Versionsverlauf

Pflichtfeld

  • ab 21.07.1988 (aktuelle Fassung)

Abschnitt 222 VV-BauGB - 222. Genehmigung nach § 145

Bibliographie

Titel
Verwaltungsvorschriften zum Baugesetzbuch (VV-BauGB)
Amtliche Abkürzung
VV-BauGB
Normtyp
Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
21074000000002

222.1
Genehmigungsbehörde

Die Genehmigung wird nach § 145 Abs. 1 Satz 1 durch die Gemeinde erteilt. Es handelt sich um die Erledigung einer Aufgabe des eigenen Wirkungskreises.

Welches Gemeindeorgan intern zuständig ist, richtet sich nach der NGO. Im Regelfall handelt es sich um ein Geschäft der laufenden Verwaltung, so daß der Gemeindedirektor gemäß § 62 NGO zuständig ist.

Liegt das Grundstück in einem Umlegungsgebiet, wird empfohlen, den Umlegungsausschuß zu beteiligen (§ 51 Abs. 1 Satz 2).

222.2
Antrag

Der Antrag auf Genehmigung ist schriftlich oder zur Niederschrift bei der Genehmigungsbehörde zu stellen.

Der Antrag und die beizufügenden Unterlagen müssen alle Angaben enthalten, die den Rechtsvorgang, den Rechtsakt oder das Vorhaben und dessen Genehmigungspflicht eindeutig erkennen lassen und eine Beurteilung ermöglichen. Fehlende Unterlagen und Angaben hat die Behörde nachzufordern.

Der Antrag auf Erteilung einer bauaufsichtlichen Genehmigung oder eines Bauvorbescheids enthält nicht den Antrag nach § 145; dieser muß vielmehr ausdrücklich gesondert gestellt werden.

222.3
Entscheidungsfrist

Über den Antrag hat die Genehmigungsbehörde gemäß § 145 Abs. 1 Satz 1 binnen drei Monaten nach Eingang des vollständigen Antrags zu entscheiden. Müssen Unterlagen und Angaben nachgefordert werden, beginnt die Frist erst mit Eingang der letzten angeforderten Unterlagen zu laufen.

Kann die Genehmigungsbehörde die Prüfung nicht innerhalb der Genehmigungsfrist abschließen, hat sie nach § 145 Abs. 1 Satz 2 entsprechend § 19 Abs. 3 Satz 4 bis 6 zu verfahren. Sie hat dies dem Antragsteller durch einen Zwischenbescheid mitzuteilen. In dem Zwischenbescheid ist die Frist zu nennen, die für die abschließende Prüfung des Antrags benötigt wird; diese Frist darf höchstens weitere drei Monate betragen. Dieser Zwischenbescheid muß dem Antragsteller vor Ablauf der Genehmigungsfrist zugegangen sein; fällt der letzte Tag der Frist auf einen Sonn- oder Feiertag oder auf einen Sonnabend, genügt ein Zugang vor Ablauf des nächstfolgenden Werktags (§ 31 VwVfG und § 193 BGB).

Im Falle einer Verlängerung der Frist durch Zwischenbescheid wird die neue Frist von dem Ablauf der Dreimonatsfrist an berechnet.

222.4
Versagungsgründe

222.4.1
Allgemeines

Ist ein Versagungsgrund gegeben, so liegt die Entscheidung nicht im Ermessen der Gemeinde, vielmehr muß sie die Genehmigung versagen.

222.4.2
Beeinträchtigung der Sanierung

Die Genehmigung ist nach § 145 Abs. 2 zu versagen, wenn das Vorhaben, der Rechtsvorgang, der Rechtsakt oder die mit ihm erkennbar bezweckte Nutzung die Durchführung der städtebaulichen Sanierungsmaßnahme

  • unmöglich machen,
  • wesentlich erschweren oder
  • ihren Zielen und Zwecken zuwiderlaufen

würde.

Es wird keine Gewißheit verlangt, sondern es genügen konkrete Anhaltspunkte, die die Annahme rechtfertigen, daß Beeinträchtigungen i.S. des § 145 Abs. 2 zu erwarten sind. Hierbei kommt es im wesentlichen auf die Lage des Einzelfalles an.

Bei der Frage, welche Nutzung bezweckt wird, kommt es nicht nur auf die Erklärungen der Beteiligten an; vielmehr können auch andere Erkenntnisquellen verwertet werden.

Maßstab für die Prüfung der Beeinträchtigungen sind die von der Gemeinde festgelegten Ziele und Zwecke der Sanierung sowie der Stand der Durchführung. Da § 145 Abs. 2 auch der Sicherung der Planung dient, bedarf es für den Zeitpunkt der förmlichen Festlegung noch keiner städtebaulichen Planung, sondern lediglich einer Aussage über die anzustrebenden allgemeinen Ziele der städtebaulichen Gesamtmaßnahme gemäß § 141 Abs. 1 Satz 1. Die Gemeinde kann daher für einen begrenzten Zeitraum die Genehmigung nach § 145 Abs. 2 versagen, ohne daß bereits eine von ihr beschlossene städtebauliche Planung vorliegt. In diesen Fällen müssen genehmigungspflichtige Vorhaben und Rechtsvorgänge nach § 144 Abs. 1 und 2 zurückgestellt werden, soweit sie der künftigen Planung vorgreifen.

Auf Grund des Gebots der zügigen Durchführung nach § 136 Abs. 1 ist die Gemeinde jedoch nach der förmlichen Festlegung verpflichtet, unverzüglich eine städtebauliche Planung aufzustellen (Nr. 213). Im Ergebnis muß diese Planung eine Aussageschärfe enthalten, die einen hinreichenden Maßstab für die Beurteilung der Vorhaben und Rechtsvorgänge nach § 144 Abs. 1 und 2 bildet.

Soweit die Gemeinde ihrer Planungspflicht nicht genügt, wird nach Ablauf einer angemessenen Frist § 145 Abs. 2 gegenüber dem Betroffenen unanwendbar.

Die Gemeinde kann ihre städtebauliche Planung verändern oder durch eine neue Planung ersetzen. In diesem Fall ist für die Anwendung von § 145 Abs. 2 die veränderte oder neue Planung maßgebend.

Bei der Anwendung des § 145 Abs. 2 ist nur die Planung zugrunde zu legen, deren Durchsetzung die Gemeinde beabsichtigt. Unter diesen Voraussetzungen kann auch ein rechtsverbindlicher Bebauungsplan unbeachtlich sein, wenn er nicht den Zielen und Zwecken der Sanierung entspricht. Aus den §§ 30 und 34 können keine Ansprüche auf Erteilung einer Genehmigung nach § 145 Abs. 2 hergeleitet werden.

222.4.3
Verzicht auf Entschädigung

Nach § 145 Abs. 3 kann eine vorhandene wesentliche Erschwerung der städtebaulichen Sanierung i.S. von § 145 Abs. 2 außer in den Fällen des § 144 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 1 durch einen Entschädigungsverzicht des Berechtigten für sich und seine Rechtsnachfolger beseitigt werden. In diesen Fällen besteht ein Rechtsanspruch auf die Erteilung der Genehmigung. Damit werden Investitionen der Betroffenen auf eigenes Risiko ermöglicht. Im Falle der Enteignung entfällt insoweit eine Entschädigung.

§ 145 Abs. 3 ist aber nur anzuwenden, wenn und soweit der Verzicht auf die Entschädigung tatsächlich zu einer Beseitigung der wesentlichen Erschwerung der städtebaulichen Sanierung führt. Das ist nicht der Fall, wenn durch den Vorgang oder das Vorhaben Sachverhalte geschaffen werden, die tatsachlich schwer zu beseitigen sind und deswegen die zügige Durchführung der städtebaulichen Sanierung beeinträchtigen würden.

222.5
Entscheidung, Nebenbestimmungen

Die Entscheidung über die Genehmigung oder deren Versagung erfolgt durch Verwaltungsakt.

Die Genehmigung nach § 145 kann gemäß § 145 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 unter Auflagen erteilt werden. Befristungen und Bedingungen sind nach § 145 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2 nur bei der Genehmigung von Vorhaben und sonstigen Maßnahmen nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 (Veränderungssperre) und bei der Genehmigung von Nutzungsverhältnissen nach § 144 Abs. 1 Nr. 3 (Vertragssperre) möglich. Ist eine Genehmigung nach § 145 Abs. 3 nicht zulässig, kann sie auch nicht unter Auflagen, Befristungen oder Bedingungen erteilt werden. Auflagen, Befristungen und Bedingungen sind nur insoweit zulässig, als sie dazu dienen, die Versagungsgründe auszuräumen. Auflösende Befristungen und Bedingungen sind mit der Auflassung, auflösende Bedingungen mit der Bestellung eines Erbbaurechts nicht vereinbar (§ 925 Abs. 2 BGB, § 1 Abs. 4 Satz 1 der Verordnung über das Erbbaurecht).

Die durch Auflagen, Befristungen und Bedingungen betroffene Vertragspartei ist berechtigt, bis zum Ablauf eines Monats nach der Unanfechtbarkeit der Entscheidung vom Vertrag zurückzutreten (§ 51 Abs. 4 Satz 2 und 3 i.V.m. § 145 Abs. 4 Satz 2).

222.6
Genehmigung durch Fristablauf

Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn sie nicht innerhalb der Frist oder der verlängerten Frist versagt wird (§ 19 Abs. 3 Satz 6). Maßgebend ist der Zugang des Versagungsbescheides. Die Genehmigung gilt somit auch dann als erteilt, wenn der Zwischenbescheid erst nach Ablauf der Frist zugeht und damit keine Verlängerungswirkung hat. Bei mehreren Antragstellern ist zur Vermeidung uneinheitlicher Ergebnisse darauf zu achten, daß Versagungs- und Zwischenbescheide allen Antragstellern zugehen.

222.7
Eintragung im Grundbuch, Negativzeugnis

Hinsichtlich der Genehmigung eines Rechtsvorgangs nach § 144 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 ist gemäß § 145 Abs. 6 die Vorschrift des § 23 anzuwenden. Danach darf das Grundbuchamt im Falle eines solchen genehmigungsbedürftigen Rechtsvorgangs eine Eintragung in das Grundbuch erst vornehmen, wenn ihm der Genehmigungsbescheid der Gemeinde vorliegt.

Die Genehmigungsbehörde hat auf Antrag eines Beteiligten ein Zeugnis auszustellen, wenn zu einem Rechtsvorgang eine Genehmigung nicht erforderlich ist oder die Genehmigung als erteilt gilt.

222.8
Wirkungen der Entscheidung

Die Genehmigung nach § 145 besitzt keine positive Bindungswirkung im Hinblick auf die Baugenehmigung oder sonstige Genehmigungen.

222.9
Verhältnis der Genehmigung nach § 145 zur Baugenehmigung

§§ 144 und 145 gehören zu den öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die nach § 75 NBauO einem Vorhaben und damit der Erteilung der Baugenehmigung nicht entgegenstehen dürfen. Ohne vorherige Erteilung der Genehmigung nach § 145 darf daher keine Baugenehmigung (§ 75 NBauO) oder Teilbaugenehmigung (§ 76 NBauO) ausgesprochen werden. Ist die Genehmigung nach § 145 versagt, so ist auch die bauaufsichtliche Genehmigung zu versagen. Ist die Genehmigung nach § 145 Abs. 4 unter Auflagen befristet oder bedingt erteilt, so sind diese Nebenbestimmungen, soweit sie für die Baugenehmigung von Bedeutung sind, zu übernehmen. Läßt das Bauordnungsrecht die Übernahme der Einschränkungen nicht zu, so kann die Baugenehmigung nicht erteilt werden. Die vorstehenden Ausführungen gelten entsprechend auch für den Vorbescheid nach § 74 NBauO.

222.10
Durchführung von Vorhaben ohne Genehmigung

Führt ein Grundstückseigentümer ein Vorhaben i.S. von § 144 Abs. 1 Nr. 1, das nicht auch bauordnungsrechtlich genehmigungspflichtig ist, ohne Genehmigung der Gemeinde nach § 145 Abs. 1 durch, begeht er keine Ordnungswidrigkeit. Die Verhängung einer Geldbuße ist daher nicht möglich.

Betrifft das Vorhaben eine bauliche Anlage i.S. von § 2 Abs. 1 NBauO oder Baumaßnahmen i.S. von § 2 Abs. 5 NBauO, so kann die Bauaufsicht gemäß § 89 NBauO die Baueinstellung anordnen. Da die Bauaufsichtsbehörden allgemein die Aufgabe haben, rechtswidrige Baumaßnahmen von Amts wegen zu verhindern, ist in der Regel die Baueinstellung anzuordnen. Entsprechendes gilt auch für eine Beseitigungsanordnung durch die Bauaufsicht.

222.11
Übernahmeverlangen nach § 145 Abs. 5 und § 168

Bei Versagung der Genehmigung nach § 145 Abs. 2 kann der Eigentümer nach Maßgabe des § 145 Abs. 5 Satz 1 von der Gemeinde die Übernahme des Grundstücks verlangen, auf das sich der Rechtsvorgang, der Rechtsakt oder das Vorhaben bezieht.

Das Recht, auf Grund anderer Bestimmungen des BauGB (z.B. § 40 Abs. 2 oder § 173 Abs. 2) ein Übernahmeverlangen geltend zu machen, wird durch § 145 Abs. 5 und § 168 nicht berührt.