Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 23.07.2020, Az.: 13 U 11/20

Unterlassung von Äußerungen auf einer Website über in familiengerichtlichen Verfahren tätige Gutachter; Eingriff in das Persönlichkeitsrecht; Qualifizierung einer Äußerung als Tatsachenbehauptung oder Werturteil

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
23.07.2020
Aktenzeichen
13 U 11/20
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2020, 50086
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2020:0723.13U11.20.00

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 12.12.2019 - AZ: 8 O 98/19

Fundstelle

  • RPsych 2021, 81-97

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 12. Dezember 2019 abgeändert und unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, folgende Äußerungen in Bezug auf die Klägerin wörtlich oder sinngemäß zu tätigen und / oder solche Äußerungen zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen:

"Gutachten von F. vollendete Katastrophe?

Uns liegen Gutachten von Frau Dr. phil. Dipl. Päd. F. und fachkundige Expertisen zu den Gutachten von Frau Dr. phil. Dipl. Päd. F. vor, in denen die Gutachten von Frau Dr. phil. Dipl. Päd. F. von angesehenen Experten (mit jahrzehntelangen Erfahrungen bzgl. Gerichtsgutachten) beispielsweise als "vollendete" Katastrophen bezeichnet werden."

und/oder

"Kind weg nach F.-Einsatz

Uns liegen Beschwerden verschiedener Eltern/Großeltern vor, denen nach einem Einsatz von Frau Dr. phil. Dipl. Päd. F. das Kind weggenommen wurde und der Kontakt des Kindes zu den Eltern erschwert wurde, obgleich es keine objektiv nachvollziehbaren Gründe für einen Sorgerechtsentzug gibt."

soweit das geschieht wie auf der Website unter der URL http://www. ... (siehe dem Urteil als Anlage beigefügter Screenshot).

Dem Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 €, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 334,75 € außergerichtliche Abmahnkosten zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25. April 2019 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 5/7 und der Beklagte zu 2/7.

Das Urteil ist wegen des ausgesprochenen Verbots gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 3.000 € und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf bis zu 10.000 € festgesetzt.

Gründe

A.

Die Klägerin ist als Gutachterin in familiengerichtlichen Verfahren tätig. Sie nimmt den Beklagten auf Unterlassung verschiedener Äußerungen auf der von ihm betriebenen Website www.... ("V.", Bl. 7 ff. d. A.) in Anspruch.

Die Klägerin begutachtete den Beklagten vor einigen Jahren in einer familienrechtlichen Angelegenheit. Die Begutachtung nahm der Beklagte zum Anlass, die vorgenannte Website ins Leben zu rufen.

Auf seiner Website bietet der Beklagte u.a. "personal coaching" für "Trennungseltern" und andere kostenpflichtige Dienstleistungen an (Bl. 7R d. A.). Außerdem verkauft er dort Werbeplätze.

Unter anderem ist auf der Website eine "Gutachterdatenbank" abrufbar (Bl. 8R d. A). Dort veröffentlichte der Beklagte auch einen Bericht über die Klägerin (Bl. 8 ff. d. A. = Anlage K 8, Bl. 120 ff. d. A.) sowie eine "Stellungnahme" zu einem von der Klägerin erstellten Gutachten, das ihn selbst betraf (Bl. 15 ff. d. A. = Anlage K 9, Bl. 132 ff. d. A.).

Nach einer Abmahnung durch die Klägerin (Anwaltsschreiben vom 16. und 29. April 2019, Anlagen K 5 und K 6, Bl. 18R ff., 24 d. A.) entfernte der Beklagte die streitgegenständlichen Äußerungen von seiner Website.

Die Klägerin hat gemeint, die beanstandeten Äußerungen stellten einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbetrieb dar und verletzten ihr Persönlichkeitsrecht. Es handele sich um unwahre Tatsachenbehauptungen, jedenfalls um unzulässige Schmähkritik. Die Äußerung unter Buchstabe a) ihres Klagantrags sei eine unzulässige Suggestivfrage und beinhalte eine unwahre Tatsachenbehauptung. Die Klägerin hat bestritten, dass dem Beklagten Gegengutachten mit dem unter Buchstabe b) genannten Inhalt vorliegen. Die Aussage unter Buchstabe c) sei ebenfalls unwahr. Sie suggeriere, dass Kinder weggenommen würden. Es sei auch nicht richtig, dass von ihr Kinder weggenommen würden (Buchstabe d); denn das Urteil werde vom Gericht gesprochen. Sie betreibe auch keine "Eltern-Entsorgung", sondern begutachte objektiv und unabhängig (Buchstabe e). Der Vorwurf mangelnder Neutralität sei gelogen (Buchstabe f). Sie habe niemals einen Elternteil im Rahmen einer Begutachtung beraten, insbesondere nicht einseitig, und ein Verhalten gegenüber dem Vater empfohlen (Buchstabe g). Sie sei weder befangen noch parteilich (Buchstabe h). Auch die Aussage unter Buchstabe i) sei gelogen. Sie habe niemanden erpresst (Buchstabe j). Sie sei auch nicht durch ihre eigene Scheidung vorbelastet. (Buchstabe k). Es stelle sich die Frage, woher der Beklagte wissen wolle, dass sie geschieden sei. Die Veröffentlichung ihrer Daten verletzte auch die DS-GVO.

Die Klägerin hat beantragt (Bl. 2R f., 41 d. A.)

1. den Beklagten zu verurteilen, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, folgende Äußerungen in Bezug auf die Klägerin wörtlich oder sinngemäß zu tätigen und/oder solche Äußerungen zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen:

a) "Gutachten von F. vollendete Katastrophe?";

b) "Uns liegen Gutachten von Frau Dr. phil. Dipl. Päd. F. und fachkundige Expertisen zu den Gutachten von Frau Dr. phil. Dipl. Päd. F. vor, in denen die Gutachten von Frau Dr. phil. Dipl. Päd. F. von angesehenen Experten (mit jahrzehntelangen Erfahrungen bzgl. Gerichtsgutachten) beispielsweise als "vollendete" Katastrophen bezeichnet werden.";

c) "Kind weg nach F.-Einsatz";

d) "Uns liegen Beschwerden verschiedener Eltern/Großeltern vor, denen nach einem Einsatz von Frau Dr. phil. Dipl. Päd. F. das Kind weggenommen wurde und der Kontakt des Kindes zu den Eltern erschwert wurde, obgleich es keine objektiv nachvollziehbaren Gründe für einen Sorgerechtsentzug gibt.";

e) "Elternentsorgung nach F.-Einsatz nicht unwahrscheinlich.";

f) "Dr. F. mangelnde Neutralität";

g) "Während ihrer Begutachtung war die Sachverständige nicht objektiv und hat einen Elternteil (in diesem Fall die Mutter) einseitig beraten, wie sie sich gegenüber dem Vater verhalten soll.";

h) "Alleine diese Parteilichkeit legt die Befangenheit der Sachverständigen Dr. F. nahe.";

i). "Mit diesem Gutachten drängt sich wieder einmal der Verdacht auf, das es bei der Begutachtung nicht auf objektiv messbaren Faktoren ankommt, die sich am Kindeswohl orientieren (Bei welchem Elternteil sind die besseren Förderungs- und Entwicklungsbedingungen vorhanden?) oder, wer vor der Trennung das Kind überwiegend betreut hat, sondern das möglicherweise das Kind immer zu dem "schwächeren" Elternteil gegeben wird, weil man somit langfristig am Kind verdienen kann.";

j) "Dich von der Frau Dr. F. nicht erpressen lassen";

k) "Durch eigene Scheidung vorbelastet?",

soweit das geschieht wie auf der Website unter der URL http://www..... pp.

2. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 1.171,67 € außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.04.2019 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat gemeint, die Ansprüche seien verwirkt, weil die Klägerin die Vorwürfe bereits mit Schreiben vom 15. Januar 2015 (Bl. 36 f. d. A.) erhoben habe. Die Klägerin habe die grundgesetzlich geschützten Meinungsäußerungen hinzunehmen, weil lediglich ihre berufliche Tätigkeit bzw. ihre Sozialsphäre betroffen seien. Seine Website diene der Information der Elternteile über bestimmte Praktiken und Missstände. Die Aussagen stellten erlaubte Übertreibungen bzw. Feststellungen, offen formulierte Aussagen und offene Fragen dar.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf das angefochtene Urteil des Landgerichts Bezug genommen (Bl. 56 ff. d. A.).

Mit Urteil vom 12. Dezember 2019 hat das Landgericht Hannover die Klage abgewiesen. Der Klägerin stehe kein Unterlassungsanspruch zu. Bei den beanstandeten Äußerungen handele es sich nicht um bewusst unwahre und mithin unzulässige Tatsachenbehauptungen, sondern um Meinungsäußerungen. Die Frage unter Buchstabe a) stelle als rhetorische Frage ein Werturteil dar. Weil dieses auf eine Bewertung durch andere Gutachter gestützt werde, handele es sich nicht um eine anlasslose Kritik. Die Frage, ob dem Beklagten tatsächlich entsprechende Gutachten vorliegen (Buchstabe b), stelle zwar einen Tatsachenkern des getroffenen Werturteils dar. Das Bestreiten der Klägerin sei aber nicht ausreichend. Weil der Beklagte ihr bereits vorgerichtlich entsprechende Gutachten übersandt habe, sei die Klägerin in der Lage gewesen, dem im Rahmen der ihr bei dem geltend gemachten Unterlassungsanspruch obliegenden Darlegungslast entgegenzutreten. Die Äußerung unter Buchstabe c) sei von der Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt. Denn die Klägerin habe nicht mit Substanz dargetan, dass es sich um eine bewusst unwahre Tatsachenbehauptung handele. Dies dränge sich auch nicht auf. Vielmehr dürfte es einige Fälle geben, bei denen nur einem Elternteil das Sorgerecht zugesprochen worden sei. Die Aussage unter Buchstabe d) stelle eine geschützte Meinungsäußerung dar. Wenn nur einem Elternteil das Sorgerecht zugesprochen worden sei, könne der andere dies durchaus als Wegnahme des Kindes empfinden. Die Äußerung unter Buchstabe e) ("Elternentsorgung ...") sei eine zulässige Übertreibung. Die Äußerungen unter den Buchstaben f) - h) seien Werturteile. Die Klägerin habe insoweit ihrer Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich einer bewusst unwahren Tatsachenbehauptung nicht genügt. Sie habe nicht bestritten, dass sie die von dem Beklagten vorgelegte E-Mail (Bl. 39 d. A.) verfasst habe. Im Übrigen handele es sich um Werturteile. Ob genügend Gründe vorlägen, an der Unparteilichkeit eines Sachverständigen zu zweifeln, sei nur im Rahmen objektiver Bewertung zu entscheiden. Die Äußerung unter Buchstabe i) sei ebenfalls vom Schutz des Art. 5 GG gedeckt. Es handele sich nicht um bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen. Der unter Buchstabe j) genannte Rat verletzte das Persönlichkeitsrecht der Klägerin ebenfalls nicht. Dieser sei weder Meinungsäußerung noch Tatsachenbehauptung. Die unter Buchstabe k) beanstandete Frage stelle eine gemäß Art. 5 GG geschützte Meinungsäußerung dar. Der Tatsachenkern sei wahr, unstreitig sei die Klägerin geschieden.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre erstinstanzlichen Klageanträge in vollem Umfang weiterverfolgt (Bl. 85 ff. d. A.). Das Landgericht habe die Beweislast verkannt. Der Beklagte hätte die Wahrheit seiner Behauptungen beweisen müssen. Wenn man in Teilen der Darstellung des Beklagten eine Meinungsäußerung sehe, sei eine Interessenabwägung vorzunehmen, die im Streitfall eindeutig zu Gunsten der Klägerin ausfalle. Sämtliche Behauptungen seien falsch und die Äußerungen als unzulässige Schmähkritik zu qualifizieren.

Unter den Buchstaben a) / b) legt die Klägerin eine Seite aus einem ihr von dem Beklagten übersandten Gutachten vor (Anlage K 7, Bl. 107 d. A.). Der Autor befasst sich mit zwei Sätzen aus einem Gutachten der Klägerin. Dort heißt es:

"Interessant ist auch die faktisch genannte Begründung für eine Übertragung von Sorgerechtsteilen oder ihrer Summe; "Da beide Eltern keine erkennbaren Defizite in ihrer Erziehungsfähigkeit aufweisen (...)". Der Leser bekommt zwar eine Idee davon, was die Sachverständige meinen könnte - aber faktisch ist der zentrale Satz des Gutachtens eine vollendete Katastrophe. Sinngemäß wird doch behauptet, dass ein Sorgerechtsentscheid - und damit ein Sorgerechtsentzug für einen Elternteil - erfolgen soll, weil beide Eltern erziehungsfähig seien."

Ihre E-Mail, die der Beklagte im Zusammenhang mit seinem Vorwurf der mangelnden Neutralität vorgelegt habe, habe der im Rahmen der Begutachtung notwendigen Kontaktaufnahme gedient. Auch sei nicht auszuschließen, dass der Beklagte die E-Mail unrechtmäßig erlangt habe, sodass insoweit ein Beweisverwertungsverbot bestehe. Außerdem hätte das Landgericht das gesamte Vorbringen des Beklagten als verspätet zurückweisen müssen, weil er sich erst nach Ablauf sämtlicher gerichtlicher Fristen geäußert habe. Das Landgericht habe sich auch nicht mit dem von ihr geltend gemachten Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbetrieb befasst. Der Beklagte verfolge ausschließlich das Ziel, sie öffentlich herabzuwürdigen sowie ihre Reputation und ihre berufliche Grundlage zu zerstören. Schließlich habe sich das Landgericht auch nicht mit den Regelungen der DS-GVO befasst. Es handele sich um eine unzulässige Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten.

Der Beklagte, der die Zurückweisung der Berufung beantragt (Bl. 146 d. A.), verteidigt mit seiner Berufungserwiderung das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags. Unter den Buchstaben a) und b) habe er den Beweis gegenüber der Klägerin bereits im Januar 2015 durch Übermittlung entsprechender Expertisen der Sachverständigen Dr. G. und B.K. erbracht. Er habe weitere Gutachten als Grundlage der Aussage vorliegen. Diese könnten wegen des Grundsatzes der Nichtöffentlichkeit in familienrechtlichen Verfahren nur "in camera" vorgelegt werden. Bei der Aussage unter Buchstabe c) handele es sich um eine zugespitzte Überschrift. In diesem Zusammenhang habe er Äußerungen von verschiedenen Eltern und Großeltern zitiert, die einer Tatsachenüberprüfung standhielten. Hierzu hat der Beklagte in seinem weiteren Schriftsatz vom 8. Mai 2020 auf Kommentare verwiesen, die er auf seiner Website erhalten habe (Seite 5 = Bl. 163 d. A.). Entsprechend sei auch die Aussage unter Buchstabe d) durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Die Aussage unter Buchstabe e) weise nur darauf hin, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit bestehe, dass Eltern das Sorgerecht für ihre Kinder verlören. Den Aussagen unter den Buchstaben f) - h) liege zugrunde, dass die Klägerin die Mutter vor der Begutachtung beraten habe, wie sich aus den vorgelegten E-Mails (Anlage 3, Bl. 194 d. A.) ergebe. Die Reaktion der Mutter habe die Klägerin dann in dem Gutachten ausdrücklich gelobt, ohne die vorangegangenen Gespräche und den E-Mail-Schriftverkehr zu erwähnen. Bei der Äußerung unter Buchstabe i) handele sich um eine Meinung des Beklagten zu einem von der Klägerin erstellten Gutachten, von dem er einen Auszug vorlege (Bl. 195 d. A.). Die Äußerung unter Buchstabe j) beziehe sich auf einen Nutzerkommentar. Der Leser erkenne aus dem Gesamtzusammenhang, dass es sich keineswegs um eine strafrechtliche Anschuldigung handele. Die Äußerung unter Buchstabe k) sei bewusst als Frage formuliert, damit sich jeder seine eigene Meinung bilden könne. Insgesamt sei es nicht Ziel des Beklagten, die Klägerin öffentlich bloßzustellen oder zu diffamieren, vielmehr wolle er eine Übersicht über Sachverständige anbieten, damit sich Eltern über diese austauschen könnten.

B.

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.

Das angefochtene Urteil beruht auf einem Rechtsfehler (§ 513 Abs. 1, 1. Alt., § 546 ZPO), soweit das Landgericht die Klage auch hinsichtlich der Äußerungen unter den Buchstaben a) / b) und c) / d) abgewiesen hat. Insoweit rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1, 2. Alt. ZPO).

I.

Hinsichtlich der Äußerungen unter den Buchstaben a) / b) und c) / d) hat die Klägerin einen Unterlassungsanspruch gemäß § 1004, § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG. Im Übrigen ist die Klage jedoch unbegründet.

1. Sämtliche streitgegenständlichen Äußerungen des Beklagten greifen in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin ein.

Es handelt sich insgesamt um eine kritische Beurteilung der Gutachtertätigkeit der Klägerin. Dies betrifft zunächst ihre Sozialsphäre. Hinzu kommt, dass der Beklagte die Äußerungen im Internet veröffentlicht hat. Daher reicht der Eingriff über die Sozialsphäre der Klägerin hinaus. Die Auffindbarkeit und Zusammenführung von Informationen mittels namensbezogener Suchabfragen führt heute dazu, dass für deren Auswirkungen zwischen Privat- und Sozialsphäre kaum mehr zu unterscheiden ist (BVerfG, Beschluss vom 6. November 2019 - 1 BvR 276/17 - Recht auf Vergessen II, Rn. 128). Auch die öffentliche Bekanntgabe des Umstandes, dass die Klägerin geschieden ist, greift erheblich in ihre Privatsphäre ein. Zudem wird auch die Berufsausübung der Klägerin (Art. 12 Abs. 1 GG) durch die Veröffentlichung beeinträchtigt, weil sie dazu führen kann, dass Verfahrensbeteiligte ihrer gerichtlichen Gutachtertätigkeit mit Misstrauen begegnen oder eine Zusammenarbeit mit ihr ablehnen.

Hingegen sind die Äußerungen nicht am Maßstab des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung zu messen. Denn der verfassungsrechtliche Maßstab für den Schutz gegenüber Gefährdungen durch die Verbreitung personenbezogener Berichte und Informationen als Teil öffentlicher Kommunikation liegt in den äußerungsrechtlichen Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, nicht im Recht auf informationelle Selbstbestimmung (BVerfG, Beschluss vom 6. November 2019 - 1 BvR 16/13, Leitsatz 2. a).

2. Aus dem Eingriff in das Persönlichkeitsrecht folgt jedoch nicht bereits die Rechtswidrigkeit.

Ob die Äußerungen rechtswidrig sind, ist jeweils im Einzelfall festzustellen:

a) Sowohl das Persönlichkeitsrecht als auch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb stellen offene Tatbestände dar, deren Inhalt und Grenzen sich erst aus einer Abwägung mit den im Einzelfall konkret kollidierenden Interessen anderer ergeben. Bei der Abwägung sind die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen. Der Eingriff in den Schutzbereich des jeweiligen Rechts ist nur dann rechtswidrig, wenn das Interesse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (BGH, Urteil vom 14. Januar 2020 - VI ZR 497/18, Rn. 42 - 43).

b) Im Streitfall steht dem Persönlichkeitsrecht der Klägerin die Meinungsfreiheit des Beklagten (Art. 5 Abs. 1 GG) gegenüber. Daneben ist auch zu berücksichtigen, dass der Beklagte mit seiner Website die von ihm angebotenen Dienstleistungen bewirbt (Art. 12 Abs. 1 GG).

aa) Art. 5 Abs. 1 GG gewährleistet jedermann das Recht, seine Meinung frei zu äußern. Jeder soll frei sagen können, was er denkt, auch wenn er keine nachprüfbaren Gründe für sein Urteil angibt (BGH, Urteil vom 14. Januar 2020 - VI ZR 497/18 -, Rn. 50). Ob eine Äußerung weiterführend ist, beeinflusst den Grundrechtsschutz aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG grundsätzlich nicht. Dieser besteht unabhängig davon, ob eine Äußerung rational oder emotional, begründet oder grundlos ist und ob sie von anderen für nützlich oder schädlich, wertvoll oder wertlos gehalten wird (BGH, aaO).

Von vornherein außerhalb des Schutzbereichs des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG liegen nur bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen und solche, deren Unwahrheit bereits im Zeitpunkt der Äußerung feststeht (BGH, Urteil vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237-270, Rn. 23).

bb) Im Übrigen hängt bei Tatsachenbehauptungen die Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen vom Wahrheitsgehalt ab. Wahre Tatsachenbehauptungen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht (BGH, Urteil vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12 -, BGHZ 199, 237-270, Rn. 23). Eine Kritik an den beruflichen Leistungen des Betroffenen, welche nicht auf unwahren Tatsachenbehauptungen aufbaut, ist in der Regel zulässig und von diesem daher grundsätzlich bis zur Grenze der Schmähkritik hinzunehmen (BGH, Urteil vom 27. September 2016 - VI ZR 250/13, Rn. 36, juris).

Insoweit trägt der Äußernde die Beweislast für die Wahrheit seiner Tatsachenbehauptung (BGH, Urteil vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237-270, Rn. 24). Gemäß der über § 823 Abs. 2 BGB in das Zivilrecht transformierten Beweisregel des § 186 StGB ist es Sache des Äußernden, die Wahrheit seiner Behauptung nachzuweisen (aaO).

cc) Ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder als Werturteil einzustufen ist, ist eine Rechtsfrage. Tatsachenbehauptungen sind durch die objektive Beziehung zwischen Äußerung und Wirklichkeit charakterisiert. Demgegenüber werden Werturteile und Meinungsäußerungen durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt. Wesentlich für die Einstufung als Tatsachenbehauptung ist danach, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit Mitteln des Beweises zugänglich ist. Dies scheidet bei Werturteilen und Meinungsäußerungen aus, weil sie durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet sind und sich deshalb nicht als wahr oder unwahr erweisen lassen (BGH, Urteil vom 27. September 2016 - VI ZR 250/13 -, Rn. 25, mwN). Eine Äußerung, die auf Werturteilen beruht, kann sich als Tatsachenbehauptung erweisen, wenn und soweit bei dem Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorgerufen wird (BGH, Urteil vom 27. September 2016 - VI ZR 250/13, Rn. 26, mwN). Auch die schlagwortartig verkürzte Wiedergabe eines Sachverhalts kann selbst dann, wenn sie sich wertender Schlagworte bedient, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthalten (aaO). Anders liegt es jedoch, wenn der tatsächliche Gehalt der Äußerung so substanzarm bleibt, dass er gegenüber der subjektiven Wertung ganz zurücktritt (aaO).

dd) Für die danach erforderliche Auslegung der Äußerungen gilt Folgendes:

Ausgehend vom Wortlaut - der allerdings den Sinn nicht abschließend festlegen kann - und dem allgemeinen Sprachgebrauch sind bei der Deutung der sprachliche Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht, und die Begleitumstände, unter denen sie fällt, zu berücksichtigen, soweit diese für das Publikum erkennbar sind (BGH, Urteil vom 27. September 2016 - VI ZR 250/13, Rn. 12, juris). Zur Erfassung des vollständigen Aussagegehalts muss die beanstandete Äußerung stets in dem Gesamtzusammenhang beurteilt werden, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden (aaO).

Bei gerichtlichen Entscheidungen über die Unterlassung zukünftiger Äußerungen ist im Rahmen der rechtlichen Zuordnung von Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsschutz zu berücksichtigen, dass der Äußernde die Möglichkeit hat, sich in der Zukunft eindeutig auszudrücken und damit zugleich klarzustellen, welcher Äußerungsinhalt der rechtlichen Prüfung einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts zu Grunde zu legen ist (BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober 2005 - 1 BvR 1696/98 - Stolpe-Beschluss, BVerfGE 114, 339-356, Rn. 34). Ist der Äußernde nicht bereit, der Aussage einen eindeutigen Inhalt zu geben, besteht kein verfassungsrechtlich tragfähiger Grund, von einer Verurteilung zum Unterlassen nur deshalb abzusehen, weil die Äußerung mehrere Deutungsvarianten zulässt, darunter auch solche, die zu keiner oder nur einer geringeren Persönlichkeitsverletzung führen. Der Abwägung mit dem Persönlichkeitsrecht sind vielmehr alle nicht entfernt liegenden Deutungsvarianten zu Grunde zu legen, die dieses Recht beeinträchtigen (aaO, Rn. 35).

ee) Wenn es sich um Äußerungen handelt, die sich als Angriff auf die Menschenwürde, Formalbeleidigung oder Schmähung darstellen, kann ausnahmsweise eine Abwägung der betroffenen Grundrechte entbehrlich sein (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 2020 - 1 BvR 2397/19, Rn. 17). Schmähung im verfassungsrechtlichen Sinn ist gegeben, wenn eine Äußerung keinen irgendwie nachvollziehbaren Bezug mehr zu einer sachlichen Auseinandersetzung hat und es bei ihr im Grunde nur um das grundlose Verächtlichmachen der betroffenen Person als solcher geht. Es sind dies Fälle, in denen eine vorherige Auseinandersetzung erkennbar nur äußerlich zum Anlass genommen wird, um über andere Personen herzuziehen oder sie niederzumachen, etwa in Fällen der Privatfehde. (aaO Rn. 18). Davon abzugrenzen sind Fälle, in denen die Äußerung, auch wenn sie gravierend ehrverletzend und damit unsachlich ist, letztlich als (überschießendes) Mittel zum Zweck der Kritik eines Sachverhaltes dient. Dann geht es dem Äußernden nicht allein darum, den Betroffenen als solchen zu diffamieren, sondern stellt sich die Äußerung als Teil einer anlassbezogenen Auseinandersetzung dar (aaO).

c) Nach diesen Maßgaben verletzen die Äußerungen des Beklagten zu Ziffer 1. a) / b) und c) / d) des Klagantrags das Persönlichkeitsrecht der Klägerin. Denn sie enthalten Tatsachenbehauptungen, deren Richtigkeit der - insoweit beweisbelastete - Beklagte nicht dargetan und erst recht nicht bewiesen hat (hierzu aa) und bb)). Im Übrigen handelt es sich jedoch um zulässige Werturteile (hierzu cc) bis ff)) bzw. die zulässige Verbreitung einer Information (hierzu gg)).

aa) Die Äußerungen unter den Buchstaben a) und b) verletzten das Persönlichkeitsrecht der Klägerin.

(1) Die beiden Äußerungen sind in der Gesamtschau zu beurteilen, weil es sich um unmittelbar aufeinander folgende und inhaltlich aufeinander bezogene Teile einer Textpassage handelt. Die in der Überschrift (Buchstabe a) gestellte Frage, ob die Gutachten der Klägerin eine "vollendete Katastrophe" seien, wird in dem folgenden Absatz (Buchstabe b) damit beantwortet, dass Expertisen zu den Gutachten der Klägerin vorlägen, in denen diese von angesehenen Experten mit jahrzehntelangen Erfahrungen bzgl. Gerichtsgutachten beispielsweise als "vollendete Katastrophen" bezeichnet werden. Dass bei den einzelnen beanstandeten Textteilen jeweils die Gesamtschau im Kontext der Internetseite maßgeblich ist, ergibt sich auch daraus, dass in dem Unterlassungsantrag auf die Internetseite als konkrete Verletzungsform ausdrücklich Bezug genommen wird ("soweit dies geschieht, wie (...)").

(2) Die Bezeichnung eines Gutachtens als "vollendete Katastrophe" ist zwar ein nicht dem Wahrheitsbeweis zugängliches Werturteil. Die Äußerung enthält darüber hinaus aber auch den Tatsachenkern, dass "angesehene Experten (mit jahrzehntelangen Erfahrungen bzgl. Gerichtsgutachten)" in ihren Expertisen Gutachten der Klägerin - wörtlich oder sinngemäß - als "vollendete Katastrophen" bezeichnet hätten. Die Äußerung des Beklagten beinhaltet damit ausdrücklich die Behauptung, dass ihm zu mehreren Gutachten der Klägerin solche Beurteilungen mehrerer gerichtserfahrener Sachverständiger vorliegen. Dies ergibt sich für den angesprochenen Leser ohne weiteres aus der durchgehenden Verwendung des Plurals in dem beanstandeten Satz. Die Äußerung hat ihren prägenden Inhalt gerade darin, dass es sich nicht um die Meinung eines Sachverständigen in einem Einzelfall handelt, sondern mehrere Gutachten der Klägerin angeblich derart fehlerhaft seien, dass verschiedene gerichtserfahrene Sachverständige, denen die angesprochenen Leser eine gewisse Sachlichkeit unterstellen werden, sich zu einem derart harschen - vernichtenden - Urteil veranlasst sahen.

Diese Tatsachenbehauptung trifft nicht zu. Der Beklagte und sein Prozessbevollmächtigter haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat selbst erklärt, es liege dem Beklagten nur eine einzige "Expertise" vor, die zu einer solchen Wertung komme (Bl. 285 R d. A.). Der Beklagte hat damit eingeräumt, dass sein - ohnehin substanzloser - Vortrag, ihm lägen weitere Gutachten als Grundlage seiner Aussage unter Buchstabe b) vor (Bl. 161 d. A.), unzutreffend gewesen ist.

Der Beklagte bezieht sich somit zur Stützung seiner Tatsachenbehauptung nur auf eine einzelne, von ihm selbst eingeholte Stellungnahme des Sachverständigen Dr. G. zu einem - in seinem eigenen familiengerichtlichen Verfahren erstellten - Gutachten der Klägerin, in der "der zentraler Satz" des Gutachtens als vollendete Katastrophe bezeichnet wird (auszugsweise vorgelegt als Anlage K 7, Bl. 107 d. A.). Es mag möglicherweise noch als zulässige Darstellung angesehen werden können, dass mit dieser Beurteilung im Ergebnis das gesamte Gutachten - nicht nur ein einzelner Satz - als "vollendete Katastrophe" bewertet worden sei. Unzutreffend ist aber jedenfalls, dass dem Beklagten zu mehreren Gutachten der Klägerin entsprechende Aussagen unterschiedlicher gerichtserfahrener Sachverständiger vorliegen.

Soweit der Beklagte nunmehr - mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 21. Juni 2020 - eine undatierte "psychologische Stellungnahme zu einem auszugsweisen Gutachten, ohne Angabe des Namens der Gutachterin / des Gutachters vom 13. Juli 2011 (...) in der Familiensache C." (Bl. 324 ff. d. A.) vorlegt, handelt es sich um neues Vorbringen nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, das gemäß § 296a ZPO nicht zu berücksichtigen ist. Nur ergänzend wird darauf hingewiesen, dass auch dieses Vorbringen die Tatsachenbehauptung des Beklagten nicht rechtfertigen könnte. Zum einen hat der Beklagte nicht dargetan, dass sich diese Stellungnahme auf ein anderes Gutachten der Klägerin bezieht. Vielmehr geht es wiederum um die Gutachtertätigkeit der Klägerin in seiner eigenen Familiensache. Zum anderen ist weder dargetan noch sonst ersichtlich, dass die Verfasserin der Stellungnahme zu den "angesehenen Experten mit jahrzehntelangen Erfahrungen bzgl. Gerichtsgutachten" zählt. Schließlich kann eine solche Stellungnahme, die sich lediglich auf ein unvollständig vorgelegtes Gutachten bezieht, nicht als "Expertise" im Sinne der Tatsachenbehauptung des Beklagten angesehen werden. Die angesprochenen Leser gehen selbstverständlich davon aus, dass den "angesehenen Experten" die überprüften Gutachten der Klägerin vollständig vorlagen, bevor sie zu einem derartig scharfen Verdikt gelangt sind.

Auch die Berufsausübungsfreiheit des Beklagten (Art. 12 Abs. 1 GG) vermag die Verbreitung unwahrer Tatsachen nicht zu rechtfertigen.

bb) Die Äußerung unter den Buchstaben c) / d) verletzt ebenfalls das Persönlichkeitsrecht der Klägerin, weil sie eine nicht belegte Tatsachenbehauptung enthält.

Es handelt sich wiederum um eine - aus Überschrift und nachfolgendem Text bestehende - Textpassage, die einheitlich in der Gesamtschau zu beurteilen ist.

Diese Textpassage hat zunächst den Tatsachenkern, dass dem Beklagten Beschwerden von verschiedenen Eltern und Großeltern über die Gutachtertätigkeit der Klägerin vorliegen, in deren Folge es zur Wegnahme des Kindes und einer Erschwerung des Kontaktes der Eltern zu dem Kind gekommen sei.

Darüber hinaus bringt der Zusatz "obgleich es keine objektiv nachvollziehbaren Gründe für einen Sorgerechtsentzug gibt" zum Ausdruck, dass es sich nicht lediglich um subjektiv geprägte Beschwerden der betroffenen Eltern und Großeltern handelt, sondern von dritter Seite - nach objektiver Prüfung - festgestellt worden sei, dass es für einen Sorgerechtsentzug keine nachvollziehbaren Gründe gegeben habe. Für den angesprochenen Leser ist es von entscheidender Bedeutung, ob lediglich - erwartungsgemäß - ein unterlegener Elternteil mit der Tätigkeit der Klägerin unzufrieden war oder aber ein Gutachten der Klägerin zu einem objektiv unberechtigten Sorgerechtsentzug geführt hat.

Der Beklagte hat hierzu in der mündlichen Verhandlung erklärt, er habe seine eigene Meinung zum Ausdruck bringen wollen (Bl. 286R d. A.). Weil nicht mitgeteilt wird, wer die Überprüfung vorgenommen hat, kann die Äußerung zu seinen Gunsten dahin verstanden werden, dass nur er selbst die Beschwerden geprüft hat und keine dazu beruflich qualifizierten Personen - im Familienrecht tätige Juristen oder Sachverständige - hiermit befasst waren. Gleichwohl muss dem Beklagten aber jedenfalls der maßgebliche Sachverhalt soweit bekannt gewesen sein, dass er feststellen konnte, dass die Gründe, auf die in der gerichtlichen Entscheidung die Sorgerechtsentziehung gestützt wurde, tatsächlich nicht bestehen. Dies hat der Beklagte nicht einmal ansatzweise dargetan.

Der Beklagte hat sich hierzu lediglich auf drei Posts gestützt, die auf seiner Website veröffentlicht sind (Bl. 163, 277, 279 d. A.):

In dem ersten Beitrag vom 8. Mai 2015 berichtete der Verfasser "D. V.", er habe heute erfahren, dass die Klägerin in einem Familienverfahren tätig werden solle. Somit stellte er keine eigenen Erfahrungen mit der Klägerin dar, sondern berichtete nur aus angeblich "sicherer Quelle". Es ist weder dargetan noch sonst ersichtlich, um welchen konkreten Sorgerechtsentzug es sich dabei gehandelt haben sollte und welchen Sachverhalt der Beklagte hier geprüft haben will.

In den beiden weiteren vom Beklagten zitierten Posts geht es zwar offenbar um eigene Erfahrungen der Verfasser mit der Klägerin. Auch hier hat der Beklagte aber - auch auf den Hinweis des Senats - nichts dazu vorgetragen, dass ihm die Sachverhalte und insbesondere die für den gerichtlichen Sorgerechtsentzug angeführten Gründe hinreichend bekannt gewesen sind und er das Fehlen solcher Gründe "objektiv" feststellen konnte.

Es erschließt sich auch nicht, welche Bedeutung die weiteren von dem Beklagten im Verhandlungstermin überreichten Unterlagen haben sollten. Dass das unvollständig überreichte Gutachten der Klägerin vom 10. Februar 2016 (Bl. 220 ff. d. A.) Grundlage für eine Sorgerechtsentziehung gewesen ist, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. In dem vorgelegten E-Mail-Wechsel des Beklagten mit einem "G." (Bl. 263 d. A.) geht es offenbar um einen von diesem geltend gemachten Anspruch nach § 10a OEG (Opferentschädigungsgesetz), nicht um einen Sorgerechtsentzug.

cc) Die Äußerung unter Buchstabe e) ("Elternentsorgung (...)") stellt hingegen ein zulässiges Werturteil dar. Sie hat den Tatsachenkern, dass es in der Folge einer Gutachtertätigkeit der Klägerin zu einem Sorgerechtsentzug kommen kann. Dies ist ersichtlich nicht unzutreffend. Der Begriff "Elternentsorgung" stellt auch keine unzulässige Schmähung der Klägerin im oben genannten Sinn (B. I. 2. b) ee) dar. Denn er hat einen nachvollziehbaren Bezug zu einer sachlichen Auseinandersetzung mit der Gutachtertätigkeit der Klägerin, indem er auf emotionale Weise die Gefühle von Eltern zum Ausdruck bringt, denen das Sorgerecht entzogen wurde.

dd) Die Aussagen unter den Buchstaben f) bis h), mit denen der Klägerin vorgeworfen wird, dass sie in dem dort geschilderten Fall (vgl. Anlage 9-2, Bl. 133 d. A.) mangelnde Neutralität gezeigt habe, stellen ebenfalls zulässige Werturteile dar. Den enthaltenen Tatsachenkern, dass die Klägerin einseitig - ohne Beteiligung des Vaters - mit der Mutter Kontakt aufgenommen und ihr gesagt habe, wie sie sich verhalten solle, ohne diese Kontakte in dem Gutachten mitzuteilen (vgl. vorgelegte E-Mails der Klägerin, Bl. 39, 194 d. A.), hat die Klägerin nicht mit Substanz in Abrede genommen. Sie hat lediglich dargetan, dass ihr Verhalten nicht zu beanstanden sei. Dies ist jedoch eine dem Beweis nicht zugängliche Wertungsfrage.

ee) Die Aussage unter Buchstabe i) ist ebenfalls ein zulässiges Werturteil.

Der Beklagte äußert den Verdacht, das Gutachten habe sich nicht am Kindeswohl orientiert, das Kind werde möglicherweise immer zu dem schwächeren Elternteil gegeben, weil "man" somit langfristig am Kind verdienen könne.

Die Auffassung, ein Gutachten berücksichtige das Kindeswohl nicht ausreichend, sodass sich der Eindruck sachfremder Motive aufdränge, stellt ein Werturteil dar. Dabei kein dahingestellt bleiben, auf wessen Verdienstmöglichkeiten (des schwächeren Elternteils oder der Sachverständigen) dabei aus Sicht des Lesers abgestellt werden sollte. In jedem Fall handelt es sich ersichtlich nur um eine subjektive Bewertung, die sich allein auf den Inhalt des Gutachtens stützt. Ob diese Bewertung nachvollziehbar ist, ist für die Zulässigkeit der Aussage ohne Belang.

ff) Der einem Vater erteilte Ratschlag, sich nicht von der Klägerin "erpressen" zu lassen (Buchstabe j), stellt ebenfalls ein zulässiges Werturteil dar. Der Beklagte reagierte damit lediglich auf die Mitteilung des Vaters, er werde von der Klägerin "regelrecht erpresst" (Anlage K 8-11). Der Beklagte hat nicht geäußert, dass die Klägerin tatsächlich eine Erpressung im Sinne des § 253 StGB begangen habe. Er hat vielmehr ausdrücklich offen gelassen, ob das Drängen der Klägerin tatsächlich eine Erpressung darstelle. Daher ist auch der im Folgenden erteilte Ratschlag nicht dahin zu verstehen, dass das Drängen der Klägerin als Erpressung im strafrechtlichen Sinn anzusehen sei. Vielmehr stellt dies auf den ersichtlich umgangssprachlichen Gebrauch des Begriffs "erpresst" - im Sinne von "unter Druck gesetzt" - in der Mitteilung des Vaters ab.

gg) Die Frage "Durch eigene Scheidung vorbelastet?" (Buchstabe k) ist ebenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Der Tatsachenkern - dass die Klägerin geschieden ist - trifft unstreitig zu. Die mit der Frage insinuierte Möglichkeit, dass diese Tatsache ihre Gutachtentätigkeit beeinflussen könnte, ist ein zulässiges Werturteil. Die öffentliche Bekanntgabe der Scheidung greift zwar erheblich in die Privatsphäre der Klägerin ein. Die Mitteilung ist aber noch durch das Informationsinteresse der betroffenen Eltern gerechtfertigt, weil nicht von Vornherein ausgeschlossen ist, dass die Erfahrungen, die eine Sachverständige in einem eigenen Scheidungsverfahren gemacht hat, ihre Beurteilung - sei es auch unbewusst - beeinflussen können. Jedenfalls da eine Scheidung heute allgemein nicht mehr in irgendeiner Weise als ehrenrührig angesehen wird, muss die Klägerin die Verbreitung dieser Information in dem hier gegebenen Kontext hinnehmen.

d) Soweit die Klägerin sich auf eine Verspätung des erstinstanzlichen Vortrags des Beklagten beruft, greift dies nicht durch. Erstinstanzliches Vorbringen darf nur dann in der Berufungsinstanz unberücksichtigt bleiben, wenn es in dem angegriffenen Urteil zu Recht ausgeschlossen worden ist (§ 531 abs. 1 ZPO). Das Berufungsgericht kann eine von der Vorinstanz unterlassene Zurückweisung nicht nachholen, selbst wenn es eine Präklusion für gegeben erachtet (BeckOK ZPO, Vorwerk/Wolf, 35. Edition, Stand: 01.01.2020, § 531 Abs. 1 Rn. 2).

e) Für die vorstehenden Beurteilungen ist es ohne Belang, ob die Äußerungen - neben dem Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin - auch in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eingreifen. Soweit der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin nicht rechtswidrig ist, gilt dies hier in gleicher Weise.

3. Soweit die Äußerungen das Persönlichkeitsrecht der Klägerin verletzten, besteht auch eine Wiederholungsgefahr im Sinne von § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB.

a) Ist bereits ein rechtswidriger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen erfolgt, besteht eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen der Wiederholungsgefahr (BGH, Urteil vom 4. Dezember 2018 - VI ZR 128/18, Rn. 9). Diese Vermutung kann entkräftet werden, allerdings sind an die Entkräftung strenge Anforderungen zu stellen (BGH aaO).

b) Im Streitfall ist die Vermutung für das Vorliegen der Wiederholungsgefahr nicht entkräftet. Zwar hat der Beklagte auf die anwaltliche Abmahnung die streitgegenständlichen Äußerungen von seiner Website entfernt. Daraus kann jedoch nicht mit hinreichender Sicherheit geschlossen werden, dass er dauerhaft auf die Veröffentlichung der Äußerungen verzichten wird. Hiergegen spricht insbesondere auch das prozessuale Verhalten des Beklagten, der nachhaltig seine Äußerungen verteidigt und weitere Veröffentlichungen über die Klägerin ankündigt.

4. Soweit nach dem Vorstehenden ein Unterlassungsanspruch besteht, greift auch der von dem Beklagten erhobene Einwand der Verwirkung nicht durch.

Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, und deswegen die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt (BGH, Urteil vom 16. Mai 2014 - V ZR 181/13, Rn. 19, juris). Auch die Verwirkung eines Unterlassungsanspruchs ist grundsätzlich möglich (BeckOGK/Spohnheimer, 1.5.2020, BGB § 1004 Rn. 276).

Im Streitfall fehlt es aber bereits an dem Umstandsmoment. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Beklagte sich darauf eingerichtet hat, dass er weiterhin unwahre Tatsachenbehauptungen aufstellen könne.

II.

Soweit die Klägerin nach dem Vorstehenden keinen Unterlassungsanspruch hat, ergeben sich auch aus der Datenschutz-Grundverordnung (Verordnung [EU] 2016/679) keine entgegenstehenden Gesichtspunkte.

1. Das Informationsangebot des Beklagten fällt unter das Medienprivileg nach Art. 85 DS-GVO, sodass eine Interessenabwägung - wie vorgehend geschehen - im Rahmen des nationalen Rechts zu erfolgen hat.

a) Der Begriff der journalistischen Zweckbestimmung im Sinne von Art. 85 DS-GVO ist angesichts der Bedeutung der Meinungsäußerungsfreiheit weit auszulegen. Grundsätzlich werden Daten immer dann zu journalistischen Zwecken verarbeitet, wenn Zielsetzung die Veröffentlichung für einen unbestimmten Personenkreis ist (Kühling/Buchner/Buchner/Tinnefeld, 2. Aufl. 2018, DS-GVO Art. 85 Rn. 17). Dies ist hier der Fall.

b) Im Bereich des Medienprivilegs ist es Aufgabe der EU-Mitgliedstaaten, die Frage zu beantworten, wie die betroffenen Grundrechte in Einklang zu bringen sind (BVerfG, Beschluss vom 6. November 2019 - 1 BvR 16/13, Rn. 51, Recht auf Vergessen I). Dies geschieht in Deutschland auf der Grundlage der von der Rechtsprechung entwickelten, vorstehend (B. I) dargestellten und angewendeten Grundsätze.

Das von der Klägerin zitierte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20. Februar 2018 (VI ZR 30/17 - jameda.de III), das vor Wirksamwerden der DS-GVO ergangen ist, betrifft keinen vergleichbaren Sachverhalt. Dort hatte der Betreiber des Arztsuche- und Arztbewertungsportals die Daten von Ärzten verwendet, um kostenpflichtig für mit diesen konkurrierende Ärzte zu werben. Bei der Interessenabwägung gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BDSG 1990 hat der Bundesgerichtshof zu Lasten des Portalbetreibers berücksichtigt, dass dieser den werbenden Ärzten verdeckt Vorteile verschafft hat. Eine vergleichbare Konstellation ist hier nicht gegeben.

2. Eine Verletzung der DS-GVO würde im Übrigen auch dann nicht vorliegen, wenn man das Medienprivileg im Streitfall nicht für anwendbar hielte. Soweit es sich nach dem Vorstehenden um zulässige Meinungsäußerungen handelt, ist die hierzu erforderliche Datenverarbeitung aufgrund der Wahrung berechtigter Interessen gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. f) DS-GVO rechtmäßig. Denn nach dieser Bestimmung ist ebenfalls eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen, bei der auch die Grundrechte des Verantwortlichen (aus der EU-Grundrechte-Charta) einzustellen sind. Von zentraler Bedeutung sind dabei vor allem die Meinungs-, Presse- und Rundfunkfreiheit gemäß Art. 11 GRCh (Kühling/Buchner/Buchner/Petri, 2. Aufl. 2018, DS-GVO Art. 6 Rn. 147). Die hier vorzunehmende Abwägung auf der Grundlage der EU-Grundrechte-Charta (Art. 7, 8, 11, 15, 16) würde zu keinem anderen Ergebnis gelangen als die vorgenommene Abwägung nach Maßgabe der Grundrechte des Grundgesetzes (vgl. zum grundsätzlich gleichen Prüfungsmaßstab: BVerfG, Beschluss vom 6. November 2019 - 1 BvR 276/17 - Recht auf Vergessen II, Rn. 124).

III.

Soweit die Klage in der Hauptsache Erfolg hat, ist auch der Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Abmahnkosten begründet (§ 683 Satz 1, § 670 BGB). Der Senat hat die zugesprochenen Abmahnkosten nach einem Gegenstandswert von bis zu 3.000 € errechnet.

Die Zinsforderung ist unter dem Gesichtspunkt des Zahlungsverzugs begründet (§ 286 Abs. 1 Satz 1, § 288 Abs. 1 BGB).

C.

1. Bei der Tenorierung des Verbots hat der Senat nur auf die konkrete Verletzungsform unter der ersten im Klagantrag zu 1 genannten URL (http://www....) Bezug genommen. Dass die mit der Klage beanstandeten Texte auch auf der ebenfalls im Klagantrag aufgeführten Facebook-Seite veröffentlicht worden waren, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Auf der im Klagantrag ebenfalls genannten Facebook-Seite befand sich offenbar ein anderer Beitrag, den die Klägerin nur außergerichtlich beanstandet hat (vgl. Anwaltsschreiben vom 16. April 2019, Nr. 4, Bl. 19 R d. A). Es wird davon ausgegangen, dass es sich insoweit bei der Fassung des Klagantrags um ein Versehen handelt.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1, § 97 Abs. 1 ZPO. Bei den Kostenquoten hat der Senat berücksichtigt, dass es insgesamt um sieben Themenkomplexe geht (s. vorstehend B. I. 2. c) aa) bis gg)) und die Klage in zwei dieser Punkte Erfolg hat.

3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

4. Von der Zulassung der Revision gemäß § 543 ZPO hat der Senat abgesehen. Der Rechtsstreit ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung. Auch die Fortbildung des Rechts erfordert keine Entscheidung des Revisionsgerichts.

5. Bei der Festsetzung des Berufungsstreitwerts ist der Senat der von den Parteien nicht beanstandeten Streitwertfestsetzung des Landgerichts gefolgt.

D.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz des Beklagten gibt keinen Anlass zur Wiedereröffnung der ordnungsgemäß geschlossenen mündlichen Verhandlung (§ 156 ZPO). Der Senat hat dem Beklagten bereits mit der Terminsladung Hinweise zu seiner Darlegungs- und Beweislast erteilt (Bl. 109 f. d. A.). In der Erörterung im Verhandlungstermin ist dem Beklagten und seinem Prozessbevollmächtigten eingehend Gelegenheit gegeben worden, zur Tatsachengrundlage seiner Äußerungen unter den Buchstaben a) / b) und c) / d) vorzutragen. Zudem enthält auch der nicht nachgelassene Schriftsatz des Beklagten - wie ausgeführt - kein entscheidungserhebliches Vorbringen.