Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 25.10.1999, Az.: 12 UF 136/99
Ersetzung der Zustimmung des nichtsorgeberechtigten Elternteils nur bei Anhörung der Beteiligten durch das Gericht und Verschaffung eines persönlichen Einducks; Anhörungspflicht und Beratungspflicht zum Wohl des Kindes; Ersetzung der Zustimmung des nicht sorgeberechtigten Elternteils zur Einbenennung durch das Familiengericht nur bei Erforderlichkeit der Erteilung, Voranstellung oder Anfügung des Namens des jetzigen Ehegatten des sorgeberechtigten Elternteils zum Wohle des Kindes; Schutz des Interesses des nicht sorgeberechtigten Elternteils am Fortbestand des namensrechtlichen Bandes zwischen ihm und seinem Kind; Versprechen eines hohen Nutzens von der begehrten Namensänderung für das Kind
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 25.10.1999
- Aktenzeichen
- 12 UF 136/99
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1999, 29172
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1999:1025.12UF136.99.0A
Rechtsgrundlagen
- § 52 FGG
- § 1618 S. 4 BGB
Fundstellen
- FamRZ 2000, 693-694 (Volltext mit amtl. LS)
- Kind-Prax 2000, 59
- OLGReport Gerichtsort 2000, 22-23
Amtlicher Leitsatz
Voraussetzung für die Ersetzung der Zustimmung = Einbenennungsverfahren
Gründe
...
II.
Die elterliche Sorge für die Kinder J... - welche der Antragsgegner adoptiert hat - , B... und K... W... ist nach der Scheidung der Ehe der Parteien der Antragstellerin übertragen worden. Diese hat im März 1995 ihren jetzigen Ehemann geheiratet. Sie hat ihren Antrag auf Änderung des Familiennamens der Kinder in "B..." nach dem Namensänderungsgesetz auf Anraten der Verwaltungsbehörde wegen der zum 01.07.1998 in Kraft getretenen Rechtsänderung durch das Kindschaftsrechtsreformgesetz zurückgenommen.
Sie hat nunmehr beantragt, die Zustimmung des Antragsgegners zur Namenserteilung zu ersetzen, welche dieser verweigere. Die Einbenennung sei dem Wohle der Kinder förderlich. Diese hätten zu ihrem jetzigen Ehemann ein sehr gutes Verhältnis aufgebaut. Den Antragsgegner hätten die Kinder 1994 letztmals besucht, seither bestehe nur noch ein sporadischer Telefon- und Briefkontakt. Er sei wegen Unterhaltspflichtverletzung rechtskräftig verurteilt .
Der Antragsgegner ist dem Antrag entgegengetreten.
Der Rechtspfleger des Amtsgerichts-Familiengericht- Lingen hat nach mündlicher Anhörung des Kindes J... und der Antragstellerin mit Beschluss vom 14. Juni 1999 die Zustimmung des Antragsgegners zur Namenserteilung bzw. Einbenennung von ... in "B..." gerichtlich ersetzt. Auf die Gründe des Beschlusses wird Bezug genommen.
Dagegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner "Erinnerung". Er führt zur Begründung aus: Er bemühe sich seit Jahren darum, mit den Kindern Kontakt aufzunehmen; das werde jedoch von der Antragstellerin unterbunden. Er habe seit jeher eine gute Beziehung zu den Kindern gehabt. Es sei allerdings zutreffend, dass die Kontakte seit Weihnachten 1994 abgebrochen seien. Er komme seit seiner Verurteilung wegen Unterhaltspflichtverletzung mit Urteil des Amtsgerichts-Lingen vom 2. Mai 1996 (7 Ds 6 Js 42902/95) seinen Unterhaltsverpflichtungen nach.
Das Rechtsmittel ist als befristete Beschwerde zulässig (§§ 621 e Abs.1, 3, 621 Abs.1 Nr.1 ZPO, 64 Abs.3 Satz 1 FGG; vgl. OLG Celle, OLGR 1999, 236; Zöller/Philippi, 21. Aufl., § 621 Rn.27). Es führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung an die erste Instanz, da das Verfahren an einem erheblichen Mangel leidet (§ 575 ZPO).
Der Senat teilt die inzwischen wohl überwiegende Auffassung, dass die Zustimmung des nichtsorgeberechtigten Elternteils regelmäßig nicht ersetzt werden kann, ohne dass das Gericht die Beteiligten angehört und sich einen persönlichen Eindruck verschafft hat. Diese Anhörungs- und Beratungspflicht ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung von § 52 FGG n.F., der in allen die Person des Kindes betreffenden Verfahren anzuwenden ist. Nur ein solches Verfahren wird auch der Bedeutung gerecht, welche die Lösung des namensrechtlichen Bandes zwischen dem nichtsorgeberechtigten Elternteil und seinem Kind für die Beteiligten hat (OLG Köln, FamRZ 1999, 734 , 735 [OLG Köln 13.01.1999 - 14 UF 220/98]; vgl. auch den Beschluss des Senats vom 04.10.1999 ,12 UF 132/99; ferner OLG Oldenburg, 11. Zivilsenat, OLGR 1999, 237).
Nach der seit dem 01.07.1998 geltenden Regelung des § 1618 Satz 4 BGB n.F. kann das Familiengericht die Zustimmung des nicht sorgeberechtigten Elternteils zur Einbenennung nur dann ersetzen, wenn die Erteilung, Voranstellung oder Anfügung des Namens des jetzigen Ehegatten des sorgeberechtigten Elternteils zum Wohle des Kindes erforderlich ist. Mit dem Begriff der Erforderlichkeit sind die Voraussetzungen für eine Ersetzung der Zustimmung des nicht sorgeberechtigten Elternteils zur Einbenennung gegenüber der früheren Rechtslage und der bisherigen Verwaltungspraxis, nach der es bereits ausreichte, dass die Einbenennung dem Wohl des Kindes diente oder diesem förderlich war, erheblich verschärft worden. § 1618 BGB n.F. schützt das Interesse des nicht sorgeberechtigten Elternteils am Fortbestand des namensrechtlichen Bandes zwischen ihm und seinem Kind (vgl. dazu OLG Köln, FamRZ 1999, 734 [OLG Köln 13.01.1999 - 14 UF 220/98] und 735 und OLG Oldenburg, 11. Zivilsenat, OLGR 1999, S, 237 , jeweils mit weiteren Hinweisen). Die Zustimmung des nicht sorgeberechtigten Elternteils zur Einbenennung des Kindes kann danach nur ersetzt werden, wenn die begehrte Namensänderung für das Kind einen so hohen Nutzen verspricht, dass ein sich um sein Kind verständig sorgender Elternteil auf der Erhaltung des Namensbandes zu dem Kind nicht bestünde ( vgl. dazu Wagenitz, FamRZ 1998, 1549 f., 1552; Willutzki, Kindschaftsrechtliche Praxis 1999, 83 f., 86; OLG Oldenburg a.a.O.). Für die Entscheidung ist mit in Betracht zu ziehen, dass die Kinder im Falle einer erneuten Scheidung und Wiederannahme eines früheren Namens durch den sorgeberechtigten Elternteil den mit der wirksamen Einbenennung erworbenen Familiennamen - dann ohne jeden Bezug zu den Eltern - behalten, und dass erst eine erneute Eheschließung des sorgeberechtigten Elternteils eine Anpassung durch Namensänderung (erneute Einbenennung) ermöglicht.
Auf Grund des Ergebnisses der in erster Instanz durchgeführten Ermittlungen ist schon mangels persönlicher Anhörung der Kinder B... und K... und des Antragsgegners nicht festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Ersetzung der Einwilligung des Antragsgegners gegeben sind. Im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit hat das Gericht zudem gemäß § 12 FGG von Amts wegen alle zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen anzustellen und die geeignet erscheinenden Beweise aufzunehmen. Dem wird das erstinstanzliche Verfahren nicht gerecht. Da dem Umstand, dass zwischen dem Antragsgegner und den Kindern seit Jahren keine Besuchskontakte und kaum briefliche und telefonische Kontakte mehr stattgefunden haben, für die Entscheidung erhebliche Bedeutung beikommt, hätte im Hinblick auf das widerstreitende Parteivorbringen ermittelt werden müssen, aus welchen Gründen die Kontakte unterblieben sind, ob dies, wie die Mutter behauptet, auf Gleichgültigkeit des Vaters zurückzuführen ist, oder ob die Mutter, wie der Vater behauptet, Kontakte zwischen ihm und den Kindern unterbunden hat. Im Rahmen seiner Ermittlungen wird das erstinstanzliche Gericht in entsprechender Anwendung des § 49 a FGG schließlich auch einen Bericht des zuständigen Jugendamtes über die Verhältnisse bei der Mutter und dem Stiefvater der Kinder und über das Verhältnis der Kinder zu diesem einholen müssen.
Der Senat sieht zwar anders als das Oberlandesgericht Köln ( a.a.O. S. 736) keinen Verfahrensfehler darin, dass das erstinstanzliche Gericht nicht vor der Ersetzung der Einwilligung des Antragsgegners die nach § 1618 Satz 1 und 3, 5, 1617 c BGB erforderlichen beglaubigten Erklärungen der Mutter, des Stiefvaters und der Kinder, welche für die Einbenennung konstitutiv sind, eingefordert hat. Jedoch dürfte es in der Regel zweckmäßig sein, diese Erklärungen bereits dem Antrag beizufügen, zumal daraus bei älteren Kindern für den Antragsgegner bereits der Wille des Kindes deutlich wird. Darüber hinaus bedarf es einer Ersetzung der Einwilligung des nicht sorgeberechtigten Elternteils überhaupt nur dann, wenn die erforderlichen Erklärungen abgegeben werden.
Der Senat sieht es nicht als sachdienlich an, die noch erforderlichen umfangreichen Ermittlungen selbst durchzuführen, zumal seine Sachentscheidung dem Verlust einer Instanz gleichkäme. Die angefochtene Entscheidung ist daher aufzuheben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen (§§ 575 ZPO; vgl. auch Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 13. Aufl., § 25 FGG Anm. Rn.7).
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 131 Abs.3 KostO, § 13 a FGG. Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 151 Abs.2, 30 KostO.