Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 06.10.1999, Az.: 2 U 148/99
Mangel an einem Bauwerk durch Arbeiten zur Errichtung eines neuen Bauwerks; Mangelhaftigkeit eines Löschwasserteichs neben einer Altenheimwohnanlage bei Tauglichkeit der gesamten Anlage; Fehlerbegriff im Werkvertragsrecht; Pflicht zur Anlegung eines Löschwasserteichs und eine daraus resultierende Duldungspflicht
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 06.10.1999
- Aktenzeichen
- 2 U 148/99
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1999, 29308
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1999:1006.2U148.99.0A
Rechtsgrundlagen
- § 638 BGB
- § 633 Abs. 1 BGB
Fundstellen
- BauR 2000, 451 (amtl. Leitsatz)
- BauR 2000, 731-732 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW-RR 2000, 545-546 (Volltext mit amtl. LS)
- NZBau 2000, 337-338
- OLGReport Gerichtsort 2000, 67-68
Amtlicher Leitsatz
Errichtung eines objektbezogenen Löschwasserteichs bei einer Altenheimwohnanlage auf fremdem Grundstück als Mangel des Werks; Verjährungsfrist 5 Jahre (Arbeiten bei Bauwerken).
Gründe
Entgegen der Auffassung der Berufung ist der Anspruch der Klägerin aus § 633 Abs. 2 BGB nicht verjährt; denn es gilt die 5-jährige Verjährungsfrist nach § 638 BGB. Von Arbeiten "bei Bauwerken" im Sinn jener Bestimmung wird - auch - dann gesprochen, wenn ein Bauwerk als Ganzes errichtet wird. Arbeiten, die - wie hier - zur Errichtung eines neuen Bauwerks erbracht werden, sind stets "Arbeiten bei Bauwerken", auch wenn sie die Einwirkung auf Grund und Boden einschließen (vgl. MüKo/Soergel, 3. Aufl., § 638 RdNr. 20/21 m.w.N.).
Gerade der vorliegende Fall zeigt, dass nur eine derartige einheitliche Betrachtungsweise sach- und interessengerecht ist. Denn eine Mangelhaftigkeit des von der Baubehörde verlangten Löschwasserteichs beschränkt sich nicht auf diesen Bauteil; vielmehr kann dadurch die Tauglichkeit der gesamten Anlage beschränkt sein, da die Bauaufsichtsbehörde gemäß § 80 Satz 2 LBauO M-V die Nutzung baulicher Anlagen, die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werden, untersagen kann. - Ausgehend von der 5-jährigen Verjährungsfrist ist Verjährung unstreitig noch nicht eingetreten.
Der Berufung kann auch nicht darin gefolgt werden, dass die Klägerin keine Nachbesserung mehr verlangen könne. Das Anwaltschreiben der Klägerin vom 25.11.1997, auf das die Beklagten abheben, enthält keine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung im Sinn von § 634 BGB. Vielmehr wird darin Erfüllung gefordert und deren gerichtliche Durchsetzung angedroht.
Das Werk der Beklagten zu 1) wies schließlich bereits zur Zeit der Abnahme einen von ihr zu vertretenden Mangel auf. Ein Fehler im Sinn von § 633 Abs. 1 BGB liegt vor, wenn die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder nach dem Vertrage vorausgesetzten Gebrauch aufgehoben oder gemindert ist. Zumindest letzteres ist hier der Fall. Ein Mangel liegt bereits vor bei Ungewissheit über die Folgen des Gebrauchs (vgl. Heiermann-Riedl-Rusam, VOB, Teil B, 8. Aufl., § 13 Rdnr. 30). Diese Ungewissheit bestand bereits bei der Abnahme im Dezember 1993, denn die Beklagte zu 1) hatte den Löschwasserteich zum Teil auf einem fremden Grundstück errichtet, ohne Vorsorge geschaffen zu haben, dass der jeweilige Nachbar das dulden musste. - Die Beklagten haben im ersten Rechtszug selbst vorgetragen, nach ihrer Kenntnis hätten die Nachbargrundstücke zur Zeit der Abnahme noch im Eigentum ihrer Rechtsvorgängerin - der Firma P - gestanden. Das ist ausweislich der jetzt vorliegenden Grundakten auch zutreffend; denn die Auflassung an die Käufer B ist erst am 31.08.1994 und die Eintragung am 07.10.1994 erfolgt. Die Beklagte zu 1) hat also den Löschwasserteich bereits vor Abnahme zum Teil auf einem fremden Grundstück errichtet und damit eine Unsicherheit über den dauerhaften Gebrauch geschaffen.
Die Eheleute B waren und sind weder nach privatem noch nach öffentlichem Recht verpflichtet, den Löschwasserteich zu dulden. Eine entsprechende Grunddienstbarkeit ist im Grundbuch nicht eingetragen, und auch für das Bestehen einer Baulast ist nichts dargetan. Die Nachbarn haben den Teich ferner nicht als Überbau im Sinn von § 912 BGB zu dulden. Die Duldungspflicht betrifft nur ein Gebäude, das heißt ein Bauwerk, das durch räumliche Umfriedigung gegenüber äußerem Einfluss Schutz gewährt und den Eintritt von Menschen gestattet (Palandt/Bassenge, 58. Aufl., § 912, Rdnr. 4). Das trifft für einen Teich nicht zu.
Auch öffentlich-rechtlich besteht keine Duldungspflicht. Alles was die Berufung insofern aus dem Wasserhaushaltsgesetz und dem Landeswassergesetz Mecklenburg-Vorpommern (im Folgenden LWaG) herleiten will, liegt neben der Sache. Ein derartiger Feuerlöschteich ist kein Gewässer im Sinne des WHG und des LWaG. Das folgt aus § 1 Abs. 2 Nr. 2 LWaG. Dort heißt es u.a.:
Von den Bestimmungen des Wasserhaushaltsgesetzes und den Bestimmungen dieses Gesetzes werden ausgenommen:
.............
Grundstücke die ausschließlich zur Fischzucht oder Fischhaltung oder zu anderen nicht wasserwirtschaftlichen Zwecken mit Wasser bespannt werden und mit einem Gewässer nur durch künstliche Vorrichtungen zum Füllen und Ablassen verbunden sind.
(Vgl. auch Czychowki, Wasserhaushaltsgesetz, 7. Aufl., § 1 Rdnr. 47/48).
Nach § 65 Abs. 1 Nr. 33 LBauO M-V war die Anlegung des Teichs zwar genehmigungspflichtig, da der Beckeninhalt 100 cbm übersteigt. Daraus folgt aber nicht ohne weiteres, dass die Eheleute B den Teich auf ihrem Grundstück dulden mussten; denn die entsprechende Auflage der Baugenehmigung bietet dafür keine Rechtsgrundlage. Nach Nr. 2 der Bedingungen zur Baugenehmigung ist "der Nachweis der erforderlichen Löschwasserbereitstellung nachzureichen". Wie das zu geschehen hat, insbesondere, dass dafür ein Nachbargrundstück herangezogen werden kann, folgt daraus nicht. Vielmehr sollte - wie sich auch aus dem Schreiben des Landkreises S vom 05.10.1993 ergibt - ein "objektbezogener" Löschwasserteich angelegt werden. Ein derartiger Objektschutz obliegt aber grundsätzlich dem Objekteigentümer. So ist auch ausweislich der Auskunft des Amtes A - für die Gemeinde P - vom 12.08.1998 die Auflage der Genehmigungsbehörde - nur - an die Beklagte zu 1) als Inhaberin der Baugenehmigung ergangen. Nach alledem ist eine Duldungspflicht der Eheleute B nicht festzustellen.