gesetzliche Grundlage (II.). I. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine medizinische Leistung zur Rehabilitation aus § 15 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) i.V.m. § 26 Abs. 2 Nr. 6 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Gemäß § 15 Abs. 1 SGB VI erbringen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation Leistungen nach den §§ 26 bis 31 SGB IX. Gemäß § 26 Abs. 1 SGB IX werden die erforderlichen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation behinderter Menschen erbracht, um Behinderungen auszugleichen sowie Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit zu mindern. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation umfassen insbesondere Hilfsmittel (§ 26 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX). Bei der Klägerin liegt aufgrund der auditiven Einschränkungen eine Behinderung im Sinne von § 2 SGB IX vor. Eine Behinderung liegt danach vor, wenn bei einem Versicherten die körperliche Funktion von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. 1. Jedoch ist eine Versorgung mit Hilfsmitteln durch die gesetzliche Krankenversicherung zwar eine Rehabilitationsleistung gemäß § 4, 5 SGB IX, diese Leistung verdrängt jedoch Teilhabeleistungen nach dem SGB VI. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, unterhaltssichernde oder ergänzende Leistungen und Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sind Leistungsgruppen nach dem SGB IX, die als Leistungen zur Teilhabe gewährt werden (§ 5 SGB IX). Träger der Leistungen zur Teilhabe könne sein die gesetzliche Krankenkasse für Leistungen nach den §§ 5 Nr. 1 und 3 SGB IX, also Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie unterhaltssichernde und ergänzende Leistungen. Gemäß § 6 Abs. 2 SGB IX nehmen die Rehabilitationsträger ihre Aufgabe selbständig und eigenverantwortlich war. Hilfsmittel werden von der gesetzlichen Krankenversicherung demgegenüber als Sachleistung erbracht (§ 2 Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V)). Hörhilfen sind gemäß § 33 Abs. 1 SGB V Hilfsmittel. Sie werden soweit erforderlich zum Ausgleich einer Behinderung unter Beachtung von § 92 Abs. 1 SGB V erbracht. Gemäß § 19 der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses für über die Versorgung von Hilfsmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (HilfsM-RL) in der Fassung vom 21. Dezember 2011 ist Zielsetzung der Hörgeräteversorgung ein Funktionsdefizit des beidohrigen Hörvermögens unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts möglichst weitgehend auszugleichen und dabei soweit möglich ein Sprachverstehen bei Umgebungsgeräuschen und in größeren Personengruppen zu erreichen sowie die Auswirkungen einer auditiven Kommunikationsbehinderung im gesamten täglichen Leben und damit bei der Befriedigung von allgemeinen Grundbedürfnissen zu beseitigen oder zu mildern. Daraus folgt im Ergebnis, dass die auditiven Hörminderungen, die sich auch im sonstigen Alltag des Versicherten auswirken, ausschließlich von der gesetzlichen Krankenversicherung auszugleichen sind. Dies gefundene Ergebnis entspricht der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 24. Januar 2013, Az. B 3 KR 5/12 R (RdNr. 33 zitiert nach ). Nach Auffassung des 3. Senats sind ausschließlich berufliche und arbeitsplatzspezifische Gebrauchsvorteile für die Hilfsmittelversorgung nach dem SGB V grundsätzlich unbeachtlich. Ein Anspruch gegen die gesetzliche Krankenversicherung besteht dann nicht, wenn es sich ausschließlich um berufliche Nutzungsvorteile handelt und die Hilfsmittel ansonsten keine allgemeinen Grundbedürfnisse betreffen und ihre Nutzung die Auswirkung der Behinderung nicht im gesamten täglichen Leben beseitigen und mildern. Dies ist vorliegend jedoch der Fall. Die Versicherte hat mehrfach betont, dass sie Elterngespräche zu führen hat, die oft unangemeldet stattfinden. Ferner müsse sie mit dem Jugendamt, den Eltern sowie den Gemeinden telefonischen in Kontakt treten und Verabredungen zu Ersttreffen mit Eltern sowie Informationsgespräche mit Eltern und Klärungsgespräche mit Kostenträgern während der Arbeitszeit führen. Diese Gespräche betreffen eine übliche Kommunikation, die im gesamten gesellschaftlichen Leben stattfindet. Auch eine Kommunikation unter Störbelastung z. B. Kinderlärm ist keine auditive Situation, die ausschließlich im beruflichen Umfeld auftritt. Schon aus diesem Grunde unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des 3. Senats kann vorliegend keine Zuständigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung festgestellt werden.

2. Die Hilfsmittelversorgung nach SGB V stellt zwar dies wurde oben dargelegt eine Teilhabeleistung nach dem SGB IX im Sinne von § 4 SGB IX dar. Jedoch sind die Ansprüche auf eine Versorgung mit Hilfsmitteln nach den §§ 33, 2 Abs. 2 SGB V als Sachleistungsanspruch rechtlich grundverschieden ausgestaltet als Rehabilitationsansprüche nach dem SGB V bzw. SGB VI. Während der Sachleistungsanspruch nach § 33 SGB V mit dem Vorliegen der gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen automatisch gemäß § 40 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) entsteht, entstehen Ansprüche auf Rehabilitationsleistungen nach § 13 Abs. 1 Satz 1 SGB VI als Ermessensleistung gemäß § 40 Abs. 2 SGB I erst mit dem Bewilligungsbescheid (Seewald in Kassler Kommentar § 40 SGB I RdNr. 6). Die Verschiedenartigkeit der Ansprüche gebietet eine der Rechtsnatur der Ansprüche entsprechende unterschiedliche Behandlung. Jedenfalls kann mit der Erbringung der Sachleistung nach SGB V von vornherein kein Anspruch auf eine konkrete Rehabilitationseistung mehr entstehen. Die Rehabilitationsleistung nach dem SGB VI ist ein mitwirkungsbedürftiger Verwaltungsakt und so lange schwebend unwirksam, wie der Antrag noch nicht beim Rentenversicherungsträger eingegangen ist. Der Antrag hat Rechtswirkungen grundsätzlich nur für die Zukunft. Denn die Ermessensentscheidung des Rentenversicherungsträger über die Gewährung von Rehabilitationsleistungen ist eine zukunftsorientierte, mit prognoseähnlichen Elementen vermischte und die Umstände des Einzelfalles abwägende Entscheidung (BSG Urteil vom 15.12.1994 Az. 4 RA 44/93 RdNr. 40 zitiert nach ). Mit der Erbringung der Sachleistung kann von vornherein keine ergebnisoffene Ermessensentscheidung mehr getroffen werden und somit ein konkreter Leistungsanspruch entstehen.

II. Keinesfalls kann der Rechtsprechung des 3. Senats insoweit gefolgt werden, dass in Höhe der Festbeträge eine Zuständigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung für die Hilfsmittelversorgung besteht und darüber hinausgehend wegen der weiteren Kosten, die vom Festbetrag nicht gedeckt sind, eine Zuständigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung vorliegen kann. Dagegen sprechen mehrere Gründe. 1. Mit der Eingliederung der Hilfsmittelversorgung in Gestalt des Hörgerätes ist der Sachleistungsanspruch der gesetzlichen Krankenversicherung erfüllt. Die Voraussetzung einer Weiterleitung nach § 14 SGB IX liegen nicht mehr vor. Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX hat der Leistungsträger (gesetzliche Krankenversicherung) bei Leistungen zur Teilhabe innerhalb von 2 Wochen nach Eingang des Antrags festzustellen, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu. Die gesetzliche Krankenversicherung hatte vorliegend in Gestalt der Beigeladenen zutreffend festgestellt, dass die Voraussetzungen des Regelleistungsanspruchs vorliegen und eine Leistung gewährt. Er kann demgemäß nicht mehr feststellen, dass sie für die Leistung nicht zuständig ist. Bereits nach dem Wortlaut von § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IX kommt eine Weiterleitung nicht mehr in Betracht. Dagegen sprechen auch weitere Gründe. 2. Die Begründung des 3. Senats für eine Weiterleitung für Angelegenheiten nach Bewilligung des Festbetrages überzeugt nicht. Das Nebeneinander von zwei sozialversicherungsrechtlichen Zuständigkeiten für eine einheitliche soziale Leistung sei sachlich geboten und im Hilfsmittelbereich nicht systemfremd. Hierbei wird außer Acht gelassen, dass von der gesetzlichen Rentenversicherung keine weitere Leistung begehrt wird, die von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht gewährt wird. Sondern es wird ausschließlich für dieselbe Leistung, die die gesetzliche Krankenversicherung bereits erbracht hat, die über den Festbetrag hinausgehenden Kosten von der gesetzlichen Rentenversicherung verlangt. Losgelöst davon, dass vermittels dieser Lösung die Systementscheidung des Gesetzgebers unterlaufen würde, wonach Hilfsmittel nur bis zu einem gewissen Festbetrag von der gesetzlichen Krankenversicherung bezuschusst werden, eröffnen sich bei dieser Lösung verfassungsrechtliche Probleme dergestalt, dass zuzahlungsfreie Hörgeräte ausschließlich Versicherten in einem Beschäftigungsverhältnis gewährt werden, obwohl Umfang und Art der Leistung bei beschäftigten und nichtbeschäftigten Personen durch die gesetzliche Krankenversicherung in gleichem Umfang erbracht werden. Ein sachlicher Grund für diese Differenzierung ist nicht erkennbar. 3. Hinzu kommt ein von 3. Senat offensichtlich nicht bedachter gravierender Unterschied der Leistungen: der Hilfsmittelanspruch ist ein Sachleistungsleistungsanspruch gegen die gesetzliche Krankenversicherung, der Rehabilitationsanspruch ist demgegenüber ein Ermessensanspruch. Mit der Installation des Hörgerätes haben die Versicherten ausschließlich einen Erstattungsanspruch nach § 15 SGB IX. Kann über den Antrag auf Leistung zur Teilhabe nicht innerhalb der in § 14 Abs. 2 SGB IX genannten Fristen entschieden werden, teilt der Rehabilitationsträger dies dem Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig mit. Erfolgt die Mitteilung nicht oder liegt ein zureichender Grund nicht vor, können Leistungsberechtigte dem Rehabilitationsträger eine angemessene Frist setzen und dabei erklären, dass sie sich nach Ablauf der Frist die erforderliche Leistung selbst beschaffen. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist die erforderliche Leistung selbst, ist der zuständige Rehabilitationsträger unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zur Erstattung der Aufwendungen verpflichtet. Die Erstattungspflicht besteht auch, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder eine Leistung zu Unrecht ablehnt. Sämtliche Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Dies ist begründet in dem Sachleistungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung, wo den Hörgeräteakustikern die Auswahl und Installation der Leistung im Rechtsverhältnis zum Versicherten übertragen ist. Insoweit ist keine Ermessensentscheidung zu treffen. Es besteht demgemäß kein Grund für eine Fristsetzung nach § 15 SGB IX. Unaufschiebbarkeit der Leistung ist ebenfalls nicht feststellbar. Zusammenfassend bestätigt sich auch hier das oben gefundene Ergebnis, wonach eine ausschließliche Zuständigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung für die Versorgung mit Hilfsmitteln vorliegt. Etwas anderes gilt lediglich dann, wenn wie zutreffend von der Beklagten bei der Bescheiderteilung ausgeführt eine spezifische Berufstätigkeit ein besonders gutes Hörvermögen voraussetzt und hierfür über den vollständigen funktionellen Ausgleich des Hördefizits im täglichen Leben hinausgehende Höranforderungen gestellt werden. In diesen Fällen besteht eine Zuständigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung. Eine Zuständigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung kann auch dann vorliegen, wenn besondere berufsspezifische Verhältnisse am Arbeitsplatz ein Hörgerät erfordern, das im alltäglichen Leben nicht benötigt wird und nicht eingesetzt werden kann. Weder sind bei der Klägerin besondere Höranforderungen z.B. bei Orchestermusikern erforderlich, noch existieren besondere berufsspezifische Verhältnisse am Arbeitsplatz, die ein anderweitig nicht nutzbares Hörgerät erforderlich machen. Vielmehr ist die Hörgeräteversorgung vorliegend notwendig, das hat die Klägerin ausgiebig betont um auch am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Dies liegt eindeutig im Zuständigkeitsbereich der gesetzlichen Krankenversicherung. Dass darüber hinaus auch berufliche Anforderungen bestehen, schließt die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung nicht aus. Bei Leistung des Festbetrages kann die Rechtmäßigkeit des Bewilligungsbescheides vorausgesetzt keine Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers mehr vorliegen. 4. Die Richtigkeit der obigen Überlegungen wird bestätigt durch § 17 SGB IX. Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 SGB IX kann der zuständige Rehabilitationsträger Leistungen zur Teilhabe allein oder gemeinsam mit anderen Leistungsträgern ausführen. Für die Versorgung mit Hilfsmitteln ist grundsätzlich die gesetzliche Krankenversicherung nach § 33 SGB V zuständig. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es sich hierbei um eine Rehabilitationsleistung für die gesetzliche Krankenversicherung handelt. Denn der Rehabilitationsanspruch nach SGB IX ist nicht vollständig deckungsgleich mit den Rehabilitationsansprüchen nach dem SGB V bzw. SGB VI (s.o.). Letztere sind in der Regel gemäß § 40 Abs. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) als Ermessensleistung ausgestaltet, wohingegen der Anspruch auf ein Hilfsmittel gemäß § 40 Abs. 1 SGB I als Sachleistungsanspruch ausgestaltet sind. Es handelt sich hierbei um Rehabilitationsansprüche nach dem SGB IX. Denn nach dem SGB IX dient die Leistung der Hörgeräteversorgung der Minderung der Folgen einer Hörbehinderung (teilweiser Hörverlust) im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX. Der Hilfsmittelanspruch dient dem Behinderungsausgleich (arg. § 26 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX). Im Ergebnis ist damit die gesetzliche Krankenversicherung im Rahmen der Hilfsmittelversorgung Rehabilitationsträger im Sinne des SGB IX und erbringt Leistungen nach § 5 Nr. 1 SGB IX. Diese Leistungen erbringt sie originär gemäß § 33 SGB IX i.V.m. § 21 Abs. 1 Nr. 2 lit. b) Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Die Rechtsauffassung des 3. Senats (Urteil vom 24.01.2013, Az. B 3 KR 5/12 R, RdNr. 52 zitiert nach ), wonach der Krankenversicherungsträger nach Leistung des Festbetrages den Leistungsantrag an den Rentenversicherungsträger weiterleiten könne, findet keine gesetzliche Grundlage, sondern steht eindeutig im Widerspruch zu § 17 SGB IX. Der zuständige Rehabilitationsträger (gesetzliche Krankenversicherung für die Leistung des Hörgerätes) kann danach Leistungen zur Teilhabe (das Hörgerät ist eine Leistung, die nicht in zwei Teile aufzuteilen ist) allein oder gemeinsam mit anderen Leistungsträgern erbringen. Soweit wofür hier keinerlei Anhaltspunkte vorliegen (s.o.) die Leistung nicht dem Ausgleich ausschließlich berufsbedingter Nachteile dient, wäre die Leistung gemeinsam mit dem gesetzlichen Rentenversicherungsträger zu erbringen. Dies ist auch im Interesse der Versicherten zwingend geboten. Denn nur so kann der Rentenversicherungsträger vorab die notwendige Ermessensentscheidung nach § 13 SGB VI treffen und Rechtsnachteile für die Versicherten vermeiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).