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  • ab 21.07.1988 (aktuelle Fassung)

Abschnitt 221 VV-BauGB - 221. Genehmigungspflichtige Vorhaben, Teilungen und Rechtsvorgänge

Bibliographie

Titel
Verwaltungsvorschriften zum Baugesetzbuch (VV-BauGB)
Amtliche Abkürzung
VV-BauGB
Normtyp
Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
21074000000002

221.1
Zweck der §§ 144 und 145

221.1.1
Absicherung des Sanierungsverfahrens

Die §§ 144 und 145 haben den Zweck, das Sanierungsverfahren gegen Störungen und Erschwerungen abzusichern und der Gemeinde einen angemessenen Zeitraum für die Verwirklichung ihrer Sanierungsziele einzuräumen. Mit ihrer Hilfe sollen Vorhaben, Teilungen und Rechtsvorgänge unterbunden werden, die sich erschwerend auf den Ablauf der Sanierung auswirken können.

221.1.2
Schutzfunktion

Die §§ 144 und 145 dienen zugleich dem Schutz der Betroffenen. Die Betroffenen werden gehindert, Vorhaben durchzuführen, Teilungen von Grundstücken vorzunehmen oder Rechtsgeschäfte zu schließen, die sich beim weiteren Fortgang der Sanierung als verfehlt erweisen.

221.1.3
Kaufpreisprüfung

Bei Sanierungsmaßnahmen im umfassenden Verfahren haben die §§ 144 und 145 auch die Aufgabe, der Gemeinde eine Preisprüfung bei Grundstücksgeschäften im Sanierungsgebiet zu ermöglichen (vgl. § 153 Abs. 2).

221.2
Genehmigungspflichtige Vorhaben, Teilungen und Rechtsvorgänge nach § 144 Abs. 1

221.2.1
Durchführung von Vorhaben

Genehmigungspflichtig nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 Nr. 1 ist die Durchführung von Vorhaben i.S. von § 29. Zur Durchführung gehören die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen.

Vom Genehmigungsvorbehalt werden erfaßt:

  1. a)

    bauliche Anlagen i.S. von § 29 Satz 1, die einer bauaufsichtlichen Genehmigung (§ 68 NBauO) oder einer bauaufsichtlichen Zustimmung (§ 82 NBauO) bedürfen oder über deren Zulässigkeit in einem anderen Verfahren entschieden wird;

  2. b)

    folgende Maßnahmen, die nicht die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Gegenstand haben:

    • Aufschüttungen größeren Umfangs,

    • Abgrabungen größeren Umfangs,

    • Ausschachtungen,

    • Ablagerungen einschließlich Lagerstätten.

    Hierbei ist nicht entscheidend, ob diese Maßnahmen einer bauaufsichtlichen Genehmigung oder Zustimmung oder einer Genehmigung nach anderen Vorschriften bedürfen.

221.2.2
Beseitigung baulicher Anlagen

Genehmigungspflichtig nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 Nr. 1 ist die Beseitigung einer baulichen Anlage. Erfaßt wird neben der totalen Beseitigung auch die teilweise Beseitigung.

Ohne Bedeutung ist, ob

  • die zu beseitigende bauliche Anlage formell oder materiell rechtswidrig oder rechtmäßig war oder ist,
  • die Errichtung der zu beseitigenden baulichen Anlage baurechtlich genehmigt war und ob eine Genehmigung vorlag oder
  • die Beseitigung selbst nach anderen Vorschriften genehmigungspflichtig ist.

221.2.3
Erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken

Genehmigungspflichtig nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 Alternative 1 sind alle erheblichen oder wesentlich wertsteigernden Veränderungen von Grundstücken.

Der Genehmigungsvorbehalt bezieht sich auf das Grundstück im grundbuchrechtlichen Sinne einschließlich seiner wesentlichen Bestandteile i.S. von §§ 93, 94 BGB.

Veränderungen sind nur Maßnahmen tatsächlicher Art, nicht Veränderungen rechtlicher Natur; letztere werden von § 144 Abs. 1 Nr. 3 oder von § 144 Abs. 2 erfaßt. Als Veränderung kommt z.B. die Verlegung von Entwässerungsanlagen in Betracht. Die alleinige Änderung der Nutzung eines Grundstücks ist für § 144 Abs. 1 Nr. 1 ohne Bedeutung.

Für die Frage, ob die Änderung erheblich ist, kommt es nicht darauf an, ob sie wertsteigernd oder wertmindernd ist.

Maßgebend ist ihre Auswirkung auf die Ziele und Zwecke des Sanierung.

Wesentlich wertsteigernd kann auch eine nicht erhebliche Veränderung sein. Entscheidend ist, ob infolge der Veränderung ein merklich höherer Verkaufserlös erwartet werden kann.

221.2.4
Erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von baulichen Anlagen

Genehmigungspflichtig nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 Alternative 2 sind alle erheblichen oder wesentlich wertsteigernden Veränderungen an baulichen Anlagen auch wenn sie sonst nicht genehmigungs- oder zustimmungspflichtig sind.

Als Veränderungen kommen alle Baumaßnahmen i.S. vor § 2 Abs. 5 NBauO an Anlagen oder Teilen von baulicher Anlagen in Betracht, die in §§ 69 oder 70 NBauO oder in Anhang zur NBauO genannt sind. Erfaßt wird auch das; Einfügen von baulichen Anlagen oder von Teilen baulicher Anlagen in vorhandene Anlagen.

Für die Beurteilung, ob die Veränderung erheblich oder wesentlich wertsteigernd ist, gilt Nr. 221.2.3 entsprechend.

221.2.5
Teilung eines Grundstücks

Genehmigungspflichtig ist nach § 144 Abs. 1 Nr. 2 die Teilung eines Grundstücks. Die Genehmigung ist auch dann erforderlich, wenn die Veräußerung eines Grundstücks nach § 144 Abs. 2 Nr. 3 genehmigt worden ist.

Mit der Genehmigung der Teilung wird nicht die Genehmigung der Veräußerung von Grundstücken nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 oder die Genehmigung für das Verpflichtungsgeschäft hierzu nach § 144 Abs. 2 Nr. 3 entbehrlich.

Der Begriff der Teilung eines Grundstücks entspricht dem in § 19 Abs. 2.

221.2.6
Vereinbarung von Nutzungsverhältnissen

Genehmigungspflichtig nach § 144 Abs. 1 Nr. 3 sind Vereinbarungen, durch die ein schuldrechtliches Vertragsverhältnis über den Gebrauch oder die Nutzung eines Grundstücks Gebäudes oder Gebäudeteils eingegangen oder verlängert wird.

Voraussetzung ist, daß die Vereinbarung auf eine bestimmte Zeit von mehr als einem Jahr abgeschlossen ist. Das ist auch der Fall, wenn bei unbestimmter Vertragsdauer eine Kündigungsfrist von mehr als einem Jahr vereinbart ist.

Der Genehmigungspflicht unterliegen auch Verträge über den Gebrauch oder die Nutzung künftig zu genehmigende oder noch zu errichtender Gebäude und Gebäudeteile.

221.3
Genehmigungspflichtige Rechtsvorgänge nach § 144 Abs. 2

221.3.1
Rechtsgeschäftliche Veräußerung eines Grundstücks, Bestellung und Veräußerung eines Erbbaurechts

Genehmigungspflichtig nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 ist die rechtsgeschäftliche Veräußerung eines Grundstücks sowie die Bestellung und Veräußerung eines Erbbaurechts.

Als Veräußerung eines Grundstücks gilt nach § 200 Abs. 1 auch die Veräußerung eines Grundstücksteils. Der Veräußerung eines Grundstücks ist die Veräußerung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück gleichzusetzen, da dieser ein unmittelbares Eigentumsrecht am Grundstück darstellt. Dagegen ist die Veräußerung eines Erbanteils an einer Erbmasse, zu der das Grundstück gehört, nicht als Grundstücksveräußerung anzusehen, da der Erbanteil nur ein Recht an der Sachgesamtheit begründet, nicht jedoch an den zu der Gesamtheit gehörenden einzelnen Sachen.

Die Genehmigungspflicht nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 besteht unabhängig davon, ob das Grundstück schon bebaut ist oder ob erst seine künftige Bebauung beabsichtigt ist.

221.3.2
Bestellung belastender Grundstücksrechte

Genehmigungspflichtig nach § 144 Abs. 2 Nr. 2 ist jede Bestellung eines das Grundstück belastenden Rechts. Erfaßt wird damit die Begründung von:

  • Grunddienstbarkeiten (§§ 1018 bis 1029 BGB),
  • Nießbrauchrechten (§§ 1030 bis 1089 BGB),
  • beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten (§§ 1090 bis 1093 BGB),
  • dinglichen Vorkaufsrechten (§§ 1094 bis 1104 BGB),
  • Reallasten (§§ 1105 bis 1112 BGB),
  • Hypotheken (§§ 1113 bis 1190 BGB),
  • Grundschulden (§§ 1191 bis 1198 BGB),
  • Rentenschulden (§§ 1199 bis 1203 BGB).

Vom Genehmigungsvorbehalt nicht erfaßt wird die Eintragung einer Zwangshypothek.

Keiner Genehmigung nach § 144 Abs. 2 Nr. 2 bedürfen die Veräußerung und Aufhebung der genannten Belastungen.

Nach § 144 Abs. 2 Nr. 2 Halbsatz 2 ist die Bestellung eines belastenden Rechts, das mit der Durchführung von Baumaßnahmen i.S. des § 148 Abs. 2 im Zusammenhang steht, nicht genehmigungspflichtig. Die Baumaßnahmen müssen in Durchführung der städtebaulichen Sanierungsmaßnahme ausgeführt werden, d.h., mindestens im Einklang mit den festgelegten Zielen und Zwecken der Sanierung stehen.

Im Zusammenhang mit der Durchführung von Baumaßnahmen können z.B. die Bestellung von Hypotheken zur Finanzierung der Neubauten, Ersatzbauten und Modernisierungen oder die Begründung von Geh-, Fahr- und Leitungsrechten auf Flächen nach § 9 Abs. 1 Nr. 21 oder eines Nutzungsrechts im Vollzug der Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 7 stehen.

221.3.3
Schuldrechtliche Verpflichtung zu dinglichen Rechtsgeschäften

Genehmigungspflichtig nach § 144 Abs. 2 Nr. 3 ist ein schuldrechtlicher Vertrag, durch den eine Verpflichtung zur

  1. a)
    Veräußerung eines Grundstücks (§ 144 Abs. 2 Nr. 1),
  2. b)
    Bestellung oder Veräußerung eines Erbbaurechts (§ 144 Abs. 2 Nr. 1),
  3. c)
    Bestellung eines das Grundstück belastenden Rechts (§ 144 Abs. 2 Nr. 2)

begründet wird.

Wird für einen schuldrechtlichen Vertrag, der eine Verpflichtung zu einem der in § 144 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 genannten dinglichen Rechtsgeschäfte enthält, eine Genehmigung erteilt, so gilt auch das zur Ausführung vorgenommene dingliche Rechtsgeschäft als genehmigt (§ 144 Abs. 2 Nr. 3 Halbsatz 2).

221.4
Freistellung vom Genehmigungsvorhalt

Gemäß § 144 Abs. 4 bedürfen keiner Genehmigung:

  1. a)
    Vorhaben und Rechtsvorgänge, wenn die Gemeinde oder der Sanierungsträger für das Treuhandvermögen als Vertragsteil oder Eigentümer beteiligt ist (§ 144 Abs. 4 Nr. 1).
    Die Genehmigungsfreiheit entbindet die Gemeinde und den Träger nicht von der Pflicht zu prüfen, ob das Vorhaben oder der Rechtsvorgang den Zielen und Zwecken der städtebaulichen Sanierungsmaßnahme entspricht (vgl. § 145 Abs. 2);
  2. b)
    Rechtsvorgänge nach § 144 Abs. 2 zum Zwecke der Vorwegnahme der Erbfolge (§ 144 Abs. 4 Nr. 2);
  3. c)
    vor förmlicher Festlegung baurechtlich genehmigte Vorhaben (§ 144 Abs. 4 Nr. 3 Halbsatz 1);
  4. d)
    Unterhaltungsarbeiten und die Fortführung einer bisher ausgeübten Nutzung (§ 144 Abs. 4 Nr. 3 Halbsatz 2);
  5. e)
    Teilungen eines Grundstücks nach § 144 Abs. 1 Nr. 2 sowie Rechtsvorgänge nach § 144 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2, die Zwecken der Landesverteidigung dienen (§ 144 Abs. 4 Nr. 4);
  6. f)
    der rechtsgeschäftliche (schuldrechtliche und dingliche) Erwerb von Grundstücken durch den Bedarfsträger, die in ein Planfeststellungsverfahren nach den in § 38 genannten Vorschriften einbezogen sind.

221.5
Allgemeine Genehmigung

221.5.1
Anwendungsbereich

Nach § 144 Abs. 3 kann die Gemeinde für bestimmte Fälle des § 144 Abs. 1 und 2 die Genehmigung allgemein erteilen.

Da § 144 Abs. 3 sich auf bestimmte Fälle des Genehmigungsvorbehalts in § 144 Abs. 1 und 2 bezieht, darf die Gemeinde nicht die Genehmigung für alle dort genannten Fälle erteilen.

Einer besonderen Prüfung bedarf die Erteilung einer allgemeinen Genehmigung für alle Fälle nach § 144 Abs. 2 Nr. 1. Falls die Gemeinde so verfährt, entfällt die Möglichkeit, die rechtsgeschäftliche Veräußerung eines Grundstücks, die den Anfangswert i.S. des § 153 Abs. 1 überschreitet, nach § 153 Abs. 2 zu untersagen. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, daß der Grundstückserwerber sich später bei seiner Heranziehung zur Zahlung eines Ausgleichsbetrages auf die allgemeine Genehmigung des Grundstücksgeschäfts durch die Gemeinde beruft und gemäß § 155 Abs. 1 Nr. 3 eine Anrechnung des Betrages, der den sanierungsunbeeinflußten Wert überschreitet, verlangt. In diesem Falle würde der Gemeinde ein vermeidbarer Einnahmeverlust entstehen.

221.5.2
Verfahren

Die allgemeine Erteilung der Genehmigung nach § 144 Abs. 3 erfolgt durch Verwaltungsakt in der Form der Allgemeinverfügung. Die Genehmigung kann erteilt werden, solange die Sanierungssatzung rechtsverbindlich ist. Sie kann unter den Voraussetzungen der § 48 und 49 VwVfG von der Gemeinde zurückgenommen bzw. widerrufen werden. Es wird daher empfohlen, bei Erteilung der Genehmigung den federzeitigen Widerruf vorzubehalten.