Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 15.10.1999, Az.: 12 UF 177/99

Einbenennung erstehelicher Kinder; Ersetzung der Zustimmung des nicht sorgeberechtigten Elternteils zur Einbenennung

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
15.10.1999
Aktenzeichen
12 UF 177/99
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1999, 29122
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1999:1015.12UF177.99.0A

Fundstellen

  • FamRZ 2000, 692-693 (Volltext mit amtl. LS)
  • JuS 2000, 921 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW-RR 2000, 1169-1170 (Volltext mit amtl. LS)
  • OLGReport Gerichtsort 2000, 23-24

Amtlicher Leitsatz

Erforderlichkeit: Das neue Kriterium für die Einbenennung erstehelicher Kinder

Gründe

1

Aus der im Jahre 1995 rechtskräftig geschiedenen Ehe der Antragstellerin mit dem Antragsgegner sind die Kinder T..., geb. am 20.02.1990, und O..., geb. am 15.08.1991 hervorgegangen, für welche der Antragstellerin die elterliche Sorge übertragen worden ist. Die Antragstellerin ist seit dem 1. Juni 1995 mit dem Beteiligten zu 1) wieder verheiratet. Aus dieser Ehe sind die Kinder S... (geb. am 05.01.1995) und A... (geb. am 26.09.1996) hervorgegangen. Die Kinder T... und O... leben seit Oktober 1993 mit der Antragstellerin bei deren jetzigem Ehemann. Die Antragstellerin hat 1997 nach dem damals geltenden Recht einen Antrag auf Änderung des Familiennamens der Kinder T... und O... in "K..." gestellt. Sie hat nunmehr beantragt, gemäß § 1618 Satz 4 BGB n. F. die Zustimmung des Antragsgegners als des leiblichen Vaters zu einer Einbenennung der beiden Kinder zu ersetzen, welche dieser verweigert.

2

Sie hat ausgeführt: Beide Kinder wünschten aus eigenen Antrieb heraus ausdrücklich, den Familiennamen ihres jetzigen Ehemannes tragen, zu welchem sie ein inniges Verhältnis hätten. Die Namensänderung liege im Interesse der Kinder.

3

Der Antragsgegner ist dem Antrag entgegengetreten.

4

Der Rechtspfleger des Amtsgerichts - Familiengericht - Lingen hat nach mündlicher Anhörung der Antragstellerin und Einholung eines Berichtes des Jugendamtes des Landkreises Emsland mit Beschluss vom 22. Juni 1999 dem Antrag nicht entsprochen. Auf die Gründe des Beschlusses wird Bezug genommen.

5

Gegen den Beschluss, der ihr am 1. Juli 1999 zugestellt worden ist, wendet sich die Antragstellerin mit ihrer am 6. Juli 1999 eingegangen "Erinnerung". Zur Begründung bezieht sie sich auf den Bericht des Jugendamtes des Landkreises Emsland vom 3. Mai 1999, in dem u. a. ausgeführt ist, dass die Kinder für Außenstehende in der ländlichen Umgebung "K... Kinder" seien; insbesondere T... werte die Versagung der Zustimmung des Antragsgegners zur Namensänderung als eine gegen ihn gerichtete Haltung. Auf Dauer bestehe die Gefahr, dass sich bei den Kindern ein solcher Leidensdruck entwickele, dass sie seelisch Schaden nehmen könnten. Die Ersetzung der Zustimmung des Antragsgegners zur Einbenennung liege im wohlverstandenen Interesse der Kinder.

6

Das Rechtsmittel ist als befristete Beschwerde zulässig (§§ 621 e Abs. 1, 3, 621 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, 64 Abs. 3 Satz 1 FGG; vgl. OLG Celle, OLGR 1999, 236; Zöller/Philippi, 21. Aufl., § 621 Rn. 27). Es hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

7

Wie in dem angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt ist, hat die Antragstellerin trotz entsprechender Hinweise mit gerichtlicher Verfügung vom 06.01.1999 und des Antragsgegners keine Umstände vorgebracht, welche die Einbenennung der beiden Kinder erforderlich erscheinen lassen könnten.

8

Nach der seit dem 01.07.1998 geltenden Regelung des § 1618 Satz 4 BGB n. F. kann das Familiengericht die Zustimmung des nicht sorgeberechtigten Elternteils zur Einbenennung nur dann ersetzen, wenn die Erteilung, Voranstellung oder Anfügung des Namens des jetzigen Ehegatten des sorgeberechtigten Elternteils zum Wohle des Kindes erforderlich ist. Mit dem Begriff der Erforderlichkeit sind die Voraussetzungen für eine Ersetzung der Zustimmung des nicht sorgeberechtigten Elternteils zur Einbenennung gegenüber der früheren Rechtslage und der bisherigen Verwaltungspraxis, wo es bereits ausreichte, dass die Einbenennung dem Wohl des Kindes diente, erheblich verschärft worden. § 1618 BGB n. F. schützt das Interesse des nicht sorgeberechtigten Elternteils am Fortbestand des namensrechtlichen Bandes zwischen ihm und seinem Kind (vgl. dazu OLG Köln, FamRZ 1999, 734 [OLG Köln 13.01.1999 - 14 UF 220/98] und 735 und OLG Oldenburg, 11. Zivilsenat, S. 237, jeweils mit weiteren Hinweisen). Die Zustimmung des nicht sorgeberechtigten Elternteils zur Einbenennung des Kindes kann danach nur ersetzt werden, wenn die begehrte Namensänderung für das Kind einen so hohen Nutzen verspricht, dass ein sich um sein Kind verständig sorgender Elternteil auf der Erhaltung des Namensbandes zu dem Kind nicht bestünde (vgl. dazu Wagenitz, FamRZ 1998, 1549 f., 1552; Willutzki, Kindschaftsrechtliche Praxis 1999, 83 f., 86; OLG Oldenburg a. a. O.).

9

Dass diese Voraussetzungen hier vorliegen, ist weder den Ausführungen der Antragstellerin noch den von ihr in Bezug genommenen Jugendamtsberichten zu entnehmen. Die Antragstellerin hat lediglich angeführt, dass die Kinder "aus eigenem Antrieb heraus" den Familiennamen ihres jetzigen Ehemannes führen möchten, weil sie ein inniges Verhältnis zu diesem hätten, sich in der neuen Umgebung wohl fühlten und deswegen auch "K..." heißen möchten. Nach dem Bericht des zuständigen Jugendamtes des Landkreises Emsland vom 03.05.1999 kommt der Antragsgegner seiner Unterhaltsverpflichtung den Kindern gegenüber regelmäßig nach; die ursprünglich dreiwöchentlichen Besuchskontakte mit den Kindern sind seit Oktober 1998 ausgedehnt worden und finden nunmehr alle zwei Wochen statt. In den Sommerferien 1999 hat der Antragsgegner mit den Kindern gemeinsam Urlaub gemacht. Selbstverständlich ist für T... und O... die Integration in den neuen Familienverband bedeutsam. Woraus die Sachbearbeiterin des Jugendamtes aber entnimmt, dass die Kinder ein "Bedürfnis" verspürten, dass ihre Zugehörigkeit zu dem neuen Familienverband auch namensmäßig zum Ausdruck komme, ist dem Bericht ebenso wenig zu entnehmen, wie eine konkrete Grundlage für die Feststellung, dass "insbesondere" T... die Versagung der Zustimmung des leiblichen Vaters zu einer Namensänderung "als eine Haltung gegen sich" werte. Soweit die Sachbearbeiterin des Jugendamtes die Gefahr sieht, dass vor dem Hintergrund der Auseinandersetzung auf die Dauer die Gefahr bestehe, dass sich bei den Kindern "ein solcher Leidensdruck entwickelt, dass sie unter Umständen psychisch Schaden nehmen", fehlen jegliche konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Kinder nicht nur den Wunsch haben, den Namen "K..." tragen zu dürfen, sondern dass sie wirklich darunter leiden, weiterhin den ihres leiblichen Vaters behalten zu müssen, obwohl sie zu diesem eine gute Beziehung unterhalten. Insoweit wäre es auch die Aufgabe der Mutter, ihnen die rechtliche Situation kindgerecht zu erklären und ihnen die Haltung des leiblichen Vaters verständlich zu machen.

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Der Senat teilt zwar die Auffassung, dass der Rechtspfleger über eine Ersetzung der Zustimmung des nicht sorgeberechtigten Elternteils zu einer Einbenennung gemäß § 1618 Satz 4 BGB n. F. regelmäßig nicht entscheiden darf, ohne die Beteiligten persönlich angehört zu haben. Diese Anhörungs- und Beratungspflicht ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung des § 52 FGG n. F., der in allen die Person des Kindes betreffenden Verfahren anzuwenden ist (vgl. dazu OLG Köln, FamRZ 1999, 734, 735) [OLG Köln 13.01.1999 - 14 UF 220/98]. Im vorliegenden Falle hat der Rechtspfleger nur die Antragstellerin mündlich angehört. Da das Ergebnis ihrer Anhörung, ihre schriftliche Äußerungen und die in dem Bericht des Jugendamtes mitgeteilten Tatsachen jedoch bereits die Feststellung rechtfertigen, dass eine Einbenennung im vorliegenden Fall zwar möglicherweise dem Wohle der Kinder dienen könnte, aber nichts dafür hervorgetreten ist, dass eine solche zu ihrem Wohle erforderlich ist, bedurfte es nicht mehr der Anhörung der Kinder und des Antragsgegners oder weiterer Ermittlungen und nicht der Beibringung formgerechter Einwilligungserklärungen der Kinder, welche das 5. Lebensjahr bereits vollendet haben (§§ 1618 Satz 3, 5, 1617 c BGB), und durfte der Rechtspfleger den Antrag ohne weitere Ermittlungen zurückweisen.

11

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 131 Abs. 3 KostO, § 13 a FGG. Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 151 Abs. 2, 30 KostO.