Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 28.03.1994, Az.: 13 U 181/93

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
28.03.1994
Aktenzeichen
13 U 181/93
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1994, 25385
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1994:0328.13U181.93.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Osnabrück - 19.11.1993 - AZ: — 3 O 226/93

Fundstelle

  • NJW 1994, 2772 (Volltext mit red. LS)

In dem Rechtsstreit

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg auf die mündliche Verhandlung vom 14. März 1994 durch den Richter am Oberlandesgericht . als Vorsitzenden und die Richter am Oberlandesgericht . und . für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 19. November 1993 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Der Wert der Beschwer übersteigt nicht 60.000,-; DM.

Tatbestand:

1

Die Kläger sind Nacherben des im Jahre 1971 verstorbenen Dr. H. S.; der hatte seine Ehefrau zur Vorerbin eingesetzt. Diese Vereinbarte durch Vertrag vom 26. Juni 1975 mit den Eheleuten K., deren Rechtsnachfolger der Beklagte ist, ein Ankaufsrecht mit dem Inhalt, daß sie zu einem bestimmten Preis ein Grundstück aus der Erbmasse erwerben konnten, der Eigentumserwerb aber erst nach dem Ableben der Vorerbin eintreten sollte.

2

Die Kläger begehren mit ihrer Klage von dem Beklagten Einwilligung in die Löschung des durch Vormerkung gesicherten Ankaufsrechtes.

3

Das Landgericht hat durch das angefochtene Urteil der Klage entsprochen. Es hat die Ansicht vertreten, die -; befreite -; Vorerbin habe über ihren Tod hinaus nicht die Nacherben schuldrechtlich verpflichtet. Nur im Rahmen einer ordnungsgemäßen Nachlaßverwaltung könne die Vorerbin die Nacherben verpflichtende Verbindlichkeiten begründen. Dazu gehöre die Einräumung des Ankaufsrechtes nicht.

4

Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung. Er ist der Ansicht, das Landgericht habe sich zu Unrecht über die von ihm zitierte Kommentarliteratur hinweggesetzt, die die Verpflichtungsbefugnisse des Vorerben nicht auf den Bereich ordnungsgemäßer Nachlaßverwaltung beschränke. Wenn die befreite Vorerbin befugt gewesen sei, ohne die Zustimmung der Nacherben einzuholen, zu Lebzeiten mit dinglicher Wirkung über Nachlaßgrundstücke zu verfügen, so müsse es ihr erst recht gestattet sein, die Nacherben bindende obligatorische Verpflichtungen einzugehen.

5

Der Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

6

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

7

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei auch der befreite Vorerbe nur im Rahmen einer ordnungsgemäßen Nachlaßverwaltung zur Begründung von Nachlaßverbindlichkeiten zu Lasten der Nacherben befugt.

8

Zum weiteren Vorbringen der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze Bezug genommen.

Gründe

9

Die zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet.

10

Das Landgericht hat den Klägern zu Recht einen Anspruch auf Löschung der Vormerkung zugebilligt; denn die Einräumung des Ankaufsrechts durch die Vorerbin ist den Nacherben gegenüber rechtsunwirksam. Die Stellung des befreiten Vorerben nach § 2136 BGB bedeutet keineswegs, daß dieser schlechthin zum Nachteil der Nacherben verfügen könne, dieses Recht wird ihm vielmehr nur in den in § 2136 BGB enumerativ aufgeführten Fällen eingeräumt. Wie die Kläger zu Recht geltend machen, sieht der Bundesgerichtshof in BGHZ 32, 60 ff. auch den befreiten Vorerben hinsichtlich des Rechts, die Nacherben zu verpflichten, an die Voraussetzung einer ordnungsgemäßen Nachlaßverwaltung gebunden. Die vom Landgericht zitierte und von dem Beklagten zur Begründung seiner gegenteiligen Auffassung angeführte Literatur (Grunsky in MüKo, 2. Aufl., § 2144 Rdn. 2, Soergel/Harder, § 2144 BGB Rdn. 2) steht dieser Rechtsauffassung des BGH, der auch der Senat sich anschließt, nicht entgegen. Beide Kommentatoren beschränken nämlich die weitergehende Verpflichtungsbefugnis auf den Geschäftsablauf in Handelsgeschäften. Beide zitieren die BGH-Entscheidung, ohne in irgendeiner Weise zum Ausdruck zu bringen, daß sie sich mit ihrer Rechtsauffassung im Gegensatz zu dieser BGH-Rechtsprechung sehen.

11

Dieser auf Handelsgeschäfte beschränkten Rechtsauffassung wird auch beizupflichten sein, weil eine Teilnahme am Handelsverkehr nicht möglich ist, wenn die Rechtswirksamkeit der Geschäfte davon abhängen soll, ob der Vorerbe -; für den Vertragsgegner oft gar nicht erkennbar -; im Sinne der Erhaltung des Nachlasses ordnungsgemäß handelt.

12

Die Einräumung des Ankaufsrechtes erfolgte nicht im Rahmen von Handelsgeschäften. Von einer ordnungsgemäßen Verwaltung kann aber sicherlich keine Rede sein, wenn jemand, ohne daß dem Nachlaß eine Gegenleistung zufließt, die Nacherben zu Leistungen verpflichten will, die er selbst bis zu seinem Ableben nicht erbringen möchte.

13

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 711, 713, 546 Abs. 2 ZPO.