Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 14.10.1999, Az.: 10 W 23/99

Stellung eines Sachantrags in der mündlichen Verhandlung ohne vorherige Gewährung von Prozesskostenhilfe als Beweis für die Möglicheit der Durchführung des Verfahrens ohne Prozesskostenhilfe

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
14.10.1999
Aktenzeichen
10 W 23/99
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1999, 29145
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1999:1014.10W23.99.0A

Amtlicher Leitsatz

Wird in der mündlichen Verhandlung ein Sachantrag gestellt, ohne dass zuvor Prozesskostenhilfe gewährt worden ist, zeigt dies, dass es dem Betroffenen möglich ist, auch ohne PKH das Verfahren durchzuführen.

Gründe

1

Der Beklagte ist der Vater der Klägerin. Er ist Eigentümer eines in O. gelegenen Hofes zur Größe von 16,56 ha, den die Klägerin ab März 1992 gepachtet hatte (vgl. den schriftlichen Pachtvertrag Bl. 8 f. Bd. I der Akte). Am 12.03.1997 schlossen die Parteien einen schriftlichen Pachtaufhebungsvertrag (Bl. 10 f. Bd. I d.A.). Die Parteien streiten im vorliegenden Verfahren über ihre Rechte aus diesem Vertrag.

2

Mit einem Schreiben, eingegangen beim Amtsgericht am 07.12.1998 (Bl. 143 Bd. II d.A.), hat der Beklagte persönlich beantragt,

ihm Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

3

Danach, in der mündlichen Verhandlung vom 10.12.1998 stellte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten einen Sachantrag, ohne dass zuvor über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe entschieden worden war oder der Prozessbevollmächtigte eine Vertagung der Verhandlung bis zur Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag beantragt hatte.

4

Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - P. hat dann mit Beschluss vom 10. Mai 1999 dem Beklagten wegen fehlender Erfolgsaussicht Prozesskostenhilfe versagt und zur Begründung ausgeführt, der Beklagte könne auf die von ihm behaupteten Gegenansprüche nicht zurückgreifen, da mit Abschluss des Vergleichs alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Pachtverhältnis erledigt seien.

5

Die Beschwerde des Beklagten gegen diesen Beschluss des Amtsgerichts ist nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässig. Sachlich konnte sie jedoch keinen Erfolg haben, weil der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung vom 10. Dezember 1998 einen Sachantrag gestellt hat, ohne dass zuvor das Amtsgericht über sein Gesuch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe entschieden hatte. Denn die Prozesskostenhilfe hat ausschließlich den Zweck, einer bedürftigen Partei den Zugang zu den Gerichten und somit die Prozessführung zu ermöglichen, nicht jedoch, ihr die Kosten des Verfahrens für einen bereits geführten Prozess abzunehmen. Das prozessuale Verhalten des Prozessbevollmächtigten des Beklagten zeigt, dass es dem Beklagten auch ohne die Bewilligung von Prozesskostenhilfe möglich war, das Verfahren durchzuführen. Nur dann, wenn trotz eines entsprechenden ausdrücklichen Antrags um Bescheidung des Gesuchs auf Prozesskostenhilfe oder Vertagung der Richter den Erlass eines Versäumnisurteils in Aussicht gestellt hätte, wäre die Bewilligung von Prozesskostenhilfe trotz des in der Hauptsache gestellten Antrags noch möglich gewesen, weil man der um Prozesskostenhilfe nachsuchenden Partei das Risiko einer Säumnisentscheidung nicht anlasten darf.