Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 09.08.2002, Az.: 3 B 188/02
einmalige Beihilfe; Nachttisch; Regal; Schreibtisch; Schreibtischlampe; Schreibtischstuhl; Schularbeiten; Schularbeiten; Stuhl; Tisch; Tischlampe; zumutbar
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 09.08.2002
- Aktenzeichen
- 3 B 188/02
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2002, 43546
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 21 BSHG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Es ist nicht zumutbar, dass drei Kinder im Alter von 7, 14 und 16 Jahren an einem Küchentisch mit den Maßen 1,10 m x 0,70 m gemeinsam Schularbeiten machen. Es besteht ein Bedarf für zwei zur Erledigung von Schreibarbeiten geeigneten Tischen mit je einem Stuhl und einer Tischlampe. - Es ist zumutbar, dass ein Kind die Schularbeiten am Küchentisch verrichtet.
Tenor:
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern einmalige Beihilfen zum Kauf von zwei (Schreib)-Tischen, zwei Stühlen und zwei Tischlampen zu bewilligen.
Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens zu 1/3, der Antragsgegner zu 2/3. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden nicht erhoben.
Gründe
Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der der Antragsgegner verpflichtet werden soll, den Antragstellern eine einmalige Beihilfe für die Beschaffung jeweils eines Schreibtisches, eines Schreibtischstuhls, einer Schreibtischlampe, eines Regals und eines Nachttisches zu bewilligen, hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen werden, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder aus anderen Gründen nötig erscheint (Regelungsanordnung). Da nach Sinn und Zweck des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens die vorläufige Regelung grundsätzlich die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorwegnehmen darf, kann eine Verpflichtung zur Zahlung und Übernahme von Geldleistungen, wie sie im vorliegenden Fall begehrt wird, im einstweiligen Anordnungsverfahren in der Regel nur ausgesprochen werden, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen für einen entsprechenden Anspruch (Anordnungsanspruch) glaubhaft gemacht sind und weiterhin glaubhaft gemacht wird, dass die begehrte Hilfe aus existenzsichernden Gründen so dringend notwendig ist, dass der Anspruch mit gerichtlicher Hilfe sofort befriedigt werden muss und es deshalb nicht zumutbar ist, den Ausgang eines Hauptsacheverfahrens abzuwarten (Anordnungsgrund).
Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes angezeigten summarischen Prüfung haben die Antragsteller einen Anspruch auf Bewilligung einer einmaligen Beihilfe für die Beschaffung von zwei (Schreib)Tischen, zwei Stühlen und zwei Tischlampen glaubhaft gemacht.
Hilfe zum Lebensunterhalt nach den §§ 11, 12 BSHG wird nach den §§ 21, 22 BSHG durch laufende oder einmalige Leistungen gewährt. Gemäß § 21 Abs. 1a Nr. 6 BSHG werden einmalige Leistungen für die Beschaffung von Gebrauchsgütern von längerer Gebrauchsdauer und höherem Anschaffungswert gewährt, wenn insoweit ein anderweitig nicht gedeckter Bedarf besteht. Ob Bedarf für ein solches Gebrauchsgut besteht, d.h. ob es dem notwendigen Lebensunterhalt zuzurechnen ist, bestimmt sich nach den tatsächlichen Lebens- und Verbrauchsgewohnheiten (LPK, BSHG: § 21 Rn. 48).
Im Fall der Antragsteller besteht nach Ansicht der Kammer bei summarischer Prüfung aufgrund der allgemeinen Lebensgewohnheiten unter Berücksichtigung der besonderen Familien- und Wohnverhältnisse ein Bedarf für zwei zur Erledigung von Schreibarbeiten geeignete Tische mit zwei Stühlen und zwei Tischlampen. Die Kammer stellt insoweit auf das vorhandene Mobiliar ab, welches der Betreuer des Vaters der Antragsteller mit Schriftsatz an den Antragsgegner vom 11.04.2002 (vgl. Bl. 932 der Beiakten) sowie im Rahmen der Antrags- und Klageschrift beschrieben hat und dessen Existenz der Antragsgegner nicht bestritten hat. Danach sind in der Wohnung der Antragsteller lediglich zwei Tische vorhanden, von denen der Couchtisch allein aufgrund seiner Höhe zur Bearbeitung der Schularbeiten etc. nicht in Betracht kommt. Nach den Ausführungen des Betreuers hat der zweite Tisch, ein nicht ausziehbarer Küchentisch, eine Größe von nur 1,10 m x 0,70 m. In den beiden Kinderzimmern, die von dem Antragsteller zu 1) sowie von den Antragstellerinnen zu 2) und 3) gemeinsam bewohnt werden, sind keine Tische vorhanden. Unter Berücksichtigung dieser Wohnverhältnisse sowie der Tatsache, dass drei Kinder möglicherweise gleichzeitig Hausarbeiten etc. verrichten müssen, hält es die Kammer für nicht zumutbar, die auch von ihrem Alter her sehr unterschiedlichen Antragsteller (7, 14 und 16 Jahre) auf ein tägliches gemeinsames Arbeiten an dem vorhandenen Küchentisch zu verweisen. In Anbetracht der Größe des Tisches dürfte dies bereits räumliche Probleme aufwerfen. Vor diesem Hintergrund sind den Antragstellern bei summarischer Prüfung einmalige Beihilfen für zwei Tische mit Zubehör (Stuhl und Lampe) zu bewilligen.
Darüber hinausgehend haben die Antragsteller keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Insbesondere besteht kein Anspruch auf die Bewilligung einer einmaligen Beihilfe für einen weiteren Schreibtisch mit Zubehör. Unter Berücksichtigung der geschilderten Wohnverhältnisse ist nach Ansicht der Kammer zumutbar, dass eines der Kinder die Hausarbeiten an dem vorhandenen Küchentisch erledigt (vgl. B. d. Kammer v. 09.12.1999, Az. 3 B 658/99). Dabei ist insbesondere auch berücksichtigt worden, dass der Antragsteller zu 1) seit dem 01.08.2002 das Berufsgrundbildungsjahr Metalltechnik an den berufsbildenden Schulen in Peine absolviert. Nach telefonischer Auskunft der Schule muss der Antragsteller dort keine Hausaufgaben im klassischen Sinn erledigen, sondern lediglich eine Mappe führen, in der Ausbildungsnachweise und -berichte eingetragen werden. Darüber hinaus haben die Antragsteller auch keinen Anspruch auf die Bewilligung einer einmaligen Beihilfe zum Erwerb jeweils eines Regals und eines Nachttisches glaubhaft gemacht. Insoweit hält die Kammer die Ausstattung der beiden vorhandenen Kinderzimmer mit jeweils einem Schränkchen und einem Regal bzw. einem Regalbrett für ausreichend. Ferner ist auch nicht ersichtlich, dass zum notwendigen Lebensunterhalt von Kindern - anders als möglicherweise bei älteren Personen (vgl. für eine ältere behinderte Person Urt. d. OVG Lüneburg v. 19.01.1999 - 4 L 1423/98 -) - die Verfügbarkeit eines Nachttisches zum notwendigen Lebensunterhalt gehört.
Nach alledem ist dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang stattzugeben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1, § 188 Abs. 2 VwGO und orientiert sich an den geschätzten Kosten für die begehrten Gegenstände.