Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 08.07.2020, Az.: 9 K 258/17
Steuerliche Folgen der Verlegung der inländischen Betriebsstätte einer Handelsvertretung in die Schweiz
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 08.07.2020
- Aktenzeichen
- 9 K 258/17
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2020, 70521
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlage
- § 16 Abs. 3 a EStG
Tatbestand
Streitig sind im Wesentlichen die steuerlichen Folgen der Verlegung der inländischen Betriebsstätte einer Handelsvertretung in die Schweiz, insbesondere die Frage, ob ein Handelsvertreterausgleichsanspruch gemäß § 89 b des Handelsgesetzbuches (HGB) im Zeitpunkt der Verlegung des Gewerbebetriebs in die Schweiz gemäß § 16 Abs. 3 a Einkommensteuergesetz (EStG) zu versteuern ist.
Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden.
Die Klägerin ist seit 1995 in der Schweiz nichtselbstständig tätig. Sie wohnte -berufsbedingt - in der Schweiz (in X). Sie flog im Streitjahr nach ihren Angaben in der Einkommensteuererklärung 15 Mal nach Deutschland und fuhr 8 Mal mit dem PKW von X nach Y (Kosten, die im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung erklärt worden sind). Die Kläger waren im Streitjahr bei der Gemeinde Y mit Wohnsitz ....weg, Y gemeldet. Dort befindet sich ein in 2003 erstelltes, im Eigentum der Klägerin stehendes Einfamilienhaus mit - nach Angaben der Kläger in der mündlichen Verhandlung am ...... - ca. 240 qm Wohnfläche, wovon nach Angaben der Kläger 200 qm zu privaten Wohnzwecken von ihnen genutzt wurden. Das Einfamilienhaus befindet sich auf einem rd. 840 qm großem Grundstück. Der Kläger hat sich im Streitjahr sowohl in dem Einfamilienhaus in Y, ....weg aufgehalten, als auch in der Wohnung in X.
In dem Einfamilienhaus in Y, ....weg, befand sich auch ein Büro mit kompletter Büroausstattung.
Der Kläger war seit 1986 und damit auch im Streitjahr als selbstständiger Handelsvertreter weltweit für die in Z ansässige Fa. A tätig und erzielte aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 15 EStG. Geschäftsadresse für die Handelsvertretung war nach Aktenlage seit 2004 bis zum Streitjahr stets ....weg in Y. Er war Inhaber eines Geschäftsgirokontos bei der Kreissparkasse Y (Kontonummer.: 000000), das nach Aktenlage auch noch im Jahr 2011 existierte.
Der Kläger war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Fa. B, die im Jahr 1994 gegründet wurde. Nach dem Verwaltungs- und Betreuungsvertrag vom .... 1999 übernahm die Fa. B die komplette Verwaltung und Betreuung der Handelsvertretung. Die Verwaltung umfasste sämtliche Geschäfte, die zur Führung des Geschäftsbereichs notwendig sind oder nach dem Ermessen der Handelsvertretung wünschenswert waren (§ 1 des Vertrages). Nach § 4 des Vertrages übernahm die Fa. B zunächst sämtliche Verwaltungsaufgaben sowie den kaufmännischen Bereich der Handelsvertretung. Nach § 3 des Vertrages erhielt die Fa. B als Vergütung die ihr entstandenen Kosten zzgl. eines Gewinnaufschlags von 10%. Die Fa. B war berechtigt, bis zur endgültigen Abrechnung der Verwaltungskosten mtl. Vorschusszahlungen in Rechnung zu stellen. Nach einem Schreiben der damaligen Steuerberater des Klägers vom ...... 2011 bestand die Tätigkeit der Fa. B darin, dass diese alle Verwaltungsaufgaben und - aufwendungen für den Betrieb der Handelsvertretung, die von Deutschland aus anfallen, übernimmt. Dies betreffe insbesondere die Regionen Asien, Mittelost und Europa.
Die Fa. B hatte im Streitjahr im Haus ....weg in Y von der Klägerin einen Büroraum gemietet. Aus seiner Tätigkeit als Geschäftsführer erzielte der Kläger Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Das monatliche Gehalt betrug ab 1. Januar 2010 6.000,00 € (Beschluss der Gesellschafterversammlung vom .....; 4. Ergänzung des Dienstvertrages vom ..... ). Nach dem Dienstvertrag vom ...... (§ 8 Nr.3 b) hatte der Kläger zudem Anspruch auf eine Weihnachtsgratifikation in Höhe von 1/12 der Jahresbezüge. Zudem hatte der Kläger mit Wirkung vom 1. Januar 2010 Anspruch auf eine jährliche Tantieme in Höhe von 30% des handelsrechtlichen Gewinns vor Steuern. Die Tantieme war begrenzt auf 25 % der Gesamtvergütung des Geschäftsführers (4. Ergänzung des Dienstvertrages vom ....). Die Fa. B hatte außer dem Kläger keine weiteren Mitarbeiter.
In seiner Einkommensteuererklärung gab der Kläger einen Bruttoarbeitslohn aus der Tätigkeit bei der Fa. B in Höhe von 39.000 € an. Diesen Betrag hatte der Kläger ausgezahlt bekommen. Die Tantieme 2010 (....... €) wurde erst im Jahr 2012 gezahlt.
Hierneben waren die Kläger Gesellschafter der Fa. C (insgesamt 100% Anteilseigner), die ihren Standort im Streitjahr in der Schweiz hatte. Diese Fiirma hatte in der ....Str. 16 in X die 2 1/2- Zimmerwohnung gemietet. Hierbei handelt es sich um die Wohnung, die die Klägerin im Rahmen ihrer Steuererklärung als Wohnung am Beschäftigungsort im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung angegeben hatte. Nach den Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung wurde ein Zimmer dieser Wohnung als Arbeitsbereich genutzt, ein Raum als Wohnzimmer, das halbe Zimmer stellte den Schlafbereich da. Die Fa. C hatte außer den Klägern keine weiteren Mitarbeiter. Die Tätigkeit der Fa. C entsprach der Tätigkeit der Fa. B, jedoch für die Region Afrika (Schreiben der damaligen Steuerberater des Klägers vom .... 2011).
Sowohl die Fa. B als auch die Fa. C hatten keine eigene Handelsvertreterlizenz. Die Provisionen aus der Handelsvertretung wurden ausschließlich von der Fa. A mit dem Kläger abgerechnet.
Der Handelsvertretervertrag mit der Fa. A wurde zuletzt am ..... 2005 unter Aufhebung aller bisherigen vertraglichen Bestimmungen neu gefasst.
Ziffer 6.(4) des Handelsvertretervertrages zwischen der Fa. A und dem Kläger lautet wie folgt:
"Der Anspruch auf Zahlung der Provision entsteht, sobald und soweit der Kunde das Entgelt oder die sonstige Leistung für das provisionspflichtige Geschäft entrichtet hat oder spätestens hätte entrichten müssen, falls das Unternehmen seinen Teil des Geschäftes ausgeführt hätte. Der Anspruch auf Provision erlischt, wenn und soweit feststeht, dass der Vertrag zwischen dem dritten und dem Unternehmen nicht ausgeführt wird, soweit die nicht Ausführung nicht auf Umständen beruht, die vom Unternehmen zu vertreten sind."
Ziffer 6.(6) des Handelsvertretervertrages lautet wie folgt:
"Das Unternehmen hat spätestens bis zum Ende eines Monats dem Handelsvertreter eine Aufstellung über die im Vormonat ausgeführten Geschäfte zu erteilen, hinsichtlich derer ein Anspruch auf Zahlung einer Provision zu erwarten ist. Der Anspruch auf Zahlung der Provision, der nach Maßgabe des Abs. 4 entsteht, wird mit dem dritten Werktag des Folgemonats hinsichtlich der im Vormonat eingegangenen Leistungen der Kunden fällig. Insoweit hat das Unternehmen mit dem Handelsvertreter abzurechnen. Das Unternehmen hat dem Handelsvertreter die Abrechnung durch Rechnungskopien, Auftragsbestätigungen und entsprechende Unterlagen zu belegen. Die Zahlung der Provision leistet das Unternehmen durch Überweisung auf das Konto des Handelsvertreters. Gleichzeitig erhält der Handelsvertreter eine entsprechende Provisionsabrechnung."
Der Handelsvertretervertrag trat am .... 2004 in Kraft und war zwischen den Parteien vorbehaltlich einer Kündigung aus wichtigem Grund für die Zeit bis zum ..... 2012 abgeschlossen. Im Einzelnen wird auf den Handelsvertretervertrag vom .... Bezug genommen (Bl. 119 bis123 Gerichtsakte).
Für die Zahlung des dem Kläger bei Beendigung des Vertrags nach den gesetzlichen Bestimmungen zustehenden Ausgleichsanspruchs vereinbarten die Parteien, dass das Unternehmen dem Handelsvertreter bei Vertragsbeendigung den Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB mit der Maßgabe zahlt, dass, zu Gunsten des Handelsvertreters von § 89 b Abs. 2 HGB abweichend, der Höchstbetrag des Ausgleichsanspruchs das 1,2-fache der nach dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre der Tätigkeit des Handelsvertreters berechneten Jahresprovision beträgt (Ziffer 7 (7) des Handelsvertretervertrags).
Am 15. Dezember 2010 hat der Kläger sein bisher am Wohnsitz in Deutschland gemeldetes Gewerbe abgemeldet. Am 9. Februar 2011 hat er die Handelsvertretung im Handelsregister des Kantons X in der Schweiz eintragen lassen. Den deutschen Wohnsitz hat er beibehalten. Der Handelsvertretervertrag wurde unverändert fortgeführt. Die Provisionserlöse in Höhe von 195.000,00 €, die in der Zeit ab 16. Dezember 2010 von der Firma A mit dem Kläger abgerechnet wurden, waren in den Provisionserlösen, die der Kläger der deutschen Besteuerung zugrunde gelegt hat, nicht enthalten. Nach Angaben der Kläger seien diese Erlöse in der Schweiz versteuert worden. Der Kläger hatte diese Provisionserlöse in seiner Steuererklärung für das Streitjahr nicht als ausländische Einkünfte angegeben.
Dieser Betrag umfasst Provisionen in Höhe von 174.000,00 € (Bl. 734, 735 Gerichtsakte) für die die Fa. A bereits vor dem 15. Dezember 2010 Abrechnungen an den Kläger gesandt hatte, diese jedoch am 14. Dezember 2010 storniert und mit Datum vom 21. Dezember 2010 dem Kläger erneut übersandt hatte.
In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr ermittelte der Kläger gemäß § 16 Abs. 3 a EStG einen Aufgabegewinn in Höhe von ....... €. Der laufende Gewinn betrug ......... €.
Für den Aufgabegewinn beantragten die Kläger die Berücksichtigung des Freibetrages nach § 16 Abs. 4 EStG, so dass der Aufgabegewinn im Ergebnis voll umfänglich steuerfrei war.
Die Einnahmen der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit wurden in Höhe von ........ € (als steuerfreier Arbeitslohn aus der Schweiz) angegeben. Darüber hinaus machte die Klägerin Kosten der doppelten Haushaltsführung - wie bereits in den Vorjahren - in Höhe von 19.515,14 € geltend. Diese Kosten setzen sich wie folgt zusammen: Flugkosten für 15 Flüge von der Schweiz nach Deutschland und zurück i. H. v. 1.987,16 €, Kosten für 8 Heimfahrten von X nach Y mit dem PKW (Entfernungskilometer: .....) i. H. v. 1.852,80 €, Kosten für Fahrten zum Flughafen (Y - Düsseldorf) i. H. v.1.276,80 €, Kosten für Fahrten vom Flughafen in der Schweiz i.H.v.188,36 €, Telefonkosten i. H. v. 300,00 €, Aufwendungen für die Zweitwohnung i. H. v. 13.910,02 €).
Das Finanzamt veranlagte die Kläger hinsichtlich der Einkünfte aus Gewerbebetrieb des Klägers zunächst antragsgemäß. Die ausländischen Einkünfte der Klägerin wurden mit ....... € im Rahmen des Progressionsvorbehalts (§ 32 b EStG) berücksichtigt. Die Festsetzung erfolgte unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 Abgabenordnung - AO -). Mit Einkommensteuerbescheid vom 27. Juli 2012 wurde die Einkommensteuer auf ......€ festgesetzt. Mit Änderungsbescheid vom 2. September 2013 wurde die Einkommensteuer auf ......... € herabgesetzt.
Im Rahmen einer in der Zeit vom ..... 2015 bis ...... 2016 durchgeführten Außenprüfung für die Jahre 2009 bis 2010 vertrat der Betriebsprüfer die Auffassung, dass durch einen Handelsvertreterausgleichsanspruch nach § 89 b HGB der vom Handelsvertreter in früheren Jahren geschaffene Kundenstamm abgegolten werde. Durch die Verlagerung des Unternehmens in die Schweiz verliere Deutschland das Besteuerungsrecht an den stillen Reserven dieses immateriellen Wirtschaftsguts. Es sei daher eine Entnahme anzunehmen, die mit dem gemeinen Wert im Entnahmezeitpunkt zu bewerten sei.
Der Kläger reichte auf Aufforderung des Finanzamtes im Verlauf der Außenprüfung eine Berechnung des Handelsvertreterausgleichsanspruchs auf den 15. Dezember 2010 ein.
Man einigte sich bei der Schlussbesprechung der Betriebsprüfung auf eine Erhöhung des Aufgabegewinns um ........ € auf ........€ für das durch den Kläger geschaffene immaterielle Wirtschaftsgut.
Der Betriebsprüfer hatte im Rahmen der Betriebsprüfung zudem festgestellt, dass im Streitjahr 2010 Provisionserlöse in Höhe von 120.000,00 € erfasst worden seien, die im Vorjahr 2009 hätten erfasst werden müssen. Entsprechende Konsequenzen hieraus zog er jedoch nicht. Die Provisionen, die in der Zeit vom 15. Dezember 2010 bis zum 31.Dezember 2010 gegenüber dem Kläger von der Fa. A abgerechnet worden sind (195.000,00 €), waren nach Auffassung des Betriebsprüfers dem Progressionsvorbehalt nach § 32 b EStG zu unterwerfen.
Das Finanzamt änderte den Einkommensteuerbescheid 2010 entsprechend den Feststellungen des Betriebsprüfers. In dem geänderten Bescheid vom ....2016 unterwarf das Finanzamt den Betrag von ....... € vollumfänglich der ermäßigten Besteuerung nach der sogenannten Fünftel-Regelung des § 34 Abs. 1 EStG. Die Einkommensteuer wurde auf ....... € festgesetzt.
Mit dem hiergegen eingelegten Einspruch baten die Kläger, die Besteuerung des Aufgabegewinns nach § 34 Abs. 3 EStG - statt nach § 34 Abs. 1 EStG - durchzuführen.
Sie vertraten die Auffassung, dass es im Rahmen der Schlussbesprechung zu einer tatsächlichen Verständigung gekommen sei. Es sei zwar klar, dass der Ausgleichsanspruch eines Handelsvertreters zum laufenden Gewinn gehöre. Man habe sich aber bei der Schlussbesprechung auf eine Erhöhung des Aufgabegewinns geeinigt. Für den Fall, dass das Finanzamt weiterhin eine tatsächliche Verständigung negiere, seien die Kläger mit der Besteuerung irgendeines immateriellen Wirtschaftsgutes nicht mehr einverstanden. Der Anspruch auf Ausgleich des Handelsvertreters entstehe nach Beendigung des Vertragsverhältnisses, vorliegend im Jahr 2012. Vor Vertragsende habe der Handelsvertreter weder eine Anwartschaft noch eine gesicherte Rechtsposition, sondern lediglich eine Erwerbschance. Der Ausgleichsanspruch sei jedenfalls kein (immaterielles) Wirtschaftsgut.
Das Finanzamt vertrat indes die Auffassung, es sei keine tatsächliche Verständigung herbeigeführt worden. Der Betriebsprüfungsbericht habe keine bindende Wirkung. Auch sei kein Vertrauenstatbestand im Rahmen der Betriebsprüfung geschaffen worden, denn der Antrag auf Besteuerung nach § 34 Abs. 3 EStG sei erst nach der Betriebsprüfung gestellt worden.
Der Einspruch wurde als teilweise unbegründet zurückgewiesen. Das Finanzamt hat mit Einspruchsbescheid vom 23. Juni 2017 die Einkommensteuer von ...... € auf ........ € herabgesetzt.
In seiner Entscheidung führte es zunächst aus, dass eine tatsächliche Verständigung im Rahmen der Schlussbesprechung nicht stattgefunden habe. Darüber hinaus ordnete das Finanzamt den Handelsvertreterausgleichsanspruch dem laufenden Gewinn zu.
Zur Begründung seiner Einspruchsentscheidung führte das Finanzamt aus: Einer Aufgabe des Gewerbebetriebes stehe der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung sämtlicher Wirtschaftsgüter des Betriebes oder eines Teilbetriebes gleich; § 4 Abs. 1 Satz 4 EStG gelte entsprechend (§ 16 Abs. 3 a EStG). Durch diese Regelung des § 16 Abs. 3 a EStG werde eine Besteuerung der im Inland entstandenen stillen Reserven sichergestellt und dem Umstand Rechnung getragen, dass es für die deutschen Finanzbehörden oftmals schwierig bis unmöglich sei, das weitere Schicksal des in das Ausland verlegten Betriebsvermögens zu überwachen und den tatsächlichen Realisationsakt im Ausland zu erkennen und zu erfassen.
Der Kläger habe in seiner Einzelfirma das immaterielle Wirtschaftsgut "Vertreterrecht" geschaffen. Der eingeführte und regelmäßig bearbeitete Vertreterbezirk stelle einen greifbaren wirtschaftlichen Vorteil dar. Es handele sich um eine rechtlich gefestigte wirtschaftliche Chance, Provisionseinnahmen zu erzielen. Durch den Abschluss des Handelsvertretervertrages und die Pflege und Bearbeitung der Handelsvertretung sei das immaterielle Wirtschaftsgut "Vertreterrecht" entstanden. Nach § 5 Abs. 2 EStG habe der Kläger dieses Wirtschaftsgut nicht aktivieren dürfen, weil er es nicht entgeltlich erworben hatte. Die Überführung dieses immateriellen Wirtschaftsgutes ins Ausland führe hingegen zu einer Gewinnrealisierung. Die Bewertung des Vertreterrechts müsse mindestens in der Höhe des Ausgleichsanspruchs des Handelsvertreters erfolgen.
Nach Sinn und Zweck des § 16 Abs. 3 a EStG müssten bei einer fingierten Betriebsaufgabe alle Umstände berücksichtigt werden, die eintreten würden, wenn der Betrieb tatsächlich aufgegeben worden wäre. So wäre bei einer Betriebsaufgabe zwangsläufig auch das Vertragsverhältnis zwischen Handelsvertreter und vertretenem Unternehmer beendet worden, so dass der Ausgleichsanspruch nach § 89 b Abs. 1 HGB entstanden wäre. Der Anspruch sei dann eine Forderung des Handelsvertreters gegen den vertretenen Unternehmer, der sich mit dessen Entstehung bei einem bilanzierenden Steuerpflichtigen erfolgswirksam auf die Einkünfte aus Gewerbebetrieb auswirke.
Im vorliegenden Fall sei einzige Betriebsgrundlage der Vertretervertrag mit der Fa. A. Wenn schon das Gewerbe ausschließlich auf einem Vertrag beruhe und der Kläger sich (fiktiv) dazu entschließe, seinen Betrieb aufzugeben, sei es gar nicht möglich, eine andere als die beschriebene Folge - nämlich die Beendigung des Vertragsverhältnisses - anzunehmen.
Bei dem Ausgleichsanspruch eines Handelsvertreters handele es sich um einen Anspruch, der seiner rechtlichen und wirtschaftlichen Natur nach einen zusätzlichen gesetzlichen Vergütungsanspruch des Handelsvertreters für die vor Vertragsende geleisteten und nach Vertragsende fortwirkenden Dienste darstelle und der unmittelbar aus dem Handelsvertreterverhältnis folge und keinen besonderen Willensentschluss voraussetze. Aus diesen Gründen gehöre der Ausgleichsanspruch immer zum laufenden Gewinn. Im Falle des § 16 Abs. 3 a EStG könne nichts Anderes gelten. Es müsse eine laufende Gewinnbesteuerung erfolgen. Allerdings sei für diesen laufenden Gewinn die Steuerermäßigung nach § 34 Abs. 1 EStG zu gewähren. Für den ursprünglich erklärten Aufgabegewinn von ...... € sei der Freibetrag wie bereits zuvor nach § 16 Abs. 4 EStG anerkannt. Daneben werde die Steuerermäßigung für gewerbliche Einkünfte gemäß § 35 EStG berücksichtigt.
Hiergegen richtet sich die mit Schriftsatz vom ...... 2017 erhobene Klage, zu deren Begründung die Kläger ihr bisheriges Vorbringen im Wesentlichen wiederholen und zudem folgendes vortragen:
Sämtliche Einkünfte des Klägers aus der Handelsvertretung seien im Streitjahr in der Schweiz zu versteuern. Aufgrund der Verlagerung des Lebensmittelpunktes in die Schweiz ab 1. Januar 2010 habe der Kläger seine Handelsvertretung ausschließlich in der Schweiz betrieben.
Die Klägerin habe sich im Streitjahr maximal an 50 Tagen in Y aufgehalten. Der Kläger habe sich an 163 Tagen in der Schweiz aufgehalten, berufsbedingt zudem ca. 80 Tage im außereuropäischen Ausland und urlaubsbedingt 14 Tage im europäischen Ausland. Seine Anwesenheit in Deutschland habe 108 Tage betragen. In der mündlichen Verhandlung am ...... 2020 hat der Kläger hingegen persönlich angegeben, er sei im Streitjahr 7 bis 10 Tage pro Monat in der Schweiz gewesen.
In Deutschland habe der Kläger nicht über eine Betriebsstätte i. S. d. Art. 5 DBA Schweiz verfügt. Einigkeit bestehe aus Sicht der Kläger darin, dass der Kläger in Deutschland über eine feste Geschäftseinrichtung verfügt habe. Der Ort der Geschäftsleitung habe hingegen in der Schweiz gelegen. In der Schweiz habe sich der Lebensmittelpunkt des Klägers befunden, somit sei das Einzelunternehmen der Schweiz zuzuordnen. Von dort aus habe er seine Geschäftsführertätigkeiten wahrgenommen, so dass eine aktive Betriebsstätte am Ort der Geschäftsleitung, nämlich in der Schweiz, vorliege. Die feste Geschäftseinrichtung im Wohnhaus in Deutschland sei vom Kläger nur vorgehalten worden, damit er von dort aus gelegentlich die Fa. A aufsuchen könne, da ihm dort kein eigenes Büro zur Verfügung gestanden habe. Da sich der Lebensmittelpunkt des Klägers (in der gemeinsamen Wohnung der Eheleute) in der Schweiz befunden habe, sei er in der Schweiz ansässig gewesen i. S. d. Art.4 Abs.2 DBA Schweiz.
Bei Annahme, dass die gewerblichen Einkünfte des Klägers der deutschen Besteuerung unterlägen, sei von Folgendem auszugehen: Der Handelsvertreterausgleichsanspruch nach § 89 b HGB unterliege nicht der Besteuerung gemäß § 16 Abs. 3 a EStG, da im Zeitpunkt der fiktiven Betriebsaufgabe kein (immaterielles) Wirtschaftsgut entstanden sei, an welchem ein Besteuerungsrecht in Deutschland verloren gegangen sein könne. Abweichend hiervon wäre ein solches (immaterielles) Wirtschaftsgut von Beginn an dem Schweizer Stammhaus zuzurechnen gewesen, so dass durch die Schließung der deutschen Betriebsstätte keine Verlagerung von stillen Reserven und damit kein Verlust eines Besteuerungsrechts in Deutschland erfolgt sei.
Handelsrechtlich entstehe der Ausgleichsanspruch nach § 89 b Abs. 1 HGB nach Beendigung des Vertragsverhältnisses.
Neben der tatsächlichen Vertragsbeendigung seien für das Entstehen des Ausgleichsanspruchs weitere Tatbestandsmerkmale kumulativ zu erfüllen; beispielsweise, dass der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit den vom Handelsvertreter geworbenen Kunden auch nachher erhebliche Vorteile habe oder dass der Handelsvertreter in Folge der Beendigung des Vertragsverhältnisses Ansprüche auf Provisionen verliere. Zudem bestehe ein Ausgleichsanspruch nicht, wenn der Handelsvertreter selbst das Vertragsverhältnis gekündigt habe oder der Unternehmer nach § 89 b Abs. 3 HGB aus wichtigem Grunde selber kündige. Da sich erst mit der Beendigung des Handelsvertretervertrages entscheide, ob der Anspruch überhaupt entstehen könne, habe der Handelsvertreter vor Vertragsende weder eine Anwartschaft noch eine gesicherte Rechtsposition. Folgerichtig gehöre der Ausgleichsanspruch als laufender Gewinn nicht zum Aufgabegewinn.
Der Ausgleichsanspruch sei auch kein immaterielles Wirtschaftsgut, vergleichbar mit einem Kundenstamm, sondern eine Forderung zur Abgeltung einer bereits geleisteten Tätigkeit. Ein Handelsvertreter zeichne sich dadurch aus, dass er im fremden Namen und für fremde Rechnung handele. Er akquiriere Geschäfte nicht für sich selbst, sondern sei lediglich damit betraut, die Geschäftsverbindungen des Unternehmens zu bearbeiten. Die tatsächliche Geschäftsbeziehung des Kunden bestehe zu dem Unternehmen.
Die Vertragsbeendigung könne, müsse aber nicht, mit der Beendigung des vom Handelsvertreter betriebenen Gewerbes zusammenfallen. Der mit dem Unternehmer bestehende Handelsvertretervertrag und das vom Handelsvertreter betriebene Gewerbe seien getrennt voneinander zu betrachten und könnten sich unterschiedlich entwickeln. Ausgleichszahlungen seien deshalb mit Beendigung des Vertragsverhältnisses zu erfassen und das unabhängig von der Beendigung des Betriebes.
Für die Anwendung von §§ 16 Abs. 3 a EStG, 4 Abs. 1 Satz 4 EStG komme es entscheidend darauf an, ob ein Wirtschaftsgut bereits entstanden sei und damit ein Besteuerungsrecht verloren gehen könne.
Ein "Vertreterrecht" und der Handelsvertreterausgleichsanspruch seien zwei verschiedene Dinge. Dies werde schon dadurch deutlich, dass der Bundesfinanzhof (BFH) den Begriff "Vertreterrecht" in den vom Finanzamt in seiner Einspruchsentscheidung zitierten Entscheidungen in Anführungszeichen setze, als Zeichen, dass es sich hierbei um kein originäres, gegebenenfalls aus dem Handelsgesetzbuch abgeleitetes, Recht handele. Es habe sich in dem BFH-Fall um eine Art "Ausgleichs- oder Einstandssumme" gehandelt, die ein potentieller Handelsvertreter an den Geschäftsherrn zu leisten hatte. Rein rechtlich habe gar keine Beziehung zu dem ausgeschiedenen Handelsvertreter und seinem Ausgleichsanspruch bestanden. Dieser habe lediglich als Bemessungsgrundlage für die Bemessung des sogenannten "Vertreterrechts" gedient.
Selbst wenn ein zivilrechtlich noch nicht entstandener Handelsvertreterausgleichsanspruch nach § 89 b HGB Gegenstand einer fiktiven Betriebsaufgabe gemäß § 16 Abs. 3 a EStG sein könne, fehle es im vorliegenden Fall an dem den Ersatzrealisationstatbestand des § 16 Abs. 3 a EStG auslösenden Wegfall des deutschen Besteuerungsrechts, da dieses gemäß Art. 7 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1, 2 und 3, Art. 3 sowie Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 DBA Schweiz seit Vertragsbeginn der Schweiz zustehe. Der Kläger sei für die Anwendung des DBA Schweiz als in der Schweiz ansässig zu behandeln, da er mit seiner Ehefrau bereits seit 1995 seinen Familienwohnsitz dort habe und somit die engeren persönlichen Beziehungen zu diesem Staat besitze. Er werde von dort aus als Handelsvertreter weltweit direkt oder indirekt durch seine Gesellschaften tätig, so dass auch die Handelsvertretung als in der Schweiz ansässig gelte. In Y werde das europäische Geschäft abgerechnet. Da es sich in Y um eine feste Geschäftseinrichtung handele, übe das Schweizer Unternehmen seine Tätigkeit dort über eine unselbstständige Betriebsstätte aus. Gemäß Art. 7 Abs. 1, 2 DBA Schweiz könnten die Gewinne eines Unternehmens grundsätzlich nur im Ansässigkeitsstaat besteuert werden, es sei denn, dass das Unternehmen seine Tätigkeit im anderen Vertragsstaat durch eine dort gelegene Betriebsstätte ausübe. Neben der Aufteilung der Einkünfte zwischen Stammhaus und Betriebsstätte habe grundsätzlich auch eine Aufteilung von Wirtschaftsgütern zu erfolgen, wobei Wirtschaftsgüter nur entweder dem Stammhaus oder der Betriebsstätte zugerechnet werden könnten und die Zentralfunktion des Stammhauses zu beachten sei. Erfüllten die Wirtschaftsgüter die zugewiesene Funktion sowohl im Stammhaus als auch in der Betriebsstätte, hinge es vom erkennbaren Willen der Geschäftsleitung ab, welchen Betriebsvermögen sie zuzuordnen seien. Im Zweifel habe eine Zuordnung allerdings zum Stammhaus zu erfolgen.
Im Streitfall könnte ein immaterielles Wirtschaftsgut "Vertreterrecht" höchstens bei Abschluss des Handelsvertretervertrages am ...... 2005 entstanden sein, da dieser Vertrag unter Aufhebung aller bisher bestehenden Vereinbarungen geschlossen worden sei. Zu diesem Zeitpunkt sei der Kläger und sein Einzelunternehmen bereits seit mehr als zehn Jahren in der Schweiz ansässig, so dass das immaterielle Wirtschaftsgut grundsätzlich dem Schweizer Stammhaus zuzurechnen sei. Dieses Wirtschaftsgut hätte der Kläger bei Abschluss des persönlich mit ihm geschlossenen Handelsvertretervertrages, da er bis heute von einer Steuerentstehung im Zeitpunkt der Beendigung des Handelsvertretervertrages ausgehe, anschließend unentgeltlich sowohl der deutschen Betriebsstätte als auch der Fa. B und der Fa. C überlassen. Zwar habe Deutschland gemäß Art. 4 Abs. 3 DBA Schweiz bei Doppelansässigkeit generell weiterhin das Besteuerungsrecht, jedoch werden diese gewerblichen Einkünfte soweit sie auf Schweizer Vermögenswerte entfallen gemäß Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 DBA Schweiz von der Steuer in Deutschland freigestellt. Da es sich aufgrund der vorstehenden Grundsätze um ein dem Schweizer Stammhaus zuzuordnendes immaterielles Wirtschaftsgut handeln würde, könne im Zeitpunkt der Schließung der Betriebsstätte kein Besteuerungsrecht an dem noch nicht entstandenen Vertreterrecht verloren gegangen sein.
Der Kläger habe in den Jahren 2013 bis 2016 in Raten von der Fa. A eine in Teilbeträgen ausgezahlte Ausgleichszahlung von insgesamt ....... € erhalten, die er in der Schweiz versteuert habe.
Rechnungslegung und Buchhaltung seien an den Steuerberater ausgelagert worden. Zahlungsverkehr werde über Online Banking abgewickelt. Einzig für Korrespondenz werde die deutsche Adresse verwendet. Kunden würden von ihm nicht empfangen. Die im Anlagevermögen ausgewiesene Büroeinrichtung habe sich in Y befunden.
Hinsichtlich des Zeitpunktes der Entstehung der Provisionsansprüche berufen sich die Kläger auf Punkt 6. des Handelsvertretervertrags. In Abs. 4 sei der Entstehungszeitpunkt des Provisionsanspruchs geregelt. Danach stehe die Entstehung der jeweiligen Provision unter der aufschiebenden Bedingung, dass "der Kunde das Entgelt...entrichtet hat oder spätestens hätte entrichten müssen." Es stünde daher im Ermessen der Fa. A, eine von beiden Optionen als Entstehungszeitpunkt für die jeweilige Entstehung der Provision heranzuziehen. Abs. 6 regele die Auszahlung der Provision. Es sei mündlich mit dem ehemaligen Geschäftsführer der Fa. A vereinbart worden, dass die Entstehung des Provisionsanspruchs davon abhänge, wann der Kunde der Fa. A gezahlt habe.
Die Kläger legten Übersichten vor, aus denen die den streitigen Provisionen zugrundeliegenden Rechnungen der Fa. A an deren Kunden und die Lieferbedingungen, die Fälligkeitsdaten, die sich ergeben, wenn für den Entstehungszeitpunkt einzig darauf abgestellt wird, wann der Kunde das Entgelt für die Lieferung hätte spätestens entrichten müssen, bzw. wenn der Kunde später gezahlt hat, ersichtlich sind. In der Praxis habe sich der Fälligkeitszeitpunkt der Provision letztlich nach dem Zahlungszeitpunkt des Kunden gerichtet.
Danach müssten bei Beachtung der mündlichen Abreden zwischen dem Kläger und der Fa. A noch ....... € von den 195.000 € dem Streitjahr 2010 zuzurechnen seien, und von den 120.000 € müssten unter denselben Bedingungen ....... € aus dem Veranlagungszeitraum 2010 herausgerechnet und dem Jahr 2009 zugerechnet werden, wenn ein deutsches Besteuerungsrecht bestehen würde.
Auf Anforderung des Gerichts haben die Kläger mit Schriftsatz vom ...... 2020 die ursprünglichen Provisionsabrechnungen (insgesamt über 174.000 €), die am 14. Dezember 2010 von der Fa. A storniert und anschließend mit neuen Belegnummern versehen und nach dem 15. Dezember 2010 erneut an den Kläger gesandt worden sind, übersandt. Zur Erläuterung führten sie aus, die Änderung der Provisionsabrechnungen resultiere aus der geänderten umsatzsteuerlichen Behandlung von Provisionen aus der Vermittlung von Auslandsumsätzen durch die Fa. A. Die Nettoprovisionsbeträge hätten sich nicht geändert.
Die Einkünfte des Klägers seien in Höhe von insgesamt ........,00 € anstelle der bislang erklärten 39.000,00 anzusetzen.
Nachdem die Kläger zunächst nicht mehr den Abzug der Kosten für doppelte Haushaltsführung der Klägerin in Höhe von 19.515 € als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, die im Rahmen des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen sind, geltend gemacht haben, haben sie in der mündlichen Verhandlung am ...... 2020 die Auffassung vertreten, aufgrund des Wohnsitzes und des Lebensmittelpunktes in der Schweiz seien die Einkünfte der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit nicht dem Progressionsvorbehalt zu unterwerfen.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
den Einkommensteuerbescheid 2010 vom .... 2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom ...... 2017 abzuändern und die Einkommensteuer auf ..........,00 € herabzusetzen,
hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist auf seine Ausführungen im Einspruchsbescheid und trägt ergänzend vor:
Erstmals im Klageverfahren hätten die Kläger zunächst vorgetragen, dass es sich bei der Geschäftseinrichtung in Y um eine "unselbständige Betriebsstätte" des schweizerischen Unternehmens gehandelt habe. In der Einkommensteuererklärung hätten sie dagegen angegeben, dass aus beruflichen Gründen der Klägerin die Wohnung in der Schweiz vorgehalten werde. Diese Angaben stünden im Widerspruch zu den Angaben im Klageverfahren.
Der Kläger habe keine Betriebsstätte in der Schweiz gehabt. Er habe seine Handelsvertretung nicht bereits ab 1. Januar 2010, wie in der mündlichen Verhandlung am ...... 2019 angegeben, in die Schweiz verlegt. Hierfür gebe es keinerlei Hinweise. Der Kläger habe an seinem Wohnsitz ....weg in Y eine Betriebsstätte i. S. d. § 12 AO unterhalten. Er habe dort eine komplette Büroeinrichtung besessen (Schreibtisch, Büroschränke, Computer, Faxgerät etc.). In der Bilanz seiner Handelsvertretung in "Y ....weg" habe der Kläger zum 1. Januar 2010 ein Anlagevermögen in Höhe von 202.576 € ausgewiesen. Für die Zeit vom 1. Januar 2010 bis 15. Dezember 2010 habe er in der Bilanz weitere Zugänge zum Anlagevermögen in Höhe von 132.358,17 € erfasst. Die vom Kläger betrieblich genutzten Kfz seien in Y zugelassen. Rechnungslegung, Zahlungsverkehr und die Buchhaltung seien besonders wichtige Verwaltungsaufgeben, die der Kläger in Y durchgeführt habe. So habe der Kläger die Fa. B mit der Durchführung sämtlicher Verwaltungsaufgaben für die Handelsvertretung beauftragt. Der Kläger sei alleiniger Arbeitnehmer der Fa. B gewesen. Er habe demnach sämtliche Verwaltungsarbeiten für die Handelsvertretung in Y selbst in den von der Fa. B angemieteten Geschäftsräumen in ....weg, Y, abgewickelt. Desweiteren habe der Kläger über ein Geschäftsgirokonto und Darlehenskonten bei der Kreissparkasse Y verfügt. Die Jahresabschlüsse habe er von einem Steuerberater in Y erstellen lassen. Die Fa. A habe ihre Provisionsabrechnungen an die Geschäftsadresse in Y erteilt.
Erst ab 17. Dezember 2010 seien die Provisionsabrechnungen an die Anschrift ....., X" gerichtet worden. Auch sonstiger Schriftverkehr der Fa. A sei an die Geschäftsadresse des Klägers in Y adressiert. Der Kläger selbst habe im Kalenderjahr 2010 Abrechnungen unter der Geschäftsadresse Y, ....weg erteilt. Sogar die Rechnungen der Fa. C und der Fa. B vom 28. und 29. Dezember 2010 wiesen die Anschrift in Y aus. Bis zum Ende des Kalenderjahres 2010 und zum Teil auch noch in 2011 habe der Kläger den Zahlungsverkehr über die Konten bei der Kreissparkasse Y abgewickelt.
In der festen Geschäftseinrichtung ....weg in Y habe sich der Ort der Geschäftsleitung des Unternehmens i. S. d. Art. 5 Abs.2 Buchst. a DBA Schweiz befunden. Ein Unternehmen werde dort geleitet, wo die leitende Person Entscheidungen von einigem Gewicht treffe. Dies sei im Allgemeinen der Ort, an dem sich das Büro befinde.
Er habe die Gründung eines Betriebes im Ausland zum 1. Januar 2010 nicht gem. § 138 AO dem Finanzamt mitgeteilt. Die Fa. C in der Schweiz habe keine wesentlichen Verwaltungsaufgaben der Handelsvertretung übernommen. Sie habe nur das Honorar des Herrn H. in Höhe von 3.600 € monatlich - zzgl. Reisekosten und Provisionen - mit dem Kläger abgerechnet. Erst am 9. Februar 2011 habe der Kläger erstmalig eine Handelsvertretung in der Schweiz angemeldet. Alle Unterlagen, die dem Finanzamt vorliegen, seien an die Firmenadresse des Klägers in Deutschland gerichtet. Alle Ausgangsdokumente des Klägers enthielten die deutsche Firmenadresse. Es gebe in den Steuerakten kein einziges Dokument, das Streitjahr betreffend, dass hinsichtlich der Handelsvertretung eine Adresse in der Schweiz enthalte. In seiner Gewerbeabmeldung habe der Kläger angegeben, dass die Betriebsstätte in Y die Hauptniederlassung sei. In den Jahren bis zur Sitzverlegung habe er keine Einkünfte aus einem schweizerischen Gewerbebetrieb erklärt. Er habe im Streitjahr in der Schweiz weder über eine Geschäftsadresse verfügt noch über eigene Büroräume. Er habe für 2010 keine Einkünfte in der Schweiz versteuert.
In der am ....... 2011 eingereichten Gewerbesteuererklärung 2009 und der am ...... 2012 eingereichten Gewerbesteuererklärung 2010 gebe der Kläger als Anschrift der Geschäftsleitung die Adresse ....weg, Y, an. Die Gewerbesteuererklärung 2009 habe der Kläger in Y am ...... 2011 unterschrieben.
Geldforderungen aus Lieferungen und Leistungen seien zu aktivieren, sobald sie (unabhängig von der rechtlichen Entstehung) wirtschaftlich in der Vergangenheit verursacht und am Bilanzstichtag hinreichend sicher seien. Für Handelsvertreter gelten die allgemeinen Bilanzierungsgrundsätze des Kaufmanns. Hiernach komme es darauf an, dass der Handelsvertreter seine vertraglichen Leistungen erfüllt habe und seitens des Geschäftsherrn das Grundgeschäft durchgeführt worden sei. Dem Zeitpunkt der Erstellung der Abrechnungen über die Provisionsforderungen komme für den Zeitpunkt der Gewinnverwirklichung wesentliche Bedeutung zu.
Der Provisionsanspruch sei grundsätzlich zu dem Zeitpunkt zu aktivieren, zu dem der Handelsvertreter die von ihm geschuldete Leistung erbracht und der Unternehmer durch Abschluss der vermittelten Verträge diese Leistung abgenommen, das vermittelte Geschäft mithin ausgeführt habe. Zu diesem Zeitpunkt sei der Provisionsanspruch auch dann zu aktivieren, wenn der Provisionsanspruch aufgrund einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung erst mit der Zahlung des Kunden entstehe.
Provisionsansprüche des Klägers seien zu aktivieren, wenn der Zahlung des Kunden keine ernstlichen Zweifel entgegenstehen und der Provisionsanspruch hinsichtlich der Realisierung "so gut wie sicher", d. h. wirtschaftlich verursacht sei. Den vom Kläger eingereichten Unterlagen sei zu entnehmen, dass die Fa. A im Zeitpunkt der Erstellung der Provisionsabrechnungen die Geschäfte gegenüber ihren Kunden (mit Ausnahme von zwei Abrechnungen) erfüllt habe.
Nach den vorgelegten Unterlagen seien die in 2009 abgerechneten Provisionen in Höhe von 120.000,00 € in der Bilanz auf den 31.12.2009 zu erfassen. Von den Provisionsabrechnungen ab 16. Dezember 2010 über insgesamt 195.000,00 € sei bei der Firma A auf dem Konto ".... Ausland 2010" zu entnehmen, dass am 14. Dezember 2010 Rechnungen über insgesamt 174.000,00 € storniert und am 21. Dezember 2010 mit neuen Belegnummern wieder eingebucht worden seien. Das Belegdatum der ursprünglichen Rechnungen liege jeweils vor Dezember 2010. Diese Provisionsansprüche seien - unabhängig vom Zeitpunkt der Zahlung - zu aktivieren, wenn der Geschäftsherr, d. h. die Fa. A, die vermittelten Geschäfte erfüllt habe. Nach den vom Kläger vorgelegten Unterlagen seien von dem Betrag von 195.000,00 € Provisionen in Höhe von ........ € dem Kalenderjahr 2011 zuzuordnen. Es handele sich um die Provisionsabrechnungen P 1 vom ......2010 und P 2 vom ....... 2010. Die Fa. A habe die Ware erst am 9. und 17. Januar 2011 an den Kunden geliefert. Die restlichen Forderungen in Höhe von ........ € seien in 2010 zu bilanzieren und der deutschen Besteuerung zu unterwerfen. Der Kläger habe die Vermittlungsleistungen in 2010 erbracht, die Fa. A habe die Geschäfte, denen die Vermittlungsleistungen des Klägers zugrunde liegen, in 2010 erfüllt. Der Kläger habe mit der Gegenleistung fest rechnen können.
Aufgrund der vorliegenden Unterlagen stehe fest, dass die Provisionsansprüche in Höhe von ......... € zum Bilanzstichtag 31.12.2010 nicht stornobehaftet gewesen seien. Ohne Bedeutung für die Gewinnrealisierung sei, ob die Forderung erst nach dem Bilanzstichtag fällig werde.
So habe auch die Fa. A nach den dem Finanzamt vorliegenden Unterlagen die in 2010 abgerechneten Leistungen an ihre Kunden in der Bilanz auf den 31. Dezember 2010 als Forderungen erfasst, unabhängig davon, dass die Forderungen z. T. erst in 2011 fällig gewesen seien.
Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb seien demnach im Streitjahr um ......... € zu erhöhen (abzgl. ...... € und zzgl. ......... €). Die gewerblichen Einkünfte, die dem Progressionsunterhalt gem. § 32 b EStG unterliegen, seien um 195.000,00 € zu verringern.
Anhaltspunkte für eine Ansässigkeit des Klägers in der Schweiz seien im Streitjahr nicht ersichtlich. Er habe erst in 2011 eine Aufenthaltserlaubnis in der Schweiz beantragt. Die Wohnung in X habe die Fa. C gemietet. Die Klägerin habe die Miete für diese Wohnung am Beschäftigungsort in X seit 2004 als Kosten der doppelten Haushaltsführung geltend gemacht. Da beim Kläger eine unbeschränkte Steuerpflicht in der Schweiz gem. Art. 4 Abs. 1 DBA-Schweiz nicht vorliege, komme es auf die Bestimmung des Mittelpunktes der Lebensinteressen i.S.d. Art. 4 Abs. 2 DBA Schweiz nicht an. Abgesehen davon treffe die Regelvermutung, dass sich der Lebensmittelpunkt an den Beschäftigungsort verlagert, wenn der Steuerpflichtige dort mit seinem Ehepartner in eine familiengerechte Wohnung einzieht, im Streitfall nicht zu. Der Kläger habe nicht nachgewiesen, dass er in die Wohnung seiner Ehefrau am Beschäftigungsort eingezogen und diese Wohnung zur Familienwohnung geworden sei. In den Einkommensteuererklärungen hätten die Kläger stets angegeben, die Familienwohnung befinde sich am Beschäftigungsort des Klägers in Y. Dort seien beide Kläger auch mit Hauptwohnsitz gemeldet gewesen. In der Schweiz sei nur die Klägerin gemeldet gewesen. Der Kläger habe erst am 16. Dezember 2010 eine befristete Aufenthaltsgenehmigung für die Schweiz beantragt.
Dass die Kläger entgegen den Angaben in den Steuererklärungen der Vorjahre ihren Lebensmittelpunkt in der Schweiz hatten, werde bestritten. Die Klägerin sei Eigentümerin des Einfamilienhauses in Y. In der Schweiz sei eine 2 1/2 Zimmerwohnung gemietet worden, in der sich zudem das Büro der Fa. C befunden habe. Die Mutter des Klägers wohne in Y in der Nachbarschaft.
Selbst wenn der Kläger im Streitjahr seinen Lebensmittelpunkt in der Schweiz gehabt habe und er dort ansässig gewesen sei, sei der Gewinn aus der Handelsvertretung aufgrund der Betriebsstätte in Y und einer fehlenden Betriebsstätte in der Schweiz in Deutschland zu versteuern.
Da der Kläger das Gewerbe in der Schweiz erst am 9. Februar 2011 angemeldet habe, und nach dem Vortrag der Kläger die Einkünfte "nunmehr" dem Stammhaus in der Schweiz zuzurechnen seien, sei anzunehmen, dass der Kläger erst ab diesem Zeitpunkt in der Schweiz die Einkünfte aus seiner Handelsvertretertätigkeit erklärt und versteuert habe. Der Bescheid des Kantons X über die Kantons- und Gemeindesteuern 2010 vom ....... 2012, den der Kläger vorgelegt hat, weise ein steuerbares Einkommen in Höhe von ......... CHF aus. Es sei nicht ersichtlich, ob und in welcher Höhe die Einkünfte aus der Handelsvertretung des Klägers in diesem Einkommen erfasst seien.
Der vom Kläger in 2014 gezahlte Handelsvertreterausgleich in Höhe von ..........€ sei in dem Steuerbescheid des Kantons ... nicht erfasst. Der Kläger habe in der Erfolgsrechnung 2014 lediglich das Beratungshonorar in Höhe von ........ CHF erfasst.
Bei einer Betriebsaufgabe wäre zwangsläufig auch das Vertragsverhältnis mit der Fa. A beendet worden. Der Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB, der einen zusätzlichen Vergütungsanspruch des Handelsvertreters für die vor Vertragsende geleisteten und nach Vertragsende fortwirkenden Dienste darstelle, gehöre zum laufenden Gewinn und damit zu den im Inland bereits erzielten Umsätzen. Mit der Sitzverlegung in die Schweiz sei der Handelsvertreterausgleichsanspruch entstanden. Dieser Anspruch sei sodann (fiktiv) zu einer Forderung des Klägers gegen die zu vertretene Firma geworden.
Der Kläger habe in seiner Einzelfirma durch Abschluss des Handelsvertretervertrags und die Pflege und Bearbeitung der Handelsvertretung das immaterielle Wirtschaftsgut "Vertreterrecht" geschaffen. Nach § 5 Abs. 2 EStG habe der Kläger dies allerdings nicht aktivieren dürfen, da er es nicht entgeltlich erworben habe. Jedoch führe die Überführung dieses immateriellen Wirtschaftsguts ins Ausland zu einer Gewinnrealisierung. Sofern man die Auffassung vertreten würde, dass eine Betriebsaufgabe nach § 16 Abs. 3 a EStG keine steuerliche Auswirkung auf die Entstehung des Handelsvertreterausgleichsanspruchs habe, müsste bei der Berechnung des Aufgabegewinns zumindest noch das Vertreterrecht Berücksichtigung finden. Die Bewertung des Vertreterrechts müsse mindestens mit der Höhe des Ausgleichsanspruchs des Handelsvertreters erfolgen.
Nach den vom Kläger vorgelegten Flugtickets ermittelten sich im Streitjahr 158 Anwesenheitstage in der Schweiz und 207 in Deutschland.
Die Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit des Klägers aus der Geschäftsführertätigkeit bei der Fa. B seien um ......... € zu erhöhen, mithin insgesamt auf ........... €.
Dem Senat haben bei seiner Entscheidung die für die Kläger unter der Steuernummer ...... geführten Steuerakten incl. Einspruchsvorgängen, die Betriebsprüfungsarbeitsakten Auftragsbuch-Nr.... und ... vorgelegen. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird hierauf sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten und auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen am .... 2019 und ....... 2020 Bezug genommen (§ 105 Abs. 3 Satz 2 FGO).
Entscheidungsgründe
Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet.
Der Einkommensteuerbescheid 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom ...... 2017 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 FGO).
Der Beklagte hat die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb und aus nichtselbständiger Tätigkeit in unzutreffender Höhe der Besteuerung zugrunde gelegt.
1. Entgegen der Auffassung der Kläger unterliegen die gewerblichen Einkünfte des Klägers (§ 15 EStG) aus der Handelsvertretung im Streitjahr der deutschen Besteuerung.
a) Der Kläger hatte zur Überzeugung des Senats ausschließlich in Y, ....weg, im gesamten Jahr 2010 eine Betriebsstätte, der der Gewinn aus Gewerbebetrieb zuzurechnen ist. Eine Betriebsstätte in der Schweiz existierte im Streitjahr (noch) nicht.
(1) Art. 7 Abs. 1 DBA Schweiz regelt die Besteuerung der Unternehmensgewinne in der Weise, dass das Besteuerungsrecht dem Sitzstaat des Unternehmens zugewiesen wird, sofern nicht das Unternehmen seine Geschäftstätigkeit im anderen Vertragsstaat durch eine dort gelegene Betriebsstätte ausübt. Ist dies der Fall, so darf der Betriebsstättenstaat den Betriebsstättengewinn (= der der Betriebsstätte zuzurechnende Gewinn) besteuern.
Betriebsstätte i.S.v.Art.5 DBA Schweiz bedeutet eine feste Geschäftseinrichtung, in der die Tätigkeit des Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird. Unter Geschäftseinrichtung wird jeder körperliche Gegenstand und jede Zusammenfassung von körperlichen Gegenständen verstanden, die geeignet sind, Grundlage einer Unternehmenstätigkeit zu sein (BFH, Urteil vom 03.02.1993 I R 80-81/91, BStBl II 1993,462). Besondere bauliche Vorrichtungen sind grundsätzlich nicht erforderlich. Selbst die (Privat-)Wohnung kann Betriebsstätte sein (vgl. BFH, Urteil vom18.12.1986 I R 130/83, BFH/NV 1988,119), wenn der Gewerbetreibende über keine eigenen Geschäftsräume verfügt, diese auch nicht benötigt und im Wesentlichen über seine Wohnung postalisch, telefonisch und elektronisch erreichbar ist; u.U. kann sogar ein möbliertes Zimmer (vgl. BFH, Beschluss vom 01.03.2004 X B 151/02, BFH/NV 2004,951) oder ein Büro des Auftraggebers (vgl. BFH, Urteil vom 14.07.2004 I R 106/03, BFH/NV 2005,154; vom 03.02.1993 I R 80-81/91, BStBl II 1993,462) ausreichen. Notwendig ist lediglich, dass von der festen örtlichen Einrichtung aus regelmäßig Betriebshandlungen vorgenommen werden. Die Anforderungen an den Umfang der betrieblichen Handlungen, die zur Begründung einer Betriebsstätte an einem bestimmten Ort erforderlich sind, richten sich nach den Besonderheiten des jeweiligen Gewerbebetriebs. Sie sind umso geringer, je mehr sich die eigentliche gewerbliche Tätigkeit außerhalb einer festen örtlichen Anlage vollzieht (BFH, Urteil vom 18.12.1986 I R 130/83 a. a. O.).
(2) Der Kläger hatte seine Handelsvertretung bei der Stadt Y unter der Adresse ....weg in Y ab ... 2004 umgemeldet (davor: .... in Y). Er hatte in seinem Anlagevermögen der Handelsvertretung eine komplette Büroeinrichtung aktiviert, die sich in Y befand. Seine nach außen bekannt gemachte Geschäftsadresse lautete ....weg, Y. Die betrieblich genutzten Kfz waren in Y zugelassen. Die Fa. B, die für die Handelsvertretung des Klägers Verwaltungsaufgaben übernommen hatte und deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer als einziger Arbeitnehmer der Kläger selbst war, hatte ihre Geschäftsadresse ebenfalls in Y, ....weg. Das Geschäftsgirokonto sowie die Darlehenskonten waren bei der Kreissparkasse Y. Steuerberater, die die Jahresabschlüsse der Handelsvertretung fertigten, hatten ihren Sitz in Y. Sämtliche Provisionsabrechnungen bis zum 16. Dezember 2010 wurden von der Fa. A an die Adresse Y, ....weg, gesandt. Gleiches gilt für die übrige Geschäftspost. Auch die Provisionsabrechnungen, die am 14. Dezember 2010 storniert wurden, wurden ursprünglich an die Adresse in Y geschickt. Der Kläger hat im Streitjahr und auch im Folgejahr die Gewerbesteuererklärungen 2008 (am ... 2010) und 2009 (am ... 2011) als Einzelunternehmer in Y unterschrieben und damit Geschäftsleitungstätigkeiten wahrgenommen. In der Gewerbesteuererklärung für das Streitjahr und der Vorjahre hat der Kläger als Sitz seines Handelsgewerbes Y angegeben. Von einer Schweizer Betriebsstätte war nie die Rede. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass zum 1. Januar 2010 Änderungen der Situation im Verhältnis zu den Vorjahren eingetreten sind. Auch während der Betriebsprüfung (2015/2016) hat der Kläger nicht vorgebracht, dass er im gesamten Streitjahr in der Schweiz eine Betriebsstätte gehabt habe oder sich der Ort der Geschäftsleitung dort befunden habe.
Der Senat geht unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Falles zudem davon aus, dass der Kläger sein Büro, d. h. seine Betriebsstätte in Y, - trotz offizieller Gewerbeabmeldung bei der Stadt Y - zumindest bis Ende Dezember des Streitjahres beibehalten hat. Denn er hat selbst, in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Fa. B an sich als Einzelgewerbetreibenden, d. h. an die Handelsvertretung, eine Rechnung, datiert auf den 28. Dezember 2010, an die Adresse in Y, ....weg, geschickt. Auch in seiner Funktion als Geschäftsführer der Fa. C hat er eine Rechnung, datiert auf den 29. Dezember 2010, an seine Handelsvertretung in Y gesandt. Diese Verhaltensweise zeigt deutlich, dass der Kläger selbst nicht von einer bereits vollzogenen Betriebsverlegung in die Schweiz im Zeitpunkt der Rechnungserstellung ausgegangen ist, denn in diesem Fall hätte er die Rechnungen an die Schweizer Adresse senden müssen. Hinzu kommt, dass der Kläger im Dezember 2010 noch gar kein Gewerbe in der Schweiz angemeldet hatte. Dies geschah erst im Februar 2011. Es liegt dem Senat damit - mit Ausnahme der Abmeldung des Gewerbebetriebes in Deutschland - kein einziges Dokument vor, das Hinweise auf eine Betriebsstätte der Handelsvertretung im Jahr 2010 in der Schweiz gibt.
Weiteres Indiz dafür, dass der Kläger selbst von einem über den 15. Dezember 2010 hinaus bestehenden Gewerbebetrieb in Deutschland ausgegangen sein muss, zeigen die Buchungen auf dem Konto 1700 "sonstige Verbindlichkeiten" (Bl.213 Bp-Arbeitsakte, Auftragsbuch-Nr. ....). So hat er Reisekosten (Verpflegungsmehraufwand und Übernachtungsaufwand) noch für den Zeitraum bis zum 28. Dezember 2010 dem Handelsgewerbe in Y zugeordnet.
b) Der Senat vermag im Übrigen der Argumentation der Kläger, der Kläger sei im Streitjahr wegen seines Lebensmittelpunktes in der Schweiz dort ansässig (Art 4 Abs. 2 DBA Schweiz), aufgrund dessen befinde sich dort der Ort der Geschäftsleitung seiner Handelsvertretung, so dass die gewerblichen Einkünfte ausschließlich der Schweiz zuzuordnen seien, nicht zu folgen. Zur Überzeugung des Senats befand sich der Lebensmittelpunkt der Kläger im Streitjahr in Y.
(1) Die Entscheidung darüber, wo sich der Lebensmittelpunkt der Kläger im Streitjahr befunden hat, erfordert eine tatrichterliche Würdigung aller Gesamtumstände des Einzelfalls (vgl. BFH, Urteil vom 1.10.2019 VIIII R 29/16, BFH/NV 2020, 349 m. w. N.).Zwar hat die Rechtsprechung für die Gesamtwürdigung insofern eine Vermutung formuliert, nach der sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen "in der Regel" an den Beschäftigungsort eines Arbeitnehmers verlagert, wenn dieser dort mit seinem Ehepartner in eine familiengerechte Wohnung einzieht, auch wenn die frühere Familienwohnung beibehalten und zeitweise genutzt wird (BFH, Urteil vom 01.10.2019 VIII R 29/16 a. a. O.). In die vorzunehmende Gesamtwürdigung einzustellende Indizien können neben dieser Regelvermutung sein, Häufigkeit und Dauer der Aufenthalte in den beiden Wohnungen, Anzahl der Heimfahrten, Ausstattung und Größe beider Wohnungen, deren Entfernung voneinander. Erhebliches Gewicht hat ferner der Umstand, zu welchem Wohnort die engeren persönlichen Beziehungen bestehen.
(2) Bei Würdigung der Gesamtumstände des vorliegenden Falles ist der erkennende Senat davon überzeugt, dass die Kläger im Streitjahr ihren Lebensmittelpunkt nicht in X, sondern in Y, ....weg, hatten.
Hierfür sprechen folgende Umstände: Die Klägerin hat seit Beginn ihrer Berufstätigkeit in der Schweiz und somit auch im Streitjahr Aufwendungen für eine beruflich bedingte doppelte Haushaltsführung in den Einkommensteuererklärungen geltend gemacht und damit selbst ihren Lebensmittelpunkt als in Y liegend angesehen. Sie ist nach eigenen Angaben in der Steuererklärung 23 Mal nach Y geflogen/gefahren. Sie ist Eigentümerin des Einfamilienhauses in Y, das im Jahr 2003, somit zu einem Zeitpunkt, zu dem sie schon jahrelang in der Schweiz gearbeitet hat, erstellt wurde. Das Einfamilienhaus hat eine Wohnfläche von ca. 240 qm, wovon 200 qm von beiden Kläger zu privaten Wohnzwecken eingerichtet und genutzt wurden. Die ca. 60 qm große 2 1/2 -Zimmer-Wohnung in der Schweiz war im Verhältnis zur Wohnfläche des Einfamilienhauses wesentlich kleiner, lediglich 1 1/2 Zimmer waren zu reinen Wohnzwecken eingerichtet, da ein Raum als Arbeitsbereich genutzt wurde. Die Klägerin hat einen Teil ihres Urlaubs im Streitjahr in Y in ihrem Einfamilienhaus verbracht, sich an den 23 Wochenenden, die sie dort anwesend war, um Haus und Garten gekümmert sowie ihre Schwiegermutter, die ebenfalls in Y lebt, betreut. In der Schweiz hat sie nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung am ..... 2020 unter der Woche wenig private Unternehmungen durchgeführt. Der Kläger hat sich nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung am .... 2020 lediglich zwischen 7 und 10 Tagen im Monat, somit durchschnittlich 8,5 Tage pro Monat und damit 102 Tage im Jahr, in der Wohnung in der Schweiz aufgehalten. Nach seinen Angaben hat er sich an 108 Tagen hingegen in Y aufgehalten. Die 8 Fahrten mit dem PKW von X nach Y, die die Klägerin in der Einkommensteuererklärung im Rahmen der Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung angegeben hatte, wurden nach Aussage der Klägerin zusammen mit dem Kläger durchgeführt. Wäre die Wohnung in X der Lebensmittelpunkt der Kläger gewesen, hätte es nach Auffassung des Senats nahegelegen, dort das Wochenende gemeinsam zu verleben, anstatt die lange Fahrtstrecke von ... km in Kauf zu nehmen, um das Wochenende in Y zu verbringen. Gerade diese Verhaltensweise spricht dafür, dass die Kläger das Einfamilienhaus in Y als ihren Lebensmittelpunkt angesehen haben. Hinzu kommt, dass der Kläger als gebürtiger Yer in Y nach seinen Angaben noch einen Bekanntenkreis hatte, mit dem er sich auch zu privaten Unternehmungen getroffen hat. Auch seine Mutter lebt in Y. Außerdem war er als Geschäftsführer bei der Fa. B in Y nichtselbstständig tätig. Die Fa. A, für die der Kläger als Handelsvertreter tätig war, hatte ihren Firmensitz in der Nähe von Y. Eine Ummeldung des Wohnsitzes oder eine Anmeldung eines Zweitwohnsitzes in der Schweiz ist nicht erfolgt, er war vielmehr ausschließlich in Y gemeldet.
Aufgrund dieser genannten Tatsachen geht der Senat daher davon aus, dass der Lebensmittelpunkt der Kläger im Streitjahr in Deutschland und nicht in der Schweiz war.
Einer Einvernahme der von den Klägern im Schriftsatz vom ..... 2020 genannten Zeugen bedurfte es nicht. Gem. § 155 FGO i. V. m. § 82 ZPO i. V. m. § 373 ZPO wird der Zeugenbeweis durch Benennung der Zeugen und Bezeichnung der Tatsachen, über welche die Vernehmung der Zeugen stattfinden soll, angetreten. Diesen Anforderungen wird der Beweisantrag der Kläger nicht gerecht, denn sie haben keine konkreten Tatsachen benannt, sondern beantragt, die Zeugen sollten zur Frage des Lebensmittelpunktes der Kläger gehört werden. Wo sich ein Lebensmittelpunkt einer Person befindet ist aber eine Bewertung und Würdigung von konkreten Tatsachen. Da diese Tatsachen von den Klägern nicht konkret bezeichnet worden sind, ist der Beweisantrag unsubstantiiert. Das Gericht musste dem nicht nachgehen.
2. Allerdings sind die Einkünfte aus der Handelsvertretung vom Beklagten der Höhe nach unzutreffend ermittelt worden.
a) Zu Unrecht hat der Beklagte den laufenden Gewinn aus Gewerbebetrieb um einen Handelsvertreterausgleichsanspruch in Höhe von ....... € erhöht.
(1) Der Senat hat, wie oben ausgeführt, keine Anhaltspunkte dafür, dass im Streitjahr die Verlegung der Handelsvertretung des Klägers stattgefunden hat. Daher ist der Tatbestand des § 16 Abs. 3 a EStG nicht erfüllt.
(2) Im Übrigen führte die Verlegung des Sitzes der Handelsvertretung in die Schweiz nicht dazu, dass der Handelsvertreterausgleichsanspruch gem. § 89 b HGB den Gewinn aus Gewerbebetrieb erhöht.
Gemäß § 16 Abs. 3 a EStG steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung sämtlicher Wirtschaftsgüter des Betriebs oder Teilbetriebs eine Aufgabe des Gewerbebetriebs gleich; § 4 Abs. 1 Satz 4 EStG gilt entsprechend.
Allein die Verlegung eines Betriebes oder Teilbetriebes ins Ausland wird danach aus Betriebsaufgabe behandelt und führt zu einer nach §§ 16 Abs. 4, 34 EStG begünstigten Sofortversteuerung der zu diesem Zeitpunkt vorhandenen stillen Reserven der Wirtschaftsgüter des Betriebshandels.
Im Streitfall führt die Verlegung der Handelsvertretung des Klägers in die Schweiz damit zu einer gewinnrealisierenden Entstrickung, d. h. zur Aufdeckung der in den Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens des Handelsvertreters ruhenden stillen Reserven. Bei dem Handelsvertreterausgleichsanspruch gem. § 89 b HGB handelt es sich nicht um ein immaterielles (firmenwertähnliches) Wirtschaftsgut, sondern um eine Forderung, deren Entstehung dem laufenden Gewinn und nicht dem Aufgabe- oder Veräußerungsgewinn zuzuordnen ist (BFH, Urteil vom 09.02.2011 IV R 37/08, BFH/NV 2011, 1120; BFH, Beschluss vom 16.08.1989 III B 14/89, BFH/NV 1990, 188). Der Ausgleichsanspruch eines Handelsvertreters entsteht erst mit der Beendigung des Vertragsverhältnisses (BFH, Urteil vom 09.02.2011 IV R 37/08 a.a.O., BFH, Urteil vom 26.02.1969 I R 141/66, BStBl II 1969, 485). Seiner rechtlichen und wirtschaftlichen Natur nach ist der Ausgleichsanspruch ein zusätzlicher Vergütungsanspruch des Handelsvertreters für die vor Vertragsende geleisteten und nach Vertragsende fortwirkenden Dienste (BFH, Urteil vom 25.07.1990 X R 111/88, BStBl II 1991, 218 [BFH 25.07.1990 - X R 111/88]). Der Handelsvertreterausgleichsanspruch gem. § 89b HGB als Tätigkeitsvergütung kann damit nicht als immaterielles Wirtschaftsgut gewertet werden, dessen stille Reserven anlässlich einer Betriebsaufgabe aufzulösen sind (BFH, Beschluss vom 16.08.1989 III B 14/89, BFH/NV 1990,188).
Zwar hat der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 18. Januar 1989 X R 10/86 (BStBl II 1989, 549 [BFH 18.01.1989 - X R 10/86]) entschieden, dass ein Handelsvertreter, der einen eingeführten und regelmäßig bearbeiteten Vertreterbezirk übernimmt und - aufgrund einer Vereinbarung mit dem Geschäftsherrn - als Entgelt hierfür dem Ausgleichsanspruch gem. § 89 b HGB seines Vorgängers in einer bestimmten Höhe ablöst, ein immaterielles Wirtschaftsgut "Vertreterrecht" erwirbt. Jedoch kann der Umstand, dass der Erwerber des Vertreterbezirks als Gegenleistung für diesen vom Geschäftsherrn abgeleiteten Erwerb den Ausgleichsanspruch seines Vorgängers ablösen muss, keinen Einfluss auf die steuerrechtliche Beurteilung des Handelsvertreterausgleichsanspruchs als Forderung haben. Diese Forderung entsteht erst mit der Beendigung des Vertragsverhältnisses und ist grundsätzlich in diesem Zeitpunkt zu aktivieren (Weber-Grellet in Schmidt, Kommentar zum EStG § 5 Rz. 270 Stichwort "Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters").
In Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall kann ein Handelsvertreterausgleichsanspruch gem. § 89 b HGB im Streitjahr nicht gewinnerhöhend berücksichtigt werden. Zu einer Beendigung des Handelsvertretervertrages im Jahr 2010 ist es nicht gekommen. Der Auffassung des Finanzamtes, es seien im Streitfall nicht nur die stillen Reserven der Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens aus der fiktiven Betriebsaufgabe i. S. d. § 16 Abs. 3 a EStG, sondern auch eine noch nicht entstandene Forderung, die zum laufenden Gewinn gehört, gewinnerhöhend zu erfassen, vermag der Senat sich nicht anzuschließen.
Sinn und Zweck des § 16 Abs.3 a EStG ist es, die stillen Reserven der Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens aufzudecken, damit diese nicht endgültig der inländischen Besteuerung entzogen werden. Eine fiktive Erhöhung des laufenden Gewinns ist damit nach Auffassung des Senates nicht vereinbar.
Selbst wenn man im Streitfall vom Vorhandensein eines vom Kläger geschaffenen "Vertreterrechts" als immaterielles Wirtschaftsgut ausginge, würde dies nicht zu einer Gewinnerhöhung im Zeitpunkt der Verlegung der Handelsvertretung in die Schweiz führen. Gemäß § 5 Abs. 2 EStG ist für immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ein Aktivposten in der Bilanz nur anzusetzen, wenn sie entgeltlich erworben worden sind. Aufgrund dieses Aktivierungsverbots im Streitjahr für ein vom Kläger selbst geschaffenes "Vertreterrecht" kann kein Aktivposten gebildet und dementsprechend bei der Ermittlung eines Betriebsaufgabegewinns nicht berücksichtigt werden.
b) Zu Recht geht der Beklagte aber nunmehr im Klageverfahren - anders als im Vorverfahren und bei der Betriebsprüfung - davon aus, dass Provisionen in Höhe von 120.000,00 €, die von der Fa. A im Jahr 2009 abgerechnet und gutgeschrieben worden sind und vom Kläger erst im Streitjahr erfasst worden sind, dem Jahr 2009 zuzuordnen sind und Provisionserlöse, die dem Kläger von der Fa. A ab 16. Dezember 2010 gutgeschrieben worden sind, in Höhe von 191.000,00 €, die vom Kläger gar nicht erfasst worden sind, im Streitjahr zu aktivieren und gewinnerhöhend zu erfassen sind.
Wird der Gewinn - wie im Streitfall - durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt, ist für den Schluss des betreffenden Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung auszuweisen ist (§ 5 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 4 Abs. 1 EStG). Gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 HGB sind Gewinne nur zu berücksichtigen, wenn sie am Abschlusstag realisiert sind. Diese Voraussetzung liegt vor, wenn eine Forderung entweder rechtlich bereits entstanden ist oder die für die Entstehung wesentlichen wirtschaftlichen Ursachen im abgelaufenen Geschäftsjahr gesetzt worden sind und der Kaufmann mit der künftigen Entstehung der Forderung fest rechnen kann. Nicht erforderlich ist, dass die Forderung am Bilanzstichtag fällig ist (BFH-Urteil vom 06.10.2009 I R 26/07, BStBl II 2010,232 [BFH 06.10.2009 - I R 36/07]; vom 17.03.2010 X R 28/08, BFH/NV 20100,865).
Gemäß § 87 a Abs. 1 HGB hat der Handelsvertreter Anspruch auf Provision, sobald und soweit der Unternehmer das Geschäft ausgeführt hat. Eine abweichende Regelung kann getroffen werden, jedoch hat der Handelsvertreter mit der Ausführung des Geschäfts durch den Unternehmer Anspruch auf einen angemessenen Vorschuss, der spätestens am letzten Tag des folgenden Monats fällig ist.
Nach diesen Grundsätzen sind die Provisionsansprüche des Klägers über 120.000,00 €, die von der Fa. A im Streitjahr gezahlt, aber bereits im Vorjahr 2009 abgerechnet worden sind, in 2009 und nicht im Streitjahr zu erfassen und mindern daher den gewerblichen Gewinn. Im Gegenzug sind die Provisionsansprüche aus den Provisionsabrechnungen ab 16. Dezember 2010 gewinnerhöhend im Streitjahr anzusetzen. Dies gilt nicht nur für die am 14. Dezember 2010 stornierten und erneut an den Kläger mit Belegdatum 21. Dezember 2010 gesandten Abrechnungen, sondern auch für die weiteren bis zum Ende des Jahres 2010 erteilten Provisionsabrechnungen, insgesamt 191.000,00 €.
Aus den Provisionsabrechnungen des Streitjahres in Verbindung mit den vom Kläger den Abrechnungen zugrundeliegenden Rechnungen der Fa. A an deren Kunden, ist ersichtlich, dass die Fa. A bereits im Zeitpunkt der Erstellung der Abrechnungen, in denen die Provisionen dem Kläger jeweils gutgeschrieben wurden, ihre Leistung gegenüber den Kunden erbracht hat, mit Ausnahme von zwei Provisionsabrechnungen (P 1 und P 2 über insgesamt ...... €). Mit der Leistungserbringung der Fa. A, denen die Vermittlungsleistungen des Klägers zugrunde liegen, ist für den Kläger jeweils sein Provisionsanspruch gem. § 89 a Abs. 1 HGB entstanden.
Der Handelsvertretervertrag zwischen dem Kläger und der Fa. A enthält unter Nr. 6 keine hiervon abweichenden Regelungen. Insbesondere enthält Nr. 6 Abs. 4 des Handelsvertretervertrags keine aufschiebende Bedingung hinsichtlich der Entstehung der Provision, sondern stellt zur Überzeugung des Senats nur eine Fälligkeitsabrede dar, die in Abs. 6 näher konkretisiert wird. Dies wird deutlich durch die Formulierung in Abs. 4 "der Anspruch auf Zahlung der Provision entsteht..." Wäre ein aufschiebend bedingter Entstehungszeitpunkt des Provisionsanspruchs dem Grunde nach gewollt gewesen, wäre eine Formulierung ohne den Zusatz "Zahlung" naheliegend gewesen. Dass diese Einschätzung zutreffend ist, zeigt auch die Formulierung unter Nr. 6 Abs. 4 Satz 2 des Handelsvertretervertrags, in dem es heißt: "Der Anspruch auf Provision erlischt,..". Erkennbar ist also, dass die Vertragsparteien deutlich zwischen dem Anspruch auf Provision und dem Anspruch auf Zahlung der Provision unterscheiden. Läge eine von § 89 a Abs. 1 Satz 1 HGB abweichende Regelung zuungunsten des Klägers vor, hätte die Fa. A dem Kläger einen angemessenen Vorschuss nach § 89 a Abs.1 Satz 2 HGB zahlen müssen. Das ist jedoch im Streitfall nicht der Fall gewesen, so dass auch dieser Umstand für die Annahme einer Fälligkeitsabrede in Nr. 6 Abs. 4 des Handelsvertretervertrages spricht.
Dieser Auslegung entspricht zudem die Handhabung der Abrechnungen durch Fa. A. Nach § 87 c HGB hat der Unternehmer über die Provision, auf die der Handelsvertreter Anspruch hat, abzurechnen. Die Abrechnung über die Provision ist eine Aufstellung darüber, auf welche Provision der Handelsvertreter einen Anspruch hat, also welche Provisionsansprüche dem Handelsvertreter entstanden sind. Provisionen für abgeschlossene, aber noch nicht ausgeführte Geschäfte sind nicht aufzunehmen, also auch nicht, bevor eine aufschiebende Bedingung eingetreten ist (Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 39. A. § 87 c Rz.3). Die Provisionsabrechnung hat den Charakter eines abstrakten Schuldanerkenntnisses i. S. d. § 781 BGB (BFH-Urteil vom 07. 02.1990 IV ZR 314/88, juris). Der Zeitpunkt der Erstellung der Provisionsabrechnungen im Streitjahr bzw. Vorjahr zeigt, dass der Unternehmer, hier die Fa. A, selbst vom Entstehen der abgerechneten Provisionsansprüche im Streitjahr bzw. im Vorjahr ausgegangen ist.
Dass zwischen der Entstehung des Anspruchs auf Provision und des Anspruchs auf Auszahlung der Provision zu unterscheiden ist, zeigen auch die unterschiedlichen Schreiben der Fa. A an den Kläger. Aus den von den Klägern vorgelegten Unterlagen ist ersichtlich, dass zunächst die Provisionsabrechnungen erfolgten, in denen dem Kläger die Provisionen gutgeschrieben wurden, und später Aufstellungen über "Provisionsauszahlungen" übersandt wurden, in denen mitgeteilt wurde, welche Provisionsabrechnungen zur Zahlung angewiesen wurden.
Der Senat sieht von einer Zeugenvernehmung des von den Klägern benannten ehemaligen Geschäftsführers der Fa. A ab, da die von den Klägern formulierte Beweisfrage nicht erheblich ist. Der Senat geht mit den Klägern davon aus, dass die streitigen Provisionen, für die bereits im Jahr 2010 Abrechnungen erfolgt sind, teilweise im Jahr 2011 erst fällig geworden sind und ausgezahlt wurden. Auch folgt der Senat den Klägern insoweit, als die Auszahlung der Provisionen erst erfolgen sollte, wenn der Kunde gezahlt hat. Dies ändert aber nichts an der rechtlichen Entstehung der Forderungen im Streitjahr. Über Rechtsfragen, die das Gericht zu entscheiden hat, kann jedoch kein Beweis durch Zeugen angetreten werden.
Im Übrigen bedürfen Änderungen des Handelsvertretervertrages nach Nr. 9 Abs. 2 der Schriftform. Eine schriftliche Änderung des Vertrages in Bezug auf den Entstehungszeitpunkt der Provisionen des Handelsvertreters liegt nicht vor. Auf mündliche Abreden kann der Kläger sich daher nicht berufen. Auch aus diesem Grund bedurfte es der Ladung des von den Klägern benannten Zeugen nicht.
Da es auf den Zahlungszeitpunkt der Provisionen mithin nicht ankommt, sind die Provisionsansprüche nunmehr periodengerecht zuzuordnen. Es ergibt sich insofern eine Gewinnerhöhung um ........... €.
3. Die Erfassung der Provisionen in Höhe von 195.000,00 € im Rahmen des Progressionsvorbehaltes (§ 32 b EStG) entfällt damit.
4. Beide Beteiligten gehen zutreffend davon aus, dass die Einnahmen des Klägers aus nichtselbständiger Tätigkeit als Geschäftsführer der Fa. B mit 39.000 € in nicht korrekter Höhe bislang der Besteuerung zugrunde gelegt worden sind. Der Kläger hatte Anspruch auf ein monatliches Gehalt in Höhe von 6.000 € zzgl. einer Weihnachtsgratifikation in derselben in Höhe, mithin von insgesamt .......... € im Streitjahr.
Grundsätzlich sind Einnahmen zugeflossen i. S. d. § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG, sobald der Steuerpflichtige über sie wirtschaftlich verfügen kann. Geldbeträge fließen in der Regel dadurch zu, dass sie bar ausgezahlt oder einem Konto des Empfängers bei einem Kreditinstitut gutgeschrieben werden. Besonderheiten gelten indes bei beherrschenden Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft. Bei diesen wird angenommen, dass sie über eine von der Gesellschaft geschuldete Vergütung bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit verfügen können und ihnen damit entsprechende Einnahmen zugeflossen sind (vgl. BFH-Urteil vom 22.02.2018 VI R 17/16, BStBl II 2019,496 m. w. N.).
Zwar ist dem Kläger im Streitjahr von der Fa. B lediglich ein Betrag in Höhe von 39.000 € als Arbeitslohn ausgezahlt worden. Da er aber beherrschender Gesellschafter der Fa. B war, gelten die ihm zustehenden monatlichen Vergütungen in Höhe von .....€ nebst einer Weihnachtsgratifikation in derselben Höhe, mithin insgesamt ...... €, als im Streitjahr zugeflossen.
Anders verhält es sich mit der Tantieme für das Streitjahr. Denn die Tantieme war im Streitjahr noch nicht fällig. Ein Anspruch auf die Tantieme wird erst mit Feststellung des Jahresabschlusses fällig (BFH-Urteil vom 03.02.2011 VI R 66/09, BStBl II 2014,491; vom 14.03.2006 I R 72/05, BFH/NV 2006,1711), sofern die Vertragsparteien nicht zivilrechtlich wirksam und fremdüblich eine andere Fälligkeit im Anstellungsvertrag vereinbart haben (BFH-Urteil vom 03.02.2011 VI R 66/09 a. a. O. mit weiteren Nachweisen). Der Kläger und die Fa. B haben - soweit ersichtlich - keine andere Regelung über die Fälligkeit der Tantieme getroffen. Daher kommt eine Besteuerung der Tantieme im Streitjahr (noch) nicht in Betracht.
Der Bruttoarbeitslohn des Klägers im Streitjahr ist damit in Höhe von ........ € der Besteuerung zugrunde zu legen.
5. Da, wie oben ausgeführt, vom Lebensmittelpunkt der Kläger im Streitjahr in Y auszugehen ist, verbleibt es beim Ansatz der Einkünfte der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit unter Berücksichtigung der Kosten für die doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten im Rahmen des Progressionsvorbehaltes. Da die Klägerin sowohl in der Schweiz als auch in Deutschland einen Wohnsitz im Streitjahr hatte, sind die aus der Schweiz stammenden Einkünfte - wie bereits geschehen - in der Schweiz zu versteuern (Art. 15 DBA Schweiz), von der deutschen Steuer freizustellen und nach Art. 24 Abs. 1 Nr.1 DBA Schweiz bei der Berücksichtigung des Steuersatzes, d.h. im Rahmen des Progressionsvorbehaltes (§ 32 b EStG), einzubeziehen.
6. Die Berechnung der Einkommensteuer wird dem Beklagten gem. § 100 Abs. 2 FGO übertragen.
7. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 136 Abs. 1, 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.
8. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs.1 und 3 FGO i. V. m. §§ 708 Nr.10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
9. Die Revision war gem. § 115 Abs. 2 Nr.1 und 2 FGO zuzulassen.