Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 24.11.2003, Az.: 6 A 1073/02

Anspruch auf Eintragung in die Architektenliste; Führen der Berufsbezeichnung "Architekt"

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
24.11.2003
Aktenzeichen
6 A 1073/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 29910
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGSTADE:2003:1124.6A1073.02.0A

Fundstelle

  • BauR 2004, 553 (amtl. Leitsatz)

Verfahrensgegenstand

Streitgegenstand: Eintragung in die Architektenliste

Prozessführer

Frau A.

Prozessgegner

B.

Rechtsanwälte C.

In der Verwaltungsrechtssache
hat das Verwaltungsgericht Stade - 6. Kammer -
auf die mündliche Verhandlung vom 24. November 2003
durch
den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Gärtner,
den Richter am Verwaltungsgericht Wermes,
die Richterin Reccius sowie
die ehrenamtlichen Richter Herr D. und Herr E.
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu ollstreckenden Kostenbetrages abwenden, sofern nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Eintragung in die Architektenliste.

2

Die 1964 geborene Klägerin absolvierte nach ihrem Abitur im Sommer 1984 zunächst ein 6-monatiges Praktikum in einem Maurerbetrieb und ein 5-monatiges Praktikum in einer Zimmerei. Daran schloss sich eine Ausbildung zur Bauzeichnerin an, die sie am 14. Januar 1988 erfolgreich abschloss. Danach studierte die Klägerin Bauingenieurwesen an der Fachhochschule Nordostniedersachsen im Fachbereich Bauingenieurwesen F.. Am 25. September 1991 bestand die Klägerin die Diplomprüfung im Studiengang Bauingenieurwesen, Studienschwerpunkt Konstruktiver Ingenieurbau mit der Gesamtnote Gut. Die Fachhochschule Nordostniedersachsen verlieh der Klägerin daraufhin den Hochschulgrad Diplom - Ingenieur (FH).

3

Vom 1. Oktober 1991 bis zum 30. September 1993 arbeitete die Klägerin als Bauingenieurin in dem Ingenieurbüro G. - H. und Partner in Bremerhaven. Seit dem 1. Oktober 1993 ist die Klägerin selbstständig tätig. In ihrem Ingenieurbüro für Bauwesen sind mehrere Mitarbeiter beschäftigt.

4

Im Februar 2002 wurde der Beklagten bekannt, dass die Klägerin sowohl in einer Zeitungsanzeige als auch auf ihrer homepage die Bezeichnung "Architektur- und Ingenieurbüro" führte. Daraufhin wies die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 27. Februar 2002 darauf hin, dass sie nicht berechtigt sei, die Berufsbezeichnung "Architekt" zu führen, da sie weder in der Architektenliste der Beklagten noch in der Architektenliste eines anderen Bundeslandes erzeichnet sei. Soweit keine Berechtigung vorliege, verstoße die werbliche Verwendung dieser Bezeichnung gegen §§ 1, 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, denn sie nehme im geschäftlichen erkehr zu Zwecken des Wettbewerbs eine Bezeichnung in Anspruch, zu deren Verwendung sie nach dem Niedersächsischen Architektengesetz nicht berechtigt sei. Die Klägerin werde daher um Abgabe einer Unterlassungserklärung im Hinblick auf zukünftige Zuwiderhandlungen gebeten.

5

Am 13. März 2002 beantragte die Klägerin die Mitgliedschaft bei der Beklagten und bat um Eintragung als freischaffende Architektin. Diesen Antrag erneuerte die Klägerin mit Schreiben vom 4. April 2002.

6

Am 9. April 2002 reichte die Klägerin einen Formularantrag auf Eintragung in die Architektenliste der Architektenkammer Niedersachsen zusammen mit ihren Ausbildungsnachweisen bei der Beklagten ein.

7

Mit Bescheid vom 22. Mai 2002 lehnte die Beklagte die Eintragung der Klägerin in die niedersächsische Architektenliste unter Hinweis auf einen entsprechenden Beschluss des Eintragungsausschusses der Beklagten vom 21. Mai 2002 ab. Das on der Klägerin abgeschlossene Studium des Bauingenieurwesens sei keine dem Architektenberuf entsprechende Ausbildung im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 1 NArchtG. Die vom Gesetz in § 3 Abs. 1 Nr. 1 und 3 geforderten gestalterischen und planerischen Fähigkeiten würden regelmäßig nur durch ein Studium der Fachrichtung Architektur ermittelt. Bei dem on der Klägerin abgeschlossenen Studium des Bauingenieurwesens stehe demgegenüber nicht der gestalterisch - ästhetische, sondern der technische Aspekt im Vordergrund. Dies ergebe sich auch aus der Liste der Fächer im Zeugnis über die Diplomprüfung. Die für den Beruf des Architekten typische planerische und gestalterische Tätigkeit sei dagegen nicht Gegenstand der Abschlussprüfung gewesen. Eine Eintragung der Klägerin in die Architektenliste komme auch nach den Sondervorschriften des § 4 Abs. 2 NArchtG nicht in Betracht, denn insoweit erfülle die Klägerin die nötigen Voraussetzungen wie eine siebenjährige praktische Tätigkeit unter Aufsicht eines Architekten sowie das Bestehen einer Prüfung nicht.

8

Gegen diesen am 23. Mai 2002 zugestellten Bescheid hat die Klägerin mit einem am 19. Juni 2002 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Klage erhoben.

9

Auf Veranlassung der Beklagten wurde die Klägerin vom Landgericht I. mit Anerkenntnisurteil vom 4. September 2003 - 8 O 95/03 - erurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen erkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die gesetzlich geschützte Berufsbezeichnung "Architekt", Wortverbindungen mit dieser Bezeichnung sowieähnliche Bezeichnungen - insbesondere die Geschäftsbezeichnung Architekturbüro - zu führen und/oder zu verwenden.

10

Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin geltend, dass das NArchtG nicht zwingend eine Ausbildung der Fachrichtung Architektur fordere. Für die Aufnahme in die Architektenkammer sei die nachgewiesene Qualifikation das entscheidende Kriterium. Das on ihr abgeschlossene Studium mit der entsprechenden Praxiserfahrung berechtige sie, ausnahmslos in allen Punkten des on der Architektenkammer festgelegten Berufsbildes uneingeschränkt tätig zu werden. Es sei nicht entscheidend, dass eine Prüfungsaufgabe im gestalterischen und planerischen Bereich nicht Gegenstand ihrer Abschlussprüfung gewesen sei. Infolge Ausbildung und auf Grund praktischer Erfahrung erfülle sie das gesetzliche Befähigungsprofil. Dass die vom Gesetz geforderten "gestalterischen und planerischen" Fähigkeiten nicht nur durch ein Studium der Fachrichtung Architektur ermittelt würden, werde durch die ca. 1.500 on ihr gestalteten, geplanten, bei Behörden im gesamten Bundesgebiet eingereichten und genehmigten Aufträge verschiedenster Bauherren bewiesen. Wenn jemand durch Berufserfahrung und Ausbildung berechtigt sei, Architekturleistungen zu erbringen, und diese on allen Landesbauordnungen anerkannt, geprüft und genehmigt würden, dann sollte es auch möglich sein, Mitglied der Architektenkammer zu werden oder zumindest die eigene Tätigkeit mit dem umgangssprachlich gebrauchten Wort zu beschreiben.

11

Der Gesetzgeber habe bewusst die Eintragung nicht ausschließlich für einen Studiengang der Fachrichtung Architektur zugelassen, sondern auf die Befähigung gemäß § 3 NArchtG als Voraussetzung für die Berufsbezeichnung abgestellt.

12

Wenn das Gesetz nur den Studiengang der Fachrichtung Architektur als Befähigungsnachweis zulasse, sei das Gesetz irreführend und unverhältnismäßig. Ihr Ausschluss on der Architektenliste sei ein Eingriff in die Berufsfreiheit mit entsprechenden Nachteilen im Wettbewerb. Die Auslegung des § 4 NArchtG durch die Beklagte sei nicht verhältnismäßig, nicht geeignet und nicht erforderlich, um überragende Gemeinwohlinteressen zu sichern. Durch ihre Eintragung in die Architektenliste werde kein Gemeinwohlinteresse auch nur ansatzweise geschädigt.

13

Ebenso sei es nicht verhältnismäßig und ein Verstoß gegen den Grundrechtsschutz durch erfahren, dass im Eintragungsausschuss nur Architekten vertreten gewesen seien.

14

Der Ausschluss der im Berufsfeld gem. § 3 NArchtG Tätigen on der Berufsbezeichnung Architekt mit der Begründung, dass planerische und gestalterische Lehrinhalte während des Studiums nicht ausreichend berücksichtigt worden seien, sei zur "Qualitätssicherung" nicht erforderlich und nicht geeignet um überragende Gemeinwohlinteressen zu sichern und diene den eingetragenen Architekten in ungerechtfertigter Weise nur als Wettbewerbsvorteil.

15

Weiter sei zu berücksichtigen, dass sie eine Bauzeichnerin in der Fachrichtung Architektur ausbilde und dazu auch befugt sei. Damit werde deutlich, dass die Behauptung der Beklagten, dass sie nicht mit dem Architektenberuf in Verbindung stehe bzw. nur in einem kleinen Teilbereich, unrichtig sei. Dennoch dürfe sie sich nicht mit dem Begriff Architektur in Verbindung bringen. Es könne durch den Gesetzgeber nicht gewollt sein, dass durch die Neubezeichnung des Berufsbildes Bauzeichner/Architektur die Ingenieurbüros in die zweite Reihe gestellt werden und so weitere Wettbewerbsnachteile gegenüber einem Architektenbüro hinzunehmen hätten.

16

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 22. Mai 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Klägerin in die Architektenliste als freischaffende Architektin einzutragen.

17

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

18

Sie ist der Auffassung, dass das Architekturstudium seinen Schwerpunkt gerade in der Förderung entwerferischer und planerischer Qualitäten habe, die im Ingenieurstudium, wennüberhaupt, nur eine ganz untergeordnete Rolle spielten. Die Inhalte des Studiums der Architektur und des Ingenieurwesens seien nur in einem vergleichsweise kleinen Teilbereich des Bauwesens und der Statik identisch. In der gesamten Europäischen Union werde der Begriff des Architekten einer Person nur dann zuerkannt, wenn diese über eine mit Hochschulabschluss nachgewiesene Ausbildung erfüge, in deren Mittelpunkt gerade gestalterisch - planerische Inhalte stünden. Die Eintragung könne auch nicht nach § 4 Abs. 2 NArchtG erfolgen, denn die Klägerin habe die erforderliche Leistungsprobe nicht angetreten und deshalb nicht erfolgreich abgelegt. on daher sei eine Eintragung nach dem Ausnahmetatbestand zum Zeitpunkt der Entscheidung des Eintragungsausschusses ausgeschlossen gewesen. Der Eintragungsausschuss sei nicht befugt, Eintragungen in die Architektenliste außerhalb der gesetzlichen Tatbestände vorzunehmen.

19

Ein Wertungswiderspruch zur Verordnung über die Berufsausbildung zum Bauzeichner liege nicht or. Der Ausbildungsberuf sei Bauzeichner. Dieser Ausbildungsberuf werde in der Fachgruppe der Architekten und der Fachgruppe der Ingenieure benötigt.

20

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Gründe

21

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.

22

Der Bescheid der Beklagten vom 22. Mai 2002 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, wie es für eine erfolgreiche Klage erforderlich wäre (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).

23

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Eintragung in die Architektenliste der Beklagten. Im vorliegenden Fall bleibt trotz Neufassung des Niedersächsischen Architektengesetzes durch Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Architektengesetzes vom 4. Februar 2003 (Nds. GVBl. S. 52 ff.) § 3 des Nds. Architektengesetzes in der Fassung vom 17. Juli 1990 (Nds. GVBl. S. 347, zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. Dezember 2002 (Nds. GVBl. S. 796)) einschlägig. Nach Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Architektengesetzes vom 4. Februar 2003 (Nds. GVBl. S. 52 ff.) richtet sich die Entscheidung über die Eintragung nach den bisher geltenden Vorschriften, wenn der Antrag auf Eintragung in die Architektenliste - wie hier - vor dem In-Kraft-Treten dieses Änderungsgesetzes - 1. Mai 2003 (Art. 4) - gestellt worden ist.

24

Nach § 3 Abs. 1 NArchtG in der Fassung vom 17. Juli 1990 - mit späteren Änderungen - ist in die Architektenliste des Landes Niedersachsen als Architekt einzutragen, wer befähigt ist, Bauwerke, insbesondere Gebäude, so zu planen, dass sie zweckmäßig, sicher, wirtschaftlich und gut gestaltet sind und das öffentliche Baurecht einhalten (Ziffer 1), die Ausführung on Bauten im Interesse des Bauherrn zuüberwachen, insbesondere Aufgaben der Bauleitung zuübernehmen und den Bauherrn dabei zu vertreten (Ziffer 2), städtebauliche Pläne den Anforderungen entsprechend auszuarbeiten (Ziffer 3) und Bauherren und andere Auftraggeber in allen Fragen der Planung und Ausführung on Bauten und der städtebaulichen Planung fachgerecht zu beraten (Ziffer 4). Nach Abs. 3 dieser Vorschrift geschieht die Eintragung auf Antrag. Sie setzt voraus, dass die Antragstellerin im Lande Niedersachsen einen Wohnsitz oder eine berufliche Niederlassung hat oder hier ihren Beruf ausübt.

25

Die Frage des Nachweises der nach der erläuterten Vorschrift des § 3 Abs. 1 NArchtG erforderlichen Befähigung regelt § 4 des Gesetzes wie folgt: Nach § 1 weist derjenige die erforderliche Befähigung auf, der eine entsprechende Ausbildung an einer wissenschaftlichen oder künstlerisch-wissenschaftlichen Hochschule, einer Fachhochschule oder Ingenieurschule(Ingenieurakademie) oder einer dieser gleichgestellten höheren Fachschule erfolgreich abgeschlossen hat (Ziffer l) und danach eine entsprechende mindestens zweijährige praktische Tätigkeit ausgeübt hat und diese Tätigkeit durch Vorlage eigener Arbeiten nachweist (Ziffer 2). Nach § 4 Abs. 2 des Gesetzes besitzt diese Befähigung auch, wer entweder eine entsprechende mindestens siebenjährige praktische Tätigkeit unter Aufsicht eines Architekten ausgeübt hat und den Erwerb der entsprechenden Kenntnisse und Fähigkeiten durch Vorlage eigener Arbeiten und durch eine Prüfung nachweist, die ihren Anforderungen mindestens dem Abschluss einer Fachhochschulausbildung entspricht (Ziffer 1), oder sich durch Leistungen auf dem Gebiet der Architektur besonders ausgezeichnet hat und dies durch eigene Arbeiten belegt (Ziffer 2) oder als Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaften einen Befähigungsnachweis seines Heimat- oder Herkunftsmitgliedstaates vorlegt (Ziffer 3). Ein weiterer Nachweis der Befähigung ist nach § 4 Abs. 3 des Gesetzes dann nicht erforderlich, wenn der Bewerber bereits in die Architektenliste eines anderen Bundeslandes eingetragen war und diese Eintragung nur wegen der Aufgabe der Wohnung oder der beruflichen Niederlassung in diesem Land gelöscht worden ist.

26

Die Klägerin hat den erforderlichen Befähigungsnachweis nach keiner der erläuterten Möglichkeiten geführt. § 4 Abs. 3 des Gesetzes kommt mangels einer Eintragung in die Architektenliste eines anderen Bundeslandes nicht in Betracht. Abs. 2 Ziffer 3 gilt nicht für deutsche Staatsangehörige. Eine besondere Auszeichnung durch Leistungen auf dem Gebiet der Architektur i.S.d. § 4 Abs. 2 Ziffer 2 des Gesetzes wird on der Klägerin selbst nicht geltend gemacht und ist auch in keiner Weise ersichtlich.

27

Die Klägerin kann sich auch nicht auf § 4 Abs. 1 NArchtG berufen. Sie hat zwar eine Fachhochschulausbildung im Fachbereich Bauingenieurwesen erfolgreich abgeschlossen, diese stellt sich jedoch nicht als eine "entsprechende" Ausbildung i.S.d. Vorschrift dar. Was unter einer "entsprechende" Ausbildung i.S.d. Vorschrift zu erstehen ist, hat das Gericht mit Urteil vom 30. August 1995 - 6 A 1365/94 - wie folgt ausgeführt:

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"Unter Berücksichtigung des Zusammenhanges dieser Regelung mit den zuvor in § 3 des Gesetzes geregelten fachlichen Voraussetzungen für eine Eintragung in die Architektenlister:ist vielmehr unter einer "entsprechenden" Ausbildung an einer Fachhochschule nur eine solche im Fachbereich Architektur zu erstehen. Nur sie ermittelt schwerpunktmäßig die in § 3 NArchtG geforderten Kenntnisse und Fähigkeiten. Hingegen werden Studenten am Fachbereich Bauingenieurwesen nicht im erforderlichen Maße in die Planung und Gestaltung on Bauwerken (§ 3 Abs. 1 Ziffer 1 NArchtG) und in die Ausarbeitung städtebaulicher Pläne (§ 3 Abs. 1 Ziffer 3 NArchtG) unterwiesen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass Architektur und Bauingenieurwesen zwei unterschiedliche Studiengänge bilden. Dies erdeutlicht auch der in § 17 Abs. 1 der Diplomprüfungsordnung für den Studiengang Bauingenieurwesen an der Fachhochschule Nordost-Niedersachsen aus dem Jahr 1982 (Nds. MB1. S. 733) aufgeführte Themenkatalog der Diplomfachprüfungen. Daraus wird deutlich, dass der Schwerpunkt der Ausbildung im Bauingenieurwesen in der statischen Berechnung und konstruktiven Gestaltung on Bauwerken liegt, wohingegen die ästhetischkünstlerische Gestaltung on einzelnen Bauwerken und auch Stadtbildern unter Einbeziehung der sozialen Belange der Betroffenen, wie diese für das Architekturstudium prägend sind (vgl. auch Art. 3 der EWG-Richtlinie des Rates für die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise auf den Gebiet der Architektur und für Maßnahmen zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des Niederlassungsrechts und des Rechts auf freien Dienstleistungsverkehr vom 10. Juni 1985, Nr. 85/384/EWG, Amtsbl. Nr. 1 223/15 vom 21.08.1985), im Bauingenieurstudium jedenfalls keinen Schwerpunkt bilden.

29

Dass der Gesetzgeber unter einer "entsprechenden" Ausbildung i.S.d. § 4 Abs. 1 Ziffer 1 NArchtG nur das Studium der Architektur, nicht jedoch ein solches im Bereich Bauingenieurwesen erstanden hat, ergibt sich auch aus der Geschichte der Gesetzgebung. Mit der Neufassung des Nds. Architektengesetzes vom 17. Juli 1990 (Nds. GVBL. S. 348) wollte der Gesetzgeber insbesondere auch die Vorgaben der bereits erwähnten EWG-Richtlinie Nr. 85/384 umsetzen (vgl. A. I. der Begründung des Regierungsentwurfes, Landtagsdrucksache 11/4240, S. 16). Diese Richtlinie regelt in ihrem § 11 detailliert, welche Studienabschlüsse in den jeweiligen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften eine hinreichende Qualifikation zur Erlangung der Berufsbezeichnung Architekt ermitteln. Für Deutschland sind unter Buchstabe a dieses Artikels jedoch nur Studiengänge in den Bereichen "Architektur" oder "Architektur/Hochbau " aufgeführt, jedoch keine reinen Bauingenieurstudiengänge."

30

An dieser Auffassung hält die Kammer nach erneuter Prüfung fest.

31

Da die Klägerin bereits nicht die nach § 4 Abs. 1 Ziffer 1 NArchtG erforderliche "entsprechende Ausbildung" erfolgreich abgeschlossen hat, kann dahingestellt bleiben, ob sie eine zweijährige praktische Tätigkeit i.S.d. Ziffer 2 dieser Vorschrift absolviert hat, da beide Voraussetzungen kumulativ erfüllt werden müssen.

32

Die Klägerin hat die erforderliche Befähigung auch nicht nach § 4 Abs. 2 Ziffer 1 NArchtG erworben. Diese Vorschrift erlangt, wie bereits erläutert, zum einen den Nachweis einer mindestens siebenjährigen "entsprechenden" praktischen Tätigkeit unter Aufsicht eines Architekten und zum anderen den Nachweis der entsprechenden Kenntnisse und Fähigkeiten durch Vorlage eigener Arbeiten und durch eine Prüfung. Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin nicht.

33

Die erfassungsrechtlichen Überlegungen der Klägerin stützen gleichfalls keinen Anspruch auf Eintragung in die Architektenliste nach § 3 NArchtG. Indem das NArchtG die Eintragung on bestimmten Voraussetzungen abhängig macht - die die Klägerin nicht erfüllt - , bestehen hiergegen weder unter dem Gesichtspunkt der Berufsfreiheit noch auf Grund des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) erfassungsrechtliche Bedenken (BVerwG, Beschluss vom 03.06.1993 - 1 B 129/92 - NVwZ - RR 1993, 616 f. m.w.N.).

34

Bei den erfassungsrechtlichen Anforderungen an § 3 NArchtG muss bedacht werden, dass das Gesetz denjenigen, der nicht in die Architektenliste eingetragen wird, nicht nötigt, seine Tätigkeit aufzugeben und seine geschäftlichen Beziehungen abzuwickeln. Das NArchtG hindert niemanden daran, die in 3 § NArchtG beschriebene Berufsaufgabe auch ohne die Berufsbezeichnung "Architekt" zu erfüllen (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 1977 - I C 18.74 -, Buchholz 431.1 Architekten Nr. 2 S. 6; OVG Münster, Urteil vom 13. Januar 1997 - 23 A 352/96 -). Abgesehen davon würde eine Verfassungswidrigkeit des § 3 NArchtG der Klage nicht zum Erfolg verhelfen. Träfe nämlich die Auffassung der Klägerin zu, so entbehrte ihr eVrpflichtungsantrag der erforderlichen Anspruchsgrundlage.

35

Die weiteren on der Klägerin auch in der mündlichen Verhandlung geäußerten Einwände führen ebenfalls zu keinem Anspruch auf Eintragung in die Architektenliste. Mit der on ihr vertretenen Argumentation, die zulässige Ausbildung einer Bauzeichnerin mit dem Schwerpunkt Architektur in ihrem Ingenieurbüro müsse zu einer Eintragung in die Architektenliste führen bzw. ihr erlauben im geschäftlichen erkehr den Begriff Architektur zu verwenden, erkennt die Klägerin, dass im vorliegenden Fall allein die begehrte Eintragung in die Architektenliste den Streitgegenstand bildet und die Voraussetzungen für eine Eintragung in die Architektenliste im NArchtG abschließend geregelt sind.

36

Der on der Klägerin angesprochene Widerspruch zwischen ihrer Eignung als Ausbilderin für den Beruf des Bauzeichners (Schwerpunkt Architektur) und der Ablehnung der Eintragung in die Architektenliste besteht nicht, denn für die Eignung als Ausbilderin für den Beruf des Bauzeichners und für die Eintragung in die Architektenliste bestehen jeweils unterschiedliche Voraussetzungen.

37

Ebenso wenig führt die Eintragung der Klägerin in die Liste der on der Prüfung der bautechnischen Nachweise befreiten Personen bei der Architekten- und Ingenieurkammer Schleswig Holstein zu einem Anspruch auf Eintragung in die Architektenliste, denn eine solche Eintragung zwingt nicht zur Zuerkennung identischer Berufsbezeichnungen und bedeutet erst recht nicht, dass jeder Person, die die Voraussatzungen für diese Eintragung erfüllt, ein Anspruch auf Eintragung in die Architektenliste zusteht.

38

Ein solcher Anspruch folgt auch nicht daraus, dass die Klägerin wie auch Architekten zu den Entwurfsverfassern nach § 58 NBauO zählt (§ 58 Abs. 3 Nr. 3 NBauO), denn die NBauO setzt mit der Aufzählung verschiedener Berufsgruppen in dieser Norm bestehende und weiterhin gewollte Unterschiede bei den Berufsbezeichnungen voraus.

39

Gründe, die Berufung gem. § 124 a Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 wGO zuzulassen, liegen nicht or.

40

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 wGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 wGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwertbeschluss:

Der Wert des Streitgegenstandes wird gem. § 13 Abs. 1 S. 1 GKG auf

10.000,00 EURfestgesetzt.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 50,00 EUR übersteigt. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb on sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das erfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem

Verwaltungsgericht Stade,

Am Sande 4 a, 21682 Stade, oder

Postfach 3171, 21670 Stade,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Oberverwaltungsgericht in Lüneburg eingeht.

Gärtner,
Wermes,
Reccius