Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 10.05.2006, Az.: L 2 R 534/05
Leistungen zur beruflichen Rehabilitation; Erhebliche Minderung der Erwerbsfähigkeit; Schwierigkeiten eines älteren Arbeitssuchenden beim Zugang zum Arbeitsmarkt bei geringer Anzahl leidensgerechter Arbeitsplätze und Konkurrenz zu vornehmlich jüngeren Arbeitssuchenden; Voraussetzung der spürbaren Besserung der Vermittlungsfähigkeit des individuellen Versicherten; Wechselseitiger Bezug zwischen dem individuellen Wiedereingliederungswillen und der Rehabilitationsförderung durch den Sozialleistungsträger; Rentenbegehren im Vordergrund; Widersprüchliches Verhalten des Versicherten
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 10.05.2006
- Aktenzeichen
- L 2 R 534/05
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 16140
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2006:0510.L2R534.05.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Hildesheim - 05.10.2005 - AZ: S 4 R 228/05
Rechtsgrundlagen
- § 9 Abs. 1 SGB VI
- § 10 Abs. 1 Nr. 2b SGB VI
Redaktioneller Leitsatz
Die Gewährung einer Maßnahme zur beruflichen Rehabilitation setzt einen ernsthaften Wiedereingliederungswillen des Arbeitslosen auf dem ersten Arbeitsmarkt voraus.
Tenor:
Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hildesheim vom 05. Oktober 2005 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Leistungen zur beruflichen Rehabilitation.
Die im August 1951 geborene Klägerin hat nach einer Ausbildung zur Großhandelskauffrau im Beitrittsgebiet als solche bis 1974 gearbeitet. Danach war sie Verkaufsstellenleiterin im Uhren- und Schmuckbereich sowie von 1976 bis 1999 mit Unterbrechungen im Gastronomiebereich tätig. Nach einem auf Kosten der Bundesagentur für Arbeit geförderten Lehrgang zum Sicherungsposten war sie ab Januar 2000 als Streckenposten bei der Deutschen Bahn beschäftigt. In dieser Tätigkeit besteht Arbeitsunfähigkeit seit Mai 2001; seit November 2002 bestreitet die Klägerin ihren Lebensunterhalt mit Leistungen der Arbeitslosenverwaltung.
Ein im März 2004 gestellter Rentenantrag blieb in allen Instanzen ohne Erfolg (vgl. den Bescheid der Beklagten vom 08. Juni 2004, den Widerspruchsbescheid vom 19. August 2004, den Gerichtsbescheid des SG Hildesheim vom 17. Oktober 2005 - S 5 RI 211/04 - und das Urteil des Senates vom 05. April 2006 - L 2 R 613/05 -).
Während des laufenden Rentenverfahrens beantragte die Klägerin am 12. November 2004 bei der Beklagten die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.
Während einer der Klägerin von der Beklagten gewährten Leistung der medizinischen Rehabilitation im Rehazentrum Bad Eilsen vom 18. Januar bis 15. Februar 2005 nahm diese vom 24. bis 28. Januar 2005 an einer Berufsfindungsmaßnahme in Form eines sog. "BALL-Trainings" teil. Dabei erklärte die Klägerin ausweislich des entsprechenden Abschlussberichtes, dass sie für sich unter Berücksichtigung ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen keine realistischen Möglichkeiten einer Arbeitsaufnahme mehr sehe, sie wolle die Beendigung des Rentenverfahrens abwarten. Eine Motivation zur Aufnahme einer leidensgerechten Tätigkeit ließ sich trotz eingehender Erläuterung der diesbezüglich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten nicht feststellen. Berufliche Zielvorstellungen und Alternativen konnten nicht thematisiert werden, da das Rentenbegehren im Vordergrund stand.
Mit Bescheid vom 17. März 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31. Mai 2005 lehnte die Beklagte die Gewährung einer berufsfördernden Maßnahme mit der Begründung ab, dass die Klägerin zumutbarerweise eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausüben könne.
Zur Begründung der am 03. Juni 2005 erhobenen Klage hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass sie gesundheitsbedingt die zuletzt wahrgenommene Tätigkeit eines Sicherungspostens nicht mehr ausüben könne.
Mit Gerichtsbescheid vom 05. Oktober 2005, der Beklagten zugestellt am 10. Oktober 2005, hat das Sozialgericht Hildesheim unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide die Beklagte zur Neubescheidung "unter der Maßgabe einer rehabilitationsrechtlichen Minderung der Erwerbsfähigkeit" verurteilt.
Mit der am 18. Oktober 2005 eingelegten Berufung macht die Beklagte geltend, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 10 SGB VI für die begehrte Maßnahme nicht gegeben seien, da die Erwerbsfähigkeit der Klägerin weder gemindert noch erheblich gefährdet sei. Die Klägerin könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch eine zumutbare Beschäftigung finden. Insoweit seien auch im Rehabilitationsrecht die rentenrechtlichen Maßstäbe ausschlaggebend.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hildesheim vom 05. Oktober 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Ihrer Auffassung nach verkennt die Beklagte die Reichweite des gesetzlich begründeten Rehabilitationsanspruchs; zumindest sei von der Beklagten die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit zu erwarten. Ihre Haltung sei eher von Resignation als von einem Bewusstsein fortbestehender Integrationschancen auf dem Arbeitsmarkt geprägt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der vorliegenden Gerichtsakte und der das Rentenverfahren der Klägerin betreffenden Gerichtsakte L 2 R 613/05 und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung, über die der Senat mit dem von beiden Beteiligten erklärten Einverständnis ohne mündliche Verhandlung entscheidet (vgl. die Schriftsätze der Klägerin vom 23. Januar und 27. April 2006 und den Schriftsatz der Beklagten vom 23. Januar 2006), ist begründet. Entgegen der Rechtsauffassung des Sozialgerichts kann die Klägerin angesichts des Fehlens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 SGB VI keine Neubescheidung ihres Rehabilitationsbegehrens beanspruchen, so dass ihre Klage abzuweisen ist.
Nach dieser Norm haben Versicherte für Leistungen zur Teilhabe (hier in Form von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Sinne von § 9 Abs. 1 SGB VI) die erforderlichen persönlichen Voraussetzungen nur dann erfüllt, wenn (Nr. 1) ihre Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und (Nr. 2) bei ihnen voraussichtlich
- (a)
bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann,
- (b)
bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wieder hergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann,
- (c)
bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit der Arbeitsplatz durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten werden kann.
Im vorliegenden Fall ist die Erwerbsfähigkeit der Klägerin zwar erheblich gemindert (dazu unter 1.); der Senat vermag jedoch nicht die darüber hinaus erforderliche Voraussetzung festzustellen, dass diese geminderte Erwerbsfähigkeit entsprechend den vorstehend dargelegten tatbestandlichen Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2b SGB VI durch die begehrte Bewilligung einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben voraussichtlich wesentlich gebessert oder wieder hergestellt oder durch sie deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann (dazu unter 2.).
1.
Die Erwerbsfähigkeit der Klägerin ist erheblich gemindert. Nach den im SGB VI geregelten persönlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Rehabilitationsleistungen ist der Rehabilitationsbedarf an der Minderung des Leistungsvermögens im zuletzt - in nicht unerheblichem Umfang ausgeübten - Beruf gemessen werden; ob der Versicherte in diesem Beruf Berufsschutz im rentenrechtlichen Sinne erlangt hatte, ist unter Rehabilitationsgesichtspunkten unerheblich (vgl. BSG, U. v. 29. März 2006 - B 13 RJ 37/05 R -, zitiert nach der Pressemitteilung des BSG (Terminbericht) Nr. 18/06).
Nach den vom Senat im Urteil vom 05. April 2006 - L 2 R 613/05 - getroffenen Feststellungen kann die Klägerin nur noch leichte körperliche Tätigkeiten im Wechsel der drei Haltungsarten überwiegend im Sitzen verrichten, wobei sie häufiges Knien und Hocken sowie Arbeiten in gebückten Positionen und häufiges Klettern und Steigen auf Leitern, Gerüsten und Treppen zu vermeiden hat. Mit diesem Restleistungsvermögen kann sie namentlich den zuletzt - in mehr als nur unerheblichem Umfang - ausgeübten überwiegend im Stehen und Gehen zu verrichtenden Beruf eines Sicherungsposten nicht mehr ausüben.
2.
Soweit das SG ausgehend von einer solchen Minderung der Erwerbsfähigkeit die Beklagte zur Neubescheidung "unter der Maßgabe einer rehabilitationsrechtlichen Minderung der Erwerbsfähigkeit" verurteilt hat, hat es freilich verkannt, dass eine solche Minderung für sich genommen noch keinen Anspruch auf die Gewährung einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben zu begründen vermag. Hierfür ist vielmehr als weitere tatbestandliche Voraussetzung nach der erläuterten Regelung des § 10 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI erforderlich, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben voraussichtlich wesentlich gebessert oder wieder hergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann (vgl. dazu ebenfalls BSG, U. v. 29. März 2006, a.a.O.).
Erst wenn auch diese Voraussetzung gegeben ist, eröffnen die erläuterten gesetzlichen Vorgaben der §§ 9, 10 SGB VI dem Rentenversicherungsträger Raum für eine (pflichtgemäß zu treffende) Ermessensentscheidung über die Gewährung einer beruflichen Rehabilitationsmaßnahme. Im vorliegenden Fall ist jedoch gerade nicht erkennbar, dass durch Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben die vorstehend erläuterte Minderung der Erwerbsfähigkeit wesentlich gebessert oder wieder hergestellt oder deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden konnte.
In diesem Zusammenhang ist die Sachlage bei Erlass der Widerspruchsentscheidung als dem maßgeblichen Prüfungszeitpunkt heranzuziehen. Leistungen zur Rehabilitation sollen einen aktuellen, auf die Ziele des § 9 Abs. 1 SGB VI ausgerichteten Behandlungsbedarf befriedigen. Ihre Notwendigkeit sowie Art und Umfang der Maßnahmen richten sich nach den gesundheitlichen und beruflichen Verhältnissen, die den Leistungsantrag ausgelöst haben und von dem Rentenversicherungsträger seiner Entscheidung zu Grunde gelegt wurden. Nur der sich daraus ergebende Leistungsanspruch, nicht ein abstrakter, vom Ausgangssachverhalt losgelöster Anspruch auf Rehabilitation ist Gegenstand des Verwaltungs- und Gerichtsverfahrens. Stützen die diesbezüglichen Feststellungen den Anspruch nicht, ist in dem anhängigen Prozess grundsätzlich nicht darüber zu befinden, ob möglicherweise andere, nachträglich aufgetretene Gründe einen Rehabilitationsbedarf begründen. Da dann nicht mehr um die ursprüngliche, sondern um eine andere Leistung gestritten wird, vermögen auch Gründe der Prozessökonomie die Einbeziehung in das laufende Verfahren nicht zu rechtfertigen (vgl. BSG, Urteil vom 25. 3. 2003 - B 1 KR 33/01 R - NZS 2004, 167 zur medizinischen Rehabilitation; vgl. auch Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 54 Rn. 34a zu der diesbezüglich gebotenen Gleichstellung von Streitigkeiten über berufliche Rehabilitationsansprüche).
Bezogen auf diesen Zeitpunkt ist im vorliegenden Fall Folgendes festzuhalten: Zum einen standen der Klägerin auch unabhängig von den streitigen Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben Beschäftigungsmöglichkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vom Grundsatz her offen. Jedenfalls soweit auf dem Arbeitsmarkt Beschäftigungsmöglichkeiten für leichte ungelernte Tätigkeiten angeboten werden, die im Wechsel der drei Haltungsarten überwiegend im Sitzen zu verrichten sind und die nicht mit häufigem Knien und Hocken sowie Arbeiten in gebückten Positionen und häufigem Klettern und Steigen auf Leitern, Gerüsten und Treppen verbunden sind, kann die Klägerin solche - auch vollschichtig - ausüben. Dementsprechend hat der Senat ausgehend von gesetzlichen Vorgaben das Rentenbegehren der Klägerin abgewiesen.
Dabei verkennt der Senat natürlich nicht, dass Arbeitsplätze der vorstehend beschriebenen Art auf dem Arbeitsmarkt nur in relativ geringem Umfang angeboten werden. Zudem bewerben sich um entsprechende Stellen auch jüngere (insbesondere ungelernte) Arbeitslose, so dass die realen Chancen eines älteren in seinem gesundheitlichen Leistungsvermögen eingeschränkten Arbeitslosen zur Erlangung eines solchen leidensgerechten Arbeitsplatzes in der Praxis vielfach als sehr gering zu beurteilen sind. Nach den gesetzlichen Vorgaben ist ein in diesem Sinne für viele Betroffene faktisch in recht weit gehendem Ausmaß verschlossener Arbeitsmarkt allerdings nicht geeignet, einen Rentenanspruch zu begründen.
Ebenso wenig vermögen derartige Zugangsschwierigkeiten als solche einen Anspruch auf die Gewährung von Leistungen zur beruflichen Rehabilitation zu begründen. Der Arbeitsmarkt wird in diesem Zusammenhang gegenwärtig schwerpunktmäßig durch strukturelle Probleme geprägt, die als solche auch nicht durch verstärkte Bemühungen der Träger der beruflichen Rehabilitation beseitigt werden können. Auch bei einem optimierten Rehabilitationsangebot wird es bei lebensnaher Betrachtung für einen erheblichen Teil der betroffenen älteren Arbeitslosen mit eingeschränkter gesundheitlicher Leistungsfähigkeit keine reale Chance zu Erlangung einer Anstellung auf dem sog. ersten Arbeitsmarkt geben, solange keine grundlegende allgemeine Besserung auf diesem Arbeitsmarkt zu verzeichnen ist.
Hiervon ausgehend kann die gesetzlich geforderte Feststellung, wonach die geminderte Erwerbsfähigkeit voraussichtlich durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wieder hergestellt oder hierdurch ihre wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann, nicht bereits daraus abgeleitet werden, dass der Versicherte seinen zuletzt ausgeübten Beruf nicht mehr wahrnehmen kann. Erforderlich ist vielmehr die durch konkrete Umstände im Einzelfall zu belegende ernsthaft in Betracht zu ziehende Erwartung, dass die Vermittlungsfähigkeit des individuellen Versicherten durch eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben ungeachtet der vorstehend angesprochenen allgemeinen Schwierigkeiten spürbar gebessert wird.
Grundlegende Voraussetzung für eine positive Prognose in diesem Sinne ist zunächst, dass der jeweilige Rehabilitationsbewerber ernsthaft und nachhaltig eine berufliche Wiedereingliederung anstrebt und sich nach besten Kräften für dieses Ziel einsetzen will. Die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben können und sollen einen solchen Wiedereingliederungswillen unterstützen, sie können ihn aber nicht ersetzen.
Allen in Betracht zu ziehenden Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation ist eigen, dass sie, wenn überhaupt, nur dann ernsthafte Erfolgsaussichten versprechen können, wenn sie auf Seiten des Versicherten von solchen nachhaltigen Wiedereingliederungswillen getragen werden. Sowohl Hilfen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes als auch möglicherweise in Betracht zu ziehende Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen können zumal angesichts der gegenwärtigen generellen strukturellen Probleme des Arbeitsmarktes eine Wiedereingliederungschance nur dann spürbar bessern, wenn sie auf Seiten des Versicherten von zielstrebigen Wiedereingliederungsbemühungen getragen und unterstützt werden. Der wechselseitige Bezug zwischen dem individuellen Wiedereingliederungswillen und der Rehabilitationsförderung durch den Sozialleistungsträger findet in der Rechtsprechung auch seinen Niederschlag in dem Ansatz, dass regelmäßig ein "dialogisches Verwaltungsverfahren" zur Sicherstellung einer effektiven, aber auch sparsamen Rehabilitation geboten ist (BSG, SozR 3-5765 § 10 KfzHV Nr. 3 S. 19).
Im vorliegenden Fall lässt sich ein nachhaltiger Wiedereingliederungswille der Klägerin im vorstehend erläuterten Sinne bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung gerade nicht feststellen. Bei dem nur wenige Monate zuvor auf Kosten der Beklagten durchgeführten sog. "BALL-Training" ließen sich berufliche Zielvorstellungen und Alternativen nicht einmal thematisieren, da das Rentenbegehren im Vordergrund stand. Insoweit sind auch keine Anhaltspunkte für eine Änderung der Einstellung der Klägerin im Widerspruchsverfahren ersichtlich. Die im Tatbestand im Einzelnen wiedergegebenen Ausführungen aus dem Maßnahmenbericht zur damaligen Einstellung der Klägerin werden letztlich auch von ihrer Seite nicht in Abrede gestellt, ihr Hinweis auf eine von "Resignation" geprägte Motivationslage weist im Ergebnis in dieselbe Richtung.
In diesem Zusammenhang kann sich die Klägerin auch nicht darauf berufen, dass es der Beklagten oblegen hätte, sie mittels der Durchführung einer Berufsfindungsmaßnahme zu motivieren. Abgesehen davon, dass bereits das von der Beklagten durchgeführte BALL-Training dem Ziel einer Berufsfindung diente und letztlich auch die von der Beklagten bewilligte medizinische Rehabilitation eine motivationsfördernde Wirkung aufgewiesen haben müsste, kann ein Versicherter in diesem Zusammenhang nicht aus der Eigenverantwortlichkeit entlassen werden. Es ist letztlich bei objektiver Betrachtung ein in sich widersprüchliches Verhalten, wenn ein Versicherter gegenüber dem Sozialleistungsträger ein (jedenfalls vorerst bestehendes) Desinteresse an Rehabilitationsmaßnahmen zum Ausdruck bringt, gleichwohl aber den Rechtsweg beschreitet, um den Sozialleistungsträger zur Erbringung gerade solcher Maßnahmen verurteilen zu lassen.
Sofern sich bei der Klägerin zwischenzeitlich (nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens) - etwa angesichts der Zurückweisung ihrer das Rentenbegehren betreffenden Berufung mit Urteil des Senates vom 05. April 2006 (L 2 R 613/05) - eine ernsthafte Rehabilitationsbereitschaft im vorstehend erläuterten Sinne entwickelt haben sollte, ist dies unter Berücksichtigung der bereits erläuterten höchstrichterlichen Festlegung des Streitgegenstandes im vorliegenden Verfahren nicht mehr zu berücksichtigen. In einem solchen Fall kann die Klägerin aber jederzeit (zweckmäßigerweise unter Hinweis auf ihre gewandelte Mitwirkungsbereitschaft) erneut einen Rehabilitationsantrag bei der Beklagten stellen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG; Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), sind nicht gegeben.