Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 11.05.2016, Az.: 4 K 122/15
Vorliegen der einkommensteuerlichen Voraussetzungen für eine landwirtschaftliche Viehhaltungskooperation
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 11.05.2016
- Aktenzeichen
- 4 K 122/15
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2016, 26579
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2016:0511.4K122.15.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 03.07.2019 - AZ: VI R 49/16
Rechtsgrundlagen
- § 51a BewG
- § 13 Abs. 1 S. 5 EStG
Fundstellen
- EFG 2016, 1885-1887
- KÖSDI 2017, 20121
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Die Viehbestandsgrenze des § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b BewG ist unter Einbeziehung der gesamten von den Gesellschaftern oder Mitgliedern regelmäßig landwirtschaftlich genutzten Flächen zu bestimmen.
- 2.
Die besonderen, laufend zu führenden Verzeichnisse nach § 51a Abs. 1 Satz 2 BewG müssen nicht insgesamt zeitnah erstellt werden.
Tatbestand
Streitig ist das Vorliegen der Voraussetzungen für eine landwirtschaftliche Viehhaltungskooperation i.S.v. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Aufzucht von Ferkeln. Sie erwirbt kleine Ferkel mit einem Lebendgewicht von ca. 6 kg und zieht diese auf, bis sie ein Lebendgewicht von ca. 30 kg erreicht haben. Abnehmer der von der Klägerin aufgezogenen Tiere sind zum Teil Unternehmen, mit denen die Klägerin gesellschaftsrechtlich verbunden ist, zum Teil fremde Dritte.
Gesellschafter der Klägerin waren seit 1. August 2006 T, N und K. Zum 1. Juli 2008 traten C sowie die aus diesem und T bestehende R-Kommanditgesellschaft (R-KG) in den Gesellschafterkreis ein. Zum 1. Juli 2011 schieden C und die R-KG wieder aus der Gesellschaft aus. An ihrer Stelle trat D in den Gesellschafterkreis ein. Auf den Inhalt der für die vorbezeichneten Zeiträume maßgeblichen Gesellschaftsverträge (nicht paginiert in dem roten Halbhefter "Verträge") wird Bezug genommen.
Alle Gesellschafter der Klägerin waren Landwirte, die die Voraussetzungen des § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe a bis c des Bewertungsgesetzes (BewG) erfüllten, und hatten die sich nach § 51 Abs. 1a BewG für sie ergebende Möglichkeit zur landwirtschaftlichen Tiererzeugung oder Tierhaltung in Vieheinheiten ganz oder teilweise auf die Klägerin übertragen (§ 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe d BewG). C und T sowie die R-KG waren darüber hinaus noch an weiteren Tierhaltungsgemeinschaften i.S.v. § 51a Abs. 1 Satz 1 BewG beteiligt, auf die sie ebenfalls Vieheinheiten übertragen hatten.
Die aus der Ferkelaufzucht erzielten Einkünfte wurden von der Klägerin als solche aus Land- und Forstwirtschaft erklärt und für das Regelwirtschaftsjahr (§ 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG) durch Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1 EStG ermittelt.
In der Zeit vom 16. Januar 2013 bis zum 25. März 2014 fand bei der Klägerin eine Außenprüfung durch das Finanzamt für Großbetriebsprüfung G statt, die sich auf die Jahre 2007 bis 2010 erstreckte. Im Anschluss daran vertrat die Prüferin die Ansicht, dass die von der Klägerin erzielten Einkünfte ab 1. Juli 2010 nicht mehr als solche aus Land- und Forstwirtschaft, sondern als solche aus gewerblicher Tierhaltung zu qualifizieren seien.
Die Zahl der von der Klägerin in den Wirtschaftsjahren 2007/2008 bis 2010/2011 erzeugten Vieheinheiten habe zwar nicht die Grenze nach § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a BewG, wohl aber diejenige nach § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b BewG überschritten. Seien Landwirte an mehreren Tierhaltungsgemeinschaften beteiligt, seien die von ihnen regelmäßig landwirtschaftlich genutzten Flächen bei den einzelnen Gemeinschaften jeweils nur in dem Umfang zu berücksichtigen, der dem Verhältnis der auf die Gemeinschaft übertragenen Vieheinheiten zur Gesamtzahl der sich aus den regelmäßig landwirtschaftlich genutzten Flächen ergebenden Möglichkeiten zur landwirtschaftlichen Tiererzeugung oder Tierhaltung entspreche (Hinweis auf die Verfügung der Oberfinanzdirektion - OFD - Niedersachsen vom 10. Oktober 2013 - S 3121-8-St 286 - Bewertungskartei Niedersachsen § 51a BewG Karte 1). Wegen der Ermittlung der sich danach ergebenden Bestandsgrenzen wird auf die Anlage 16 zum Prüfungsbericht vom 7. April 2014 (Blatt 227 und 228 der Betriebsprüfungsarbeitsakten - BpAA -) Bezug genommen.
Bei der Ermittlung der erzeugten Vieheinheiten bewertete die Prüferin die veräußerten Tiere entsprechend der Regelung in R 13.2 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) 2008 als schwere Ferkel mit 0,04 Vieheinheiten, soweit sie weniger als 30 kg wogen, und als leichte Läufer mit 0,06 Vieheinheiten, soweit sie diese Gewichtsgrenze überschritten. Dabei folgte sie der von der Klägerin selbst vorgenommenen Aufteilung. Danach hatten die an fremde Dritte veräußerten Tiere ein Durchschnittsgewicht von 29,16 kg, während die an gesellschaftsrechtlich mit ihr verbundene Unternehmen veräußerten Tiere ein Durchschnittsgewicht von 30,42 kg aufwiesen.
Unabhängig davon, dass die Grenzen der landwirtschaftlichen Tiererzeugung überschritten seien, erfülle die Klägerin die Voraussetzungen des § 51a BewG auch deshalb nicht, weil die fortlaufende und zeitgerechte Führung des nach § 51a Abs. 1 Satz 2 BewG vorgeschriebenen Verzeichnisses nicht nachgewiesen sei. Das von der Klägerin zu Beginn der Prüfung vorgelegte Verzeichnis (Blatt 95 bis 102 BpAA) sei als nicht ordnungsgemäß verworfen worden, weil darin Angaben zur tatsächlichen Erzeugung zum Ende der einzelnen Wirtschaftsjahre und zu anderweitig vergebenen Vieheinheiten gefehlt hätten. Das am 4. Februar 2013 vorgelegte Verzeichnis (Blatt 76 bis 81 BpAA) sei von der jetzigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin erst während der Prüfung erstellt worden.
Entsprechend diesen Prüfungsfeststellungen erließ der Beklagte (das Finanzamt - FA -) unter dem 6. Mai 2014 geänderte Bescheide zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen 2010 und 2011 und erstmalige Gewerbesteuermessbescheide 2010 und 2011.
Hiergegen legte die Klägerin am 28. Mai 2014 Einspruch ein. Zur Begründung trug sie vor:
Die nach § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG maßgebliche Tierbestandsgrenze sei nicht überschritten worden. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 28. Juli 1999 II R 83/96 (BStBl. II 1999, 815) könne für Jungschweine mit einem Gewicht von über 20 kg bis etwa 30 kg ein Umrechnungsschlüssel von 0,04 Vieheinheiten angesetzt werden. Eine Abweichung von bis zu 10 % von diesen auch in R 13.2 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 EStR 2008 festgelegten Gewichtsgrenzen sei unschädlich. Ein Durchschnittsgewicht von 33 kg sei bei keiner Lieferung überschritten worden. Die eingekauften Ferkel könne sie entsprechend dem im BewG vorgesehenen Umrechnungsschlüssel mit 0,02 Vieheinheiten abziehen.
Auch die formellen Voraussetzungen des § 51a Abs. 1 Satz 2 BewG seien erfüllt. Die Führung eines laufenden Verzeichnisses setze nicht voraus, dass dieses in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem Entstehen der aufzuzeichnenden Vorgänge erstellt werde. Aus dem Merkmal "laufend" ergebe sich nur, dass die Vorgänge in der zeitlichen Reihenfolge ihrer Entstehung aufzuzeichnen seien.
Durch Einspruchsbescheid vom 24. April 2015 wies das FA die Einsprüche als unbegründet zurück. Es vertrat die Ansicht, dass die Klägerin weder die materiellen noch die formellen Voraussetzungen des § 51a Abs. 1 BewG erfülle. Im Einzelnen führte es aus:
Die sich aus § 51a Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b BewG ergebenden Tierbestandsgrenzen seien überschritten. Die Klägerin habe in den Wirtschaftsjahren 2007/2008 bis 2010/11 mehr Vieheinheiten gehalten, als nach der bewirtschafteten Fläche zulässig gewesen sei. Bei der dazu angestellten Berechnung sei die Prüferin der von der Klägerin selbst vorgenommenen Einordnung der verkauften Tiere als Ferkel bzw. Läufer gefolgt. Während die an Dritte abgegebenen Ferkel grundsätzlich ein Gewicht unter 30 kg (im Durchschnitt aller Jahre 29,16 kg) gehabt hätten, hätten die im Konzern weiter gemästeten Tiere grundsätzlich ein Verkaufsgewicht von mehr als 30 kg (im Durchschnitt aller Jahre 30,42 kg) gehabt. An dieser bewusst vorgenommenen Abgrenzung müsse sich die Klägerin festhalten lassen. Ein Ansatz der zugekauften Ferkel mit 0,02 Vieheinheiten komme nicht in Betracht. Das Wahlrecht zwischen der Anwendung des in R 13.2 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 EStR 2008 und des in dem BewG vorgesehenen Umrechnungsschlüssels könne auf der Einkaufs- und der Verkaufsseite nur einheitlich ausgeübt werden.
Abgesehen davon habe die Klägerin die sich aus § 51a Abs. 1 Satz 2 BewG ergebenden Nachweiserfordernisse nicht eingehalten. Das Merkmal "laufend" sei gleichbedeutend mit "zeitnah". Ein nachträglich erstelltes Verzeichnis werde dem Zweck der Aufzeichnungspflicht nicht gerecht, weil es die Möglichkeit eröffne, Flächen und übertragene Vieheinheiten im Nachhinein so zuzuordnen, dass die Tierbestandsgrenzen in der Summe aller beteiligten Kooperationen eingehalten würden. Aus diesem Grund könne die Auslegung, die der BFH dem Begriff "laufend" im Fall des § 7a Abs. 8 Satz 1 EStG gegeben habe, auf § 51a Abs. 1 Satz 2 BewG nicht übertragen werden.
Hiergegen richtet sich die am 27. Mai 2015 erhobene Klage, mit der die Klägerin ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Ergänzend führt sie aus:
Die Auffassung des FA, dass die Vieheinheiten-Grenze überschritten sei, beruhe auf der in der Verfügung der Oberfinanzdirektion Niedersachsen vom 10. Oktober 2013 niedergelegten Auffassung, dass bei der Beteiligung eines Landwirts an mehreren Tierhaltungsgemeinschaften i.S.v. § 51a BewG die von ihm selbstbewirtschaftete Fläche den verschiedenen Tierhaltungsgemeinschaften im Verhältnis der auf diese übertragenen Vieheinheiten zuzuordnen sei. Diese Verwaltungsregelung sei durch den Wortlaut des § 51a BewG nicht gedeckt und führe zu sachlich nicht gerechtfertigten Ergebnissen. Wegen der Einzelheiten des diesbezüglichen Vorbringens der Klägerin wird auf den Inhalt ihres Schriftsatzes vom 1. Juli 2015 (Blatt 55 bis 61, insbesondere Blatt 57 bis 60 der Gerichtsakte) Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
die Gewerbesteuermessbescheide 2010 und 2011 vom 6. Mai 2014 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 25. April 2015 aufzuheben und unter Änderung der Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen 2010 und 2011 vom 6. Mai 2014 und sowie der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 25. April 2015 die Einkünfte der Klägerin als solche aus Land- und Forstwirtschaft festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an der seinem Einspruchsbescheid zugrunde liegenden Auffassung fest. Auf Nachfrage des Berichterstatters hat er bestätigt, dass bei einer vollständigen und nicht lediglich quotalen Berücksichtigung der von den Gesellschaftern regelmäßig landwirtschaftlich genutzten Flächen auch die sich aus § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b BewG ergebende Tierbestandsgrenze nicht überschritten sei.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Die von der Klägerin aus gemeinschaftlicher Tiererzeugung erzielten Einkünfte sind nicht solche aus Gewerbebetrieb, sondern solche aus Land- und Forstwirtschaft.
I. Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 5 EStG gehören die Einkünfte aus Tierzucht und Tierhaltung einer Gesellschaft, bei der - wie im Fall der Klägerin - die Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) anzusehen sind, zu den Einkünften im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG, wenn die Voraussetzungen des § 51a BewG erfüllt sind und andere Einkünfte der Gesellschafter aus dieser Gesellschaft zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft gehören. Diese Bedingungen sind im Fall der Klägerin in den Streitjahren erfüllt.
1. Die von der Klägerin betriebene gemeinschaftliche Tierhaltung gehört nach § 51a Abs. 1 Satz 1 BewG zur landwirtschaftlichen Nutzung. Alle Gesellschafter der Klägerin erfüllen die persönlichen Voraussetzungen des § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe a bis d BewG und die von ihnen geführten Betriebe die sachlichen Voraussetzungen des § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BewG.
Entgegen der den angefochtenen Bescheiden zugrunde liegenden Beurteilung überschreitet die Anzahl der von der Klägerin erzeugten Vieheinheiten auch nicht nachhaltig eine der sich aus § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a und b BewG ergebenden Grenzen.
a) Im Einklang mit der Auffassung der Beteiligten geht der Senat davon aus, dass die von der Klägerin erzeugten Tiere nach dem sich aus R 13.2 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 EStR 2008 ergebenden Umrechnungsschlüssel in Vieheinheiten umzurechnen sind und dem Umstand, dass die Klägerin die Schweine aus zugekauften Tieren erzeugt, dadurch Rechnung zu tragen ist, dass die Erzeugung nach der Differenz zwischen den für die veräußerten und den für die zugekauften Tiere anzusetzenden Vieheinheiten bestimmt wird (vgl. dazu BFH-Urteil in BStBl. II 1999, 815). Hiernach sind schwere Ferkel und leichte Läufer (über etwa 20 bis etwa 30 kg) mit 0,04 Vieheinheiten und Läufer (über etwa 30 bis etwa 45 kg) mit 0,06 Vieheinheiten anzusetzen und die von der Klägerin erworbenen leichten Ferkel (bis etwa 12 kg) mit 0,01 Vieheinheiten in Abzug zu bringen.
Demgegenüber sah Anlage 1 zum BewG in der für die Streitjahre geltenden Fassung (a.F.) für Ferkel und Läufer zwar noch eine gewichtsunabhängige Umrechnung in 0,02 bzw. 0,06 Vieheinheiten vor. Unabhängig von der Frage, ob die auf dem Verwaltungsweg getroffene Aufgliederung des Vieheinheiten-Schlüssels rechtlich zulässig ist, ist die Anwendung der in R 13.2 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 EStR 2008 jedenfalls dann unbedenklich, wenn sie sich zugunsten des Steuerpflichtigen auswirkt (BFH-Urteil in BStBl. II 1999, 815). Diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt. Da Jungschweine, die ein Gewicht von 20 kg überschreiten, ungeachtet ihrer Bezeichnung nicht mehr dem Tierzweig der Ferkel zugeordnet werden können (BFH-Urteil in BStBl. II 1999, 815), wären die von der Klägerin veräußerten Tiere nach Anlage 1 zum BewG a.F. durchgängig mit 0,06 Vieheinheiten anzusetzen gewesen, so dass sich auch bei einem Abzug der zugekauften Ferkel mit 0,02 Vieheinheiten insgesamt eine höhere als die von der Prüferin auf der Grundlage von R 13.2 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 EStR 2008 ermittelte Erzeugung ergeben hätte.
b) Wie zwischen den Beteiligten weiter unstreitig ist, war die Anzahl der hiernach von der Klägerin erzeugten Vieheinheiten nicht höher als die Summe der von den Gesellschaftern der Klägerin nach § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe d BewG auf diese übertragenen Vieheinheiten, so dass die Erzeugungsgrenze des § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a BewG in den Streitjahren eingehalten wurde.
c) Die Anzahl der von der Klägerin erzeugten Vieheinheiten überschreitet auch nicht die Grenze des § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b BewG, wonach die Anzahl der erzeugten Vieheinheiten nicht höher als die Summe der Vieheinheiten sein darf, die sich nach § 51 Abs. 1a BewG auf der Grundlage der Summe der von den Gesellschaftern regelmäßig landwirtschaftlich genutzten Flächen ergibt.
Die gegenteilige Auffassung des FA beruht allein darauf, dass die Prüferin die von den Gesellschaftern der Klägerin regelmäßig landwirtschaftlich genutzten Flächen nicht in vollem Umfang, sondern lediglich zu dem Anteil berücksichtigt hat, der dem Verhältnis der auf die Klägerin übertragenen Vieheinheiten zur Zahl der den Gesellschaftern in ihren jeweiligen Betrieben insgesamt zur Verfügung stehenden Vieheinheiten entsprach.
Eine dahingehende Beschränkung findet im Wortlaut des § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b BewG aber keine Stütze und ist auch durch den Zweck der gesetzlichen Regelung nicht geboten. Während § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a BewG - im Zusammenwirken mit § 51a Abs. 4 BewG - sicherstellen soll, dass die Tierhaltungsgemeinschaft und die an ihr beteiligten Mitglieder oder Gesellschafter zusammen nicht mehr Vieheinheiten halten oder erzeugen können, als es den Gesellschaftern oder Mitgliedern in ihren Einzelbetrieben möglich wäre, bezweckt § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b BewG eine Gleichstellung der Tierhaltungsgemeinschaft mit einem Einzelbetrieb, der allein regelmäßig so viel landwirtschaftliche Fläche bewirtschaftet wie die Mitglieder oder Gesellschafter der Tierhaltungsgemeinschaft zusammen. Aufgrund dieser völlig unterschiedlichen Zweckrichtung ist es nicht zulässig, die sich aus den Buchstaben a und b des § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG ergebenden Grenzen miteinander zu vermengen.
Dies gilt auch dann, wenn ein Gesellschafter an mehreren Tierhaltungsgemeinschaften beteiligt ist. Das in der Verfügung der OFD Niedersachsen vom 10. Oktober 2013 für die gegenteilige Auffassung herangezogene Argument, durch die Berücksichtigung der gesamten Fläche werde in diesem Fall ein Vielfaches der in der Realität vorhandenen Fläche vorgetäuscht, vermag nicht zu überzeugen. Es verkennt, dass die Grenze, die sich aus der Summe der den einzelnen Mitgliedern oder Gesellschaftern in ihren Einzelbetrieben zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur landwirtschaftlichen Tiererzeugung oder Tierhaltung ergibt (§ 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a BewG), auch bei der Beteiligung an mehreren Tierhaltungsgemeinschaften niemals überschritten werden kann.
Da die Grenze des § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b BewG hiernach auch auf der Grundlage der von der Prüferin vorgenommenen Aufteilung der erzeugten Tiere in solche zu 0,04 Vieheinheiten und solche zu 0,06 Vieheinheiten nicht überschritten worden ist, bedarf die Frage, ob bei Anwendung der Gewichtsgrenze von etwa 30 kg auf das Durchschnittsgewicht aller erzeugten Tiere oder das Durchschnittsgewicht der an die einzelnen Abnehmer jeweils verkauften Partien abzustellen ist, ebenso wenig einer Entscheidung wie die Frage, ob die Klägerin berechtigt wäre, die erzeugten Tiere auf der Einkaufs- und der Verkaufsseite nach unterschiedlichen Umrechnungsschlüsseln zu bewerten.
2. Entgegen der von dem FA vertretenen Ansicht hat die Klägerin in den Streitjahren auch die Nachweisanforderungen des § 51a Abs. 1 Satz 2 BewG erfüllt. Nach dieser Vorschrift sind die Voraussetzungen des § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe d und Nr. 2 BewG durch besondere, laufend zu führende Verzeichnisse nachzuweisen.
Gegenstand der Nachweispflicht ist damit zum einen, dass die Gesellschafter die sich für sie nach § 51 Abs. 1a BewG ergebende Möglichkeit zur landwirtschaftlichen Tiererzeugung oder Tierhaltung in Vieheinheiten ganz oder teilweise übertragen haben, zum anderen, dass die Anzahl der tatsächlich erzeugten oder gehaltenen Vieheinheiten weder die Summe der übertragenen Vieheinheiten noch die Summe der Vieheinheiten überschreitet. die sich nach § 51 Abs. 1a BewG auf der Grundlage der Summe der von den Gesellschaftern regelmäßig landwirtschaftlich genutzten Flächen ergibt.
Die von der Klägerin im Rahmen der Prüfung vorgelegten Verzeichnisse vom 4. Februar 2013 genügen inhaltlich den sich daraus ergebenden Anforderungen. Ihrer Berücksichtigung steht auch nicht entgegen, dass sie nicht in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Entstehung der dadurch nachzuweisenden Vorgänge erstellt worden sind. Wie der BFH zu dem wortgleichen Begriff in § 7a Abs. 9 EStG 1975 (jetzt § 7a Abs. 8 Satz 1 EStG) entschieden hat, ergibt sich aus dem Merkmal "laufend" nur, dass die in Frage kommenden Vorgänge in ihrer zeitlichen Reihenfolge aufzuzeichnen sind (BFH-Urteil vom 9. August 1984 IV R 151/81, BStBl. II 1985, 47, unter 2. a). Diese Voraussetzung ist im Fall der von der Klägerin nach Prüfungsbeginn erstellten Verzeichnisse erfüllt.
Auch der mit den Verzeichnissen verfolgte Nachweiszweck erfordert es nicht, dass diese - insgesamt - zeitnah geführt werden. Die von der Prüferin in den ursprünglich vorgelegten Verzeichnissen vermissten Angaben zur Anzahl der im Wirtschaftsjahr erzeugten Vieheinheiten lassen sich an Hand einer den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Buchführung und den ihr zugrunde liegenden Aufzeichnungen ohne Weiteres überprüfen. Der Beweiswert der entsprechenden Angaben hängt daher nicht von dem Zeitpunkt ab, zu dem diese in die Verzeichnisse aufgenommen werden.
Eine andere Beurteilung kommt allenfalls im Hinblick auf die Zahl der übertragenen Vieheinheiten und die Größe der von den Gesellschaftern regelmäßig landwirtschaftlich genutzten Flächen in Betracht. Diese Angaben waren aber bereits in den von der Klägerin ursprünglich vorgelegten und zeitnah geführten Verzeichnissen enthalten.
II. Die gegenüber der Klägerin ergangenen Gewerbesteuermessbescheide sind daher aufzuheben (§ 100 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen sind dahin zu ändern, dass die Einkünfte der Klägerin als solche aus Land- und Forstwirtschaft festgestellt werden (§ 100 Abs. 2 Satz 1 FGO). Die Kosten sind dem FA als dem unterlegenen Beteiligten aufzuerlegen (§ 135 Abs. 1 FGO). Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10 und § 711 der Zivilprozessordnung in Verbindung mit § 151 Abs. 1 und 3 FGO. Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Die für die Entscheidung des Streitfalls maßgeblichen Rechtsfragen haben grundsätzliche Bedeutung.