Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 08.03.2000, Az.: 2 W 23/00

Tragung der Kosten des Verfahrens der vorläufigen Insolvenzverwaltung; Uneinbringlichkeit der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters im Vermögen des Schuldners

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
08.03.2000
Aktenzeichen
2 W 23/00
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2000, 31007
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2000:0308.2W23.00.0A

Fundstellen

  • DZWIR 2000, 296-299
  • EWiR 2000, 681
  • KTS 2000, 603
  • KTS 2000, 382-383
  • MDR 2000, 1031-1032 (Volltext mit red. LS)
  • NZI 2000, 226-228
  • NZI 2001, 7
  • OLGReport Gerichtsort 2000, 174-178
  • Rpfleger 2000, 348-350
  • ZIP 2000, 706-710 (Volltext mit red. LS)
  • ZInsO 2000, 220 (Kurzinformation)
  • ZInsO 2000, 222 (amtl. Leitsatz)
  • ZInsO 2000, 223-224 (Volltext mit red. LS)

Gründe

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Die zulässige sofortige weitere Beschwerde ist nicht begründet.

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Insolvenz- und Beschwerdegericht sind im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die Kosten des Verfahrens der vorläufigen Insolvenzverwaltung dem Schuldner aufzuerlegen sind. Eine Überbürdung dieser Kosten auf den antragstellenden Gläubiger kommt ebenso wenig in Betracht wie eine Übernahme der Kosten der vorläufigen Insolvenzverwaltung durch die Staatskasse im Falle der Uneinbringlichkeit der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters im Vermögen des Schuldners nicht möglich ist. Die Kosten des vorläufigen Insolvenzverwalters sind deshalb auch nicht als Kosten des Verfahrens anzusehen, die das Insolvenzgericht mit Beschl. v. 14. 9. 1999 dem Antragsteller auferlegt hat. Das Insolvenzgericht hat über diese Kosten zutreffend eigenständig entschieden.

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1.

Die Kosten des vorläufigen Insolvenzverwalters sind nicht zu den gerichtlichen Kosten und Auslagen des Verfahrens zu zählen, die von der Entscheidung über die Verfahrenskosten erfasst werden. Sie können deshalb nicht - auch nicht analog - unter die Kostentatbestände des GKG gefasst werden und sind deshalb auch nicht Bestandteil der von dem Antragsteller zu tragenden Kosten. Vielmehr sind die Kosten einer vorläufigen Insolvenzverwaltung stets aus dem Vermögen des Schuldners aufzubringen, wobei es nicht darauf ankommt, ob eine Verfahrenseröffnung erfolgt oder ob das Verfahren im Eröffnungsstadium stecken bleibt.

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Die Auffassung, der antragstellende Gläubiger habe die Kosten der vorläufigen Insolvenzverwaltung zu tragen, wenn ihm die Kosten des Verfahrens auferlegt werden würden, ist mit der insoweit ganz h.M. (s. Kirchhof, in: Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung, § 22 Rn. 52; Pape, in: Kübler/Prütting, InsO, § 26 Rn. 36; Eickmann, Vergütungsrecht, Sonderband 5 zu Kübler/Prütting, InsO, § 11 Rn. 32; wohl auch Mönning, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 22 Rn. 233, jeweils m.w.H. auf die frühere Rechtsprechung zur VergVO) abzulehnen. Eine Haftung des antragstellenden Gläubigers, dem die Kosten des Insolvenzantragsverfahrens auferlegt worden sind, kommt nicht in Betracht, weil die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters nicht zu dem nach § 50 Abs. 1 Satz 2 GKG erstattungsfähigen Auslagen zählt (so auch LG Frankfurt/Main, Rpfl. 1986, 496; LG Frankenthal, Rpfl. 1997, 39; Eickmann, in: Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung, § 22 Rn. 52; Pape, in: Kübler/Prütting, InsO, § 26 Rn. 34; Vallender, InVO 1997, 6; ferner auch die Begründung zur Insolvenzordnung, abgedruckt bei Kübler/Prütting, Das neue Insolvenzrecht, S. 192 f.).

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Soweit eine entsprechende Anwendung der Nr. 9007 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zum GKG auf die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters erwogen wird (so etwa Eickmann, a.a.O., § 11 Rn. 33; Haarmeyer/Wutzke/Förster, Vergütung im Insolvenzverfahren, 2. Aufl., § 11 Rn. 59 ff.; LG Mainz, ZInsO 1998, 236[LG Mainz 26.02.1998 - 8 T 302/97]), die folgerichtig dazu führen müsste, dass auch die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters zu den gerichtlichen Auslagen des Verfahrens zu zählen wäre, ist eine derartige Rechtsanwendung abzulehnen. Die Kosten und Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters sind keine "an Rechtsanwälte zu zahlende Beträge" i.S.d. Nr. 9007 des Kostenverzeichnisses, so dass sie auch nicht analog von diesem erfasst werden können (so auch Kirchhof, in: Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung, § 22 Rn. 52). Schon die Gleichsetzung des vorläufigen Insolvenzverwalters mit einem Rechtsanwalt ist unzulässig, da auch Nicht-Rechtsanwälte Insolvenzverwalter sein können. Eine Regelung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters ergibt sich auch nicht aus dem 13. Abschnitt oder sonst aus der BRAGO, so dass die Voraussetzungen für eine Analogie auch insoweit nicht vorliegen.

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Eine Kostentragungspflicht des antragstellenden Gläubigers, für den ein Insolvenzantrag zu einem unkalkulierbaren Risiko würde, wenn er damit rechnen müsste, unter Umständen auch mit den Kosten einer vorläufigen Insolvenzverwaltung belastet zu werden, ist im Gesetz nicht vorgesehen und kommt demgemäß auch nicht in Betracht. Anlass, dem antragstellenden Gläubiger die Kosten der vorläufigen Insolvenzverwaltung aufzuerlegen, besteht schon deshalb nicht, weil es der Gläubiger nicht in der Hand hat, ob das Gericht eine vorläufige Insolvenzverwaltung als Sicherungsmaßnahme anordnet, andere, weniger einschneidende und kostenträchtige Sicherungsmaßnahmen ergreift, oder von derartigen Maßnahmen Abstand nimmt. Ob eine vorläufige Insolvenzverwaltung mit den entsprechenden kostenmäßigen Folgen des § 11 InsVV anzuordnen ist, muss das Insolvenzgericht nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Erforderlichkeit einer solchen Maßnahme entscheiden, wobei es regelmäßig auch zunächst Erkenntnisse über die Einbringlichkeit der Vergütung eines vorläufigen Insolvenzverwalters zu sammeln hat, bevor es zu einer derartigen Maßnahme kommt. Grundlage für entsprechende Erkenntnisse muss regelmäßig die - hier augenscheinlich unterbliebene - persönliche Anhörung des Schuldners zu dem Insolvenzantrag sein, in deren Rahmen auch die Erforderlichkeit einer vorläufigen Insolvenzverwaltung und die Deckung der Kosten einer solchen Sicherungsmaßnahme zu prüfen ist. Unterbleiben derartige Ermittlungen des Insolvenzgerichts und ordnet das Gericht stattdessen schematisch die vorläufige Insolvenzverwaltung an, ohne die finanziellen Kosten einer derartigen Anordnung zu überdecken, so kann dies nicht zu Lasten des antragstellenden Gläubigers gehen. Vielmehr hat die Kosten der vorläufigen Insolvenzverwaltung stets der Schuldner zu tragen, der ggf. versuchen kann, diese Kosten vom antragstellenden Gläubiger im Wege des Schadensersatzes zurück zu erlangen, sofern dieser einen nicht gerechtfertigten Insolvenzantrag gestellt hat (dazu Eickmann, in: Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung, § 13 Rn. 20 i.V.m. § 22 Rn. 52; Pape, in: Kübler/Prütting, InsO, § 26 Rn. 71).

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2.

Soweit eine subsidiäre Haftung der Staatskasse für die Kosten eines vorläufigen Insolvenzverwalters diskutiert wird (dazu LG Bückeburg, Nds. Rpfl. 1987, 184; LG Gießen, JurBüro 1987, 884; LG Göttingen, Rpfleger 1997, 402; LG Frankfurt/Main, Rpfleger 1986, 496; LG Mainz, ZInsO 1998, 236[LG Mainz 26.02.1998 - 8 T 302/97]; LG Stuttgart, ZIP 1995, 762; LG Frankfurt/Oder, ZIP 1995, 485; Kuhn/Uhlenbruck, KO, 11. Aufl., § 106 Rn. 20 b; Eickmann, a.a.O., § 11 InsVV Rn. 33; Haarmeyer/Wutzke/Förster, a.a.O., § 11 InsVV Rn. 63 ff.; Kirchhof, in: Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung, § 22 Rn. 52; Pape, in: Kübler/Prütting, InsO, § 26 Rn. 37 f.; Smid, § 22 Rn. 60; Uhlenbruck, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, S. 239 Rn. 63 ff.), hat dies vorliegend auf die Entscheidung des Senats, der allerdings dazu neigt, eine solche Ausfallhaftung nicht anzuerkennen, da insoweit im Hinblick auf die Entstehungsgesichte des § 26 InsO keine Regelungslücke besteht, sondern vielmehr der Wille des Gesetzgebers eindeutig einer solchen Regelung entgegen steht (dazu Pape, in: Kübler/Prütting, InsO, § 26 Rn. 34 ff.), nicht entscheidend an. Da eine solche Ausfallhaftung ohnehin nur zu diskutieren wäre, wenn die Kosten des vorläufigen Insolvenzverwalters aus der verwalteten Masse nicht aufgebracht werden können, vorliegend aber nichts dafür spricht, dass der Schuldner, der binnen kürzester Zeit einen Betrag von mehr als 60.000 DM leisten konnte, diese Kosten nicht aufbringen kann, ist diese Frage letztlich mangels Entscheidungserheblichkeit hier noch offen zu lassen.

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