Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 09.05.2006, Az.: L 7 AS 403/05 ER

Anrechnung der Einkünfte aus einer selbstständigen Tätigkeit und einem Existenzgründerzuschuss auf die laufenden Leistungen zum Lebensunterhalt; Existenzgründerzuschuss als eine zweckbestimmte Einnahme; Berücksichtigung von einmaligen Geldleistungen; Entscheidung im Eilverfahren über abgelaufene Bewilligungszeiträume hinsichtlich der Berechnungsmethoden bei der Einkommensermittlung auf der Grundlage gegenwärtig nicht mehr geltenden Rechts; Vorliegen des Anordnungsgrundes im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts beziehungsweise des Beschwerdegerichts

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
09.05.2006
Aktenzeichen
L 7 AS 403/05 ER
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2006, 16654
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2006:0509.L7AS403.05ER.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Lüneburg - 21.10.2005 - AZ: S 30 AS 647/05 ER

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Lüneburg vom 21. Oktober 2005 geändert. Die Verpflichtung der Antragsgegnerin, der Antragstellerin Leistungen im Wege der einstweiligen Anordnung zu gewähren, wird auf den Zeitraum vom 12. bis 31. Oktober 2005 beschränkt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I.

Die Beteiligten streiten darum, in welchem Umfang bei den laufenden Leistungen zum Lebensunterhalt Einkünfte der Antragstellerin aus einer selbstständigen Tätigkeit und einem Existenzgründerzuschuss angerechnet werden müssen.

2

Die im Januar 1969 geborene, ledige Antragsteller bewohnt seit dem Mai 1989 als Mieterin ein im Jahre 1994 bezugsfertig gewordenes Einfamilienhaus auf einem circa 1.660 qm großen Grundstück. Das Haus hat insgesamt eine Wohnfläche von circa 95 qm; nach dem ( ändernden ) Mietvertrag vom 17. Juni 2003 beträgt die Miete monatlich 614,00 EUR und als Vorschuss auf die Nebenkosten sind von ihr monatlich 86,00 EUR zu zahlen. Die Strom- und Gaskosten (u.a. für die Heizung) werden von ihr direkt an das örtliche Versorgungsunternehmen geleistet. Die Antragstellerin, die selbstständig eine Praxis für Fußpflege und Massagen in ihrem Wohnhaus betreibt, erhielt im Jahre 2004 vom Landkreis D. laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Bestimmungen des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG). Außerdem erhielt sie mit Bescheid der Agentur für Arbeit D. vom 9. Juni 2004 für die Zeit vom 1. August 2004 bis zum 31. Juli 2005 einen Existenzgründerzuschuss in Höhe von monatlich 600,00 EUR. Die Möglichkeit der Weiterbewilligung für eine Gesamtförderdauer von maximal drei Jahren wurde ihr in Aussicht gestellt.

3

Auf ihren Antrag vom 13. September 2004 hin gewährte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit Bescheid vom 10. Dezember 2004, geändert durch Bescheid vom 27. Januar 2005, für den Bewilligungszeitraum Januar bis April 2005 monatlich Leistungen in Höhe von 424,00 EUR. Auf der Bedarfsseite ging dabei die Antragsgegnerin vom Regelsatz der Antragstellerin und Unterkunftskosten (einschließlich anteiliger Mietkosten für die Fußpflegepraxis) in Höhe von monatlich 679,37 EUR aus und berücksichtigte andererseits als Einnahme den Existenzgründerzuschuss ohne Bereinigung. Mit Änderungsbescheid vom 20. April 2005 gewährte der Landkreis D. der Antragstellerin für den Bewilligungszeitraum Januar bis April 2005 monatliche Leistungen in Höhe von 563,00 EUR.

4

Mit Bescheid vom 25. April 2005 gewährte die Antragsgegnerin für den Bewilligungszeitraum vom Mai bis zum Oktober 2005 monatliche Leistungen in Höhe von 348,00 EUR. Dagegen legte die Antragstellerin mit Schreiben vom 25. Mai 2005 Widerspruch ein und wies zur Begründung unter anderem darauf hin, dass ihr Erwerbseinkommen um eine Werbe- und Versicherungspauschale bereinigt werden müsse. Außerdem sei bei den Kosten der Unterkunft auch der Praxisanteil zu berücksichtigen. Mit Änderungsbescheid vom 19. September 2005 bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin für den Zeitraum Mai bis Oktober 2005 lediglich Leistungen in Höhe von monatlich 43,99 EUR. Bei der Berechnung ging die Antragsgegnerin von einem Bedarf der Antragstellerin in Höhe von monatlich 802,03 EUR aus (Regelsatz 345,00 EUR und Kosten der Unterkunft 457,03 EUR) und stellte dem ein monatliches Einkommen von 758,05 EUR gegenüber. Denn das Einkommen der Antragstellerin setze sich aus dem Existenzgründerzuschuss in Höhe von monatlich 600,00 EUR und monatlichen Einkünften aus der Erwerbstätigkeit in Höhe von 158,05 EUR zusammen. Zur Berechnung des letztgenannten Betrages knüpfte die Antragsgegnerin an eine Gewinn- und Verlustberechnung der Antragstellerin vom 8. April 2005 betreffend den Zeitraum Januar bis März 2005 an, wonach durchschnittlich im Monat 531,19 EUR als Gewinn erwirtschaftet wurden. Dieser Betrag wurde um anteilige Mietkosten für die Fußpflegepraxis in Höhe von 306,77 EUR, eine Versicherungspauschale und einen Freibetrag bereinigt.

5

Unter Einbeziehung dieses Änderungsbescheides wies die Antragsgegnerin den Widerspruch der Antragstellerin mit Widerspruchsbescheid vom 20. September 2005 als unbegründet zurück und erläuterte zur Begründung die vorgenannten Rechenschritte. Dagegen erhob die Antragstellerin zum Sozialgericht (SG) Lüneburg Klage, über die - soweit ersichtlich - bislang noch nicht entschieden wurde (Az: S 30 AS 617/05). Im Rahmen des Klageverfahrens machte die Antragstellerin geltend, dass der Existenzgründerzuschuss nunmehr monatlich nur noch 360,00 EUR betrage.

6

Am 12. Oktober 2005 hat sich die Antragstellerin an das SG Lüneburg mit der Bitte um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gewandt. Sie hat vorgetragen, dass zu Unrecht von einem Erwerbseinkommen in Höhe von circa 530,00 EUR monatlich ausgegangen werde. Tatsächlich habe sie nämlich bei der Betrachtung des Wirtschaftszeitraums August 2004 bis Juli 2005 einen Verlust von monatlich circa 105,00 EUR erlitten, wenn man alle Einnahmen und Ausgaben des betreffenden Zeitraumes gegenüberstelle und das Ergebnis auf die Monate verteile. Zu Unrecht habe die Antragsgegnerin auch den Existenzgründerzuschuss der Agentur für Arbeit als anrechenbares Einkommen angesehen, obwohl dies in der Niedersächsischen Rechtsprechung bislang nicht gebilligt worden sei.

7

Nachdem die Antragsgegnerin mit Änderungsbescheid vom 17. Oktober 2005 für den Zeitraum September bis Oktober 2005 statt der bislang bewilligten monatlichen 43,98 EUR einen Betrag von 283,99 EUR der Antragstellerin bewilligt hatte, weil nunmehr der niedrigere Existenzgründerzuschuss zu berücksichtigen sei, gab das SG Lüneburg dem Begehren der Antragstellerin mit Beschluss vom 21. Oktober 2005 statt und verpflichtete die Antragsgegnerin (ohne eine ausdrückliche zeitliche Begrenzung) im Wege der einstweiligen Anordnung, der Antragstellerin Leistungen ohne Anrechnung eines Existenzgründerzuschusses und ohne Anrechnung von Einkünften aus der selbstständigen Tätigkeit zu gewähren. Zur Begründung wurde hinsichtlich der Zweckgebundenheit des Existenzgründerzuschusses auf die bisherige Rechtsprechung des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen-Bremen hingewiesen und weiter ausgeführt, dass bei einem Gewinn von monatlich 531,19 EUR kein anzurechnendes Einkommen mehr verbleibe, weil die Praxismiete (306,77 EUR), die Krankenversicherung (192,00 EUR), die Rentenversicherung (78,00 EUR) und die Pflegeversicherung (20,52 EUR) davon in Abzug zu bringen seien.

8

Gegen den ihr am 25. Oktober 2005 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin am 27. Oktober 2005 Beschwerde eingelegt, der das SG nicht abgeholfen hat. Die Antragsgegnerin macht geltend: Selbst wenn sie zunächst den der Antragstellerin gewährten Existenzgründerzuschuss nicht als Einkommen berücksichtige, so ergebe sich gleichwohl ein anzurechnendes Einkommen der Antragstellerin aus ihrer selbstständigen Erwerbstätigkeit, sodass die Leistungsgewährung lediglich im Umfang des Änderungsbescheides vom 17. Oktober 2005 zutreffend sei. Die von der Antragstellerin gewünschte Einbeziehung der Einnahmen und Ausgaben aus dem Jahre 2004 sei nicht richtig, denn typischerweise würden gerade bei Beginn der Selbstständigkeit größere Ausgaben anfallen, die die Einnahmen minderten. Außerdem habe das SG im angegriffenen Beschluss zu Unrecht Ausgaben der Antragstellerin für Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung berücksichtigt, obwohl die Antragstellerin als Bezieherin von Leistungen nach dem SGB II gemäß § 5 SGB V pflichtversichert sei. Ein Abzug der Versicherungsbeiträge, wie vom SG vorgenommen, führe letztlich zu einer doppelten Zahlung bei den Trägern der Versicherung.

9

Die Antragsgegnerin beantragt (sinngemäß),

den Beschluss des Sozialgerichts Lüneburg vom 21. Oktober 2005 aufzuheben und den Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.

10

Die Antragstellerin beantragt (sinngemäß),

die Beschwerde zurückzuweisen.

11

Sie macht geltend: Gerade bei Kleinselbstständigen sei es häufig anzutreffen, dass in verschiedenen Monaten stark schwankende Einkünfte anfielen. Deswegen sei es richtig, an eine jährliche Gewinn- und Verlustrechnung anzuknüpfen und den so ermittelten Betrag auf zwölf Monate zu verteilen. Allerdings sei es richtig, dass nunmehr eine Pflichtversicherung bestehe und die E. die überzahlten Versicherungsbeiträge ihr erstattet habe.

12

Mit Änderungsbescheid vom 31. Oktober 2005 regelte die Antragsgegnerin den Bewilligungszeitraum vom Mai bis Oktober 2005 neu: Vom Mai bis zum August bewilligte sie monatlich 43,99 EUR, für den September 283,99 EUR und für den Oktober 612,09 EUR. Zur Begründung der Änderung wies sie auf den Beschluss des SG vom 21. Oktober 2005 hin und gewährte die Leistungen unter dem Vorbehalt einer anders lautenden Entscheidung im Beschwerde- oder Hauptsacheverfahren.

13

Mit einem als Änderungsbescheid bezeichneten Bescheid hat die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 31. Oktober 2005 den Anspruch der Antragstellerin für den Bewilligungszeitraum November 2005 bis April 2006 erstmals geregelt und der Antragstellerin monatliche Leistungen in Höhe von 571,86 EUR zuerkannt. Bei der Berechnung dieses Betrages ging die Antragsgegnerin von einem Regelbedarf in Höhe von 345,00 EUR und Kosten der Unterkunft und Heizung von 226,85 EUR aus. In dem Bescheid heißt es, dass in Ausführung des Beschlusses des SG Lüneburg vom 21. Oktober 2005 die Leistungen unter dem Vorbehalt der Rückforderung und anders lautender Entscheidung im Beschwerde- und Hauptsacheverfahren ohne Anrechnung des Existenzgründerzuschusses erfolge.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen. Sie sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

15

II.

Die gemäß §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde ist zum überwiegenden Teil nicht begründet.

16

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist stets, dass sowohl ein Anordnungsgrund (das heißt die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) als auch ein Anordnungsanspruch (das heißt die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs) glaubhaft gemacht werden (vgl. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweggenommen werden. Wegen des Gebots, effektiven Rechtsschutz zu gewähren (vgl. Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz - GG -), ist von diesem Grundsatz aber eine Abweichung dann geboten, wenn ohne die begehrte Anordnung schwere und unzumutbare, später nicht wieder gutzumachende Nachteile entstünden, zu deren Beseitigung eine nachfolgende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. BVerfGE 79, 69, 74 [BVerfG 25.10.1988 - 2 BvR 745/88] m.w.N.).

17

Ausgehend von diesen Grundsätzen rechtfertigt zwar das Beschwerdevorbringen nicht die Änderung des angegriffenen Beschlusses des SG ( dazu unter 1); indessen ist aus anderen Gründen die Änderung des angegriffenen Beschlusses geboten ( dazu unter 2 ).

18

1 )

Denn zutreffend hat das SG entschieden, dass der Existenzgründerzuschuss nach § 421 Abs. 1 SGB III eine zweckbestimmte Einnahme im Sinn des § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II ist. Dies hat der 8. Senat des LSG Niedersachsen-Bremen mit Beschluss vom 23. Juni 2005 so erkannt (Az: L 8 AS 97/05 ER) und dem schließt sich der erkennende Senat an (a.A.: LSG Hessen, Beschluss vom 29.06.2005 - L 7 AS 22/05 ER -, LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 10.11.2005 - L 2 B 44/05 AS ER -).

19

Auch begegnet es für das Eilverfahren keinen Bedenken, wenn das SG der Antragsgegnerin aufgegeben hat, zunächst nicht davon auszugehen, die Antragstellerin würde durch ihre Selbstständigkeit ausreichendes, auf den Bedarf anzurechnendes Einkommen erwirtschaften. Denn insoweit begegnet die bislang von der Antragsgegnerin vorgenommene Berechnung durchgreifenden Bedenken. So ist bei der Bedarfsberechnung bislang nicht ersichtlich, aufgrund welcher Überlegungen die Antragsgegnerin bei den Kosten der Unterkunft und Heizung lediglich von einem Betrag in Höhe von 457,03 EUR monatlich ausgeht. Dieser Betrag wurde jedenfalls für den Bewilligungszeitraum bis zum Oktober 2005 bislang von der Antragsgegnerin in Ansatz gebracht, ohne dass sich in den angefochtenen Bescheiden oder in den vorgelegten Verwaltungsvorgängen dafür nachvollziehbare Anknüpfungspunkte zur Berechnung finden. Ähnlich verhält es sich mit diesem Bedarfsposten in dem Bewilligungszeitraum, der mit dem Bescheid vom 31. Oktober 2005 (erstmals ?) für den 1. November 2005 bis 30. April 2006 neu geregelt wurde. Dort wird von monatlichen Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 226,85 EUR gesprochen, ohne dass dieser Rechnungsposten nachvollziehbar dargelegt wurde. Verwaltungsakte bedürfen aber gemäß § 35 SGB X einer Begründung, in der die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitgeteilt werden, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Das ist hier bei den leistungsgewährenden Bescheiden, die auf der Grundlage des Berechnungsprogramms ergehen, nicht der Fall. Denn aus den Bescheiden ist nicht ersichtlich, wie die Miete und die Nebenkosten die auf der Bedarfsseite in Ansatz gebracht werden, berechnet wurden.

20

Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin kann auch nicht davon ausgegangen werden, die Antragstellerin hätte im streitigen Bewilligungszeitraum im nennenswerten Umfang aus ihrer selbstständigen Erwerbstätigkeit Einkommen erzielt. Weder aus den angegriffenen Bescheiden noch aus dem Widerspruchsbescheid vom 20. September 2005 ist im Einzelnen die Berechnung zu ersehen oder nachzuvollziehen, die zur Annahme der konkreten Einkünfte geführt hat. Auch wurde von der Antragstellerin zutreffend bemängelt, dass die Antragsgegnerin lediglich die Einkünfte der Monate Januar bis März 2005 der Berechnung zugrunde gelegt hat. Denn sie würde voraussichtlich nicht in Zukunft jeden Monat 531,19 EUR an bereinigten Einkünften erzielen. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 der Arbeitslosengeld II-Verordnung - Alg II-V vom 20. Oktober 2004 (BGBl. I S. 2622) ist für den Fall, dass laufende Einnahmen, die in unterschiedlicher Höhe zufließen, Abs. 3 der Vorschrift entsprechend anzuwenden. Danach sind einmalige Einnahmen von dem Monat an zu berücksichtigen, in die sie zufließen; dabei sollen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zahl von ganzen Tagen nicht erbracht werden, die sich unter Berücksichtigung der monatlichen Einnahmen nach Abzug von Freibeträgen und Absetzbeträgen bei Teilung der Gesamteinnahmen durch den ermittelten täglichen Bedarf einschließlich der zu zahlenden Beiträge für eine freiwillige Weiterversicherung in der Kranken- und Pflegeversicherung ergibt (vgl. § 2 Abs. 3 Alg II-V). Diese Berechnung wurde von der Antragsgegnerin nicht vorgenommen.

21

Letztlich kann es aber offen bleiben, welche Schlussfolgerungen aus diesem Unterlassen im Rahmen des vorliegenden Verfahrens zu ziehen sind. Denn zwischenzeitlich ist durch die Erste Verordnung zur Änderung der Alg II-V vom 22. August 2005 (BGBl. I S. 2499) hinsichtlich der Berechnung des Einkommens aus selbstständiger Arbeit die Regelung des § 2a eingefügt worden, die für Bewilligungszeiträume gilt, die ab dem 1. Oktober 2005 oder später beginnen. Gemäß § 2a Alg II-V n.F. ist grundsätzlich das Einkommen für das Kalenderjahr zu berechnen, in dem der Bedarfszeitraum liegt und ein Zwölftel des Einkommens im Berechnungsjahr als Einkommen anzunehmen, wobei nach Abs. 3 der Regelung auch noch zu erwartende Einnahmen und Ausgaben auf der Grundlage früherer Betriebsergebnisse zu berücksichtigen sind. Häufig wird sich hinsichtlich der Einzelheiten eine vorläufige Entscheidung im Sinne von § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a SGB II in der Fassung des Freibetragsneuregelungsgesetzes vom 14. August 2005 (BGBl. I S. 2407) anbieten. Bei dieser Sachlage, die durch eine Neuregelung des Problemkreises der Errechnung der Einkünfte selbstständig Tätiger für nach dem 1. Oktober 2005 beginnende Bewilligungszeiträume gekennzeichnet ist, erscheint es dem Senat nicht als opportun, im Eilverfahren über abgelaufene Bewilligungszeiträume hinsichtlich der Berechnungsmethoden bei der Einkommensermittlung auf der Grundlage gegenwärtig nicht mehr geltenden Rechts zu befinden. Insoweit ist jetzt ein Anordnungsgrund nicht mehr gegeben und der angegriffene Beschluss des SG war in seiner Wirkung bis zum 1. November 2005 zeitlich zu begrenzen; die endgültige Entscheidung mag in dieser Hinsicht einem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

22

2 )

Soweit es den Bewilligungszeitraum ab dem 1. November 2005 betrifft, der mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 31. Oktober 2005 neu geregelt wurde, so hat sie selbst nur den Vorbehalt ausgebracht, dass in Ausführung des angegriffenen Beschlusses des SG vom 21. Okt. 2005 die Leistungen ohne Anrechnung des Existenzgründungszuschusses bewilligt werden. Dazu hat die Antragsgegnerin erklärt, sie wolle den Streitpunkt der Anrechnung des Existenzgründerzuschusses im Eilverfahren nicht weiter verfolgen. Einen weiter gehenden Vorbehalt hat die Antragsgegnerin nicht formuliert, sodass sich nicht die Annahme rechtfertigt, gegenwärtig stünde noch zwischen den Verfahrensbeteiligten die Frage in Streit, ob und in welcher Höhe und mit welchen Bereinigungen ein Erwerbseinkommen der Antragstellerin aus ihrer Fußpflegepraxis den Bedarf mindernd in Ansatz zu bringen ist. Hinzu kommt, dass über die Höhe der Einkünfte in diesem Bewilligungszeitraum nicht weiter gestritten wurde.

23

Auch insoweit ist daher ein Anordnungsgrund gegenwärtig nicht (mehr) gegeben. Denn grundsätzlich muss der Anordnungsgrund nicht nur im Zeitpunkt des Antrags auf den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung, sondern auch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts beziehungsweise des Beschwerdegerichts gegeben sein. Im vorliegenden Fall besteht kein Anlass, von diesem Grundsatz abzuweichen.

24

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 Abs. 1 und 4 SGG. Da die Antragsgegnerin in die Beschwerde gegangen ist, obwohl sie im Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach ihrem Beschwerdeschriftsatz vom 25. Oktober 2005 die Anrechnung des Existenzgründerzuschusses nicht mehr verfolgen will und für den neuen Bewilligungszeitraum ab dem 1. Nov. 2005 kein Erwerbseinkommen der Antragstellerin berücksichtigt hat und auch keine Hauptsacherledigungserklärung abgegeben hat, nachdem die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 9. November 2005 mitgeteilt hat, dass die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge nicht mehr geltend gemacht werden, entsprach es der Billigkeit, ihr die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

25

Diese Beschwerdeentscheidung ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.