Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 05.11.2003, Az.: 4 A 1287/02

Anstaltsort; Aufenthaltswechsel; Aufwendungen; Auslegung; einheitliches Begriffssystem; Einrichtungsaufenthalt; Einrichtungsort; Erstattung; Erstattungsanspruch; Fiktion; gewöhnlicher Aufenthalt; Hilfe zum Lebensunterhalt; Kostenanerkenntnis; Kostenerstattung; Sinn und Zweck; Sozialhilfe; Sozialhilfeleistung; sozialhilferechtliche Zuständigkeit; stationäre Behandlung; tatsächlicher Aufenthalt; Umzug; Verziehen; Zwischenaufenthalt

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
05.11.2003
Aktenzeichen
4 A 1287/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 48254
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Zur Anwendbarkeit des § 107 BSHG bei einem stationären, mehrmonatigen Zwischenaufenthalt in einer Klinik zur Therapie einer Alkoholabhängigkeit.

2. Zur Anwendbarkeit des § 103 Abs. 3 Satz 1 BSHG für den Fall, dass Sozialhilfe erst nach Verlassen einer Einrichtung und nicht schon für den vorangehenden Aufenthalt gewährt wird.

Tatbestand:

1

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Erstattung seiner Aufwendungen für von ihm gewährte Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von 16.683,97 € (entspricht 32.631,01 DM) in Anspruch, die er vom 1. November 1998 bis zum 30. September 2000 den Hilfeempfängern A. und B. geleistet hat.

2

Frau C. und ihr am 9. Juni 1990 geborener Sohn D. lebten zunächst gemeinsam mit ihrem Ehemann bzw. Vater E. in einer den Eheleuten gehörenden Eigentumswohnung in dem Zuständigkeitsbereich des Beklagten und hatten von der im Auftrag des Beklagten handelnden Stadt Rotenburg (Wümme) zuletzt im März 1998 ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von 100,62 DM erhalten. Am 2. April 1998 begab sich Frau C. wegen einer bei ihr bestehenden Alkoholabhängigkeit zur stationären Behandlung in die Klinik F.“ in G. Landkreis Vechta). Gleichzeitig wurde ihr Sohn D. für die Dauer des Klinikaufenthaltes seiner Mutter in dem Kinderheim H. in der Stadt Cloppenburg untergebracht. Die Kosten dieser beiden Maßnahmen trug die Innungskrankenkasse Rotenburg (Wümme). Daraufhin stellte die Stadt Rotenburg (Wümme) durch Bescheid vom 29. April 1998 die Hilfegewährung an die Familie I. mit Wirkung vom 1. April 1998 ein.

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Durch Schreiben vom 23. September 1998, bei dem Sozialamt der im Auftrag des Klägers handelnden Stadt Cloppenburg am 28. September 1998 eingegangen, beantragte Frau C. die Gewährung von Sozialhilfe für sich und ihren Sohn und teilte hierzu unter anderem mit, dass sie im August 1998 die Scheidung eingereicht und sich entschieden habe, nach ihrem Klinikaufenthalt, der - falls keine Verlängerung erfolge - am 1. Oktober 1998 ende, mit ihrem Sohn in Cloppenburg zu leben, um einen Neubeginn für sich und ihren Sohn machen zu können. Ein am selben Tag von dem zuständigen Sachbearbeiter der Stadt Cloppenburg mit der Therapeutin von Frau C. geführtes Telefongespräch ergab, dass ihre Patientin nicht nach Rotenburg zurückkehren wolle, weil deren Ehemann ebenfalls Alkoholiker mit massiven Problemen sei. Am 1. November 1998 bezogen Frau C. und ihr Sohn eine durch Vertrag vom 6. Oktober 1998 angemietete 2 1/2-Zimmer-Wohnung in der Stadt Cloppenburg, die ihnen von November 1998 bis einschließlich September 2000 laufende Hilfe zum Lebensunterhalt gewährte.

4

Durch Schreiben vom 28. September 1998, eingegangen am 9. Oktober 1998, hatte Frau C. der Stadt Rotenburg (Wümme) ebenfalls mitgeteilt, dass sie sich entschieden habe, in Rotenburg alle Brücken abzubrechen und mit ihrem Sohn J. in Cloppenburg ein neues Leben zu beginnen. Wegen der Mietkostenübernahme habe sie sich bereits mit dem Sozialamt in Cloppenburg in Verbindung gesetzt und auch eine Übernahmezusage erhalten. Bei der Stadt Rotenburg (Wümme) als „abgebende Gemeinde“ beantrage sie, die Mietkaution und ihren ergänzenden Bedarf an Hausrat zu finanzieren. Nachdem die Stadt Rotenburg (Wümme) diesen Antrag durch Bescheid vom 13. Oktober 1998 zunächst abgelehnt hatte, bewilligte sie Frau I. durch Bescheide vom 10. November 1998 und vom 8. Dezember 1998 einmalige Beihilfen für die Anschaffung von Einrichtungsgegenständen in Höhe von 1.765,-- DM bzw. 507,50 DM.

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Unter dem 2. Februar 1999 meldete die Stadt Cloppenburg bei der Stadt Rotenburg (Wümme) den Kostenerstattungsanspruch des Klägers an und bat um Bestätigung. Durch Schreiben vom 9. März 1999 teilte die Stadt Rotenburg (Wümme) mit, dass dem Antrag auf Kostenerstattung nicht entsprochen werden könne, weil die Umzugsvoraussetzung des § 107 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) nicht vorliege. Frau C. habe sich seit April 1998 in K. aufgehalten und sei von dort aus direkt in die Wohnung in Cloppenburg gezogen. Darüber hinaus sei auch der Sohn D. während des stationären Aufenthaltes seiner Mutter bereits in Cloppenburg untergebracht gewesen. Ein Umzug der Hilfeempfänger von Rotenburg (Wümme) nach Cloppenburg habe daher nicht stattgefunden.

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Nachdem in der Folgezeit weiterer Schriftwechsel zwischen der Stadt Cloppenburg und der Stadt Rotenburg (Wümme) nicht zu einem Anerkenntnis des geltend gemachten Kostenerstattungsanspruches geführt hatte, übersandte die Stadt Cloppenburg durch Schreiben vom 20. November 2000 der Stadt Rotenburg (Wümme) ein rechtskräftiges Urteil der 1. Kammer des erkennenden Gerichts vom 22. Oktober 1997 (1 A 50/97), in dem in einem gleichgelagerten Fall ein Kostenerstattungsanspruch nach § 107 BSHG bejaht worden sei, und bat erneut um Abgabe eines Kostenanerkenntnisses, was die Stadt Rotenburg (Wümme) - ohne weitere Begründung - durch Kurzmitteilung vom 2. März 2001 ablehnte. Ein weiteres, nunmehr von dem Kläger an die Stadt Rotenburg (Wümme) gesandtes Schreiben vom 12. März 2001 wurde weder von dieser noch von dem Beklagten, dem der Vorgang zwischenzeitlich von der Stadt Rotenburg (Wümme) vorgelegt worden war, beantwortet.

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Der Kläger hat am 11. Juli 2002 Klage erhoben und trägt zur Begründung unter anderem vor:

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Gemäß § 107 Abs. 1 BSHG habe der Träger der Sozialhilfe des bisherigen Aufenthaltsortes einer Person, die von dem Ort ihres bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltes verziehe, dem nunmehr zuständigen örtlichen Träger der Sozialhilfe die dort anfallenden Kosten zu erstatten, wenn die Person innerhalb eines Monats nach dem Aufenthaltswechsel der Hilfe bedürfte. Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall gegeben. Frau I. und ihr Sohn J. hätten unstreitig bis Anfang April 1998 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich des Beklagten gehabt, der auch für deren anschließende stationäre Unterbringung örtlich zuständiger Sozialhilfeträger gewesen sei. Entgegen der Auffassung des Beklagten stehe dieser Zwischenaufenthalt der Anwendbarkeit des § 107 BSHG auf den dann am 1. November 1998 erfolgten Aufenthaltswechsel nach Cloppenburg nicht entgegen, weil nach § 109 BSHG der (vorübergehende) Aufenthalt in einer Einrichtung nicht als gewöhnlicher Aufenthalt im kostenerstattungsrechtlichen Sinne gelte. Von daher habe ein Umzug im Sinne des § 107 BSHG von Rotenburg (Wümme) nach L. nicht stattfinden können, sondern sei hier von dem Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes vor der Aufnahme in die Einrichtung (Rotenburg) zu dem Ort des gewöhnlichen Aufenthalts nach dem Einrichtungsaufenthalt (Cloppenburg) erfolgt. Er nehme insoweit in vollem Umfang auf das Urteil des Verwaltungsgerichtes Stade vom 22. 10. 1997 Bezug, weil der dort zugrundeliegende Sachverhalt mit dem vorliegenden Fall vergleichbar sei. Darüber hinaus setze auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes und des Nds. Oberverwaltungsgerichtes ein Verziehen im Sinne des § 107 Abs. 1 BSHG neben der Aufgabe des gewöhnlichen Aufenthaltes am bisherigen Aufenthaltsort immer die Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthaltes am Zuzugsort voraus. Letzteres sei hier aber erst mit der Aufenthaltnahme in Cloppenburg der Fall gewesen, weil Frau C. wegen der Schutzvorschrift des § 109 BSHG in der Fachklinik M. in K. keinen gewöhnlichen Aufenthalt habe begründen können. Hinzu komme aber auch noch, dass nach dem Wortlaut des § 107 BSHG allein der Wechsel des Hilfesuchenden aus dem Zuständigkeitsbereich bzw. der Zuständigkeit des bisherigen Sozialhilfeträgers in den Bereich bzw. die Zuständigkeit des „nunmehr (neu) zuständigen örtlichen Trägers der Sozialhilfe“ entscheidend sei. Vorliegend sei der Beklagte auch während der Zeit der stationären Unterbringung aufgrund des § 97 Abs. 2 BSHG der für Frau C. und ihren Sohn sachlich und örtlich zuständige Träger der Sozialhilfe gewesen. Diese grundsätzliche sozialhilferechtliche Zuständigkeit habe erst mit dem Bezug einer eigenen Wohnung in Cloppenburg am 1. November 1998 geendet, und zwar unabhängig davon, ob von dem Beklagten während des Einrichtungsaufenthaltes tatsächlich Sozialhilfe gezahlt worden sei.

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Schließlich könne auch die Regelung des § 103 Abs. 3 BSHG dem geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch nicht entgegengehalten werden. Zum einen sei der Sozialhilfebezug während des Einrichtungsaufenthaltes keine Anwendungsvoraussetzung, so dass hinsichtlich der Aufwendungen für B. § 103 Abs. 3 durchaus einschlägig sei. Zum anderen schließe der Umstand, dass § 103 BSHG nicht den Fall regele, in dem ein Hilfesuchender/-empfänger - hier: Frau N. - eine Einrichtung verlasse und in dem Zuständigkeitsbereich eines anderen Sozialhilfeträgers seinen gewöhnlichen Aufenthalt neu begründe, eine Kostenerstattung nicht schlechthin aus, weil in einem solchen Fall gerade die generelle gesetzliche Regelung des § 107 Abs. 1 BSHG eingreife.

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Der Kläger beantragt,

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den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger die von diesem in der Zeit vom 1. November 1998 bis zum 30. September 2000 aufgewendeten Sozialhilfekosten für die Hilfeempfänger O. und B. in Höhe von 16.683,97 € (entspricht 32.631,01 DM) nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er macht im Wesentlichen geltend:

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Dem Urteil des Verwaltungsgerichtes Stade vom 22. Oktober 1997 vermöge er nicht zu folgen. Das Gericht vertrete in dieser Entscheidung die Auffassung, ein Umzug liege auch dann vor, wenn die bisherige Unterkunft aufgegeben und vorübergehend oder besuchsweise ein Aufenthalt anderswo genommen werde, um nach Bezugsmöglichkeit oder -fertigkeit oder aus anderen Gründen die neue Unterkunft zu beziehen, und führe weiter aus, der begriffliche Ausschluss eines Umzuges allein wegen des Umstandes, dass zwischen Aufgabe des gewöhnlichen Aufenthaltes und Neubegründung eines solchen ein vorübergehender Aufenthalt an einem anderen Ort liege, erscheine nicht gerechtfertigt.

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Im vorliegenden Fall sei zunächst zutreffend, dass Frau I. und ihr Sohn in der Klinik bzw. in dem Kinderheim gemäß § 109 BSHG keinen gewöhnlichen Aufenthalt hätten begründen können. Das Verwaltungsgericht verkenne in seiner Entscheidung jedoch, dass die Hilfeempfänger in einer Einrichtung im Sinne des § 97 Abs. 4 BSHG untergebracht gewesen seien. In diesem Fall lägen die Voraussetzungen des § 107 Abs. 1 BSHG nicht vor, weil diese Vorschrift von einem nicht geschützten gewöhnlichen Aufenthalt am bisherigen Aufenthaltsort ausgehe. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn die Hilfeempfänger zuvor am Einrichtungsort einen rechtserheblichen gewöhnlichen Aufenthalt begründet hätten. Der erstmalige Einzug in eine Wohnung aus einer Einrichtung im Sinne von § 97 Abs. 4 BSHG stelle somit keinen Umzug im Sinne des § 107 BSHG dar, so dass diese Vorschrift hier auch nicht anwendbar sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes und des Nds. Oberverwaltungsgerichtes. Danach bezeichne der Umzug eine Verlagerung des Mittelpunktes der Lebensbeziehungen und setze neben der Aufgabe des gewöhnlichen Aufenthaltes am bisherigen Aufenthaltsortes die Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthaltes am Zuzugsort voraus. Voraussetzung sei somit, dass der Hilfeempfänger am tatsächlichen Aufenthaltsort seinen gewöhnlichen Aufenthalt aufgebe. Dies sei hier gerade nicht der Fall, weil Frau I. an ihrem Aufenthaltsort in A. keinen gewöhnlichen Aufenthalt habe begründen können.

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Eine Kostenerstattung könne daher allenfalls nach § 103 Abs. 3 BSHG in Betracht kommen. Voraussetzung hierfür sei allerdings, dass der Hilfeempfänger auch schon während des vorhergehenden Aufenthaltes in der Einrichtung Hilfe erhalten habe. Nach dem Wortlaut dieses Vorschrift müsse davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber einen Kostenerstattungsanspruch nur für diejenigen Fälle vorgesehen habe, in denen zuvor, also bis zum Verlassen der Einrichtung, Sozialhilfe gewährt worden sei. Dies sei hier aber nicht der Fall, weil für beide Hilfeempfänger die Innungskrankenkasse die Kosten des Aufenthaltes übernommen habe. Darüber hinaus sei für die Kostenerstattung nach dieser Vorschrift erforderlich, dass sich der Hilfeempfänger im Zuständigkeitsbereich des örtlichen Trägers der Sozialhilfe aufhalte, in dem die Einrichtung liege. Dies sei zumindest bei Frau C. nicht der Fall, weil sich die Einrichtung in dem Landkreis Vechta befinde.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Klägers (Beiakte A) und des Beklagten (Beiakte B) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig und auch begründet.

20

Der Beklagte ist verpflichtet, an den Kläger die von diesem in der Zeit vom 1. November 1998 bis zum 30. September 2000 aufgewendeten Sozialhilfekosten für die Hilfeempfänger P. und B. in Höhe von 16.683,97 € (entspricht 32.631,01 DM) nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (11. 7. 2002) zu erstatten, und zwar folgt die Erstattungspflicht des Beklagten hinsichtlich der Hilfeempfängerin Q. aus § 107 Abs. 1 BSHG (1.) und für den Hilfeempfänger B. aus § 103 Abs. 3 Satz 1 BSHG (2.).

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1. Hinsichtlich der Hilfeempfängerin Q. beruht der Kostenerstattungsanspruch des Klägers auf § 107 Abs. 1 BSHG.

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Nach dieser Vorschrift ist, wenn eine Person vom Ort ihres bisherigen gewöhnlichen Aufenthalts verzieht, der Träger der Sozialhilfe des bisherigen Aufenthaltsortes verpflichtet, dem nunmehr zuständigen örtlichen Träger der Sozialhilfe die dort erforderlich werdende Hilfe außerhalb von Einrichtungen im Sinne des § 97 Abs. 2 Satz 1 zu erstatten, wenn die Person innerhalb eines Monats nach dem Aufenthaltswechsel der Hilfe bedarf, wobei gemäß § 30 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - (SGB I) jemand den gewöhnlichen Aufenthalt dort hat, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. An den Begriff „Umzug“ in der Überschrift des § 107 BSHG anknüpfend ist unter einem „Verziehen“ die Verlagerung des Mittelpunktes der Lebensbeziehungen und begrifflich daher neben der Aufgabe des gewöhnlichen Aufenthalts am bisherigen Aufenthaltsort die Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthalts am Zuzugsort zu verstehen. Dabei muss, um von einem „Umzug“ ausgehen zu können, der bisherige gewöhnliche Aufenthalts nicht nahtlos in den neuen gewöhnlichen Aufenthalt übergehen. Es hat aber zwischen der Beendigung des bisherigen und der Begründung des neuen gewöhnlichen Aufenthalts ein zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zu bestehen und es darf, wie sich aus der Verwendung des Begriffs „nunmehr“ in § 107 Abs. 1 BSHG ergibt, jedenfalls nicht zwischendurch schon anderweitig ein gewöhnlicher Aufenthalt begründet worden sein. Ein solcher die Annahme eines „Umzugs“ nicht hindernder Zusammenhang ist danach auch gewahrt, wenn zwar der bisherige Wohnort endgültig verlassen und ein neuer Wohnort nicht sofort aufgesucht wird, der zwischenzeitliche tatsächliche Aufenthalt an einem dritten Ort aber nur vorübergehender Natur ist und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, der Betreffende wolle nicht wieder einen gewöhnlichen Aufenthalt begründen. Maßgeblich ist dabei vorrangig das objektive Erscheinungsbild der aufeinander folgenden Aufenthalte, wie es sich bei der im Kostenerstattungsrecht gebotenen rückblickenden Betrachtung ergibt (std. Rspr. des Bundesverwaltungsgerichtes, vgl. zuletzt: BVerwG, Urt. v. 6. 2. 2003 - 5 C 34.02 -, FEVS 54, 391 m. w. N.).

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Ob dabei in Fällen der vorliegenden Art, in denen sich ein Hilfeempfänger zwischen dem Verlassen des bisherigen Wohnortes (hier: Stadt Rotenburg) und dem Aufsuchen des neuen Wohnortes (hier: Stadt Cloppenburg) in einer Einrichtung im Sinne des § 97 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 BSHG an einem dritten Ort (hier: Gemeinde K.) aufhält und damit seine aufeinander folgenden Aufenthalte die Zuständigkeitsbereiche von drei selbständigen Sozialhilfeträgern (hier: Landkreise Rotenburg, Vechta und Cloppenburg) berühren, die Vorschrift des § 109 BSHG, wonach als gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne der Zuständigkeits- und Kostenerstattungsvorschriften nicht der Aufenthalt in einer Einrichtung der in § 97 Abs. 2 BSHG genannten Art oder der auf richterlich geordneter Freiheitsentziehung beruhende Aufenthalt in einer Vollzugsanstalt gelten, von entscheidungserheblicher Bedeutung sein könnte, erscheint der Kammer zweifelhaft. So hat der 4. Senat des Nds. Oberverwaltungsgerichtes durch Urteil vom 14. August 2002 (4 LB 18/02, NDV-RD 2002, 108, zitiert nach juris Web), das wegen der von dem Senat zugelassenen Revision, zu der eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes (dortiges Aktenzeichen: 5 C 39.02) bisher nicht vorliegt, noch nicht rechtskräftig ist, festgestellt, dass die gesetzliche Fiktion des § 109 BSHG dem Schutz der Anstaltsorte, also des Trägers der Sozialhilfe, in dessen Bereich die Einrichtung liege, vor Erstattungsansprüchen nach § 107 BSHG diene und sich in diesem Zweck erschöpfe. Eine weitergehende Fiktion des Inhalts, dass der Aufenthalt in der Einrichtung hinweggedacht und zusätzlich fingiert werde, dass ein Hilfeempfänger gleichsam von seinem alten Wohnort vor der Aufnahme in die Einrichtung in einen neuen Wohnort nach dem Verlassen der Einrichtung verzogen sei, enthalte § 109 BSHG nicht und dies sei von dem Zweck der Norm her (Schutz der Anstaltsorte) auch nicht geboten. Darüber hinaus hat auch das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 6. Februar 2003 (a.a.O.) ausgeführt, dass die dem Schutz der Einrichtungsorte dienenden Fiktion des § 109 BSHG es nicht ausschließe, dass dort, also am Einrichtungsort, bei rein tatsächlicher Betrachtung ein gewöhnlicher Aufenthalt genommen werde. Dies könnte auch dafür sprechen, dass in solchen „Dreiecksverhältnissen“ mit zwischengeschalteten Aufenthalten in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung bzw. einer Vollzugsanstalt diese Norm für die Frage des Bestehens eines Kostenerstattungsanspruches auf der Grundlage des § 107 BSHG keine Rolle spielt.

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Bezogen auf den hier zu entscheidenden Fall kann dies aber letztlich dahin stehen, weil auch ohne die Fiktion des § 109 BSHG zur Überzeugung der Kammer nicht festzustellen ist, dass die Hilfeempfängerin Q. während ihres stationären Aufenthaltes zur Behandlung ihrer Alkoholabhängigkeit in die Klinik F.“ in K. (Landkreis Vechta) dort rein tatsächlich einen gewöhnlichen Aufenthalt begründet hatte. Vielmehr handelte es sich dort nur um ein vorübergehendes Verweilen, das nicht geeignet war, den erforderlichen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang für ein Verziehen im Sinne des § 107 Abs. 1 BSHG von Rotenburg nach Cloppenburg auszuschließen.

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Ausgangspunkt ist dabei, dass schon zweifelhaft erscheint, ob - wovon die Beteiligten scheinbar übereinstimmend ausgehen - die Hilfeempfängerin am 2. April 1998, dem Tag ihrer Aufnahme in die Klinik in K., ihren gewöhnlichen Aufenthalt, also den Mittelpunkt ihrer bisherigen Lebensbeziehungen, in der Stadt Rotenburg tatsächlich bereits aufgegeben hatte. Vielmehr sprechen der Inhalt der von ihr unter dem 23./28. September 1998 verfassten Schreiben an die Sozialämter der Stadt Rotenburg (Wümme) und der Stadt Cloppenburg sowie das von dem zuständigen Sachbearbeiter der Stadt Cloppenburg am 28. September 1998 mit der Therapeutin der Hilfeempfängerin geführte Telefongespräch eher dafür, dass der Entschluss zur Trennung/Scheidung von ihrem weiterhin in Rotenburg (Wümme) lebenden Ehemann sowie zum „Abbruch aller dort vorhandenen Brücken“ (z. B. Aufgabe der in ihrem Miteigentum stehenden Wohnung), um mit ihrem Sohn J. in Cloppenburg ein neues Leben zu beginnen, erst im Verlauf der stationären Behandlung in K. zustande gekommen ist. Selbst wenn man aber - wofür die bei ihrem Ehemann ebenfalls bestehenden massiven Alkoholprobleme sowie insbesondere auch der Umstand, dass der minderjährige Sohn der Hilfeempfängerin zur gleichen Zeit (2. 4. 1998) ebenfalls die elterliche Wohnung verlassen hatte und während des Klinikaufenthaltes seiner Mutter in einem Kinderheim untergebracht wurde, sprechen könnten - davon ausgeht, dass der Entschluss, nach Beendigung der Therapie in keinem Fall mehr in die Stadt Rotenburg (Wümme) bzw. in den Bereich des Beklagten zurückzukehren, bereits zu Beginn des Aufenthaltes der Hilfeempfängerin in K. gefallen war, steht der Annahme, sie habe damit vor dem 1. November 1998, ihrem Einzug in die in der Stadt Cloppenburg durch Vertrag vom 6. Oktober 1998 angemietete Wohnung, tatsächlich am Einrichtungsort aufgrund ihres fast siebenmonatigen Verweilens dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt begründet, zum einen entgegen, dass die Hilfeempfängerin in der Einrichtung in L. ausschließlich zur Durchführung einer Heiltherapie aufgenommen worden war und der Klinikaufenthalt daher von vornherein nur eine Zwischenstation darstellen konnte und gerade nicht auf einen zukunftsoffenen Verbleib in dieser Einrichtung bzw. an diesem Ort angelegt war. Dies wird auch dadurch bestätigt, dass nach den von dem Beklagten aufgrund von Gesprächen mit dem Ehemann der Hilfeempfängerin und der Innungskrankenkasse Rotenburg (Wümme) Mitte März 1998 gefertigten Vermerken (Bl. 91, 92 und 92 R der Beiakte B) der Klinikaufenthalt ursprünglich „nur“ für drei Monate geplant war und sich erst nach und nach (vgl. auch Schreiben der Hilfeempfängerin an die Stadt Cloppenburg v. 23. 9. 1998) bis Ende Oktober 1998 verlängerte. Zum anderen spricht für einen bloßen Zwischenaufenthalt der Hilfeempfängerin in L. und gegen eine Verlagerung des Mittelpunktes ihrer Lebensbeziehungen dorthin aber auch, dass sich ihr Sohn während dieser Zeit in einem Kinderheim in Cloppenburg befand und eine (endgültige) Trennung von ihm zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt war.

26

Nach alledem war der Begründung des gewöhnlichen Aufenthaltes durch die Hilfeempfängerin (und ihren Sohn) in dem Zuständigkeitsbereich des Klägers in zeitlicher und sachlicher Hinsicht ein Aufenthalt vorausgegangen, der - selbst ohne die Fiktion des § 109 BSHG und trotz einer Dauer von sieben Monaten - nicht als Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes im Sinne des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I anzusehen ist, so dass nach § 107 Abs. 1 BSHG die Voraussetzung eines Verziehens von Rotenburg (Wümme) nach Cloppenburg im Falle der Hilfeempfängerin Q. vorliegt und daher ein Kostenerstattungsanspruch des Klägers dem Grunde nach besteht.

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2. Für den Hilfeempfänger B. ergibt sich die Kostenerstattungspflicht des Beklagten aus § 103 Abs. 3 Satz 1 BSHG.

28

Verlässt in den Fällen des § 97 Abs. 2 BSHG der Hilfeempfänger die Einrichtung und bedarf er im Bereich des örtlichen Trägers, in dem die Einrichtung liegt, innerhalb von einem Monat danach der Sozialhilfe, sind dem örtlichen Träger der Sozialhilfe gemäß § 103 Abs. 3 Satz 1 BSHG die aufgewendeten Kosten vom dem Träger der Sozialhilfe zu erstatten, in dessen Bereich der Hilfeempfänger seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des § 97 Abs. 2 Satz 1 BSHG hatte. Nach § 97 Abs. 2 Satz 1 BSHG ist für die Hilfe in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich der Hilfeempfänger seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme hat oder in den letzten zwei Wochen vor der Aufnahme zuletzt gehabt hat.

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Diese Voraussetzungen sind im Falle des Hilfeempfängers B. erfüllt. Er hatte im Zeitpunkt der Aufnahme (2. 4. 1998) in das in der Stadt Cloppenburg belegene Kinderheim „R., bei dem es sich zweifelsfrei um eine Einrichtung im Sinne des § 97 Abs. 2 Satz 1 BSHG handelt (vgl. § 97 Abs. 4 BSHG), seinen gewöhnlichen Aufenthalt unstreitig in der Stadt Rotenburg (Wümme) und damit in dem Bereich des Beklagten. Ebenso ist unbestritten, dass er unmittelbar nach dem Verlassen des Kinderheimes ab 1. November 1998 in dem Bereich des Klägers, in dem diese Einrichtung liegt, der Sozialhilfe bedurfte.

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Soweit der Beklagte in diesem Zusammenhang die Auffassung vertritt, der Kostenerstattungsanspruch nach § 103 Abs. 3 Satz 1 BSHG (in der seit dem 1. 1. 1994 geltenden Fassung, vgl. Neubekanntmachung vom 23. März 1994, BGBl. I S. 646) setze weiter voraus, dass der Hilfeempfänger bereits in der Einrichtung Sozialhilfe erhalten haben müsse, was hier nicht der Fall ist, weil die Kosten des Einrichtungsaufenthaltes des Hilfeempfängers B. nicht von dem Beklagten als dem nach § 97 Abs. 2 Satz 1 BSHG örtlich zuständigem Sozialhilfeträger, sondern von der Innungskrankenkasse Rotenburg (Wümme) getragen worden sind, vermag die Kammer der Rechtsauffassung des Beklagten nicht zu folgen. Sie geht vielmehr mit dem Verwaltungsgericht Berlin davon aus, dass § 103 Abs. 3 Satz 1 BSHG auch dann einschlägig ist, wenn der Sozialhilfebezug erst nach dem Verlassen der Einrichtung einsetzt und nicht auch schon während des vorangehenden Aufenthaltes bestanden hat. Hierzu hat das Verwaltungsgericht Berlin in seinem Urteil vom 22. April 1999 (6 A 326.96, zitiert nach juris Web) folgende, in Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen in der Literatur vertretenen Auffassungen überzeugende Feststellungen getroffen:

31

Der Kläger irrt, wenn er meint, nach der Neufassung des § 103 Abs. 3 Satz 1 BSHG bestehe ein Kostenerstattungsanspruch nur noch, wenn derjenige, der die Einrichtung verlässt, bereits während seines Aufenthaltes in der Einrichtung Sozialhilfe erhalten hat - woran es hier fehlte, da die Kosten für den Aufenthalt des HE im BBW nicht der Sozialhilfeträger übernommen hat. Die Auslegung der neugefassten Vorschrift führt vielmehr zu dem Ergebnis, dass auch in solchen Fällen wie bisher ein Kostenerstattungsanspruch besteht.

32

Der Kläger stützt seine Ansicht in erster Linie auf den Wortlaut der Neufassung, in der der Begriff "jemand" durch den Begriff "Hilfeempfänger" ersetzt wurde. Aus dieser Änderung folgert der Kläger, es müsse bereits in der Einrichtung Sozialhilfe bezogen worden sein (so auch Schellhorn u.a., a.a.O., § 103 Rn. 37; Eichhorn/Fergen, Praxis der Sozialhilfe, S. 1450 f.; Zeitler, NDV 1994, 173, 179 f.). Diese Auffassung behauptet ein einheitliches Begriffssystem des BSHG, innerhalb dessen Personen, die eine Hilfe noch nicht erhalten haben, als Hilfesuchende, Personen denen schon Leistungen gewährt werden, als Hilfeempfänger bezeichnet werden (so ausdrücklich Schellhorn u.a., a.a.O., Einführung Rn. 22). Dieses einheitliche Begriffssystem existiert jedoch nicht, wird jedenfalls vom Gesetzgeber nicht konsequent durchgehalten: Dies zeigt etwa die Zuständigkeitsvorschrift § 97 Abs. 2 Satz 1 BSHG, die ebenfalls vom "Hilfeempfänger" spricht, aber nach einhelliger Meinung auch für Hilfesuchende gilt, die erstmals für ihren Aufenthalt in einer Einrichtung der Sozialhilfe bedürfen (vgl. insbesondere Schellhorn u.a., a.a.O., § 97 Rn. 31). Ein weiteres Beispiel für die uneinheitliche Wortwahl des Gesetzgebers ist § 18 Abs. 3 BSHG: In den Sätzen 1 bis 4 ist durchgängig vom "Hilfesuchenden" die Rede, während Satz 5 der Vorschrift ohne erkennbaren Grund und sachliche Rechtfertigung den Begriff "Hilfeempfänger" verwendet. Der Wortlaut der Neufassung des Gesetzes zwingt daher nicht zu der Auslegung, bei Sozialhilfebedürftigkeit erst nach Verlassen der Einrichtung bestehe kein Kostenerstattungsanspruch.

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Der Entstehungsgeschichte der Neufassung (vgl. BT-Drucks. 12/4401, S. 84) ist insoweit unergiebig. Ihr lässt sich nur entnehmen, dass die Neuregelung der örtlichen Zuständigkeit und der Kostenerstattungstatbestände in erster Linie der Vereinfachung der Kostenerstattung dienen sollte; die Tatbestände und damit die Fälle der Kostenerstattung, die erhebliche Verwaltungskosten verursachen, sollten reduziert werden, der Schutz der Anstaltsorte im Wesentlichen erhalten bleiben. Einen konkreten Anhaltspunkt dafür, dass in Fällen wie dem Vorliegenden dieser Schutz vollständig aufhoben werden sollte, enthalten die Motive jedenfalls nicht.

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Die systematische Auslegung der Norm spricht gegen die reine Wortlautauslegung des Klägers. § 97 Abs. 2 BSHG n.F. - diese Vorschrift ist im Zuge der umfassenden Änderung von Zuständigkeitsvorschriften und Kostenerstattungstatbeständen ebenfalls geändert worden und steht in engem Zusammenhang zu § 103 BSHG - spricht vom "Hilfeempfänger", meint jedoch ersichtlich auch den Hilfesuchenden. Denn für jemanden, der bereits Sozialhilfeleistungen erhält, ginge § 97 Abs. 2 BSHG ins Leere, da sich die Zuständigkeit insoweit schon aus § 97 Abs. 1 Satz 2 BSHG ergibt (vgl. Spruchstelle Münster vom 6. Dezember 1996, EuG 1998, 129, 131). Ferner ist zu berücksichtigen, dass § 103 Abs. 3 BSHG ein Erstattungstatbestand ist. Nur wenn ein örtlicher Träger Sozialhilfeleistungen erbracht hat, kann es zu einer Erstattung kommen. Macht der örtliche Träger seine Forderung geltend, existiert in jedem Fall eine Person, die solche Leistungen empfängt oder empfangen hat, also ein "Hilfeempfänger". Aus Sicht des erstattungsberechtigten Sozialhilfeträgers meint "Hilfeempfänger" lediglich die Person, für die Sozialhilfe geleistet wurde und für die Kostenerstattung geltend gemacht werden kann. Dazu kommt, dass der Gesetzgeber bei der Neufassung des § 97 BSHG in Abs. 5 nunmehr ausdrücklich Strafvollzugseinrichtungen den Einrichtungen im Sinne des Abs. 4 gleichgestellt hat. Diese Gleichstellung wäre bei einer anderen Auslegung weitgehend sinnlos, da die wenigsten Insassen von Strafvollzugseinrichtungen laufende Sozialhilfe beziehen (vgl. Zeitler, NDV 1998, 107).

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Auch Sinn und Zweck der Neuregelung von örtlicher Zuständigkeit und Kostenerstattung sprechen gegen die Ansicht des Klägers, es müsse bereits für den Aufenthalt in der Einrichtung Sozialhilfe erbracht worden sein. Hiergegen spricht auch, dass § 109 BSHG unverändert beibehalten worden ist. Die gesamte Regelung dient dem Schutz der Anstaltsorte und soll die örtlichen Träger der Sozialhilfe, in deren Bereich Einrichtungen, Pflegestellen, Strafanstalten u.ä. liegen, umfassend vor einer endgültigen Kostenbelastung schützen. Dieser Schutz würde in weiten Bereichen ins Leere gehen, wenn nur darauf abgestellt würde, ob es sich schon während der stationären Hilfe um einen Hilfeempfänger handelt, dem bereits von einem Sozialhilfeträger stationäre Hilfe gewährt wurde. Gemeint ist daher sowohl im Rahmen der Zuständigkeit als auch der Kostenerstattung der künftige Hilfeempfänger, der entweder nach seiner Aufnahme in eine Einrichtung oder nach dem Verlassen einer solchen Einrichtung der Hilfe bedarf (so auch Mergler/Zink, BSHG, Stand: Juli 1998, § 103 Rn. 52; Schoch in LPK-BSHG § 103 Rn. 41; Spruchstelle Münster a.a.O.).

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Dem schließt sich die Kammer in vollem Umfang an, so dass hinsichtlich des Sohnes B. für den Kläger ein Kostenerstattungsanspruch aus § 103 Abs. 3 Satz 1 BSHG ebenfalls dem Grunde nach besteht.

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Da der Beklagte die Höhe der von dem Kläger geltend gemachten Forderung nicht in Frage gestellt hat und auch für die Kammer Fehler bei der Leistungsgewährung (vgl. § 111 Abs. 1 BSHG) nicht ersichtlich sind, war der Klage mit der Kostenfolge aus §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO stattzugeben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 709 ZPO.

38

Die Zulassung der Berufung beruht auf §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.