Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 24.10.2013, Az.: 18 A 5986/13

Disziplinarverfahren; Entfernung aus dem Dienst; Kinderpornografie; Lehrer; Zurückstufung

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
24.10.2013
Aktenzeichen
18 A 5986/13
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2013, 64269
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Der beklagte Beamte ist eines Dienstvergehens schuldig. Er wird deshalb in das Amt eines Realschullehrers (BesGr. A 13) zurückgestuft.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens zu 70 v.H., die Klägerin zu 30.v.H.

Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Gründe

I.

Die Klagebehörde begehrt die Entfernung des beklagten Beamten aus dem Dienst.

Der 19.. geborene Beklagte wurde im Jahr 19.. zum Realschullehrer z.A. und im Dezember 19.. zum Realschullehrer ernannt. Im August 2010 wurde er zum Realschulkonrektor befördert. Der Beklagte ist verheiratet und bislang weder strafrechtlich noch disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten. Im Juni 2003 wurde er mit „Sehr gut“ und im Januar 2010 mit „Übertrifft in hervorragender Weise die Anforderungen“ beurteilt.

Am 20.Mai 2011 erstattete der Zentrale Kriminaldienst Hannover gegen den Beklagen Strafanzeige von Amts wegen wegen des Verdachtes des Besitzes und der Verschaffung von Jugendpornographie. Interpol Luxemburg hatte den bundesdeutschen Polizeibehörden Log-Dateien, die den Zugriff auf entsprechende Bilder dokumentieren, übermittelt.

Im Strafverfahren ließ sich der Beklagte durch seinen damaligen Verteidiger mit Schriftsatz vom 23.08.2012 ein, auf den wegen des näheren Inhaltes Bezug genommen wird (Bl. 2 ff. der Beiakte A). Das Amtsgericht Springe verurteile mit Strafbefehl vom 11.10.2012 den Beklagten wegen der Sich-Verschaffung und des Besitzes von kinderpornografischen Schriften zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen. Der Strafbefehl ist rechtskräftig.

Die Klägerin leitete ein Disziplinarverfahren gegen den Beklagten ein, hörte ihn an und hat dann am 09.08.2013 Disziplinarklage erhoben

Der Beklagte habe ein schweres Dienstvergehen begangen. Das Ansehen des Dienstherrn sei beschädigt und das Vertrauensverhältnis sei zerstört.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten aus dem Dienst zu entfernen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er macht eine Reihe von Milderungsgründen geltend.

Mit Verfügung vom 14.10.2013 bat das Gericht unter entsprechender Belehrung iSd § 54 NDiszG die Beteiligten um Zustimmung zu einem Beschluss nach § 54 NDiszG. Beide Beteiligten haben zugestimmt.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

II.

Das Verwaltungsgericht entscheidet gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 NDiszG durch Beschluss. Gemäß § 42 Abs. 3 Satz 2 NDiszG trifft die Kammer ihre Entscheidung in einem solchen Fall durch den Berichterstatter.

Die Zustimmung der Beteiligten zu dieser Verfahrensweise liegt vor.

Die Disziplinarklage ist zulässig und teilweise begründet.

Der Beklagte hat ein schweres Dienstvergehen begangen indem er den Straftatbestand des § 184b verwirklichte. Das Gericht ist dabei an die Feststellungen des Strafbefehl gebunden und hat sie seine Entscheidung zu Grunde zu legen, § 52 Abs. 1 NDiszG.

Unstreitig hat der Beklagte zwar das Vergehen nach § 184b Abs. 4 StGB außerdienstlich begangen, er hat damit jedoch gleichzeitig eine Kernpflicht aus seinem Beamtenverhältnis verletzt.

Als Disziplinarmaßnahme erachtet das Gericht die Zurückstufung des Beklagten in ein Amt eines Realschullehrers als notwendig, aber auch ausreichend. Die Zurückstufung ist eine zulässige Disziplinarmaßnahme nach §§ 6 Abs. 1 Nr. 4, 10 NDiszG.

Welche Disziplinarmaßnahme geeignet, erforderlich und angemessen ist, ist gem. § 14 NDiszG nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten einschließlich des bisherigen dienstlichen Verhaltens ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang die Beamtin oder der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat.

Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Beschluss vom 05.04.2013 - 2 B 79/11 - zur Frage, welche disziplinarrechtlichen Maßnahmen bei einem Lehrer in Betracht kommen, der sich kinderpornografisches Material verschafft hat, u.a. ausgeführt:

„Diese Frage hat der Senat bereits in den beiden Urteilen vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 5.10 - (Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12) und - BVerwG 2 C 13.10 - (Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 12) beantwortet. Danach ist für strafbares außerdienstliches Verhalten die gesetzliche Strafandrohung Orientierungsrahmen für die Maßnahmebemessung (vgl. auch Beschluss vom 21. Dezember 2010 - BVerwG 2 B 29.10 - Buchholz 232 § 77 BBG Nr. 32 Rn. 12). Das Ausmaß des Ansehensschadens, der durch eine außerdienstlich begangene Straftat hervorgerufen wird, wird maßgeblich durch diesen Strafrahmen bestimmt, sodass bei Fehlen jeglichen Dienstbezuges und einem Strafrahmen von bis zu einem Jahr allenfalls eine Disziplinarmaßnahme im unteren Bereich in Betracht kommt.

   Der Senat hat in diesen Urteilen außerdem den für die Disziplinarwürdigkeit außerdienstlichen Verhaltens notwendigen Bezug zu den dienstlichen Pflichten eines Beamten unter Zugrundelegung des Urteils des Disziplinarsenats vom 30. August 2000 - BVerwG 1 D 37.99 - (BVerwGE 112, 19 = Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 23) näher bestimmt und ausgeführt, dass sich die Beeinträchtigung der Achtung und des Vertrauens entweder auf das Amt des Beamten im konkret-funktionellen Sinne (Dienstposten), d.h. auf die Erfüllung der dem Beamten konkret obliegenden Dienstpflichten, oder auf das Ansehen des Berufsbeamtentums als Sachwalter einer stabilen und gesetzestreuen Verwaltung beziehen muss (Urteile vom 19. August 2010 a.a.O. jeweils Rn. 14 m.w.N.). Ein Bezug zwischen einem außerdienstlichen Dienstvergehen zu dem Dienstposten des Beamten ist gegeben, wenn das außerdienstliche Verhalten Rückschlüsse auf die Dienstausübung in dem Amt im konkret-funktionellen Sinn zulässt oder den Beamten in der Dienstausübung beeinträchtigt (Urteile vom 19. August 2010 a.a.O. jeweils Rn. 15; Beschlüsse vom 21. Dezember 2010 - BVerwG 2 B 29.10 - a.a.O. Rn. 7 und vom 22. Dezember 2010 - BVerwG 2 B 18.10 - Rn. 14 <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr.14>).

   Beim außerdienstlichen Besitz kinderpornografischer Schriften hat der Senat im Fall eines Zollinspektors einen solchen Dienstbezug verneint (Urteil vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 13.10 - Rn. 15). Demgegenüber hat der Senat den Dienstbezug im Fall eines Lehrers bejaht, weil ein Lehrer nach Bekanntwerden eines derartigen Fehlverhaltens bei der Aufgabenwahrnehmung zumindest stark beeinträchtigt ist. Er hat elementare Rechte gerade derjenigen Personengruppe verletzt, deren Schutz und Erziehung ihm als Dienstpflicht obliegt und anvertraut sind. Insoweit genügt die bloße Eignung, zu einem konkreten Ansehensschaden oder konkreten Übergriffen muss es nicht gekommen sein (Urteil vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 5.10 - a.a.O. Rn. 15 und 17, Beschlüsse vom 22. Dezember 2010 - BVerwG 2 B 18.10 - Rn. 15 <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr.14> und vom 25. Mai 2012 - BVerwG 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 ff. und Rn. 11).

   Unter Berücksichtigung der dienstlichen Pflichten eines Lehrers in Bezug auf die ihm anvertrauten Kinder und wegen des mit dem Dienstvergehen gerade bei einem Lehrer einhergehenden Autoritätsverlustes ist deshalb eine andere Einordnung gerechtfertigt. Diese bewegt sich unter der Geltung der erhöhten Strafandrohung des § 184b Abs. 4 StGB von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Diese Maßnahme ist wegen der besonderen Schwere des Besitzes kinderpornographischer Schriften von Lehrern auszusprechen, wenn das strafbare Verhalten aufgrund der Tatumstände, insbesondere der Anzahl und des Inhalts des Materials, als besonders verwerflich einzustufen ist und dem Beamten keine entlastenden Umstände von erheblichem Gewicht zugutekommen (Urteil vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 5.10 - a.a.O. Rn. 24, Beschluss vom 25. Mai 2012 - BVerwG 2 B 133.11 - a.a.O. LS 2 und Rn. 11)“

Dem schließt sich das erkennende Gericht an. Unter Berücksichtigung und Würdigkeit der besonderen Umstände dieses Falles ist hier als Disziplinarmaßnahme die Zurückstufung auszusprechen. Die Straftat des Beklagten hält sich am unteren Rande, dies hat auch das Strafgericht durch die Bemessung der Strafe gewürdigt. Statt den Strafrahmen von 2 Jahren Freiheitsstrafe auszuschöpfen, wurde der Beklagte lediglich zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen verurteilt. Einzustellen ist weiterhin, dass der Beklagte in der Vergangenheit disziplinarrechtlich nicht aufgefallen ist und sich mit besonderem Engagement seiner beruflichen Tätigkeit gewidmet hat. Es ist deshalb gerechtfertigt, in diesem Fall von der Höchstmaßnahme abzusehen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 69, 70, 71 NDiszG. Die Kostenverteilung orientiert sich am Umfang des jeweiligen Obsiegens der Beteiligten.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.