Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 29.10.2013, Az.: 4 A 3611/12

Dachfarbe; örtliche Bauvorschrift

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
29.10.2013
Aktenzeichen
4 A 3611/12
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2013, 64404
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Hellgrau ist als Farbvorgabe in einer örtlichen Bauvorschrift zu unbestimmt.
2. Zur fehlenden städtebaulichen Besonderheit eines am Stadtrand gelegenen Neubaugebietes.

Tenor:

Der Bescheid der Beklagten vom 10.02.12 und der Widerspruchsbescheid vom 20.04.12 werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1 sind erstattungsfähig. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2 sind nicht erstattungsfähig.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor  Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

Die Kläger wenden sich gegen eine bauaufsichtliche Anordnung der Beklagten, mit der ihnen aufgegeben wird, ihr Hausdach in einer anderen Farbe einzudecken.

Die Kläger sind Eigentümer des mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks E. 18 in F.. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich der seit 2007 rechtsverbindlichen ersten Änderungsfassung des Bebauungsplans Nr. 1529 „G.“, der es als allgemeines Wohngebiet ausweist. Diese Änderungsfassung umfasst einen Teil des Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 1529 und enthält erstmals örtliche Bauvorschriften, u. a. eine Regelung zur Farbe der Dächer in      § 11 Abs. 1:

„…..Es sind nur Satteldächer ohne Walmelemente und Dachpfannen in den Farben rot bis rotbraun oder hellgrau zulässig.“

Nach der Planbegründung sollen mit dieser Festsetzung die neu zu errichtenden Gebäude den bereits fertiggestellten Gebäuden des ersten Bauabschnitts angepasst werden, damit ein städtebaulich homogenes Erscheinungsbild erreicht und ein unverwechselbares Wohngebiet geschaffen werden könne. Da sich das Baugebiet von Westen kommend als Eingangssituation für die Stadt Hannover darstelle, solle verhindert werden, dass eine stark abweichende Farbauswahl den Gesamteindruck beeinträchtige.

Die Kläger zeigten ihr Bauvorhaben am 29.04.10 gemäß § 69 a NBauO a.F. an. Dabei erklärte ein Mitarbeiter der Beigeladenen zu 2, das Vorhaben entspreche den Festsetzungen des Bebauungsplans. Anschließend errichtete die Beigeladene zu 1 als Bauträgerin für die Kläger das Wohnhaus. Das Dach wurde mit Sigma-Pfannen Top 2000 „Granit“ eingedeckt, einem Farbton, der nach Angaben der Herstellerfirma dem RAL-Ton 7024 „graphitgrau“ entspricht.

Bei einer Baukontrolle im Mai 2011 stellte die Beklagte fest, dass das Dach eine dunkle Farbe aufweist. Nach Anhörung der Kläger ordnete die Beklagte mit Verfügung vom 10.02.12 an, das Dach umgehend, spätestens bis zum 14.03.12 in den Farben rot bis rotbraun oder hellgrau einzudecken. Sie drohte weiter ein Zwangsgeld in Höhe von 600,00 € an. Die Dachfarbe sei dunkelgrau bis schwarz und entspreche damit nicht den Bestimmungen der örtlichen Bauvorschrift. Eine Ausnahme könne schon aus Gleichbehandlungsgrundsätzen nicht zugelassen werden. Den dagegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom 20.04.12 zurück.

Am 16.05.12 haben die Kläger Klage erhoben, die sie im Wesentlichen wie folgt begründen: Die örtliche Bauvorschrift sei unwirksam, weil ihr die städtebauliche Rechtfertigung fehle; der bloße Wunsch nach Einheitlichkeit reiche hier nicht aus. Es sei willkürlich, den vom Bauträger im ersten Bauabschnitt frei gewählten Farbmix für den zweiten Bauabschnitt zwingend vorzuschreiben. Ein „unverwechselbares Wohngebiet“ könne ohnehin nicht erreicht werden. Der „G.“ sei ein typisches Neubaugebiet, wie es sie in Hannover dutzendfach gebe. Außerdem seien einige Häuser im ersten Bauabschnitt ebenfalls dunkel eingedeckt, es hätte daher nahegelegen, diese Farbe auch im zweiten Bauabschnitt zuzulassen. Das Verbot dunkler Dachpfannen sei unverhältnismäßig, da die Dachlandschaft u. a. auch durch dunkle Sonnenkollektoren geprägt werde. Zudem sei es nur eine Frage der Zeit, wann das Gebiet seine Ortsrandlage verliere. Es sei bereits abzusehen, dass die Bebauung bis zur Stadtgrenze vorgeschoben werde.

Im Übrigen hätten sie sich nicht bewusst für eine nach Auffassung der Beklagten fehlerhafte Dachfarbe entschieden. Die hohen Kosten für eine Neueindeckung seien nicht eingeplant.

Die Kläger beantragen,

den Bescheid der Beklagten vom 10.02.12 sowie den Widerspruchsbescheid vom 20.04.12 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verteidigt die Verfügungen und ergänzt: Bei Aufstellung der ersten Änderung zum Bebauungsplan Nr. 1529 sei der erste Bauabschnitt bereits nach vom Bauträger selbst gewählten Farb- und Gestaltungsregeln fertiggestellt gewesen. Diese Gestaltung habe fortgeschrieben werden sollen mit dem Ziel zu verhindern, dass einzelne Vorhaben zu stark differierten und den Gesamteindruck beeinträchtigten. Die von den Klägern angesprochenen dunkel gedeckten Gebäude seien nicht zum Ortsrand, sondern zum Willy-Spahn-Park ausgerichtet. Im Übrigen entspreche auch die von den Klägern gewählte Fassadenfarbe nicht den Vorgaben. Dieser Umstand sei wegen des Gartenbewuchses für die geschlossene Wirkung des Ortsrandes aber weniger relevant.

Die Beigeladene zu 1 beantragt ebenfalls,

den Bescheid der Beklagten vom 10.02.12 sowie den Widerspruchsbescheid vom 20.04.12 aufzuheben.

Sie hält die örtliche Bauvorschrift für unwirksam, weil das Baugebiet keine Besonderheiten aufweise, an die eine städtebauliche Gestaltungsabsicht anknüpfen könne. Durch die zugelassenen Sonnenkollektoren könne eine einheitliche Dachlandschaft ohnehin nicht erreicht werden.

Die Beigeladene zu 2 hat sich nicht geäußert.

Die Kammer hat die Örtlichkeiten in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Nach § 89 Abs. 1 Satz 1 NBauO a.F. (§ 86 Abs. 1 NBauO) kann die Bauaufsichtsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen anordnen kann, die zur Herstellung rechtmäßiger Zustände erforderlich sind, wenn bauliche Anlagen dem öffentlichen Baurecht widersprechen. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Denn die von den Klägern für ihr Haus gewählte Dacheindeckung steht nicht im Widerspruch zum öffentlichen Baurecht. Zwar entspricht die gewählte Dachfarbe „graphitgrau“ nicht den Vorgaben der örtlichen Bauvorschrift. Davon konnte sich die Kammer während der Ortsbesichtigung ein Bild machen und dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Nach Auffassung der Kammer ist die örtliche Bauvorschrift jedoch unwirksam, weil sie zumindest hinsichtlich der vorgeschriebenen Farbe „hellgrau“ zu unbestimmt ist (dazu unter 1.) und sich darüber hinaus nicht auf eine ausreichende städtebauliche Rechtfertigung stützen kann (dazu unter 2.).

1. Nach § 11 Abs. 1 der örtlichen Bauvorschrift zum Bebauungsplan Nr. 1529 in seiner ersten Änderungsfassung sind nur Satteldächer ohne Walmelemente und Dachpfannen in den Farben rot bis rotbraun oder hellgrau zulässig. Diese Regelung ist zumindest hinsichtlich der Vorgabe „hellgrau“ zu unbestimmt. Dabei folgt die Unbestimmtheit nicht bereits aus dem Umstand, dass die Beklagte die Farben physikalisch nicht eindeutig beschrieben bzw. keine konkreten Farbmuster (etwa Nummern der RAL-Farbtabellen) vorgegeben hat. Der Plangeber kann durchaus ein Spektrum von Farbtönen zulassen. Dann handelt es sich bei den vorgegebenen Farbtönen um auslegungsbedürftige unbestimmte Rechtsbegriffe und Schwierigkeiten bei der Feststellung in Grenzbereichen, ob ein Farbton noch diesem Spektrum entspricht, führen nicht zur Unbestimmtheit (so für das Spektrum „rot bis rotbraun“: Urt. der Kammer vom 01.10.13 - 4 A 6569/12 - m. w. N., Juris). Mit der Vorgabe „hellgrau“ hat die Beklagte jedoch kein Farbspektrum zugelassen, sondern die Auswahl der Bauwilligen auf eine bestimmte Schattierung im Farbspektrum „grau“ begrenzt. Das Farbspektrum „grau“ reicht aber vom beinahe weißen „lichtgrau“ bis zum beinahe schwarzen „schwarzgrau“ und lässt sich bei objektiver Betrachtung nicht nur nach hell und dunkel, sondern mit gleicher Berechtigung auch in hell, mittel und dunkel unterteilen. Grenzfeststellungen gestalten sich somit nicht nur an den Rändern des Farbspektrums schwierig. Auch die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Definition, hellgrau sei weiß mit einem Anteil schwarz und dunkelgrau sei schwarz mit einem Anteil weiß, hilft hier nicht weiter. Die Farbschattierungen im mittleren Graubereich mit annähernd gleichen Anteilen schwarz und weiß - etwa das lebhafte „mausgrau“ - lassen sich danach nicht eindeutig zuordnen. Von diesen Schwierigkeiten konnte sich die Kammer auch bei ihrer Ortsbesichtigung überzeugen. Das Gebäude E. 8, das wie das Haus der Kläger im Geltungsbereich der örtlichen Bauvorschrift liegt, ist ebenfalls mit grauen Dachsteinen eingedeckt. Diese Dacheindeckung ist eine Schattierung heller als die von den Klägern gewählte Dachfarbe, aber deutlich dunkler als die Dachfarben der Bauträgerhäuser im ersten Bauabschnitt, die nach der Begründung zur örtlichen Bauvorschrift als Referenzfarben dienen sollen. Entsprechendes gilt für ein weiteres Nachbargebäude, das Haus E. 14: Dessen Dachsteine weisen ein Grau auf, das wiederum eine Schattierung heller ist als die Dachfarbe des Gebäudes E. 8. Im Vergleich zu den Referenzdächern ist aber auch diese Dacheindeckung eher dunkel-, zumindest aber mittelgrau. Warum die Beklagte die mittleren Grauschattierungen der Häuser Nr. 8 und 14 dennoch als hellgrau ansieht und die Grenze zwischen hell- und dunkelgrau erst zwischen den Grautönen der Dacheindeckungen der Häuser Nr. 18 und 14 und nicht zwischen denen der Nr. 8 und 14 zieht, erschließt sich nicht. Nach dem bei der Ortsbesichtigung gewonnenen Eindruck der Kammer sind die Dächer aller drei Häuser (E. 8, 14 und 18) verglichen mit den Referenzdächern des ersten Bauabschnitts eher dunkelgrau, so dass die Beklagte nach Art. 3 GG zu einem gleichmäßigen Einschreiten verpflichtet gewesen wäre. Nach den Gestaltungsabsichten, die die Beklagte mit der örtlichen Bauvorschrift verfolgt, hätte es nahegelegen, den gewünschten hellgrauen Farbton zusätzlich mit bestimmten Farbmustern oder mit einer Bezugnahme auf die Referenzdächer näher zu definieren (etwa wie „anthrazitfarben oder wie Schiefer“, vgl. dazu: OVG Rheinland-Pfalz, Urt. 01.10.08 - 1 A 10362/08 -, Juris). Ohne einen solchen Zusatz kann die Grenze zwischen einem noch zulässigen „hellgrau“ und einem nicht mehr zulässigen „mittel- oder dunkelgrau“ nach objektiven Gesichtspunkten nicht bestimmt werden.

2. Der örtlichen Bauvorschrift fehlt ferner eine hinreichende sachliche Rechtfertigung. Sie ist deshalb nicht von der Ermächtigung gedeckt und verletzt so die auf Art. 14 Abs. 1 GG beruhende Baufreiheit der Kläger.

Nach § 56 Abs. 1 Nr. 1 NBauO a.F. können die Gemeinden für bestimmte Teile des Gemeindegebietes durch örtliche Bauvorschriften besondere Anforderungen an die Gestaltung von Gebäuden, namentlich u.a. für die Farben der von außen sichtbaren Bauteile einen Rahmen setzen, um bestimmte städtebauliche, baugestalterische oder ökologische Absichten zu verwirklichen. Eine solche örtliche Bauvorschrift hat die Beklagte - zwischen den Beteiligten unstreitig - formgültig gem. § 97 Abs. 1 NBauO zusammen mit der ersten Änderungsfassung des Bebauungsplanes Nr. 1529 erlassen.

Die mit § 56 Abs. 1 Nr. 1 NBauO a. F. den Gemeinden gegebene Ermächtigung zu "positiver Baupflege" wird allerdings dadurch begrenzt, dass die örtliche Bauvorschrift der Verwirklichung bestimmter städtebaulicher oder baugestalterischer Absichten dienen muss und nur für bestimmte Teile des Gemeindegebietes eingesetzt werden darf. Es genügt daher nicht, dass die Gemeinde gewisse Bauformen, Materialien oder Farben für unschön und daher unerwünscht hält. Aber auch das Ziel, eine einheitliche Bebauung zu erreichen, lässt in der Regel noch keine baugestalterische Absicht erkennen, die eine Einschränkung der Baufreiheit rechtfertigt, weil gerade Einheitlichkeit die Gefahr der Gleichförmigkeit heraufbeschwört. Erforderlich ist vielmehr ein konkretes gestalterisches Konzept für die Ausgestaltung eines konkreten überschaubaren Ortsteils. Die städtebauliche Gestaltungsabsicht muss also an die Besonderheiten des zu schützenden Gebietes anknüpfen; einem einheitlich gestalteten Ortsbild als solchem muss ein städtebaulicher Wert zukommen (OVG Lüneburg, Urt. v. 13.03.02 - 1 KN 1310/01 -; Urt. v. 12.07.11 - 1 KN 197/09 -, jeweils Juris). Für die in § 11 Abs. 1 der örtlichen Bauvorschrift vorgeschriebene Farbgestaltung der Dächer mit rot bis rotbraunen und hellgrauen Tönen fehlt nach Auffassung der Kammer ein derartiges, städtebaulich begründetes Konzept.

Nach der Planbegründung sollen mit dieser Festsetzung die in einem zweiten Bauabschnitt zu errichtenden Gebäude dem bereits fertiggestellten Gebäuden des ersten Bauabschnitts angepasst werden, damit ein städtebaulich homogenes Erscheinungsbild erreicht und ein unverwechselbares Wohngebiet geschaffen werden könne. Ein eigenständiges Gestaltungskonzept der Beklagten ist darin nicht erkennbar. Die Beklagte hat vielmehr die vom Bauträger des ersten Bauabschnitts rein zufällig - der Bebauungsplan Nr. 1529 in seiner Ursprungsfassung enthält keinerlei Farbvorgaben - gewählte Farbpalette für die Dachfarben übernommen und mit dem Wunsch nach einheitlicher Gestaltung fortgeführt. Die Kammer muss daher annehmen, dass die Beklagte auch blau und grün als Dachfarben fortgeschrieben hätte, wenn diese Farben vom Bauträger des ersten Bauabschnittes denn gewählt worden wären. Damit aber erscheinen die Farbvorgaben willkürlich.

Zudem wird sich das Ziel der Beklagten - eine einheitliche Gestaltung beider Bauabschnitte -, das als Rechtfertigung für die örtliche Bauvorschrift ohnehin nicht ausreichen würde, durch die Farbvorgaben der örtlichen Bauvorschrift auf lange Sicht nicht erreichen lassen. Denn die Vorschrift gilt nur für den Bereich der ersten Änderungsfassung des Bebauungsplanes, nicht aber für das gesamte Gebiet des Ursprungsplanes. So weisen bereits jetzt zwei am H. weg im ersten Bauabschnitt gelegene Häuser, die nicht vom Bauträger errichtet wurden, eine schwarze Dacheindeckung auf und die Dachfarben schwarz, blau oder grün sind allgemein zulässig, wenn im ersten Bauabschnitt Dachneueindeckungen erforderlich werden.

Die Kammer konnte bei ihrer Ortsbesichtigung auch keine städtebaulichen Besonderheiten des Gebietes erkennen, an die die Beklagte mit ihren Gestaltungsvorgaben hätte anknüpfen können. Zwar ermächtigt § 56 NBauO a. F. nicht nur zur Gestaltung besonders wertvoller historischer Stadtviertel, ein gewisser städtebaulicher Wert muss aber vorhanden sein. Das hier zu beurteilende Neubaugebiet in I. weist einen solchen Wert nicht auf. Beim Bebauungsplanbereich Nr. 1529 handelt es sich nach Auffassung der Kammer um ein typisches innerstädtisches Neubaugebiet, wie sie im Stadtgebiet der Beklagten vielfach anzutreffen sind. Die Aufteilung zwischen Straßen- und Bauflächen ist ersichtlich davon getragen, möglichst viel Baufläche zu erhalten. Hausgruppenfestsetzungen und hohe Ausnutzungszahlen ermöglichen auf den meisten Flächen kostengünstige verdichtete Bebauung. Daneben finden sich aber - dem Bedarf entsprechend - auch Einfamilienhäuser auf kleinen Grundstücken. Die Baukörper sind unterschiedlich ausgerichtet, die Fassaden mit Klinker, Putz in unterschiedlichen Farben oder großflächigen Balkonvorbauten unterschiedlich gestaltet. Die Gestaltung ist erkennbar von dem Bestreben getragen, preiswerten Wohnraum und Eigenheime für eine anhaltende Nachfrage (vgl. S. 1 der Begründung zum Bebauungsplan Nr. 1529) zu schaffen; an besondere örtliche Gegebenheiten wie etwa topographische Besonderheiten oder vorhandene historische Bebauung knüpft sie nicht an.

Entgegen der Auffassung der Beklagten begründet auch die Lage des Neubaugebietes am Stadtrand („Eingangssituation für die Stadt Hannover“) keine städtebauliche Besonderheit. Die Kammer hat den Stadtrand von Letter-Süd aus in Augenschein genommen und konnte ein besonderes städtebauliches Erscheinungsbild nicht feststellen. Von Westen kommend bietet sich dem Betrachter vielmehr ein buntes Durcheinander von Hausformen und Dachfarben. Die erste Reihe der traufständig angeordneten Einzel- und Doppelhäuser wird durch zahlreiche Zwerchgiebel und Gauben unterbrochen. Zwischen diesen Häusern hindurch fällt der Blick auf die giebelständig angeordneten Reihenhäuser. Die Farbpalette der Dachfarben reicht von rot und hellrau über mittelgrau bis zu einem dunklen braunrot beim Nachbarhaus der Kläger. Dahinter sind wegen der leichten Hanglage des Gebietes die schwarzen Bedachungen der Altbebauung gut zu erkennen und auch das dunkelgrau eingedeckte Haus der Kläger sticht nicht als Fremdkörper aus der vorhandenen Bebauung heraus. Dieser für Neubaugebiete typische Mix und die noch nicht errichtete, im Bebauungsplan Nr. 1529 aber vorgesehene „abschirmende“ Grünverbindung zwischen Bebauung und freiem Landschaftsraum lassen sich am Stadtrand Hannovers an beliebig vielen Stellen finden; besonders ist die Stadtrandsituation I. s gerade nicht.

Ist die zur ersten Änderungsfassung des Bebauungsplanes Nr. 1529 erlassene Regelung zur Farbe der Dächer somit unwirksam, kann die Beklagte von den Klägern nicht verlangen, dass sie ihr Wohnhaus in einem rot bis rotbraunen oder hellgrauen Farbton neu eindecken. Mit der von den Klägern weiter aufgeworfenen Frage nach der Verhältnismäßigkeit der angefochtenen Anordnung muss sich die Kammer daher nicht auseinandersetzen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladene zu 1 einen Antrag gestellt und sich so einem Kostenrisiko ausgesetzt hat, entspricht es der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten für erstattungsfähig zu erklären. Entsprechendes gilt für die Beigeladene zu 2 nicht.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, § 711 Satz 1 und 2 ZPO. Gründe, die Berufung zuzulassen, sind nicht ersichtlich.